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Lamatempel und Hutongs

Nach der langen Sommerpause starten so nach und nach wieder alle Gruppenaktivitäten. Heute war ich mit der Fotogruppe unterwegs: erst im Lamatempel und dann kurzer Hutongspaziergang samt Lunch im „Little Yunnan“. Da mein Orientierungssinn manchmal nur so mittelgut ausgeprägt ist, bin ich früher losgefahren, um noch einen netten Weg vom Tempel zum Restaurant auszukundschaften. Abgesehen davon war ich aber auch nervös, denn das letzte Mal, als es mit der Fotogruppe in den Lamatempel gehen sollte, hing ein handgeschriebenes „geschlossen“-Schild an der Tür. Der Lamatempel ist in der Pandemiezeit ein bisschen Indikator dafür geworden, wie angespannt die Lage ist: hier war immer als erstes geschlossen (und am längsten).

Auf dem Weg schon viel zu gucken

Schon auf dem Weg fallen mir viele Fahrzeuge ins Auge, die in den letzten Jahren total selbstverständlich für mich geworden sind, die es so in Deutschland nicht gibt. Guckt, das ist ein Lastenrad (mit e-Unterstützung).

Und das hier ist eine Rikscha, von denen es an der Metrostation Dongzhimen so langsam wieder mehr gibt. Hier werden nicht wie am Shichahai Touris rund um den See gefahren, sondern es ist wie ein Taxi für kürzere Strecken. Außerdem im Bild: Leihfahrrad, Scooter (und ein paar Fahrzeuge, die ständig im Weg oder im Stau stehen).

Ich tuckere durch die Hutongs, finde viel Interessantes – nur das Restaurant finde ich nicht wieder…

Nein, hier ist es auch nicht…

Unverrichteter Dinge mache ich mich zum Treffpunkt auf, wo sich schon bald die anderen einfinden.

Im Lamatempel (Yonghegong)

Zum ersten Mal seit langer Zeit gehe ich wieder durch die Ginkgo-Allee, die in wenigen Wochen schon goldgelb leuchten wird.

Obwohl es keine großen Touristengruppen gibt, ist der Tempel voll. Das könnte am bevorstehenden Mondfest (am Sonnabend) liegen. Bemerkenswert: es sind viele jüngere Leute.

Es riecht intensiv nach Weihrauch, der in Massen verbrannt wird. Plötzlich rennt ein Wächter los, schreit hinter einem jungen Mann her. Der hatte ganz in Gedanken Weihrauchstäbchen mit in die Halle genommen. Ups!

Ich hab hier ja mal erzählt, dass ich den Lamatempel auch schon mal auslassen würde, wenn Besuch da ist, und den dort alleine hinschicke. Aber nun war so lange kein Besuch mehr hier, so dass ich mich sehr freue, wieder in dieser wunderschönen, beeindruckenden Anlage zu sein.

Vor dem blauem Himmel sieht das alles nochmal so gut aus.

Hier im Tempel (der ja früher Prinzenpalast war, bevor er umgewidmet wurde) findet sich die klassische Palastarchitektur, gemischt mit tibetischen Elementen. Manche Beschriftungen finden sich in vier Sprachen: Mandschurisch, Chinesisch, Tibetisch und Mongolisch.

Noch mehr Eindrücke:

Mich zieht es wieder zur letzten großen Halle, in der der riesige Maitreya-Buddha aus einem einzigen Stück Sandelholz steht. Der 7. (oder 8.?) Dalai Lama hat diesen dem Kaiser Qianlong zum Geschenk gemacht. Der Transport von Tibet nach Peking hat drei Jahre beansprucht.

In den Hallen sind zwar die großen Schilder mit der roten durchgestrichenen Kamera verschwunden, das steht jetzt diskreter auf den Schildern draußen an den Hallen. Aber sobald man auch nur den Anschein erweckt, fotografieren zu wollen, kommt ein Mönch, um das zu unterbinden. Die Mönche tragen heute nicht die gelbbraune Kutten, an die ich mich erinnere, sondern traditionelle rote Jacken zu dunklen Hosen.

