Unterwegs in Peking

Nach ein paar sehr grauen Tagen war es gestern richtig schön, also nichts wie raus. Ich bin noch nicht ganz entschieden, wohin es gehen soll. Also fahre ich erst einmal in Richtung Zentrum. Ich mag diese Strecke. Von der Deutschen Botschaft aus geht es 5 Kilometer schnurgeradeaus. Klingt langweilig? Ist es aber nicht! Im Verlauf geht es vom moderneren ins alte Peking. Markante Hochhäuser werden durch die Hutongs abgelöst. Und auf Pekings Straßen gibt es eh immer was zu sehen!

Ein alter Mann fährt mit einem Dreirad mit Fahrgastkabine über die Kreuzung vor der Ghost Street in Peking.

Kreuzung vor der Ghost Street

Der Trommelturm kommt in Sicht. Da gehe ich aber demnächst mit der Fotogruppe hin, also entscheide ich mich für einen Spaziergang um den Shichahai und will an der Südseite starten. Dort ist aber nicht nur seit den neu aufgetretenen Corona-Fällen das „Eisvergnügen“ stillgelegt, sondern auch die Wege links und rechts des Sees.

Eisbedeckter Shichahai in Peking mit dem Trommelturm im Hintergrund

Blick über den Shichahai zum Trommelturm

Also genieße ich nur kurz den Blick und schwinge mich  wieder auf den Scooter und fahre weiter zum Jingshan-Park. Unterwegs fällt mir ein, dass das im letzten Frühjahr so ähnlich war, da war der östliche Zugang zum See gesperrt, und ich bin zum Jingshan weitergefahren.

Im Jingshan-Park

Der Jingshan-Park gehört zu meinen Lieblingsparks in Peking. Das hat natürlich vor allem mit dem Kohlehügel zu tun, von dem man in alle Himmelsrichtungen eine tolle Aussicht hat, allem voran natürlich die Aussicht auf die Verbotene Stadt.

Die Verbotene Stadt vom Kohlehügel aus gesehen.

Forbidden City

Der Wanchun Pavillon (Pavillon des immerwährenden Frühling) ist weiterhin abgesperrt.

Aber auch davor ist vergleichsweise wenig los. Man merkt schon, dass überhaupt keine ausländischen Touristen und auch kaum inländische in Peking sind. Mal sehen, wie das während der Neujahrsferien wird und inwieweit Appelle und Quarantäne- und Testregelungen sich auswirken werden.

Plattform vor dem Wanchun-Pavillon im Jingshan-Park, nur wenige Besucher genießen blauen Himmel und Blick auf den CBD

Vergleichsweise wenig los

So langsam wird mir kalt, also laufe ich noch eine Weile kreuz und quer durch den Park, bis mir wieder warm ist. Dann werfe ich einen letzten Blick zurück hoch zum Pavillon auf dem Hügel und mache mich auf den Heimweg.

Gegenlicht Aufnahme: Pavillon auf dem Kohlehügel von unten durch die mit roten Laternen geschmückten Zweige eines Baums gesehen.

Blick zurück im Gegenlicht

Auch der Rückweg ist wieder schön. Erst fahre ich auf den Trommelturm zu.

Trommelturm in Peking von Süden aus gesehen

Trommelturm

Und dann lasse ich den Trommelturm hinter mir.

Blick in einen runden Scooterrückspiegel: Pekings Trommelturm mit Taxi, Scooter und Bäumen davor.

Blick zurück

Der kleine Ausflug hat mir gut getan. Die schlimmste Kälte – für die ich einfach nichts übrig habe – ist hoffentlich überstanden. Da werde ich jetzt wohl auch wieder mehr unterwegs und länger draußen sein können.

Fotos

Park statt Tempel

Eigentlich wollte ich heute mit der Fotogruppe in den Lamatempel, vor allem Bilder mit Rauch wollten wir schießen. Uneigentlich klebte dieses Schild am verschlossenen Tor:

Schild an der Pforte des Lamatempels.

Temporär für die Außenwelt geschlossen.

Das ist etwas, was einem in China grundsätzlich immer und überall passieren kann, und jetzt zu Corona-Zeiten erst Recht. Trotzdem ärgerlich, zumal bei dem trüben Wetter sicher schöne, düster-dramatische Tempel-Bilder hätten entstehen können.

Zum Glück gibt es für Fotospaziergänge ja einiges in der Ecke, besonders naheliegend war der Konfuziustempel. Schon von weitem sehe ich: er ist geöffnet. Das teile ich den anderen auch per WeChat mit, parke meinen Scooter und gehe zum Eingang. Dort stellt sich dann leider raus, dass ich für einen Besuch heute spätestens gestern online ein Ticket hätte lösen müssen. Ich könnte ja morgen wiederkommen. Nee, ich brauche ja jetzt ein Alternativprogramm. 

Durch die Hutongs oder in den Ditanpark? Wir einigen uns auf den Park. Hier klappt alles problemlos: Tickets per WeChat-Pay am Schalter kaufen (2 RMB pro Person), Health App am Eingang vorzeigen, Temperatur scannen lassen und rein. Neuerdings könnte man den Eintritt auch einfach mit der Metro-Karte bezahlen, sehr praktisch.

Nach nur wenigen Schritten im Park treffen wir auch schon die erste Tanzgruppe.

Es ist kalt und trüb heute, Luft auch nicht besonders. Trotzdem ist ein bisschen was los.

Die Tauben gehören auch zum Park, irgendjemand füttert immer.

Und manche scheuchen auch.

Um sich selbst mit einem Buch hinzusetzen, ist es viel zu kalt. In ein paar Wochen dann wieder.

In dem kleinen „Wäldchen“  stehen vereinzelt ein paar Männer und trainieren für sich allein: TaiChi oder mit einem langen Speer. Ein bisschen weiter sitzt ein Mann im Pavillon und musiziert.

Zu gucken gibt es an jeder Ecke etwas.

Hinten im Garten wird gesungen. Der große Chor ist nicht da, dafür stehen zwei kleine Grüppchen nicht weit voneinander entfernt. Die einen mit Keyboard und stimmgewaltigem Tenor, der zwischendrin auch mal sehr klare Ansagen macht, die anderen gehen familiärer miteinander um.

Diese Brücke hat es mir ja angetan.

Wir gehen weiter in Richtung Square Water Altar. Der Erdaltar ist lange nicht so beeindruckend wie am gegenüberliegenden Ende der Stadt der Himmelsaltar, die große freie Fläche hat aber etwas – so wie auch die Details auf den Mauern. Für diesen Bereich muss man noch einmal extra Eintritt zahlen – 5 RMB, hier steht kein Metro-Karten-Scanner.

Hier ist auch ein ruhiges Fleckchen, um Gymnastik zu machen.

Und noch einmal innehalten, bevor die Damen weitergehen.

Hier sieht man die Mauern und „Star Gates“, die Altar und Park voneinander abgrenzen.

Hinten vor der Halle stehen links und rechts vom Tor zwei Magnolien.

Allmählich ist uns allen kalt, wir drehen um und gehen zurück zum Ausgang. Dabei kommen wir nochmal an Taubenfütterern vorbei.

Keine Berührungsängste…

Auch wenn das mal wieder anders als geplant war, war es ein schöner Spaziergang.

Ich bin jetzt nur gespannt, ob der Park in den nächsten Tagen wie sonst um diese Zeit fürs Neujahrsfest geschmückt wird – oder ob das wie die Temple Fair den Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen zum Opfer fällt.

Happy New Year? Das zweite Corona-Jahr

Auf ins neue Coronajahr

Frohes Neues Jahr!
Die Hoffnung ist groß, dass dieses Jahr besser wird – die Befürchtung, dass das (erstmal?) nicht der Fall sein wird, allerdings auch.

Gestartet sind wir gut ins Jahr, ein schöner Silvesterabend mit Dinner for One und Ekel Alfreds Silvesterpunsch, Spielen und chinesischer Silvestershow. Statt Raclette oder Fondue stand der Shabu-Grill auf dem Tisch (Kombi von Tischgrill und HotPot). Da hat tatsächlich jeder was gefunden, was er mochte. Sogar Mäkler Nr. 1 möchte das jetzt mindestens einmal im Monat machen. Immerhin, wir können in gut einem Monat noch mal „Silvester“ feiern, wenn das Chinesische Neujahrsfest ansteht.

Ansonsten sind halt Winterferien mit viel Schlafen und Spielen, die leider morgen zu Ende gehen.

Rekordkälte

Screenshot Wetter-App

Minus 18 Grad in Peking

Vor ein paar Tagen sank die Temperatur noch tiefer in den Keller als eh schon, mit -18 Grad wurde ein Rekordwert erreicht. Leider ist da auch unsere Heizung kurzfristig in die Knie gegangen, Eckzimmer auf der windigen Seite sind nicht wärmer als 12 Grad geworden, bei mehr als zwei zusätzlich angeschalteten e-Heizungen, knallte die Sicherung raus.

Jetzt ist es wenigstens tagsüber mit Temperaturen über Null ganz okay. Ja, es ist Winter, klar, dass es kalt ist.

Grundsätzlich ist die trockene Kälte in Peking mit vielen sonnigen Tagen (und tatsächlich auch ganz guter Luft – anders als früher) gut auszuhalten. Aber warm und Sommer mag ich dann doch deutlich lieber – statt Stuga in Jämtland vielleicht später doch lieber eine Strandhütte in Thailand?

Baustellen

Vor einem Jahr war vor meinem Fenster eine Baugrube, jetzt steht da ein Rohbau, der wohl noch um ein paar weitere Stockwerke wachsen wird. Spannend die Frage, was das wohl für Beton ist, der bei zweistelligen Minusgraden vernünftig aushärtet … ;) Zu gucken gibt es hier jedenfalls immer etwas, auch wenn die Aussicht in Richtung Westen nun versperrt ist.

Arbeiter auf Baustelle in Peking

Arbeiter auf der Baustelle

Der Lady Street Flower Market hat seine Pforten ja schon vor über zwei Jahren geschlossen. Neulich wurde er eingerüstet und ich hab noch gedacht, endlich machen sie voran mit der Renovierung. Denkste. Keine Renovierung, es wird abgerissen, vorgestern stand nur noch die nette alte Front mit dem Lotus auf dem Dach und den Elefanten davor.

Abriss Lady Street Flower Market, Peking

Lady Street Flower Market wird abgerissen

Corona

Auch deutsche Zeitungen berichten vom erneuten „großen“ Corona-Ausbruch in China. Allerdings verschwindet eine nicht ganz unwichtige Einordnung im Kleingedruckten, wenn es überhaupt erwähnt wird: bis jetzt handelt es sich um insgesamt ca. 230 Fälle – also deutlich weniger als sich derzeit täglich in mancher deutschen Stadt infizieren.

Im umgekehrten Verhältnis stehen dazu die Maßnahmen: Massentests, Quarantäne (überwachte und nicht „bittebitte, bleibt am besten zuhause“), abgeriegelte Straßen. War Time Mode klingt ja in der Tat dramatisch – wobei ich persönlich um die 1000 Tote am Tag als deutlich dramatischer empfinde.

Auch in Pekings Bezirk Shunyi, wo wir bis vor knapp zwei Jahren gewohnt haben, gibt es neue Infektionen, heute wieder eine. Die betroffenen Wohngebiete werden abgeriegelt (voraussichtlich für drei Tage) und die Bewohner durchgetestet. Einer der Erkrankten ist Taxifahrer und ziemlich viel rumgekommen – unter anderem nun Anlass für weitere Aufrufe zur Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen und zur Einführung neuer: auch beim Taxifahren muss man sich ab sofort per Health App registrieren.

Taxis dürfen gerade nicht von/nach Shunyi fahren (mit Ausnahme des Flughafens), von Einschränkungen des Bus- und Bahnverkehrs ist jetzt gerade noch nichts bekannt.

Mal sehen, ob und welche Auswirkungen das auf die DSP-Schüler*innen haben wird, die in Shunyi wohnen.

Kopfkirmes

Unser Risiko, hier in Peking an Covid-19 zu erkranken, dürfte weiterhin ziemlich gering sein. Dass Risiko von einschneidenden* Eindämmungsmaßnahmen betroffen zu sein, ist allerdings ungleich größer. Also das Gegenteil von Deutschland?

*einschneidend: Nicht nur Maskenpflicht, Temperaturkontrolle, HealthApp – daran haben wir uns gewöhnt, sondern isolierte Wohngebiete oder kontrollierte Quarantäne.

Dass das Virus nicht weg ist, dass es im Winter mehr Ansteckungen geben könnte, war ja eigentlich absehbar, davor ist gewarnt worden, überrascht sollte man jetzt nicht sein. War trotzdem beruhigender, als wir die lange Phase ohne Neuerkrankungen in Peking hatten.

Es wird dieses Jahr zum zweiten Mal keine Temple Fairs zum Neujahrsfest geben. Alles, wo sich viele Menschen zusammenknubbeln könnten, wird mit Besucherobergrenzen versehen (und besonders neuralgische Punkte wie beispielsweise der oberste Pavillon im Jingshan-Park gesperrt).

Dieses unterschiedliche Herangehen macht mir nach wie vor ziemlich Kopfzerbrechen. Nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret aus Sorge um meine großen Kinder, den Rest der Familie, Freunde in Deutschland. Aktuell sehe ich noch nicht, dass die Infektionszahlen in Deutschland sinken (zu viele Lücken in unzureichenden Maßnahmen?). Wie lange wir wohl noch Glück haben, dass keiner unserer Lieben erkrankt?

Ich bin gespannt, was dieses zweite Corona-Jahr uns bringen wird und hoffe sehr, dass es mit dem Frühling besser wird.

Verflixtes Corona – Rückblick auf 2020

Das verflixte Corona-Jahr neigt sich so langsam dem Ende zu. Zeit für einen Rückblick auf 2020, mit dem ich auch an der Fotoparade von Michael vom Blog Erkunde die Welt teilnehme. Die Bilder sind nicht unbedingt nach „Schönheit“ ausgewählt, sondern eher um das Jahr zu illustrieren.

