Lang lebe das Handwerk!

Die chinesische Wirtschaft soll mit verschiedenen Maßnahmen wieder angekurbelt werden. Gleichzeitig ist Sicherheit ganz wichtig. Also gibt es nun sowohl eine gesetzliche Verpflichtung für moderne Feuermelde-Anlagen samt Notausgangs-Beschilderung wie gleichzeitig staatliche finanzielle Unterstützung bei der Installation oder Modernisierung derselben. So wurde es mir hier im Compound zumindest erzählt.

Tagelang waren Arbeiter im gesamten Komplex in den Treppenhäusern und Fluren unterwegs, haben große Löcher in die (abgehängten) Decken gesägt und kleine Löcher in die Wände gebohrt, Leitungen verlegt und so weiter. Letzten Freitag wurde dann auf unserer Etage gewerkelt und gebohrt.

Dann machte es nachmittags „plopp“ und unsere Klimaanlage ging aus. Sicherung rausgesprungen.

Sicherung ging nicht wieder rein.

Klimaanlage ging nicht wieder an.

Tja, es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein neues Sicherheitsfeature installiert werden soll, dabei aber Leitungen angebohrt werden. Der Kurzschluss hat „nur“ unseren Klimaanlagen-Kondensator gekillt, aber immerhin keinen Brand ausgelöst (Die Leitung ist inzwischen repariert worden, uff. Sonst müssten wir womöglich direkt die neue Warnanlage oder die neue Notausgangsbeschilderung testen…)

Neue, beleuchtete Notausgangs-Schilder gibt es auch.

Es dauert – und es wird heiß in der Bude

Unser Vermieter hat sofort einen Worker vorbeigeschickt, der eine Stunde vor sich hin werkelte und dann sagte: Ersatzteil muss bestellt werden. Vermieter brachte abends noch lauter Ventilatoren vorbei, die immerhin etwas Erleichterung gebracht haben. Trotzdem: Die Temperatur stieg und stieg. Nächtlicher Durchzug bei 26 Grad draußen brachte etwas Erleichterung – und ein Rudel Mücken, ich bin wieder von Kopf bis Fuß zerstochen. Immerhin übertragen die Mistviecher hier weder Denguefieber noch Malaria.

Auch am Wochenende wurde weiter gearbeitet, ein weiteres Ersatzteil fehlte, das kam gestern, und es wurde wieder stundenlang gewerkelt. Endlich, nach vier langen Tagen mit 30-35 Grad im Apartment und drei schlaflosen Hitze-Nächten können wir seit gestern Abend die Segnungen einer funktionierenden Klimaanlage dann auch wieder richtig schätzen. Als ich heute Morgen ausgeschlafen und fit wieder auf den Beinen war, hab ich erst richtig gemerkt, wie sehr mich die Hitze ausgeknockt hatte.

Anstrengende Begleiterscheinungen

Das Timing war sensationell – Freitag war laut chinesischem Kalender der Beginn der „Großen Hitze“, 大暑, Dàshu. Und tatsächlich ist es derzeit entsprechend heiß, selbst mit funktionierender Klimaanlage kann das schlauchen. Und ohne… 

Der Vermieter war fast die ganze Zeit da, um die Arbeiten zu beaufsichtigen – und sich mit mir zu unterhalten. Er ist wirklich nett, wir werden demnächst auch zusammen frühstücken gehen (und den bereits angedachten Familienausflug zum ältesten Pekinger Tempel irgendwo in den Bergen machen). Aber stundenlang auf Chinesisch zu kommunizieren (zum Teil mit Hilfe von Übersetzungsapps) ist normalerweise schon unheimlich anstrengend. Aber sich in der schwierigsten Fremdsprache, die man je lernen musste, zu unterhalten, wenn einem die Hitze das Hirn kocht, da platzt einem irgendwann der Schädel.

Ich bin ja einerseits immer total fassungslos-begeistert, wie viel ich selber inzwischen verstehe – und andererseits total gefrustet, weil mein aktiver Wortschatz dahinter deutlich zurückbleibt oder wenn nach Blick auf die App klar wird, dass ich etwas eigentlich hätte verstehen müssen bzw. selber sagen können. Und über Grammatik und Aussprache reden wir besser gar nicht erst.

Nächste Woche blüht mir das noch mal, dann werden die in Folge der Reparaturarbeiten beschädigten abgehängten Decken in Küche und Abstellkammer repariert. Solange sollen wir erstmal beobachten, ob die Anlage jetzt fehlerfrei und ohne zu tropfen läuft (das hatten wir ja vor kurzem erst, das wurde aber am selben Tag noch repariert). 

Lang lebe das Handwerk!

Auch in der Umgebung wird gearbeitet

Das Hotel gegenüber hat wohl auch was an der Klimaanlage erneuert. Das sah dann so aus:

Ohne Netz und doppelten Boden – ungesichert…

Da sind die Fensterputzer (die demnächst kommen müssten) tatsächlich besser gesichert. Und das ist beim Zugucken schon immer Nervenkitzel genug.

Wie auch immer: langweilig wird es hier nie.

Ich wäre inzwischen aber mehr als bereit für positive Abwechslung. Da sind „2 Wochen ohne lokale Neuinfektionen in Peking“ schon mal ein guter Anfang. Und auch gut, dass unser Nordtor am Compound morgen wieder geöffnet wird oder dass  jetzt einige bisher noch geschlossene Bars und Restaurants und auch Kinos wieder aufmachen dürfen und sogar – unter bestimmten Bedingungen – Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen wieder stattfinden dürfen. Das sind wohltuende Erleichterungen, aber nicht mit Normalisierung verwechseln. Maskenpflicht, Abstandsgebote, Health App(s), Temperaturchecks, Kontaktdaten angeben etc. gehören hier weiterhin zum Corona-Alltag.

 

 

 

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[…] Lang lebe das Handwerk!22. Juli 2020 – 01:07 […]