Die Granatäpfel sind (fast) reif!

Paifang (Torbogen) am Eingang:

Noch mehr Bilder vom Lamatempel, u.a. auch des riesigen Sandelholz-Buddhas, finden sich hier.

Ulrike vom Bambooblog erzählt hier von ihren Eindrücken, aber auch viel zur Geschichte.

Durch die Hutongs

Zum Glück hat eine der anderen einen Location-Pin vom „Little Yunnan“ samt Wegbeschreibung und so spazieren wir durch die Hutongs dorthin.

Hier wird auch Mittagspause gemacht.

Das Essen im Little Yunnan ist genauso toll, wie ich es in Erinnerung hab. Und: ich hab jetzt auch einen WeChat-Location-Pin, damit kann ich es künftig leicht wiederfinden. Jetzt fehlt nur noch der Besuch, den ich dahinschleppen kann…

Nun trennen sich unsere Wege, mit Leihrad, Bus, Bahn oder Scooter machen wir uns alle auf den Rückweg. Aber auch da gibt es noch viel zu sehen.

Chilis werden getrocknet.

Und das sind die ersten Maronen in diesem Herbst. Aber bei 30 Grad verzichte ich lieber – zum Leidwesen des Verkäufers, der etwas abseits im kühleren Laden gewartet hat, und sofort angerannt kommt, sobald er mein Interesse bemerkt.

Hund im Fahrrad- oder Scooterkorb sieht man inzwischen auch ziemlich oft. Und ganz oft ist es auch genau diese Pudelrasse.

 

Mein achtes Jahr in Peking hat begonnen!

Mitte August jährte sich der Tag unserer Ankunft in Peking. Nun sind wir volle sieben Jahre hier, das achte hat begonnen. Acht ist ja DIE chinesische Glückszahl, aber nicht nur deshalb habe ich Hoffnung darauf, dass es ein gutes Peking-Jahr werden wird.

Ferienende

Neun Wochen Sommerferien sind vorbei. Rückblickend kommen sie mir gar nicht so lang vor. Nun hat uns der Alltag wieder. Am Montag war der erste Schultag – in Präsenz, das erste Mal seit Pandemieausbruch. Und beinah normal, wenn man von den Pandemieregelungen absieht: Schultreff draußen auf dem Sportfeld und nicht in der Aula, Masken- und Testpflicht, Temperaturkontrolle beim Betreten der Schule, Eltern müssen draußen bleiben…

Für K5 ist es das vorletzte, für K4 das letzte Schuljahr. Das bedeutet, dass es im kommenden Sommer voraussichtlich eine einschneidende Veränderung für uns geben wird, wenn K4 wie geplant nach Deutschland zum Studieren geht. Aber ein bisschen Zeit haben wir bis dahin ja noch.

Mit Schuljahresbeginn gibt es auch wieder mehr (Gruppen-)Aktivitäten unter anderem von Paten- und Fotogruppe, nur größere Veranstaltungen wie die traditionelle Welcome-back-Party werden pandemiebedingt wieder ausfallen.

Hitzewelle

In Peking sind wir von der langen Hitzewelle und deren Auswirkungen (noch?) nicht direkt betroffen. Hier hat der Spätsommer begonnen, die Temperaturen sind deutlich angenehmer geworden und mit knapp unter 30 Grad in dieser Woche weiterhin hochsommerlich warm. Kein Vergleich zu den betroffenen Regionen in Sichuan, Hubei oder Jiangsu. Selbst in Shanghai hat es schon Stromsparmaßnahmen gegeben, u.a. ist die nächtliche Beleuchtung am Bund abgestellt worden – im Vergleich zu anderen Landesteilen ist das aber nichts. Ganz anders die Bilder von alten Leuten, die sich mit mitgebrachten Hockern in den Gängen eines Supermarktes in Chongqing niederlassen, weil es dort kühler ist als überall sonst – hier im Video.