Januar

Anfang Januar war unsere Welt noch in Ordnung. Ein paar Freunde (und noch mehr Ausländer) sind die kurze Zeit zwischen Weihnachts- und Chinesischen Neujahrsferien gar nicht zurückgekommen, lohnte sich ja nicht für die gerade mal drei Wochen. Entsprechend ruhig war es Anfang des Jahres auch noch bei uns. Dass die drei Wochen im Januar die einzigen drei Präsenzschulwochen im zweiten Halbjahr 19/20 sein würden, war nicht abzusehen. Auch wenn es erste Meldungen über die „mysteriöse Lungenkrankheit“ in China schon Ende Dezember 2019 gab, war das für uns noch kein Thema.

Eisiger Winter mit viel Schnee

Winter in Peking sind zwar eiskalt, aber trocken. Als es dann am 6. Januar richtig viel geschneit hat, habe ich alles stehen und liegen lassen und bin zum Jingshan-Park gefahren. Auf dem Rückweg habe ich dann noch einen Halt an „der Ecke“ gemacht – von diesem Wachturm der Verbotenen Stadt gibt es sicher Tausende Bilder, aber nicht ganz so viele mit Schnee und Eis, auch wenn es in diesem Jahr anders war und später noch ein paar Mal geschneit hat.

Wachturm Verbotene Stadt – #kalt

Zwei Wochen später sah es dann schon ganz anders aus. Es kamen die ersten „Landsleutemails“ aus der Botschaft, die Schule riet unter anderem dazu dazu, an Bahnhöfen und Flughäfen Feinstaubmasken zu tragen.  Das hat mich dann schon das erste Mal verunsichert, gleichzeitig fühlte es sich surreal an. Wir haben Besuch von unserem Mittleren und seiner Freundin erwartet, die zunächst uns besuchen wollten, um dann weiter nach Sichuan zu fliegen und dort zu wandern. Der Gedanke, die Reise abzusagen, war kurz da, aber zu dem Zeitpunkt schien das uns das noch mehr als übervorsichtig bis hysterisch… Also habe ich die beiden dann vom Flughafen abgeholt. Mit Maske.

Am chinesischen „Silvesterabend“ habe ich am späten Nachmittag eine meiner „Kontrollrunden“ gedreht und mal wieder (wie immer vergeblich) versucht, den Tiananmen mit dem Scooter zur kreuzen. Dass die Stadt zum Neujahrsfest wie leergefegt ist, ist immer so. Aber unter dem Eindruck der neuen Krankheit und mit Maske fühlte es sich unwirklich an. 

Nordost-Ecke Verbotene Stadt

Eine Sehenswürdigkeit nach der anderen wurde geschlossen, die Temple Fairs abgesagt – das ist so, als wenn in Deutschland Weihnachtsmärkte abgesagt werden. Mit dem Besuch sind wir dennoch ein bisschen durch die Stadt gezogen, aber wenn die Wangfujing sich so leer präsentiert, weiß man, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist.

Leergefegte Wangfujing Ende Januar 2020

Auch am Osteingang des Jingshan-Parks: tote Hose.

Jingshan East Street: nichts los im Januar 2020

Februar

Ein paar Tage später war klar: weiter in China herumzureisen ist keine gute Idee. Tagelang hingen wir am Telefon, bis es endlich einen Rückflug für den Mittleren und Freundin gab. Normalerweise heule ich Rotz und Wasser, wenn ich mich von den Kindern verabschieden muss, diesmal war ich tatsächlich erleichtert. (Auch wenn ich im Nachhinein denke, vielleicht wären sie besser hiergeblieben.)

Während Corona in Deutschland weiterhin kaum mehr als ein Sack Reis in China war, Masken als unnötig und unsinnig abgetan wurden (und damit einer der Bausteine für das derzeitige Chaos gelegt wurde), war unser Alltag klar durch Corona bestimmt. Überflüssig zu sagen, dass hier ohne Maske nichts mehr ging. 

Lin mit Helm und Maske

#maskiert

Die Schulferien wurden erst verlängert, dann kam der Online-Unterricht. Die Jungs waren zuhause. Immer. Auch wenn unsere „Lütten“ schon lange keinen Babysitter mehr brauchen, einigten wir uns darauf, dass immer ein Elternteil bei ihnen bleibt. Nicht, dass es ganz dumm läuft, und wir zur falschen Zeit am falschen Ort sind und irgendwo festsitzen. Rausgehen wollten sie eh nicht, da war durchaus Angst im Spiel.

Wenn der Mann nicht arbeiten war, bin ich von Zeit zu Zeit durch die Stadt getuckert. Inzwischen hatten sich die Wohngebiete, egal ob Westler-Compound oder Hutong, alle mehr oder weniger abgeriegelt. Zugang ausschließlich für Bewohner, keine Besucher oder Lieferanten erlaubt, Handwerker nur im Notfall mit viel Hickhack.

Kontrollposten gegenüber vom Lama-Tempel: nichts los. 

Weiterhin alles leergefegt. So wichtig meine „Kontrolltouren“ für mich einerseits auch waren, um keinen Budenkoller zu kriegen, so froh war ich andererseits immer, wenn ich in der sicheren Wohnung zurück war.

Yonghegong-Straße

Solltet Ihr glauben, nur die kleineren Straßen wären so leer gewesen – Irrtum. Hier ein Blick in die Chang’an – die große Prachtstraße im Zentrum, die an Tienanmen und Verbotener Stadt vorbeiführt, wo zum Nationalfeiertag die Paraden stattfinden, wichtige Ost-West-Verbindung: gespenstische Leere.

Blick in die Chang’an Avenue in Richtung Tienanmen und Verbotene Stadt

März

Im März nicht viel anders: wir hocken fast nur zuhause im Apartment, einziger Sozialkontakt außerhalb der Familie ist der Ladenbesitzer des kleinen Geschäfts im Compound. Ich drehe weiter von Zeit zu Zeit meine „Kontrollrunden“, die ich mit kleinen Besorgungen verbinde. Besonders gut tut mir ein Spaziergang im Jingshan-Park.

Jingshan-Park hat mehr zur bieten als „nur“ den Blick vom Kohlehügel auf die Verbotene Stadt.

So langsam gibt es wieder etwas mehr Verkehr, aber es ist und bleibt weit entfernt vom normalen Chaos.

Nicht viel los am 3. Ring und der Sideroad.

Der Frühling kommt endlich – gleichzeitig verabschieden wir uns so langsam von der Vorstellung, dass die Schule ihre Pforten noch vor den Osterferien wieder öffnet. Und eine leise Ahnung macht sich breit, dass der geplante Heimaturlaub in den Sommerferien vermutlich ausfallen wird.

Erstes Frühlingsgrün im Tuanjiehu-Park

April

Endlich wird es wärmer, der Frühling ist da und überall grünt und blüht es. Was im Corona-Jahr ist wie immer: was blüht, muss fotografiert werden.

Frühlings-Fotografie im Ditan-Park

Die Temperaturen liegen über 20 Grad, normalerweise würde ich mit Freundinnen in Cafés draußen sitzen – aber Fehlanzeige. Überall gibt es Temperaturkontrollen, Sehenswürdigkeiten sind weiterhin geschlossen, Parks bleiben geöffnet, haben aber Besucher-Obergrenzen. Wo sich sonst Touristenbusse stapeln: Leere.

Guozijian Jie – Hier geht es zum Konfuzius-Tempel

Für die Jungs beginnen nach 9 Wochen Online-Schule die Osterferien. Chinas Grenzen sind für Ausländer weiterhin dicht.

Mai

Anfang Mai darf die Verbotene Stadt wieder öffnen. Statt normalerweise maximal 80.000 Besuchern dürfen aber nur 5.000 am Tag hinein. Die ersten Tickets sind sofort ausverkauft, ich ergattere eines für den 6. Mai. Ohne die üblichen Besucherströme wirkt die Verbotene Stadt ganz anders, vor allem die Plätze scheinen um ein Vielfaches größer zu sein.

Viel Platz in der Verbotenen Stadt

Ansonsten passiert bei uns im Mai nicht viel. Die Jungs haben Online-Schule, der Mann macht Home-Office, ich dreh meine Kontrollrunden. Soziale Kontakte außerhalb der Familie? Fehlanzeige. Der „Lütte“ wird 14, eine richtige Feier mit Besuch gibt es nicht (auch nicht an den anderen drei Geburtstagen hier), aber immerhin einen gemütlichen Tag samt gewünschtem Schokokuchen.

Geburtstagskuchen (zur Foodbloggerin tauge ich offensichtlich nicht! ;) )

Juni

Im Juni öffnet die Schule für ein paar Tage, dann gibt es einen neuen Corona-Ausbruch auf einem Markt und die Schulen müssen wieder schließen. Der Online-Unterricht läuft aber bis auf einzelne Ausnahmen gut, gibt halt auch unter Lehrern Digitalverweigerer, was normalerweise schon ein Ärgernis ist, jetzt aber an Arbeitsverweigerung grenzt.

Für etwas Abwechslung sorgt das Theater-Projekt der Jungs. Da die Schule geschlossen ist, findet die AG online statt, die Jungs habe ihre Parts gefilmt. Ich werde regelmäßig zur Schule gescheucht, um dafür Requisiten, GreenScreens etc. am Pförtnerhaus abzuholen. Hier ist das Ergebnis.

Ende Juni fangen die Sommerferien an, die Jungs waren im 2. Schulhalbjahr – also von Januar bis Juni – gerade mal vier Wochen in der Schule. Der geplante lange Sommerurlaub in Deutschland fällt coronabedingt ersatzlos aus. Nun haben wir Freunde und Familie über ein Jahr nicht mehr gesehen (Spoiler: und auch jetzt am Ende des Jahres ist noch kein Wiedersehen absehbar).

Der Markt-Ausbruch wird schnell eingedämmt, und unser Leben geht unter Corona-Bedingungen weiter: Masken, Temperaturkontrollen und Health App – Zugang fast überall nur mit grünem Code. 

Meine Schnapsidee, den Tiananmen mit dem Scooter zu kreuzen, verfolge ich in Abständen weiter – erfolglos. Aber drumherum ist es ja auch nett.

Große Halle des Volkes

Wetter und Stimmung sind gewittrig. Der Blick auf Deutschland macht es nicht besser, wir machen uns mehr und mehr Sorgen um die Familie und Freunde dort. 

Gewitter über Peking

Juli

Ab Juli geht es bei uns so langsam aufwärts. Endlich können wir so langsam wieder soziale Kontakte pflegen. In der Regel draußen, natürlich mit dem üblichen Vorsichtsmaßnahmen (Maske, Temperaturcheck, Health App), aber immerhin. Ich glaube, so allein wie in diesem guten halben Jahr war ich noch nie zuvor, wobei ich ja zum Glück die Familie hab. Vor allem die Jungs sind klasse.

Beide sind ja nun in einem Alter, in dem sie sich normalerweise so langsam von zuhause ablösen sollten, selbständiger werden – und stattdessen sind wir mehr denn je aufeinander angewiesen. Noch stärker, als es wegen der Situation „Ausländer in Peking“ sowieso schon der Fall ist. Aber sie tragen alles mit Fassung, die Angst der ersten Wochen hat sich zum Glück gelegt. Als Nachwuchsnerds kamen sie mit dem Online-Unterricht hervorragend klar, dass soziale Kontakte übers Internet stattfinden, ist für sie auch nichts Neues.

Regenzeit

Es regnet diesen Sommer ungewöhnlich viel. Mehrmals müssen die Compound-Mitarbeiter Sandsäcke vor die Türen legen und das Wasser aus der Lobby schieben. Ich bin ein letztes Mal mit einer Freundin verabredet, die Peking verlässt, da kann ich mich vom Wetter natürlich nicht abhalten lassen. Durch knöcheltiefes Wasser muss ich stapfen, um sie zu sehen (und hab mich hinterher ordentlich geschrubbt, lieber nicht darüber nachdenken, was in der warmen Brühe alles drin ist…).

Überflutete Kreuzung an der US-Botschaft

August

So langsam normalisiert sich das Leben weiter. Es gibt zwar weiterhin Obergrenzen für Besucherzahlen, Sehenswürdigkeiten sind aber wieder geöffnet. Die Maskenpflicht wird outdoor gelockert, sofern man Abstand halten kann, die meisten tragen aber weiterhin immer und überall ihre Maske. Ohne Health App geht gar nichts.

Am 7. August wird die bisher bis Mitte Dezember letzte lokale Corona-Neuinfektion in Peking registriert, eine für uns beruhigende Phase von 133 Tagen ohne lokale Neuinfektion beginnt.

Fast normal – abends vor dem Glockenturm

Das neue Schuljahr beginnt. Zunächst ein paar Tage online, dann in jahrgangsweisen Etappen auch wieder richtig in der Schule. Mit Maske, die nur zum Essen und Trinken und draußen abgenommen werden darf. Mit Temperaturkontrolle beim Ankommen. Die Masken sind lästig, keine Frage, aber besser mit Maske in der Schule als ohne auf der Intensivstation.

Hutong in Peking

Ich genieße das sommerliche Wetter, gerade ab dem späten Nachmittag ist es oft richtig schön (und nicht mehr so heiß) draußen.

Am Shichahai

September

Im September nimmt die Patengruppe ihre Aktivitäten wieder auf, also starte ich auch wieder Fotogruppen-Aktivitäten, wenn auch nicht ohne Disclaimer: wenn sich an der Corona-Lage etwas ändern sollte, wird alles abgesagt. 

Mit der Fotogruppe am Shichahai

Weihnachten im Spätsommer?

Die Pekinger „Weihnachtsengel“ treffen sich wieder regelmäßig. Der Basar in der Botschaft kann dieses Jahr nicht stattfinden, gebastelt wird trotzdem. Wenn nicht vor Ort verkauft werden kann, vielleicht geht das dann online? Das gestaltet sich schwierig, rechtliche Probleme ohne Ende, der von mir angedachte Webshop ist deshalb keine Lösung. Am Ende erstelle ich eine kleine Selbstvorstellungs-Webseite und bastel Online-Flyer, die wer mag auf WeChat posten konnte, damit auch ohne Basar Adventskränze und Co. für den guten Zweck verkauft werden können.