Wenn es nicht bald regnet, sind Reis- und Sojaernte gefährdet. Und darin steckt möglicherweise mehr Dramatik als in der Unterbrechung der Lieferketten.

Art District 798

Im Moment bin ich wieder häufiger im Art District 798 unterwegs. Der Kunstbezirk und das Treiben dort fasziniert mich trotz Gentrifizierung weiterhin. Auch wenn das Viertel weniger subversiv und zunehmend kommerziell ist, es bleibt absolut sehenswert. Die Architektur mit den Sägezahndächern der alten Fabrikbauten, die Rohre (bei denen am 751-Parkplatz hat aktuell eine Hunde-Gang ihr Hauptquartier), aktuell die vielen Bauarbeiten und dazu der Trubel am Wochenende, aber auch unter der Woche immer genug zu gucken – mir macht es immer Spaß, hier unterwegs zu sein.

Fotos aus der letzten Zeit

 

 

Drei Tempel in Xisi

Ich bin im Ferienmodus, ich hinke mit der „Berichterstattung“ hinterher… Jetzt ist es schon über eine Woche her, dass meine Freundin und ich unsere historischen Stadtspaziergänge fortgesetzt haben und noch einmal in Xisi waren. Diesmal hatten wir vor allem die Tempel auf dem Zettel, die wir beim vorigen Besuch wegen meines fehlenden Testergebnisses nur von außen angeguckt haben:

  • Guangji Tempel (Tempel der umfangreichen Hilfe),
  • Lidai Diwang Miao (Tempel der alten Monarchen) und
  • Baita Si (Tempel der Weißen Pagode).

Und auch die Hutongs dort, die diversen Residenzen in Richtung Zhongnanhai – da ist noch einiges anzusehen.

Guangji Tempel

Ausgerechnet vom schönsten, interessantesten Tempel dieser Tour habe ich fast keine Bilder gemacht… Aber von vorn: Der Guangji Tempel ist Sitz der größten buddhistischen Vereinigung in China, der Chinesischen Buddhistischen Gesellschaft. Auch die chinesische buddhistische Forschungsgesellschaft ist hier angesiedelt. Schon draußen an der Straße ist viel los, Leute kommen und gehen. Auf Stellschildern prangen zwei QR-Codes, einer ist natürlich der für die Health App, den erkennt wohl inzwischen jeder. Wozu der andere wohl ist? Aber ich habe die Frage noch nicht einmal zu Ende gedacht, als schon mehre Mönche (oder Gläubige) in schlichter, traditioneller Kleidung bei uns sind und uns helfen. Okay, nun sind wir also als Besucherinnen von Pekings religiösen Stätten registriert (man lernt hier seine Passnummer in Handumdrehen auswendig, so oft wie die abgefragt wird) und dürfen hinein – der Eintritt ist frei.

Direkt nach diesem Foto werde ich darum gebeten, bitte nur zurückhaltend zu fotografieren und auf gar keinen Fall die Buddha-Statuen. Ich schalte die Kamera aus und nehme dann lieber die Atmosphäre mit allen Sinnen auf. Es ist heiß, das angenehme Gefühl der Sonnenstrahlen auf der Haut, den Geruch von Räucherstäbchen, Stimmengewirr, leise Musik… In einer Ecke werden Bücher an Kinder ausgegeben, vor einer Halle sitzen viele Menschen und lesen. Es ist bunt und lebendig und wirklich schön hier. Um nicht zu stören, schauen wir nicht in jede Ecke, sehen aber doch das meiste. Als wir uns dem Ausgang nähern, werden uns noch Wasserflaschen übergeben, selbst als ich auf die Flaschen zeige, die aus meinem Rucksack rausgucken. Einen Besuch hier kann ich nur empfehlen.

Tempel der alten Monarchen

Es geht weiter zum Tempel der alten Monarchen, einfach ein Stück weiter die Fuchengmennei Dajie (oder kürzer Funei Avenue) entlang. Dabei kommen wir an einer Comic Galerie vorbei, die wir uns auch noch kurz ansehen. Neben chinesischen Klassikern und „Revolutionärem“ gab es unter anderem auch Micky Mouse und Goofy.

Der Tempel der Herrscher der Vergangenheit (Lidai Diwang Miao) ist zwar der größte in Xisi, unser Guide (vergriffene Ausgabe von „Beijing by Foot“) attestiert ihm einen Mangel an Atmosphäre. Was damit gemeint ist, wird uns klar, sobald wir den Tempel betreten haben. Dieser Tempel, 1530 erbaut, diente dem Staats- und Ahnenkult, Besucher gibt es außer uns fast keine. Es ist alles picobello sauber, ein paar Pflanzen sind dekorativ aufgestellt – aber es ist leer und öde. Es gibt eine Ausstellung, die aber nur rudimentär auch in Englisch beschriftet ist, wir verlieren schnell das Interesse.

Es ist wirklich heiß. Wir setzen uns auf einen Bank unter einem riesigen, uralten Wachholder und machen eine Pause. Jetzt freue ich mich über das geschenkte Wasser – das mitgebrachte ist längst alle. Wir beschließen, uns wenigstens den Tempel der Weißen Pagode noch anzugucken, angesichts der Hitze müssen wir dann nicht noch mehr machen.

Tempel der Weißen Pagode

Wir kommen wieder an „Shutter Island“ (dem etwas gruselig wirkenden Krankenhaus) vorbei, überqueren eine Hauptstraße, bei der Hitze zieht sich der Weg weiter als wir es in Erinnerung haben. Aber endlich sind wir da.

Wie in vielen Tempeln wird die erste Eingangshalle von den vier Himmelskönigen bewacht.

Wir lassen die weiteren Hallen links und rechts liegen, denn es zieht uns als erstes zur weißen Pagode.

Aber leider ist die Treppe zur Pagode hinauf geschlossen, es sieht nach dauerhafter, nicht nur temporärer Sperrung aus. Aber immerhin, wir sind so dicht dran, wie es eben geht. Diese 1271 erbaute Stupa ist das älteste Gebäude in Peking und wurde auf Befehl von Kublai Khan vom nepalesischen Architekten Araniko erbaut. Wir umrunden die Stupa, ich hatte ja noch eine leise Hoffnung, dass es vielleicht doch noch einen Aufgang gäbe. Fehlanzeige.

Wir kommen am Souvenirshop vorbei und werfen einen Blick hinein. Einen langen Blick, denn es ist nicht nur wunderbar kühl, sondern die erhältlichen Souvenirs gehen über das übliche hinaus. Natürlich gibt es die gängigen Kühlschrankmagneten, viel chinesische Literatur, aber auch Becher, Taschen, Aufkleber…

Inzwischen sind nicht nur unsere Köpfe übervoll mit Eindrücken, die erstmal sacken müssen, sondern es ist wirklich unangenehm heiß (nur für den Fall, dass ich das noch nicht erwähnt haben sollte). Schluss für heute! Meine Freundin fährt mit dem Bus, ich schleiche die Straße entlang zurück zu meinem Scooter. Der Fahrtwind unterwegs ist klasse, die An- und Aussichten ebenfalls – zum Beispiel der Blick auf die andere Weiße Pagode in Peking mitten im Beihai (todesmutig während der Fahrt geknipst, Anhalten strengstens verboten, alle paar Meter stehen Wachen – Zhongnanhai ist um die Ecke).