Flyer für die Weihnachtsengel

Die Stadt bereitet sich allerdings erstmal auf die Golden Week vor. 

Bankett-Vorbereitungen

Man könnte innerhalb Chinas reisen – man kann es aber auch lassen. Das Risiko, sich in irgendeinem Provinzhotel in überwachter Quarantäne wiederzufinden, lässt sich nicht von der Hand weisen, da es immer wieder vereinzelte lokale Ausbrüche gibt und stets sofort mit harten Maßnahmen reagiert wird – was ich gut finde, besonders mit dem Blick auf den Rest der Welt.

Die Klassenreisen, die sonst in der letzten Septemberwoche stattfinden, müssen ausfallen, und auch ich reise in dieser Zeit nicht wie in allen Jahren zuvor durch China. Nicht falsch verstehen, ich finde es richtig, während einer Pandemie nicht zu reisen – wehmütig bin ich trotzdem und das Reisen fehlt mir. Wobei die erste Reise „nach Corona“ für uns kein Erholungsurlaub sein wird, sondern Heimaturlaub in Deutschland, das Wiedersehen mit unserem „Anhang“ dort hat Vorrang.

Oktober

Der Monat startet mit einem Doppelfeiertag: Auch das Mondfest fällt wie der Nationalfeiertag auf den 1. Oktober. Die Jungs haben Ferien, wir bleiben in Peking. Wetter und Luft sind recht gut, ich mache viele Ausflüge.

Mit der Fotogruppe fahre ich nach Badachu. Natürlich geht es mit der Sommerrodelbahn wieder runter, den Spaß gönnen wir uns.

Distelfalter in Badachu

Meistens mache ich mich am späteren Nachmittag auf Streifzug durch die Stadt. Der Verkehr ist inzwischen „back to normal“. Einmal entsteht dabei dieses Bild – eigentlich wollte ich das noch mal geplant und mit Stativ angehen, aber meine Liste von Dingen, die ich noch tun möchte, ist ellenlang – hat bisher noch nicht geklappt.

Rush hour

Mit einer Freundin verbringe ich einen tollen Tag im Botanischen Garten. Wetter, Luft und Licht sind unglaublich schön, tut alles rundum gut.

Botanischer Garten

Mit der Fotogruppe geht es an einem Abend zum Olympiagelände. Hier wird gewerkelt, es sind ein paar „Hütten“ aufgebaut, die einerseits die Aussicht versperren, andererseits mit ihren verspiegelten Wänden neue Perspektiven eröffnen. Der chinesische Tourismus scheint wieder in Gang gekommen zu sein, eine Reisegruppe nach der anderen zieht an uns vorüber. 

Watercube und Spiegelung vom Bird’s Nest

November

So langsam wird es kalt, zum Glück wird in unserem Compound die Heizanlage nicht erst am 15.11. (offizieller Beginn der Heizperiode) angestellt. Gut so, ich glaube, für unsere e-Heizkörper brauchen wir ein eigenes kleines AKW, wir haben es halt gern warm…

Mit der Fotogruppe geht es zum Alten Observatorium. Das gefällt mir total gut, wird für künftige Besucher mit ins Ausflugsprogramm aufgenommen – wenn es denn irgendwann mal soweit ist, dass Reisen wieder möglich (und klug…) ist. Als nicht so klug empfinde ich die deutsche Corona-Politik, ich mach mir mehr und mehr Sorgen um meine Lieben in Deutschland. 

Altes Observatorium

Der Winter naht… Ich pappe Schneeflocken von innen an die Fenster und prompt fängt es draußen an zu schneien.

November-Schnee in Peking

Apropos Baustelle: Wo Anfang des Jahres noch eine tiefe Baugrube war, versperrt mir jetzt so langsam der halbfertige Rohbau den Blick zum 3. Ring (und es wächst noch weiter in die Höhe). 

Baustelle vor meinem Fenster

Bei den Weihnachtsengeln herrscht Hochbetrieb, es wird fast im Akkord gebastelt. Höhepunkt ist das letzte November-Wochenende, wo wir gleich auf zwei Weihnachtsmärkten vertreten sind. Ich hab mich für zwei Schichten einteilen lassen, es ist bitterkalt – aber Corona-Maßnahmen wirken auch gegen banale Erkältungen. So gesund wie in diesem Jahr war ich ewig nicht mehr…

Dezember

Der Advent ist vergleichsweise ruhig, da unter anderem die vielen Veranstaltungen in der Schule ausfallen müssen. Der letzte Fotogruppen-Ausflug in diesem Jahr führt in den CBD (Central Business District), wo ich zum ersten Mal sehe, wie ein Gebäude (Pekings höchstes: der Zhongguo Zun) einen Schatten an den Himmel wirft – Smog macht’s möglich… 

Shadow in the sky

Geschneit hat es auch schon wieder, diesmal spätabends. Sieht gegenüber auf der Baustelle mit dem Licht vom Kran ganz cool aus, finde ich. Die Baustelle ist wohl überhaupt das Motiv, dass ich dieses Jahr am Häufigsten fotografiert habe, vielleicht fasse ich das demnächst mal zusammen. ;)

Leise rieselt der Schnee…

In der Woche vor dem 4. Advent endet die lange, ruhige Phase ohne lokale Neuinfektion in Peking. Das Hotel und die unmittelbare Nachbarschaft, wo der Fall entdeckt wurde ist nun „orange“ – mittleres Risiko-Gebiet. Wird mit Tests,  Tracing und Quarantäne wieder eingedämmt, heute (21.12.) ist Tag 2 ohne lokale Ansteckung. Hoffentlich wird das jetzt wieder so eine lange Phase (oder besser noch länger) wie zuvor.

Weihnachten steht vor der Tür, das sechste Mal, seit wir in China leben, wobei wir zweimal in den Weihnachtsferien in Australien waren. Dann kommt Silvester, was ich fast noch lieber mag als Weihnachten. Und dieses Jahr besonders, denn die Hoffnung, dass das nächste Jahr besser wird, ist groß. Während wir Weihnachten gemütlich zuhause verbringen werden, gehen wir zu Silvester wohl aus, das war letztes Jahr schon sehr skurril und witzig.

Ausblick auf 2021

2021 wird hoffentlich besser werden. Ich habe große Sehnsucht nach meinen drei Großen, meiner Mutter, aber auch nach dem Rest der Familie, Freunden… Ich war noch nie so lange ununterbrochen aus Deutschland weg (und ununterbrochen in Peking). Wenn wir also wieder reisen können (ohne dass es das Risiko gibt, nicht wieder nach China zurückkommen zu können!), wird es nach Deutschland gehen, Familie und Freunde knuddeln, Beziehungen pflegen… Abgesehen davon geht es uns aber ganz gut, wir sind gesund und konnten zumindest seit dem Sommer ein halbwegs normales Leben führen. Glück gehabt haben wir auch insofern, dass es von unseren Lieben (bisher…) niemanden erwischt hat. 

Aber wir machen uns nichts vor – dass „Corona vorbei ist“ und wir im Sommer reisen können, ist noch lange nicht in trockenen Tüchern, auch wenn es mit den verschiedenen Impfstoffen jetzt Licht am Horizont gibt. Aber bis ausreichend eingedämmt einerseits und durchgeimpft andererseits sein wird, wird noch viel Zeit vergehen. Immerhin scheint sich endlich gerade in Deutschland der Fokus vom Retten „der Wirtschaft“ weg und hin zum Schutz der Menschen zu verschieben. 

Trotzdem, so ein neues, noch unbenutztes Jahr hat alle Chancen, gut – und besser als das vorherige – zu werden. Und der Rückblick auf 2021 wird hoffentlich fröhlicher.

Alle Fotos auf einen Blick

 

 

 

Pekings Central Business District

Heute war ich mit der Kamera im CBD (Central Business District) unterwegs, ein bisschen „Architektur“ (ohne störendes, ablenkendes Grünzeug, grins) und City Life wollte eingefangen werden. Wetter eigentlich schön, für meinen Geschmack nur zu kalt, Luft nicht besonders, der AQI lag bei 155. 

Es ging los am Metroausgang Jintaixizhao direkt vor der „Langen Unterhose“.

Lange Unterhose – CCTV Headquarters

Ich hab zwar inzwischen schon etliche Bilder hier gemacht, aber die Ecke finde ich nach wie vor hochinteressant. Eine Zeit lang war die „Lange Unterhose“ das zweitgrößte Bürogebäude der Welt, nur das Pentagon war noch größer.

Und ich entdecke auch immer wieder andere Details, wie z.B. dieses Antennengebilde.

Dingsbums am CCTV Headquarter in Peking

Die Konstruktion mit den beiden leicht schrägen Türmen (schiefer als der Turm von Pisa) und der Verbindungsecke ist wirklich faszinierend – Statiker behaupten, die Konstruktion sei stabil. ;)

Verbindungsecke zwischen den beiden Türmen des CCTV-Headquarters

An der Kreuzung 3. Ring/Guanghua Road ist gut was los. 

Älteres geschlossenes Tuktuk in Peking

Ein paar Schritte weiter stehe ich direkt vor Pekings höchstem Gebäude – dem Citic Tower oder auch Zhongguo/China Zun. In den obersten Stockwerken (ab 105) sollte es zwar eine öffentliche Aussichtsplattform geben, allerdings ist diese weiterhin nicht zugänglich, sei es nun aus feuerpolizeilichen Gründen oder weil man gerüchteweise bis nach Zhongnanhai (Regierungsviertel) hinüberspähen könnte…

Ganz so schnieke wie der Turm tut, ist es derzeit eh noch nicht. Ringsherum wird noch gebaut.

Bauarbeiten rings um den Zhongguo Zun

Blick nach unten: Gullideckel. Der ist doch noch gut, kann man doch noch gebrauchen! :)

Kaputter Gullideckel

Blick nach oben: Huch?

Schatten am Himmel

Das ist kein Flecken auf meiner Kamera, das ist der Schatten des Turms. Hätte nicht gedacht, dass Smog auch zu was gut ist! ;)

Citic Tower in Peking wirft Schatten am Himmel

Zurück zur Kreuzung und auf die andere Seite vom 3. Ring.

CBD in Beijing

Heute klappt endlich, was ich mir schon ewig vorgenommen hab: von der Galerie der China World Mall aus rüberknipsen. Im Sommer dort zu sitzen und ne Kleinigkeit zu trinken, ist sicher auch nett, aber ungestörter fotografieren war heute sicher besser möglich. Auch im Dunkeln wäre das ein toller Standort, aber ich glaube, das verschiebe ich auf wärmere Zeiten.

Blick von der China World Mall aus (Galerie 7. Stock)

Aber auch der Blick in die andere Richtung hat was. Ganz so schlimm wie es scheint (wenn auch schlimm genug), ist der Smog nicht, ist ne Mischung aus Smog und Gegenlicht. 

Guomao/3. Ring (Ost) in Richtung Süden.

War jedenfalls ein sehr schöner Vormittag, so schlimm kalt wie befürchtet war es auch nicht. Auch wenn es derzeit echt verlockend ist, warm eingemummelt zuhause zu bleiben (nachts haben wir schon immer wieder mal zweistellige Minusgrade), ein bisschen durch die Gegend zu stromern und (mit oder ohne Kamera) zu gucken, ist doch immer gut.

Mehr Bilder

 

 

 

 

Rund um die Schule – unsere Nachbarschaft

Ich bin gefragt worden, wie es rund um die Schule und bei uns so aussieht. Also habe ich mir heute, als ich zum Einkaufen gefahren bin, die Kamera um den Hals gehängt und zwischendrin geknipst. Das Wetter ist schön, nur die Luft ist nicht so toll (AQI 172).

Das ist die Tianze Lu (Straße). Schulweg und Strecke in Richtung Lucky Street, Solana, Chaoyang Park …

Und hier der Lady Street Flower Market. Als wir vor eineinhalb Jahren umgezogen sind hieß es, er würde in ein paar Wochen wieder öffnen. Tja, Satz mit x. Immerhin, jetzt tut sich etwas. Vor ein paar Tagen wurde an den Rohrleitungen rundherum gearbeitet, und jetzt steht ein Gerüst. Ich bin gespannt.

Danach geht es an der US-Botschaft vorbei – und der isländisch/estländischen (die teilen sich ein Gebäude), der indischen und der israelischen.

An der Ecke Tianze Lu/Liangmaqiao Lu schau ich in Richtung Schule, wo auch die Schulbusse parken.

Ich fahre aber erstmal in die andere Richtung zur Lucky Street.

Das ist eine Ladenzeile mit einigen Läden und vielen Restaurants.

Hier ist auch einer der verschiedenen deutschen Bäcker in Peking: South German Bakery, mit dem kleinen Café Konstanz. Im Obergeschoss befindet sich ein deutsches Restaurant, die Bodenseestube.

Ich kaufe ein ganzes Toastbrot und ein „Schwäbisches Holzofenbrot“ und fahre weiter in Richtung Schindler. Dabei komme ich am Solana (Einkaufszentrum) vorbei, das ich heute aber links liegen lasse. Dort gibt es auch einen BHG-Markt (gehobener chinesisch-internationaler Supermarkt), in dem es laut meiner Nachbarin das beste Fleisch für Rouladen in ganz Peking gebe.

Ich biege in Richtung Schindler ab und denke mal wieder, dass Peking zu einem Großteil aus Restaurants besteht. ;)

Et voilá: Schindler aka German Food Center. Fleisch kann man auch anderswo gut kaufen, aber Wurst und Würstchen, Leberkäse und Aufschnitt sind hier wirklich gut. Verschiedene deutsche/europäische Importwaren gibt es ebenfalls. Schindler ist eine Pekinger Institution mit Restaurants und Läden. Hier und hier kann man mehr über Schindler’s Erfolgsgeschichte in Peking lesen.

Ich kaufe Fleischsalat, Kassler-Aufschnitt und Wiener Würstchen und tuckere weiter in die Maizidian Jie. Bei Jenny Lou (internationaler Supermarkt) brauche ich heute nichts, und auch aus der Jiaozibude (Hobbithöhle, Kellerchinese oder korrekt: Bao Yuan Jiaozi Wu) brauche ich heute nichts.

Nun bin ich zurück an der Liangmaqiao-Kreuzung. Hier sieht man die Französische Botschaft.

Was sich hier in rot hinter den Bäumen versteckt, ist das Schulgebäude.

Und dies ist der Eingangsbereich der Schule. Pförtner und Corona-Zelte, hier werden die Kinder morgens durchgeschleust: Hände desinfizieren, Temperatur messen, mit Schüler-Karte (mit der auch in der Mensa bezahlt werden kann) registrieren.

An der Schule vorbei geht es aufs Grand Summit zu. Dahinter ist die Metrostation Liangmaqiao. Auch das Baker & Spice ist eine Institution, für die Deutschen besonders wegen der Schulnähe. Hier gibt es anständigen Kaffee und Wein, Brot, Gebäck, Salate, Pho und Currys … 

Das „obentos“ im Untergeschoss hat Corona nicht überlebt und ist weg.

Wenige Meter weiter ist der hintere Teil des Grand Summits mit diversen Restaurants, u.a. dem bei vielen Teens ziemlich beliebten Fatburger – aktuell dürfen die Oberstufenschüler das Schulgelände nicht verlassen, muss ein ziemlicher Umsatzeinbruch für Fatburger sein… Im Untergeschoss ist der City Shop, der zwar teuer ist, aber manchmal Importe aus Deutschland hat, die man sonst nirgends bekommt.

So, das war also eine Tour rund um die Schule. Obst und Gemüse hatte ich online bestellt (ich probiere gerade verschiedene Gemüseboxen aus), also bin ich mit dem Einkauf für heute fertig. Ich setze die „Einkaufs-/Nachbarschaftstour“ demnächst fort, wenn ich zum Sanyuanli Markt, Jingkelong und Jenny Lou in Sanlitun fahre.

Rush hour

Gestern am späten Nachmittag „musste“ ich zum Alten Observatorium fahren. Das habe ich als Ausflugsziel für die Fotogruppe vorgesehen, will mich aber vergewissern, dass es geöffnet ist, es keine Einschränkungen durch Bauarbeiten gibt usw. Beim Verabschieden von meiner Freundin sage ich noch, dass ich gar keine Lust habe, jetzt noch durch die Gegend zu tuckern. Aber ich bin keine fünf Minuten unterwegs, da ändert sich das. Die Sonne steht schon tief, aber es ist noch angenehm warm. Es ist wirklich schön und mir wird bewusst, wie cool das eigentlich ist, dass ich das machen kann.

Ich überquere den 3. Ring: Dichter Verkehr, der immerhin rollt.

3. Ring

Kurz vor dem Observatorium, das direkt am 2. Ring liegt und an der Metrostation Jianguomen, habe ich diesen Blick auf den Bahnhof.

Beijing zhan – Bahnhof Peking

Ich parke meinen Scooter an der Metrostation. Zwischen dieser und dem Observatorium ist ein kleiner Grünstreifen, auf dem allmählich die Rosen verblühen.

Der Ticketschalter hat schon zu, aber eine Schulklasse ist noch drinnen. Als sie herauskommen, frage ich, ob etwas abgesperrt ist oder ob man alles ansehen kann, auch oben die Plattform mit den Instrumenten. Ja, man kann! Sehr gut, ich muss nicht umplanen. Ich hatte nämlich irgendwo gelesen, dass jemand bei jedem Besuch auf Absperrungen gestoßen ist.

Ticketschalter Altes Observatorium

Altes Observatorium

Leider heute kein Zutritt mehr.

Ich bin zufrieden. Für den November wollte ich ein eher zentrales und „neues“ Ziel (hier war die Fotogruppe in den vergangenen fünf Jahren noch nicht), und was auch an einem kalten Novembertag mit mieser Luft machbar ist. 

Ich schwinge mich auf den Scooter und fahre nach Hause. Unterwegs muss ich doch noch mal stoppen, um Verkehr und Türme einzufangen.

Rush hour

Für aus der Hand geschossen, finde ich das Bild schon ziemlich cool. Das muss ich aber noch mal mit Stativ und Filter probieren!

Dafür, dass ich anfänglich gar keine Lust hatte, war das jedenfalls ein netter kleiner Ausflug.

Herbst in Badachu

Mit der Fotogruppe habe ich heute einen Ausflug nach Badachu gemacht. Eigentlich hatte ich mit bunten Herbstfarben gerechnet, aber die meisten Bäume waren noch grün. Letztes Jahr war ich zu spät dran, da waren die Laubbäume schon kahl.

Aber auch ohne buntes Laub ließ sich der Herbst in Badachu gut einfangen.

Die Zeit der Sommerkleider ist vorbei. Aber richtiges Posing für Gruppenbilder geht immer!

Auch ohne buntes Laub ist klar: der Herbst ist da.

Für weitere Farbtupfer sorgt die Seilbahn. Wir laufen aber bergauf.

Pause!

Immer wieder kreuzen Katzen unseren Weg.

Na bitte, hier ist doch ein bisschen Herbstlaub. Und die Goldfische sind noch nicht eingefroren.

Ein paar bunte Blätter gibt es immerhin schon.

Diese beiden Herren waren ansteckend fröhlich. Haben mich ein bisschen an Xiangsheng (Komiker-Duo ist nur unzureichend übersetzt) erinnert.

Endlich sind wir ganz oben am Baozhu Tempel, hinterm dem eine kleine Höhle (das ist etwas hochtrabend, es ist kaum mehr als eine große Felsnische) liegt, in der ein Buddha angebetet werden kann. Hier passt eine Wächterin besonders streng auf, dass die Buddhas nicht fotografiert werden. Wenn man in den schmalen Gang zwischen Tempel und Felswand einbiegt, fällt einem als erstes eine Plastikschüssel ins Auge, die oberhalb der Höhle liegt. Als wir näherkommen, sehen wir den Router da drinnen… Willkommen in China – und irgendwie muss ich immer noch kichern, weil das so typisch pragmatisch ist.

Es wird Zeit, den Rückweg anzutreten. Wir sind uns einig: wir nehmen die Sommerrodelbahn. Ich hab meine Tour abwärts tatsächlich gefilmt, ich muss mal einen der Junioren überreden, mir das webtauglich zu bearbeiten… ;) War jedenfalls wieder ein Riesenspass.

Zum Schluss flattert mir noch dieser Distelfalter vor die Kamera.

War ein richtig schöner Ausflug, sonnig und trocken, noch relativ warm und zumindest anfangs noch relativ (!) gute Luft. Später war es dann über der Stadt zu diesig, das einzige, was ein bisschen zu erkennen war, war der Fernsehturm, alles andere ist im Dunst verschwommen.

Kurze Runde durch den Park

Am späten Nachmittag zieht es mich raus, ein Spaziergang im Ditan-Park kommt mir in den Sinn. Den Ditan-Park mag ich wegen seiner Lage (gleich schräg gegenüber vom Lama-Tempel, ich fahre auch einfach gerne die Yonghegong-Street entlang) und dem dort besonders vielfältigen und aktiven Parkleben. Gibt zwar ein paar Parks, die näher dran sind, wie der Chaoyang-Park, der Side-Park, der Tuanjiehu-Park, denen aber allen das historische Flair abgeht.

Und so düse ich los. Die Straßen sind voll, am 2. Ring staut es sich extrem, aber mit dem Scooter komme ich flott voran. Es ist bald 18 Uhr, und ich frage mich kurz, ob die Parks derzeit früher schließen, aber nein, es ist ganz normal bis 21 Uhr geöffnet.  2 RMB Eintritt berappt, nur flüchtige Temperaturkontrolle, die Health App wird nicht benötigt. Gleich ein paar Schritte hinter dem Tor fällt mir auf, wie ruhig es ist. 

Sicherheit geht vor, auch im Park.

Viel los ist nicht mehr, einige Großeltern mit ihren Enkelkindern, ein paar Jogger und vereinzelte Kampfsportler. Heute mal nicht nur Tai Chi, Qi Gong, was auch immer – sondern auch dieser Herr mit Säbeln. 

Da halte ich lieber respektvollen Abstand. 

Der Platz mit den Sportgeräten ist wieder geöffnet, hier sind noch ein paar Leute. Mir ist heute mehr nach Ruhe, und die finde ich auch. 

Immer, wenn ich im Ditan-Park bin, MUSS ich durch dieses Felsentor gehen.

Bei meinem ersten Besuch im Ditan-Park habe ich hier zum ersten Mal den Park-Chor gesehen und gehört, was mich nachhaltig beeindruckt hat. Auch in vielen anderen Parks trifft man sich zum Singen, aber hier waren es besonders viele Sänger. Ich muss doch echt mal wieder vormittags gucken, ob es den Chor noch gibt.

So langsam wird es dunkel, also bewege ich mich allmählich zum Ausgang.

Die kurze Auszeit hat gut getan, nun bin ich auch wieder bereit für den Trubel und den Lärm der Stadt.

Doppelfeiertag

Gestern am 1. Oktober hat China gleich zwei Feiertage begangen, die ausnahmsweise auf den selben Tag gefallen sind: den Nationalfeiertag und das Mondfest (auch Mittherbstfest) – Doppelfeiertag! Das Mondfest, am 15. Tag des 8. Monats nach dem Mondkalender, ist nach dem chinesischen Neujahrsfest das zweitwichtigste chinesische Fest. Zum Nationalfeiertag gibt es Ferien in ganz China: die Golden Week, normalerweise ohne Corona die größte Völkerwanderung der Welt, Hauptreisezeit in China.

Die Stadt bereitet sich vor, überall (auch auf Verkehrsinseln, Seitenstreifen – da, wo in Deutschland günstig-praktisches „Straßenbegleitgrün“ wuchert oder vertrocknet) gibt es neue, farbenfrohe Herbstbepflanzungen und/oder Blumen(topf)-Arrangements. Überall werden rote Lampions aufgehängt und die Nationalflagge gehisst. Und auch Restaurants scheinen sich vorzubereiten.

Feiertag und IKEA? Dumme Idee.

Ich will ein paar Kleinigkeiten vom Möbelschweden besorgen, schwinge mich auf den Scooter, freue mich noch über die freie Bahn – jetzt nicht (mehr) Corona-bedingt, sondern wie jedes Jahr während der Golden Week. Aber kurz vor dem Ziel: abgesperrte Fahrspuren. Mehr und mehr Menschen. Oh nein, es ist wie bei IKEA-Schnelsen an einem Adventssonnabend… Okay, heute keine Kerzen, nur „schnell“ in den Lebensmittelmarkt und wieder raus. Tja, das hätte ich nach all der Zeit in Peking echt vorher wissen können… Kaum lasse ich IKEA hinter mir, sind die Straßen auch wieder leer und unweigerlich wandern meine Gedanken ein Dreivierteljahr zurück zum Neujahrsfest. Eigentlich müsste ich doch eine „Kontrollrunde“ am Tiananmen vorbei drehen. Also verstaue ich zuhause nur schnell die Einkäufe und tuckere wieder los.

„Kontrollrunde“

Ich nehme den gleichen Weg wie „damals“ am Neujahrstag. Da die Straßen leerer sind als sonst, fallen einem Fahrzeuge, die man auf Deutschlands Straßen nicht sieht, wieder viel stärker auf.

Das hier war nicht ganz so knapp wie es scheint, aber ich nehme es trotzdem als Erinnerung, konzentriert und defensiv weiter zu tuckern. Nicht vom Gegenverkehr täuschen lassen – das ist nur ein Witz von Ampelrückstau, die Straßen waren wirklich leer.

Tatsächlich sind die Straßen alles andere als leer, denn es sind unzählige Menschen unterwegs, aber es gibt kaum Autoverkehr. Nur vor beliebten Restaurants wie dem großen Huda in der Ghost Street wird mal eben in dritter Reihe gehalten, um die Familie rauszulassen. Auch auf dem Gehweg: kein Vergleich zum Neujahrsfest, hier tobt das Leben, Dutzende warten darauf, dass ein Tisch frei wird. Würziger Duft liegt in der Luft, und Peking ist normal laut.

Und so sieht es die ganze Ghost Street (die legendäre Futtermeile an der Dongzhimen Inner Street) entlang aus. Hier war es schon den ganzen Sommer über abends lebendig und gut gefüllt, aber heute toppt es das bei weitem.

Bist Du eigentlich neu in Peking oder was?

Eigentlich hätte ich ja schon in der Nähe des Jingshan-Parks aufmerken müssen. Die Straßen sind zwar wie am Neujahrstag leer, aber es gibt viele Polizeiposten. Und da ist dann auch die erste gesperrte Straße – keine motorisierten Fahrzeuge in Richtung Tiananmen erlaubt.

Keine Ahnung, was ich mir gedacht – bzw. nicht gedacht – habe. Ich fahre durch Nebenstraßen weiter in Richtung Tiananmen, nehme immer mehr Fußgänger wahr, die zunehmend auch den Bikestreifen benutzen. Hätte ich das Hirn eingeschaltet, hätte ich jetzt den Scooter abgestellt und wäre mitgelaufen. So stecke ich später zwischen Autos, anderen Scootern, Fahrrädern und Fußgängern an der Kreuzung an der Chang’an fest. Ich werde mit unzähligen anderen über die Prachtstraße geschleust, darf aber nicht in eine der Seitenstraßen fahren (wo ich eigentlich den Scooter abstellen wollte, um dann auch zu Fuß weiterzugehen). 

Abgesehen davon, dass alle Maske tragen, kann man sich hier nicht vorstellen, dass wir mitten in einer Pandemie sind. Abstände? Social distancing? Hier jedenfalls nicht. Aber trotz der Massen (die mich ja immer auch ein wenig stressen) eine greifbar fröhliche Stimmung. Das erinnert an den 70. Jahrestag im letzten Jahr, aber unterscheidet sich massiv vom Neujahrsfest.

Dann grinst mich auch meine Akkuanzeige noch blöd an: du dusselige Kuh hättest mich zwischendrin mal aufladen sollen, wenn du nicht schieben willst! Ich beschließe, an einem der nächsten Tage mit der Metro zum Tiananmen zu fahren und will nun auf dem kürzesten Weg über die Chang’an in Richtung Osten – nach Hause – weiter. Ist nicht. Nur für Fußgänger. Also fahre ich den Weg zurück, den ich gekommen bin. 

Unterwegs denke ich: was ein Unterschied! Und damit meine ich nicht das Wetter, das jetzt noch (beinah, zumindest nach Hamburger Maßstäben ;) ) spätsommerlich ist. Obwohl die Pandemie nicht überstanden ist, so ein Trubel. Zwar gab es in  Peking jetzt seit 55 Tagen keine lokale Neuinfektion. Und trotzdem steht das irgendwie im Widerspruch zu den Parolen, die man sonst überall lesen kann, weiterhin wachsam zu sein und sich an Vorsichtsmaßnahmen zu halten.

Es ist schon mehr als nur ein bisschen spannend, wie sich die Zahlen wohl nach der Golden Week entwickeln werden. Wenn das gut geht, was ich sehr hoffe, dann können wir uns hier wohl wirklich zurücklehnen, weitgehend normal (abgesehen von Masken, Temperaturkontrollen und Health App) vor uns hinleben, uns eigentlich keine Sorgen um die eigene Gesundheit machen müssen und auf das Ende der Pandemie bzw. einen Impfstoff warten. Aber sollte es neue lokale Infektionen geben, wirft das ein düsteres Licht auf den bevorstehenden Winter, und mir graut es davor, wieder so (relativ) isoliert zu sein wie im Frühling.

Abends am Shichahai

Rund um den Shichahai gibt es abends viel zu sehen und entdecken. Dabei geht es am Qianhai etwas ruhiger zu als am Houhai, wo im Barviertel das Leben tobt.

Kurz zur Lage und Geschichte

Shichahai – das sind die „Drei hinteren Seen“. Der Vordere See (Qianhai) und der Hintere See (Houhai) sind durch die über 500 Jahre alte Yinding-Brücke voneinander getrennt (und die Ufer dadurch verbunden). Nordwestlich schließt sich der dritte See an: der Xihai (Westsee).

Man könnte das „shi“ – anders geschrieben und ausgesprochen – auch auf die zehn Tempel beziehen, die rund um die Seen liegen.

Abendstimmung am Qianhai

Hier entstand schon während der Jin-Dynastie im 12. Jahrhundert ein florierendes Viertel. Während der Yuan-Dynastie (1271 – 1368) war hier einer der Endpunkte des Kaiserkanals (auch: Großer Kanal), der Peking mit Hangzhou verbunden hat. Damit wurde Shichahai einer der wichtigsten Handelsbezirke Pekings, über den Kaiserkanal wurde Peking fast 600 Jahre mit Reis (und vielem anderen) versorgt. Als die Wasserstraße an Bedeutung verlor (sich verändernde Flussläufe, Trockenheit in Nordostchina, die Konkurrenz durch die Eisenbahn) blieb die Lage dennoch attraktiv, nicht nur wegen der Nähe zum Palast, den Prinzenresidenzen und Tempeln. Gewässer sind rar in Peking, das macht die Seen hier so besonders.

Heute ist Shichahai ein beliebtes Touristenziel, aber auch für die Naherholung der Pekinger sind die Seen samt Umgebung wichtig. Hier wird musiziert und getanzt, eine größere Gruppe trifft sich immer abends auf dem Platz in der Nähe des Lotosmarktes am Südüfer des Qianhai. Man sieht Angler, manchmal Schwimmer. Normalerweise kann man sich Boote mieten, jetzt im Corona-Jahr blieben die Boote des Qianhai im Winterquartier. Am Südwestufer des Qianhai wurde gerade erst die Restaurant“meile“ renoviert, das sieht (wegen Corona?) noch relativ unfertig aus. Am See gibt es aber auch einige Pekinger Traditionsrestaurants. Mehr los – fast normaler Trubel, aktuell nur ohne ausländische Touristen – ist am Houhai.

Fotogruppen-Ausflug

Gestern Abend war ich mit der Fotogruppe dort verabredet. Ich bin etwas früher von zuhause losgekommen, und habe noch ein bisschen Dämmerung mitbekommen.

Boot auf dem Qianhai

Wenn ich allein mit Stativ irgendwo in Peking herumstehe, werde ich immer angesprochen.

Diesmal bekam ich den Tipp, die nächste Dämmerung vom Lotosmarkt aus einzufangen, dann wäre der See einzigartig blau. Das muss ich tatsächlich bald mal ausprobieren!

Aber so gefällt es mir dort auch echt gut.

Erst friedliche Abendstimmung…

Schließlich habe ich fix zusammengepackt und bin zum Treffpunkt der Gruppe hinübergegangen. Inzwischen war es dunkel. Wir sind zuerst noch mal zurück zum Qianhai. An „meinem“ Platz hatte sich inzwischen ein Musikant eingefunden.

Musikant am Qianhai

Ein wirklich schöner Spätsommerabend. Nur die Mücken waren etwas nervig. Nachdem etliche Bilder im Kasten waren, sind wir weiter in Richtung Houhai gegangen.

Die Yinding-Brücke

Yinding-Brücke

Die Yinding- (Silberbarren) Brücke hat ihren Namen nach den alten Silberbarren, die lokales, individuell gefertigtes Zahlungsmittel im kaiserlichen China seit der Qin-Dynastie waren.

Die Brücke wurde 1984 restauriert und 2011 noch einmal verbreitert und ist sowohl schönes Motiv als auch Aussichtspunkt.

… dann quirliges Nachtleben

Es geht los mit Restaurants und Souvenir-Läden (von denen es in den Seitenstraßen noch viel mehr gibt, und durch die man auch unbedingt durchspazieren sollte).

In den klitzekleinen Bars, die sich dicht an dicht am Seeufer drängen, gibt es leicht überteuertes Bier, überall stehen Livebands auf der Bühne.

Wir bummeln schließlich durch eine der Seitengassen, an der historischen kaiserlichen Post vorbei – ein kleines Museum und Laden, den man auch besichtigen könnte. Aber wir wollen noch weiter ins Café Zarah zur Vernissage von „Time Capsule“ von Mica.

Ein letztes Bild schieße ich noch.

Im Zarah gibt uns Mica eine Einführung zu seinen Bildern und beantwortet geduldig alle Fragen. Bei leckeren Caipis lassen wir einen wundervollen Sommerabend ausklingen.

Schnipsel Nr. 9

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Schnipsel”. Dieses Mal: Schönwetterflash, Ferien in Sicht, Corona…

Schönwetterflash

Im September ist es in Peking ja immer besonders schön. Es ist noch sommerlich-warm, aber die brütende Hitze mit an die 40 Grad ist überstanden, die Regenzeit ist vorbei. Da macht es noch viel mehr Spaß, draußen unterwegs zu sein. Und dann kam in den letzten Tagen auch noch supergute Luft dazu. Ich war die Woche nur so viel verabredet, so dass ich es nicht in Richtung Berge oder an einen der Seen geschafft habe. War trotzdem schön und hat gut getan. 

Mittwoch ging es zu den Weihnachtsengeln – da fahre ich immer hier (Kreuzung von Airport Expressway und 4. Ring) entlang und finde diesen über mehrere Etagen gestapelten Verkehr höchst faszinierend.

Hier treffen der 4. Ring und der Airport Expressway aufeinander.

Am Donnerstag konnte ich die Sonne, die einem jetzt nicht mehr das Hirn wegbrennt, beim Brunch auf der Dachterrasse des MaiFresh mitten in den Hutongs zwischen Glockenturm und Konfuziustempel genießen. Tolle Location, leckeres Essen (auch „instagrammable“), nette Gesellschaft und gute Gespräche – sehr, sehr schön, da lohnt sich auch das Warten (der Service ist nicht so schnell, aber sehr reizend).

Abends leider auch weder irgendwo herumgetuckert, noch nett draußen gesessen, sondern in der Schule am Elternabend teilgenommen. Der war zum Glück kurz und schmerzlos.

Am Freitag bin ich mit der Strickgruppe zum Wollmarkt gefahren. Diesmal hatte ich nicht so hochfliegende Erwartungen und keine deutschen Geschäfte mit handgefärbten Strängen in allen denkbaren Qualitäten vor Augen – und tatsächlich lohnt sich ein Besuch dort doch. Ich selbst habe zwar nur ein paar Knöpfe erworben, aber alle anderen haben gut zugeschlagen – unser kleiner Beitrag zur Standortsicherung. ;) 

Auf der Rückfahrt haben wir dann noch diesen Mann gesehen:

Stylisher Cruiser auf der G110 in Peking

Der war so lässig! Kommt auf dem Foto leider nicht raus – schicke Federn am Hut. Der wusste jedenfalls, wie man so einen schönen Sonnentag genießen kann.

Gestern habe ich geschwächelt, heute hatten wir Besuch – schön war’s. 

Ferien, Mondfest und Golden Week in Sicht

Die kommende Woche ist auch noch mal so vollgepackt. Ich bin wieder jeden Tag verabredet, die Jungs schreiben Klausuren, aber am Freitag ist der letzte Schultag und dann sind Ferien: Golden Week. Dabei sind die Sommerferien doch gerade erst rum! Jedenfalls ist dann auch wieder Zeit für spontanes Rumstromern. Ich weiß, der „Freizeitstress“ ist selbstgemacht, aber nach der langen Zeit ohne soziale Kontakte außerhalb der Familie gab es auch ein gewisses Nachholbedürfnis, und das war jetzt eher zufällig, dass es sich so geballt hat.

Ich bin gespannt, wie es dieses Jahr in Peking sein wird. Sonst sind zur Golden Week die Straßen leer, dafür ballt es sich bei den Sehenswürdigkeiten. Das schau ich mir auf jeden Fall an.

Herbstlich ist es ja schon – in der Vegetation: es ist Erntezeit, vieles ist verblüht, die ersten Blätter fallen… Nur die Temperaturen sind noch sommerlich. Aber 28 Grad gelten hier nicht mehr als sommerlich genug, morgen wird die Klimaanlage abgeschaltet.

Der Vermieter hat uns gestern Mondkuchen geschenkt. Dieses Jahr ist das Mondfest relativ spät und fällt mit dem Nationalfeiertag am 1.10. auf den selben Tag.

Corona

Gestern ist es passiert: es wurde eine Corona-Infektion in Peking gemeldet, und das nach 43 Tagen ohne. Zwar „nur“ importiert, d.h. das Risiko für uns Pekinger dürfte nicht größer geworden sein, da direkt am Flughafen abgefangen und isoliert, Mitpassagiere in Quarantäne… Trotzdem mahnt es einen, nicht leichtsinnig zu werden, das Virus ist nicht weg. 

Ansonsten bin ich weiterhin froh, hier zu sein. Unser Leben ist derzeit halbwegs normal, zwar mit Maske und App – aber das kann man dafür dann schon in Kauf nehmen. Beatmung wäre schlimmer. Wieder niemanden treffen zu können, wäre schlimmer. Wieder Schulschließung wäre schlimmer – wobei die Jungs ja sehr gut mit dem Online-Unterricht zurechtgekommen sind, und zumindest teilweise konzentrierter und effektiver lernen konnten. Aber ich habe kein Ambitionen, wieder als Mathelehrerin einzuspringen. ;) Und ihre Kumpel und die Pausen haben die Kerle ja auch vermisst.

Da keiner weiß, wie sich die Corona-Lage während des Winters entwickeln wird, aber durchaus befürchtet wird, dass es dann (auch hier in Peking/China) wieder mehr Krankheitsfälle geben könnte, will ich noch möglichst viel unternehmen, solange es geht.

Nächste Woche steht noch einmal einiges an Gruppenaktivitäten an, unter anderem ein Ausflug mit der Fotogruppe, in der Golden Week dann mehr solo und spontan.

Peking in Hamburg, Heimweh in Peking

Jetzt ist es passiert. Zum ersten Mal in über fünf Jahren habe ich vor lauter Heimweh feuchte Augen gekriegt. Naja, um ehrlich zu sein: ich hab Rotz und Wasser geheult. Das kam echt überraschend.

Ich vermisse Menschen. Ich vermisse Gerüche: Garten im und nach dem Regen, Wald, (Elb-)Strand… Ich sehne mich manchmal danach, dass ich alles verstehe, zwischen den Zeilen lesen kann, dass alles einfach und normal und gewohnt und selbstverständlich ist – und selbst wenn mal was Neues/Anderes kommt, man schnell damit klar kommen kann, weil man mit Sprache und Kultur vertraut ist. Aber Heimweh? Nee, ich doch nicht.

Und dann kehrte vorgestern die Peking nach über 80 Jahren nach Hamburg zurück.

Als echte Hamburgerin finde ich Boote und Schiffe (vom Kanu bis zum MegaContainerfrachter) großartig. Ich weiß gar nicht, ob das heute noch in der Grundschule dazugehört, eines der ersten Lieder, die ich damals gelernt habe, war das vom „Hamborger Veermaster“. 

Begrüssung der Peking – © Birgit Höpfner

Also völlig selbstverständlich, dass ich den Livestream vom NDR angemacht hab und immerhin am Bildschirm mit dabei war, als es von Twielenfleeth nach ein paar Stunden tidebedingter Wartezeit auf den letzten Abschnitt ging. Sogar das Wetter hat mitgespielt, blauer Himmel mit ein paar dekorativen Wolken. Meine Schwester war auf dem Wasser mit dabei und hat mich auch live mit Bildern zugeballert. Da wäre ich echt gern dabeigewesen.

Die Peking – © Birgit Höpfner

Soweit alles gut, schöne Bilder, tolle Stimmung, die auch über das Internet nach Peking herübergeschwappt ist. Und dann fuhr die Peking an Willkommhöft vorbei. Oh, die vertraute Lautsprecherdurchsage: Musik, kleiner Text, Hymne. Bei „Willkommen in Hamburg“ gingen meine Schleusen auf. Zu viele schöne Erinnerungen damit verbunden, dazu die tollen Bilder – da gab es kein Halten mehr. Das ist mein Hamburg, da komme ich her, da habe ich meine Wurzeln.

Logenplätze! – © Birgit Höpfner

Irgendwann habe ich mich dann auch wieder eingekriegt. War aber auch zu schön, das Gewimmel auf dem Wasser, fast wie Hafengeburtstag, aber spezieller. Das Wendemanöver habe ich noch gesehen, aber dann fielen mir die Augen zu.

Hach…. Traumschön! – © Birgit Höpfner

Peking ist aber auch schön

Die Nacht war kurz, denn ich war mit unserem Vermieter verabredet – er wollte mir den „Importmarkt“ zeigen.

Ich weiß gar nicht, ob ich das schon mal erzählt habe? Wir haben so ein Glück mit unserem Vermieter, nicht nur dass er wirklich ganz reizend ist – wann immer es irgendein Problem gibt, kümmert er sich sofort. Keine Diskussionen, ob das wirklich sein muss, wer das zahlt, wer Schuld ist, ob man nicht irgendwas selbst provisorisch machen könnte. Nein, wird alles immer gleich und gut erledigt. Keine Klebeband-Provisorien mehr.

Er hat schon öfter angeboten, mit mir zum Einkaufen da hin, zum Essen dort hin und zum Sightseeing woanders hin zu fahren. Da kann man/ich auch nicht immer nein sagen. Also ging es gestern morgen los. So schön wie es am Vortag in Hamburg gewesen sein muss, so schön war es gestern hier. Nur wärmer, bätschi! ;) Berge in Sicht, d.h. nicht nur Wetter toll, sondern Luft auch.

Hotelmarkt = Importmarkt = Großmarkt

Nach einer halben Stunde (Stau…) standen wir vor dem Komplex, den ich als „Hotelmarkt“ kenne. Huch? Allerdings sind wir in das große Hauptgebäude vorne rein und hinten wieder raus marschiert. Und das war dann wieder ein Eintauchen in eine andere Welt. Leider habe ich keine Bilder gemacht, nicht mal mit dem Handy, das wäre mir unhöflich vorgekommen… 

Die Sonne brennt vom Himmel. Staubige Straßen, vollgestopft mit Fahrzeugen aller Art. Eingeschossige schlichte Bauten, eine „Garage“/Laden am anderen. Unzählige Schilder und Plakate. Ganz viel Leben davor, die meisten Ladenbesitzer sitzen draußen. Es ist bunt, und es ist laut, und es fühlt sich gar nicht mehr wie 2020 an, sondern Jahre früher…

Die meisten Läden sind spezialisiert: hier gibt es nur Öl, dort nur Reis, hier Getränke, da Gewürze… Wir gehen immer weiter, kreuz und quer, der Vermieter wird immer nervöser. Wir gehen in einen Laden, der belgisches Bier und schwedischen Cider verkauft. Er spricht den Ladenbesitzer an, der den Kopf schüttelt. Nein, die Läden, die er suchte, sind nicht mehr hier. Die „Kronenepidemie“ (schöne Übersetzung, oder?), keine (ausländischen) Touristen mehr in Peking, einige Händler sind zurück in den Heimatort, dazu der ganz normale schnelle Wandel in Peking – warum auch immer: die Importshops sind nicht mehr da. Einige wenige seien in das große Gebäude umgezogen.

Dahin gehen wir nun zurück, fahren nach oben, sehen uns um, aber werden nicht fündig. Ich merke, dass es ihm etwas peinlich ist und sage (und meine es auch), dass ich das gerade wirklich interessant finde. Ich war jetzt schon einige Male beim „Hotelmarkt“, aber das Gewusel dahinter habe ich mir nie angesehen. Er möchte noch Tee kaufen, ist aber wählerisch und findet „seine“ Sorte nicht.

Ich frage, ob wir in einen der Kaffee-Läden gehen können. Und das tun wir dann, lassen uns Vollautomaten vorführen und probieren uns durch unzählige Kaffeevarianten. Die Preise machen uns schwindelig, eventuell muss ich vom ersten Nach-Corona-Heimaturlaub ein Maschinchen aus Deutschland mitbringen. Er kauft eine Großpackung Instant-Kaffee, ich eine Flasche Caramelsirup – und dann reicht es auch.

Als wir wieder im Auto sitzen, sagt er: Ich lade Dich jetzt zum Mittagessen ein. Zwanzig Minuten später gehen wir ins JinDingXuan neben dem Tuanjiehu Park. Mir war bis zu dem Moment nicht klar, dass das eine kleine „Kette“ ist, acht Filialen in Peking, ich kannte bisher nur die schräg gegenüber vom Lamatempel am Ditan-Park. Anders als dort gibt es hier allerdings weder englische noch bebilderte Speisekarte. Aber wozu auch, das hier ist keine Touristen-Gegend. Trotzdem ist das Restaurant proppevoll. Abends sollen die Leute sogar Schlange stehen.

Clean Plate? Heute nicht.

Er bestellt einmal querbeet durch die Speisekarte, als die Kellnerin anmerkt, dass das sehr viel für zwei Leute seit, sagt er, dass er alle Reste mitnehmen wird. Ah – „Clean Plate!“. Eine (staatlich iniitierte) Aktion gegen Lebensmittelverschwendung. Teller leer essen. Nicht mehr zeigen, dass man ein guter Gastgeber ist, in dem man viel mehr Gerichte bestellt als tatsächlich gegessen werden kann. Stattdessen verantwortungsbewusst mit Lebensmitteln umgehen. Definitiv ein gutes Projekt, aber das ist ja fast wie ein vegetarischer Tag pro Woche in der Kantine… ;) Eine krasse Änderung in der chinesischen Ess-Kultur.

Wurm? Gedärm? Minihühnerfuß?

Die meisten der bestellten Gerichte sind gut oder sehr gut. Die Kette führt Spezialitäten aus vielen Teilen Chinas, Schwerpunkt liegt aber auf Südchina/Guandong. Die DimSum sind sehr lecker, besonders die ShaoMei. Typisch Mann (?) – wenig Gemüse auf dem Tisch. ;) Ein Hühnchengericht, dass an Kung Pao Chicken erinnert, aber samt Knochen und Haut serviert wird, ordentliches Mapo Doufu. Schweinebauch. Ich mag so fettes Fleisch eigentlich nicht, aber das ist in einer superleckeren Sauce ganz weich gekocht – kann man gut essen. Und dann kommt noch etwas.

Ich weiß echt nicht, was es ist. Würmer, Schnecken, Innereien oder Minihühnerfüße? Der Vermieter grinst mich an, ich zwinge mich, zurückzulächeln, will mir elegant mit den den Stäbchen so einen Wurm zur Gemüte führen – und scheitere an meiner Feinmotorik. 

Bitte verlassen Sie Ihre Komfortzone jetzt.

Zweiter Versuch. Es ist mit einer Art weicher Panade ummantelt, da knabbere ich erst einmal vorsichtig dran. Puh, zum Glück ist der Geschmack echt gut. Ich fühle seinen Blick auf mir. Oh nein. Todesmutig beiße ich hinein, denke an was Schönes, während ich kaue und schlucke. Und schlucke. Und schlucke. Oh Mann, es schmeckt nicht schlecht, aber mein Ekel ist so groß, ich kann es nicht aufessen.

Der Vermieter grinst mich an. Boah, er hat genau gewusst, was er tut – aber ich hab wohl bestanden. Ich halte mich an die DimSum und das Gemüse, er spachtelt den Schweinebauch und das Gewürm weg, Hühnchen und Tofu lässt er für seinen Sohn einpacken.

Zu trinken gab es weder warmes Wasser noch heißen Tee, sondern den besten Eistee, den ich je hatte.

JinDingXuan – Getränke und Mondkuchen

Da das Mondfest näher rückt, gibt es auch Mondkuchen. Einen teilen wir uns, und dann geht’s nach Hause.

Peking ist cool

Ich hab den Tag trotz aller Herausforderungen (Gewürm!) total genossen. Einziger Wermutstropfen: Ich bin hinterher (mental) total erledigt – wegen der Sprache. Der Vermieter spricht kein Englisch, mein Chinesisch reicht für den Alltag, aber bei längeren Gesprächen wird es echt haarig. Ich verstehe zwar inzwischen relativ viel gesprochenes Chinesisch (wobei ich natürlich oft total daneben liegen kann). Selber sprechen ist und bleibt katastrophal, ich treffe die Töne nicht, vernachlässige Grundregeln des chinesischen Satzbaus… Und abhängig vom Thema fehlt mir natürlich auch immer wieder mal auch das Vokabular. Es ist echt peinlich, dass es nicht besser ist.

Aber trotz dieser Schwierigkeiten kommen wir klar – es lebe die moderne Technik. Seine chinesische App ist meinen Übersetzungsapps nebenbei bemerkt haushoch überlegen… 

Nach dem tränenfeuchten Abend vorher war das genau das richtige Programm für mich. Vom genialen Wetter angefangen, etwas anderes entdecken bzw. mit anderen Augen sehen, raus aus der üblichen Bubble, mit einem Pekinger unterwegs sein – mir hat das gut getan. Trotz des akuten, inzwischen überstandenen Heimwehanfalls – ich bin nach wie vor, trotz und wegen allem immer noch gerne hier. Bin noch lange nicht fertig mit Peking und China, gibt noch so viel zu entdecken. Und ich bin echt froh darüber, dass ich das alles erleben kann. 

 

Sommertag in Peking

Ein traumhafter Sommertag, die Jungs sind mit Online-Unterricht und Hausaufgaben beschäftigt, nichts wie raus. Da sich das Leben und die Corona-Regeln hier ziemlich normalisiert haben, will ich Fotowalks für die Fotogruppe planen. Einen Ort, den die Gruppe in den vergangenen fünf Jahren noch nicht besucht hat und zu dem es mich selbst schon lange hinzieht: Die Residenz von Prinz Gong. Die soll so besonders schön sein, ein bisschen an die Verbotene Stadt erinnern und gleichzeitig mit schönem Garten, Teichen und Flüssen aufwarten. 

Bisher habe ich nur kein Glück gehabt! Entweder es war Montag (und montags sind fast alle Sehenswürdigkeiten geschlossen) oder es wurde gebaut. Prinz Gong und ich – das wird nix.

Es wurde auch länger gebaut als vorgesehen, und ich hab es dann aus den Augen verloren, dann kam Corona, aber heute! Heute versuch ich es. Es ist auch nicht Montag!

Tja.

Alles dicht. Zu. Geschlossen.

Ich spreche ein paar Männer an, die vor dem verschlossenen Tor stehen. Nein, diesen Monat nicht mehr. Nächsten Monat. So ist das halt, zum Glück bin ich ja für länger hier und kann es dann im September wieder versuchen (wenn ich das nicht wieder vergesse…). Der Tag ist auch viel zu schön, um sich darüber zu ärgern, ich fahre dann halt ein Stück um die Residenz herum. 

Rechts hinter der Mauer befindet sich Prinz Gongs Residenz. Aber die Straße ist auch schon ziemlich idyllisch, oder?

Es ist Waschtag. Ach so, deshalb darf man nicht zum Prinzen.

Wäsche vor dem Nebeneingang von Prince Gong’s Mansion.

Ich fahr noch mal am Haupteingang vorbei, aber kein Schild, nichts. Auch die Männer von vorhin sind verschwunden. 

Prince Gong’s Mansion. Geschlossen, wie immer, wenn ich da hinein möchte.

Ich beschließe, dass der Fotogruppenausflug zum Dongyue-Tempel gehen soll. Auch das eine Location, wo die Gruppe in den vergangenen fünf Jahren nicht war. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, will ich vorbeifahren und schauen, dass da nicht auch plötzlich Waschtag ist oder Bauarbeiten…

Am Shichahai

Vorher komme ich am Shichahai vorbei. Da muss ich auch unbedingt stoppen. Zuerst sehe ich zwei Arbeitern dabei zu, wie sie Müll rausfischen, der sich im Durchflussgitter Richtung Beihai verfangen hat. Als sie fertig sind, brausen sie los. Hach ja, aufs Wasser wäre jetzt eine feine Sache, aber der Bootsverleih hat geschlossen.

Shichahai

Ich bin an der Ecke vom See, wo sich der Lotosmarkt befindet. Der heißt so, weil…

Lotos. Blütezeit geht zu Ende.

Ist es ein Alien? Ist es verblühter Lotos?

Alt und neu – da kommt noch eine Blüte nach!

Auch verblüht immer noch schick.

Und dann kommt eine dieser Aussichten, wo man total vergisst, dass das hier mitten in der Großstadt ist.

Ist das nicht einfach unheimlich schön hier?

Die Sonne knallt ganz schön vom Himmel, mein Wasser ist alle, hier steht kein Verkaufswagen, die Shops sind geschlossen – ich mach mich auf den Weg zum Dongyue-Tempel.

Der Dongyue-Tempel

Okay, ich bin schon über fünf Jahre in Peking, aber die Stadt ist so riesig und mein Orientierungsvermögen so schlecht – und trotzdem finde ich den Weg ohne einmal aufs Handy zu gucken. Auch ein gutes Gefühl.

Das Ticketbüro ist nach draußen umgezogen. Ja, der Tempel ist geöffnet, keine Bauarbeiten oder Schließzeiten geplant. (Da wo mein Chinesisch nicht ausreicht, hilft die Übersetzungsapp!). Super, dem Fotogruppenausflug hierher steht also nichts im Weg. Wo ich schon mal da bin, will ich aber trotzdem rein.

Einen ersten Code mit WeChat-Pay scannen, um den Eintritt zu bezahlen. Einen zweiten Code mit der Beijing Health App scannen: damit bin ich zum einen registriert (und zwar nicht als Pippi Langstrumpf aus Bullerbü, wie manche weniger nette Menschen das in Deutschland wohl machen) und zum anderen wird mein grüner Code (nicht in Risikogebieten gewesen und wer weiß, was das Ding noch weiß) gesichtet: ich darf hinein.

Oh. Hier findet heute ein Event statt. Ich vermute, es hat mit dem chinesischen Valentinstag, Qixi zu tun. Das wurde hier aber nicht von darbenden Blumenhändlern erfunden, sondern geht auf eine alte Legende (Vom Kuhhirten und der Weberin) zurück.

Vorne am Eingang ist es relativ voll, also gehe ich erst einmal weiter.

Hauptachse

In Wahrheit zieht es mich auch zu den Nischen an den Außenseiten, wo 76 Departements aus dem daoistischen Jenseits dargestellt werden. Damit ich beim Fotogruppenausflug noch was zu tun und hinterher was zu erzählen habe, werde ich mir bis dahin mehr über diese Departements anlesen.

Dies scheint mir ein freundlicher Dämon…

Departement of Mord und Totschlag?

Hmm. Dies ist nicht das Department für unzüchtigen Lebenswandel. Aber welches dann?

Zwischen den vielen Gruselgestalten auch mal was Liebes!

Junger Mann, was haben Sie genommen?

Einerseits typischer Tempel: Ähnlicher Grundriss, rote Hallen mit Säulen und blau-grünen Verzierungen. Aber mehr Schrift – und halt die Department-Nischen (von denen viele übrigens Opferboxen vorne am Zäunchen haben).

Außer den Departments gibt es diese Stelen. Dazu muss ich mir auch noch mehr anlesen, ich glaube, diese hier haben mit den Tierkreiszeichen zu tun – und sie sollen aus der Geschichte der Umgebung erzählen.

Schildkröte! <3 Langlebig, weise… – Und zwei Dachreiter am Boden.

Innenhof. Mit Feuerlöschstation. Und so groß sehen die Dachreiter oben auf dem Dach jetzt gar nicht mehr aus, oder? Sind aber genauso groß wie die beiden goldenen am Boden.

Peking. Tradition und Moderne, Altes und Neues.

Kleine Säulen, große Säulen.

Fast vergessen: Dieser Tempel beherbergt zwar ein Museum (das Folkloremuseum, heute habe ich nur einen Blick auf ein paar sehr alte TCM-Fläschchen geworfen), aber es ein „aktiver“ Tempel. Die Mönche passen auch gut auf, dass man bestimmte Buddhas nicht fotografiert.

Auch im Tempel geht ohne Handy nix.

Noch ein Department. Schlachten? Tier-Opfer? Ich muss mich da echt noch mehr einlesen.

Nun bin ich einmal rundherum durchgegangen. Die Sonne knallt immer noch, ich hab immer noch nichts zu trinken, aber vorne am Tor muss ich mir doch noch diese drei hübschen Tänzerinnen ansehen.

Tänzerinnen beim Event im Tempel.

Ja, das war mein Pekinger Sommertag. Anders als geplant, aber trotzdem schön und voller bleibender Eindrücke. Also schon irgendwie typisch. 

Spaziergang am Abend

Die Regenzeit scheint hinter uns zu liegen (hoffentlich), die Temperaturen sind etwas angenehmer, die Luft dazu ganz okay – nichts wie raus, Zeit für einen Spaziergang am Shichahai.

Zuerst stoppe ich aber  noch an Trommel- und Glockenturm.

Glockenturm

Auf dem Platz zwischen den beiden Türmen tobt das Leben. Chinesische Popsongs untermalen das Ganze, getanzt wurde (noch?) nicht.

Trommelturm

Ein junger Mann bringt Kindern Inlineskaten bei. Sicherheitshalber haben manche Kinder nicht nur die auch in Deutschland übliche Schutzausrüstung, sondern obendrein ein Kissen unter den Po geschnallt.

Ich bin ja immer wieder entzückt und begeistert von der Vielzahl der verschiedenen Fahrzeuge, die hier in Peking fahren. Mit diesen Tuktuks/Elektro-Dreirädern (die es in 1000 verschiedenen Varianten gibt) kann fast jeder bis ins hohe Alter mobil bleiben.

Tuktuk – Warum gibt es die eigentlich nicht in Deutschland?

Von den Türmen aus gehe ich weiter zum Shichahai. Sieht das nicht ruhig und friedlich aus?

Shichahai

Das täuscht allerdings. Es ist hier ganz und gar nicht so ruhig, wie das Bild vom Steg vermuten lässt, denn rings um den See steppt der Bär.

Viel los am Shichahai

Obwohl es noch relativ früh ist, sind die Bars offen, überall spielen Live-Bands.

Live-Musik am Shichahai

Auf beiden Seiten des Sees ist richtig Trubel, aber auch  in den Hutongs links und rechts.

Blick vom See Richtung Glockenturm

Die Maskenpflicht ist outdoor aufgehoben! Peking meldet heute zwei Wochen ohne Corona-Neuinfektionen. Trotzdem trägt deutlich mehr als die Hälfte der Menschen, die mir heute begegnet sind, weiterhin eine. Ich auch.

Auf dem Rückweg stoppe ich noch am Liangma Fluss. Die Bauarbeiten zwischen Maizidian und Xindong Road sind praktisch abgeschlossen. Der Fluss war ein? zwei? Jahre trockengelegt worden, um ein Upgrade verpasst zu kriegen. Holzbohlenwege säumen das Ufer, schnieke Beleuchtung wurde installiert – und auch hier ist richtig was los.

Am Liangma Fluss

Ja, das lässt sich alles gerade gut aushalten. So sehr ich mich immer über den Frühling und das Ende des Winters freue, so schön ist Peking von Mitte August bis Mitte/Ende Oktober. Danach wird’s kalt… Im Hochsommer bremsen mich halt oft übermässige Hitze oder der Regen aus. Von daher kommt jetzt die Zeit zum Genießen, wenn es weiterhin keine Corona-Neuinfektionen gibt, ist das Leben hier dann wirklich beinah normal. :)

Jahrestag. Rückblick und Ausblick.

Am 15. August 2015 haben wir uns von Hamburg verabschiedet und uns auf den Weg nach Peking gemacht. Am Tag drauf sind wir in Peking angekommen. Heute beginnt demnach unser 6. Peking-Jahr.

Rückblick:

Die erste Hälfte vom 5. Peking-Jahr war wie die vorhergehenden Jahre auch abwechslungsreich mit vielen Highlights, für mich unter anderem meine Reise nach Luoyang, die vielen Ausflüge, ob allein, zu zweit oder in Gruppen. Vor Weihnachten war der Große zu Besuch, zu Chinesisch Neujahr der Mittlere mit Freundin.

Tja, und ab Chinesisch Neujahr war dann nichts mehr normal. Nicht mal unsere schräge, anstrengende, aber niemals öde Peking-Normalität. Anfänglich wusste man und wussten wir noch viel zuwenig über dies Virus, so dass es allein durch das Unbekannte beängstigend war. Die Maßnahmen hier kamen fix und konsequent: Social distancing, Maskenpflicht, Zugangsbeschränkungen zu den Wohngebieten, Temperaturchecks, Schließung von allen Locations, wo zuviele Menschen zu dicht aufeinander kommen…

Fühle ich mich als Ausländerin in China sowieso schon sehr auf die Familie zurückgeworfen (weil man hier halt nicht das über Jahrzehnte gewachsene Familien- und Freundes-Netzwerk hat), hat sich das durch Corona potenziert.

Als es hier dann keine Neuinfektionen mehr gab und die Schule immerhin vorübergehend ihre Pforten wieder öffnen durfte, Compounds auch wieder von Nicht-Bewohnern betreten werden durften, wurde das Leben für mich wieder gefühlt einfacher. Zwar weiterhin mit Maske und „Beijing Health App“ etablierte sich doch eine neue Normalität, in der man sich z.B. wieder verabreden kann, aber auf Bussi-Begrüssung etc. verzichtet. Okay, für mich Nordlicht ist letzteres sogar ganz angenehm. ;)

Was noch fehlt: das Reisen. Dass während einer Pandemie „stay where you are“ das Schlauste ist, hab ich als Katastrophenfilm-Junkie verinnerlicht. Trotzdem fehlt es mir, Besuch zu bekommen – und der Heimaturlaub erst Recht. Ich war jetzt über ein Jahr nicht in Deutschland, ebenso lange habe ich viele enge Freunde und Teile der Familie nicht gesehen. Reisen, um den Horizont zu erweitern und Abstand zu bekommen, fehlt mir zwar auch, aber darauf lässt es sich leichter verzichten.

Zum Schuljahresende hieß es auch wieder Abschied nehmen – anders als gewohnt nur im kleinsten Kreis, keine Klassen-, Schul- oder Sommerfeste, wo das auch immer seinen Platz hatte. Aber dadurch, dass manche nach den verlängerten Neujahrsferien in Deutschland oder anderswo fest sassen, gab es oft auch gar keinen richtigen Abschied.

Ausblick

Jetzt neigen sich die Schulferien dem Ende zu. Am 24. August geht es erstmal wieder mit Online-Schule los, jahrgangsweise gestaffelt ab dem 31. August dann auch wieder Offline. Diesmal klappt es mit der Umsetzung der diversen Regeln hoffentlich besser, war ja auch jetzt mehr als genug Zeit, das vorzubereiten. Nähere Infos folgen sicher im Lauf der Woche per Mail.

Aktuell hat Peking seit 9 Tagen keine Neuinfektionen, noch 3 Infizierte sind im Krankenhaus. Es wird vermutlich immer wieder mal Ausbrüche geben, so wie kurz vor den Ferien den am Xinfadi-Markt. Aber jetzt wissen wir, dass mit (teilweisen) Schulschließungen, Isolation von Wohngebieten, Quarantäne von allen, die auch nur in der Nähe waren, das relativ zügig wieder eingedämmt werden kann. Damit lässt es sich leben.

Es zeichnet sich ab, dass China die Grenzen für Ausländer so langsam wieder öffnet, wenn auch erstmal für die, die hier arbeiten und leben. Sicher irgendwann auch wieder für Besucher und Touristen, aber das sicher nicht ohne Kombi aus Tests und Quarantäne, so richtig attraktiv wird eine China-Reise also erstmal nicht. Viele haben Peking – ob planmäßig oder vorzeitig – verlassen, viele kommen nicht zurück, das hat große Lücken hinterlassen. Schön, wenn es dann wenigstens ein paar Neuankömmlinge gibt.

Wenn denn tatsächlich der Unterricht auch wieder in der Schule stattfindet, wird sich unser Leben deutlich normalisieren. Was uns nicht fehlt: frühes Aufstehen, von uns aus könnte Schule auch von 10-18 Uhr statt von 8-16 Uhr sein… 

Mit Maske, Abstand, Temperaturchecks und Health App läuft der Alltag ab Schulstart dann vermutlich-hoffentlich annähernd normal. Nur auf ein paar Highlights im Jahresablauf werden wir verzichten müssen: keine Welcome-Party, keine Projektwoche in der Schule, keine (größeren) Gruppenausflüge, keine Klassenreisen (und keine China-Reise für mich), keine Weihnachtspartys, kein Weihnachtsbasar. All die vielen Gruppenaktivitäten und Veranstaltungen waren für mich ein attraktiver Bestandteil des Peking-Lebens. Muss jetzt halt erstmal ohne gehen. Das Schwerste ist tatsächlich, keinen Besuch aus Deutschland bekommen oder selbst dorthin fliegen zu können.

Und so gerne ich „mein Hamburg“ wiedersehen würde (und noch lieber manche Menschen dort), bin ich doch froh, dass ich mich nicht direkt mit Maskenmuffeln auseinandersetzen muss oder überlegen muss, wie ich die Jungs zuhause behalten kann, weil ich den Schulbesuch in Hamburg derzeit nicht für sicher halte (trotz infizierter Schülerin in einer Schule wird nicht mal der Jahrgang unter Quarantäne gestellt – undenkbar aus hiesiger Perspektive). Da fühle ich mich derzeit tatsächlich sicherer hier.

Trotz Corona will ich das Beste aus der Situation und meinem 6. Peking-Jahr machen. Gibt immer noch mehr als genug zu entdecken und zu erleben – selbst unter Corona-Bedingungen. Der Weg liegt vor mir, ich muss ihn nur gehen.

Rückblicke der letzten Jahre: 201920182017

Kurze Kontrollrunde

Heute war es zwar wieder viel zu heiß, auch abends noch. Aber die Luft war gut, das Licht war toll – also habe ich mir die Kamera umgehängt und bin einfach mit dem Scooter drauflos getuckert. War mal wieder höchste Zeit für eine abendliche Kontrollrunde. ;)

Und doch wieder Drama-Himmel

Erstmal in Richtung CBD losgefahren. Auch wenn derzeit nichts normal ist, der Verkehr ist es inzwischen wieder, zumindest abends.

Feierabendverkehr

Die Lange Unterhose und der Zhongguo Zun fesseln mich immer wieder. Sind halt schon sehr coole Gebäude.

CBD-Ostseite: Zhongguo Zun und Lange Unterhose (CCTV-Hauptquartier)

Dann biege ich aber Richtung Westen ab und komme an der „kleinen“ Kreuzung Dongdaqiao/Chaoyang North Road vorbei. Auf dem großen Monitor läuft einiges querbeet: marschierendes Militär, Restaurantwerbung, Corona-Verhaltenshinweise…

Dongdaqiao

Ein kurzes Stück weiter befindet sich der Dongyue Tempel, der natürlich schon geschlossen ist, außerdem ist eh Montag (= fast alles dicht). Trotzdem ein schöner Anblick. Und ich sollte mal wieder während der Öffnungszeiten hingehen.

Dongyue Tempel

Dann lasse ich mich einfach weitertreiben, Richtung Dongsi.

Zwischendrin immer wieder mal Musik und tanzende Ayis an kleinen Plätzen. Nur die Masken erinnern daran, dass nicht alles normal ist.

Dancing Ayis

Die Dongsi North Street ist links und rechts „eingekerkert“, hier wird irgendwas gebaut. Das ist mir bisher gar nicht so aufgefallen, aber es zieht sich komplett bis zur Kreuzung Beixinqiao so durch.

Dongsi North Street

Von Beixinqiao geht es weiter in Richtung Lama-Tempel. Oh mein Gott! Auf der Yonghegong-Straße tobt das Leben. Hier wird getanzt, gespielt, der würzige Geruch von Chuan’r (gegrillte Fleischspieße) liegt in der Luft. Hach, mein Peking… (Keine Bilder, ich musste das einfach so direkt genießen. Ich muss da die Tage mal gezielt zum Fotografieren hinspazieren.)

So langsam werde ich von Mücken aufgefressen und will nach Hause fahren, verhedder mich aber wie immer an der Nord-Ost-Ecke vom 2. Ring unter den diversen Brücken… Von dort führen echt viele Wege nach Sanyuanqiao – der direkte Weg ist Autos vorbehalten.

Aber als ich die Lotusleuchten auf dem Grand Metropark Hotel sehen, weiß ich auch ohne Navi-App wieder wo ich bin. Als Bonus gab es den Vollmond dazu. :)

Vollmond über Sanyuanqiao

Schnipsel Nr. 8

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine „Schnipsel“. Dieses Mal: Müll und Minibrand, Wollmarkt, Wetter.

Müll und Minibrand

An dem Tag, an dem unsere Klimaanlage geschrottet worden ist, hat ein besonders schlauer Raucher seine Kippe in eine Mülltonne geworfen und damit einen kleinen Brand im Nachbarturm ausgelöst. Zum Glück war dieser Dank dort schon fertig erneuerter Feuerlöschanlage schnell gelöscht. Wir haben auch erst Tage später davon etwas mitbekommen – durch die nun eingeführten Änderungen: Mülltonnen raus aus den Treppenhäusern! Seh ich ein, Sicherheit geht vor.

Zeitgleich wurde nun die inzwischen auch in Peking angekommene Mülltrennung direkt in den Haushalten eingeführt: kitchen/food, residual , recycable, hazardous. Die Standortfrage der Tonnen ist noch nicht richtig gelöst, alle paar Tage sucht man nun mit dem Müll in der Hand nach den Tonnen. Es ist halt eine Umstellung, fix vor die Apartmenttür stellen oder 20 Minuten Müllspaziergang. Das Richtige zu tun ist halt nicht immer das Bequemste.

Braucht jemand ’nen Schlauch?

Aber auch in unserem Turm ist die Anlage nun komplett erneuert, und das ist durchaus beruhigend.

Wollmarkt

Vor ein paar Tagen war ich das erste Mal auf dem Wollmarkt. Für die, die das noch von früher kennen: das Schild „Wool City“ gibt es nicht mehr. Dafür ist an der Ecke jetzt ein McDoof.

Wollmarkt – Eingang

Leider bin ich ein bisschen enttäuscht. Das liegt nicht daran, dass mehr als die Hälfte der Geschäfte dort geschlossen sind, sondern auch die Qualität (fast alles mit Kunstfaseranteil) und die Auswahl sind recht begrenzt, die Preise sind allerdings günstig bis okay. Außerdem hier erhältlich: Stoffe, Kleidung und ganz wenig Accessoires (Knöpfe, Borten, Reißverschlüsse etc.). Wenn man auf das in die Hand nehmen verzichten kann, bieten jindong oder taobao sicher mehr Auswahl.

Das einzige, was sich richtig ins Gedächtnis eingebrannt hat: diese beeindruckende Auswahl verschiedener Mopps.

Moppsauswahl

Pandemiebesonderheiten: Temperatur- und Health App-Check am Eingang, maximal 3 Personen pro Geschäft. Viele Geschäfte geschlossen.

Wollmarkt

Adresse:

Anningzhuang Donglu (west of Qinghe Xiaoying Qiao), Haidian District, Beijing
地址: 北京市清河毛纺城, 海淀区清河镇安宁庄东路(近清河小营桥) –  Wolle im 3. und 4. Stock – Täglich geöffnet, 09:30-17:00

Wetter…

Gefühlt regnet es in diesem Sommer bisher häufiger und heftiger als in den Vorjahren. Statistiken dazu kenne ich (noch?) keine. Jedenfalls war es gestern wieder so weit. Den ganzen Tag schon grau und dunstig, nachmittags wird es dann plötzlich noch dunkler und es fängt an zu schütten, und das richtig heftig. Ordentlich Wind dabei, so dass der Regen von allen Seiten kam. Normalerweise bleibt man dann besser drinnen, denn heftiger Regen in Peking kann durchaus gefährlich werden. 2012 sind 77 Menschen im Stadtgebiet ertrunken, nachzulesen hier im Beijinger. Jenseits des Zentrums in den Bergen besteht die Gefahr von Erdrutschen.

Gestern war zuhause bleiben aber keine Alternative, denn ich war ein letztes Mal mit einer Freundin zum Kaffeetrinken verabredet, die Peking heute verlassen wird. Unten in der Lobby war aber klar, dass rausgehen jetzt nicht so gut ist. Trotz Sandsäcken und fleißigen Ayis im Einsatz wurde die Pfütze immer größer.

Ayis und Sandsäcke kommen nicht gegen die Fluten an

Meistens sind die Regenschauer hier ja schnell vorüber, so haben wir unsere Verabredung nur eine halbe Stunde geschoben. In der Tat ließ der Regen nach und ich bin los gelaufen. Wasserfeste Trekkingsandalen haben doch ihre Existenzberechtigung in der Millionenmetropole, denn das Wasser stand weiterhin in den Straßen. Ich war gerade drei Minuten unterwegs, da gingen die Schleusen wieder auf und wegen des blöden Windes bin ich trotz Schirm ordentlich nass geworden. Bei 31 Grad wird einem dann aber nicht kalt. ;)

Neu angelegter Tümpel an der US-Botschaft… ;)

Ich musste dann noch an der US-Botschaft vorbei schwimmen, dann war ich im Café, wo die Klimaanlage zum Glück nicht auf Maximum gestellt war und ich schnell wieder trocken war. 

Da gestern niemand zu Schaden gekommen ist, kann ich es ja zugeben: war einer der coolsten Nachmittage seit langem.

Lang lebe das Handwerk!

Die chinesische Wirtschaft soll mit verschiedenen Maßnahmen wieder angekurbelt werden. Gleichzeitig ist Sicherheit ganz wichtig. Also gibt es nun sowohl eine gesetzliche Verpflichtung für moderne Feuermelde-Anlagen samt Notausgangs-Beschilderung wie gleichzeitig staatliche finanzielle Unterstützung bei der Installation oder Modernisierung derselben. So wurde es mir hier im Compound zumindest erzählt.

Tagelang waren Arbeiter im gesamten Komplex in den Treppenhäusern und Fluren unterwegs, haben große Löcher in die (abgehängten) Decken gesägt und kleine Löcher in die Wände gebohrt, Leitungen verlegt und so weiter. Letzten Freitag wurde dann auf unserer Etage gewerkelt und gebohrt.

Dann machte es nachmittags „plopp“ und unsere Klimaanlage ging aus. Sicherung rausgesprungen.

Sicherung ging nicht wieder rein.

Klimaanlage ging nicht wieder an.

Tja, es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein neues Sicherheitsfeature installiert werden soll, dabei aber Leitungen angebohrt werden. Der Kurzschluss hat „nur“ unseren Klimaanlagen-Kondensator gekillt, aber immerhin keinen Brand ausgelöst (Die Leitung ist inzwischen repariert worden, uff. Sonst müssten wir womöglich direkt die neue Warnanlage oder die neue Notausgangsbeschilderung testen…)

Neue, beleuchtete Notausgangs-Schilder gibt es auch.

Es dauert – und es wird heiß in der Bude

Unser Vermieter hat sofort einen Worker vorbeigeschickt, der eine Stunde vor sich hin werkelte und dann sagte: Ersatzteil muss bestellt werden. Vermieter brachte abends noch lauter Ventilatoren vorbei, die immerhin etwas Erleichterung gebracht haben. Trotzdem: Die Temperatur stieg und stieg. Nächtlicher Durchzug bei 26 Grad draußen brachte etwas Erleichterung – und ein Rudel Mücken, ich bin wieder von Kopf bis Fuß zerstochen. Immerhin übertragen die Mistviecher hier weder Denguefieber noch Malaria.

Auch am Wochenende wurde weiter gearbeitet, ein weiteres Ersatzteil fehlte, das kam gestern, und es wurde wieder stundenlang gewerkelt. Endlich, nach vier langen Tagen mit 30-35 Grad im Apartment und drei schlaflosen Hitze-Nächten können wir seit gestern Abend die Segnungen einer funktionierenden Klimaanlage dann auch wieder richtig schätzen. Als ich heute Morgen ausgeschlafen und fit wieder auf den Beinen war, hab ich erst richtig gemerkt, wie sehr mich die Hitze ausgeknockt hatte.

Anstrengende Begleiterscheinungen

Das Timing war sensationell – Freitag war laut chinesischem Kalender der Beginn der „Großen Hitze“, 大暑, Dàshu. Und tatsächlich ist es derzeit entsprechend heiß, selbst mit funktionierender Klimaanlage kann das schlauchen. Und ohne… 

Der Vermieter war fast die ganze Zeit da, um die Arbeiten zu beaufsichtigen – und sich mit mir zu unterhalten. Er ist wirklich nett, wir werden demnächst auch zusammen frühstücken gehen (und den bereits angedachten Familienausflug zum ältesten Pekinger Tempel irgendwo in den Bergen machen). Aber stundenlang auf Chinesisch zu kommunizieren (zum Teil mit Hilfe von Übersetzungsapps) ist normalerweise schon unheimlich anstrengend. Aber sich in der schwierigsten Fremdsprache, die man je lernen musste, zu unterhalten, wenn einem die Hitze das Hirn kocht, da platzt einem irgendwann der Schädel.

Ich bin ja einerseits immer total fassungslos-begeistert, wie viel ich selber inzwischen verstehe – und andererseits total gefrustet, weil mein aktiver Wortschatz dahinter deutlich zurückbleibt oder wenn nach Blick auf die App klar wird, dass ich etwas eigentlich hätte verstehen müssen bzw. selber sagen können. Und über Grammatik und Aussprache reden wir besser gar nicht erst.

Nächste Woche blüht mir das noch mal, dann werden die in Folge der Reparaturarbeiten beschädigten abgehängten Decken in Küche und Abstellkammer repariert. Solange sollen wir erstmal beobachten, ob die Anlage jetzt fehlerfrei und ohne zu tropfen läuft (das hatten wir ja vor kurzem erst, das wurde aber am selben Tag noch repariert). 

Lang lebe das Handwerk!

Auch in der Umgebung wird gearbeitet

Das Hotel gegenüber hat wohl auch was an der Klimaanlage erneuert. Das sah dann so aus:

Ohne Netz und doppelten Boden – ungesichert…

Da sind die Fensterputzer (die demnächst kommen müssten) tatsächlich besser gesichert. Und das ist beim Zugucken schon immer Nervenkitzel genug.

Wie auch immer: langweilig wird es hier nie.

Ich wäre inzwischen aber mehr als bereit für positive Abwechslung. Da sind „2 Wochen ohne lokale Neuinfektionen in Peking“ schon mal ein guter Anfang. Und auch gut, dass unser Nordtor am Compound morgen wieder geöffnet wird oder dass  jetzt einige bisher noch geschlossene Bars und Restaurants und auch Kinos wieder aufmachen dürfen und sogar – unter bestimmten Bedingungen – Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen wieder stattfinden dürfen. Das sind wohltuende Erleichterungen, aber nicht mit Normalisierung verwechseln. Maskenpflicht, Abstandsgebote, Health App(s), Temperaturchecks, Kontaktdaten angeben etc. gehören hier weiterhin zum Corona-Alltag.

 

 

 

Der Himmel über Beijing

Ich habe sicher schon erwähnt, dass ich unser Stadtleben sehr mag? Auch wenn wir keinen tollen Blick über den Chaoyang-Park oder zum CBD mit den ikonischen Gebäuden wie der Langen Unterhose oder dem Zhongguo Zun haben, die Lage ist für uns trotzdem super. Und was die Aussicht angeht: das mögen zwar keine Postkartenansichten sein, aber es gibt immer was zu gucken!

Nur ein paar Minuten bis zur Schule (wird ja irgendwann wieder relevant sein…), ein langer Spaziergang zur Arbeit, mit dem Scooter (fast) alles in Reichweite – was will man mehr. Jetzt muss sich nur noch das blöde Virus in Luft auflösen, dann ist es wieder perfekt.

Jedenfalls, auch wenn ich aus dem Apartment nicht die tollen Postkartenansichten hab, so ist trotzdem immer was los und was zu sehen.

Zum Beispiel morgens beim ersten Kaffee auf dem Balkon – plötzlich rasen lauter Polizeiautos herbei und umstellen das Bürohochhaus gegenüber.

Oder der Blick auf die Baustelle. Das ist inzwischen die vierte Fundament-Etage.

Heute Abend gab es was mit Seltenheitswert: Wolken am Himmel. So richtig schön dramatisch. Wir kennen hier ja sonst entweder nur smoggy-grau oder quietsch-blau.

Richtung Westen

Norden! Man beachte die Berge! Das heisst: die Luft ist (endlich mal wieder) gut!

Nordosten.

Nordwesten etwas später. Drama Baby, Drama! ;)

Und zum Schluss noch mal in Richtung Norden. „Your favorite color is orange; Not a bright orange, but a soft orange, like the sunset.“ (Suzanne Collins, Tribute von Panem). Ja, kann ich nachvollziehen.