Fazit

Das war sicherlich nicht der letzte Spaziergang in Xisi. Nicht nur, dass noch zahlreiche Residenzen und Hutongs auf uns warten, ich „muss“ nochmal in den Tempel der Weißen Pagode, um die Statue des nepalesischen Architekten anständig zu fotografieren – und ich möchte gerne wieder in den Guangji Tempel, dessen Atmosphäre mir unglaublich gut gefallen hat. Und vielleicht kann ich dort dann auch diskret und respektvoll doch noch ein, zwei Bilder mehr machen. Wer zum ersten Mal in der Ecke ist: dann kann man der Vollständigkeit halber auch einen Blick in den Tempel der alten Monarchen werfen, aber soviel verpasst man nicht. Ich bin jedenfalls sehr begeistert von Xisi, ein wirklich schönes, lebendiges, authentisches Pekinger Altstadtviertel!

Fotos!

 

Psst, Geheimtipp!

Geheimtipp? So wirklich geheim kann in einer Stadt wie Peking in Wahrheit ja nichts sein, aber letzte Woche habe ich zusammen mit einer Freundin einen Park entdeckt, der in den meisten Reiseführern nicht auftaucht.

Der Liuyin-Park

Nordwestlich vom größeren und bekannterem Ditan-Park (klar, der ist ja gleich gegenüber vom Lama-Tempel und damit näher dran an den gängigen Routen) liegt der Liuyin-Park. Vorher habe ich gelesen, es sei einer der malerischsten Parks in Peking, ich war gespannt.

Wir haben den Park am Osteingang betreten und stehen direkt auf einem kleinen Platz vor einer gepflegten Rasenfläche.

Blick zurück zum Eingang.

Nach wenigen Schritten sind wir schon am See, wo wir auch direkt die ersten Wasservögel sehen.

Es gibt echt viele Enten samt Küken – und Nachtreiher.

Es ist gegen 16 Uhr, es ist noch nicht viel los. Vereinzelt treffen wir auf Arbeiter.

Oder wir sehen ältere Leute, die im Schatten sitzen. Hier am Wasser, im Schatten ist es um einiges angenehmer als draußen an der Straße, wo die Sonne von oben und die Hitze vom Asphalt knallt.

Zum Alten Sommerpalast habe ich es immer noch nicht geschafft (nicht nur, dass ich den eh noch nicht in Gänze erkundet hab, zur Lotosblüte soll’s halt auch besonders nett sein). Aber Lotos gibt es auch hier in Hülle und Fülle.

In vielen anderen Parks sind die Wege breit, quasi Fußgängerautobahnen. Ist ja auch verständlich, irgendwo müssen die Besucherscharen im Himmelstempel-Park ja hin. Hier hingegen gibt es außer dem Hauptweg (einmal außen um den See herum, ist für Anwohner auch eine beliebte Laufstrecke) viele schmale Pfade – und die haben wirklich ihren Reiz.

Diese Dame hat ganz für sich allein eine Teezeremonie abgehalten und ganz viel Ruhe ausgestrahlt.

Bei dem Blick kann man aber auch einfach so zur Ruhe kommen. Wenn man genau hinschaut, sieht man auf der Insel im See ein Café „Swannseen“ und das schauen wir uns dann auch an und machen dort ein Kaffeepäuschen. Oh ja, hier kann man wieder hingehen. :)

Schließlich gehen wir weiter durch den Park. Dieser ist in vier Abschnitte, jeweils passend zu den Jahreszeiten, gegliedert. Aktuell ist es vor allem schön grün. Rund um den See stehen vor allem Weiden, über 30 verschiedene Arten sollen es sein. Die Weiden sind auch namensgebend: Liuyin Park (柳荫公园) bedeutet Weidenschatten Park.

Früher muss hier deutlich mehr losgewesen sein, Bootshaus samt Bootsvermietung sind stillgelegt, dieser Kinderspielbereich ebenso.

Keine Ahnung, ob es „nur“ wegen der Pandemie geschlossen ist. Teils sind Gebäudeteile so überwachsen, dass ich vermute, dass das schon länger zu ist.

Der Weg windet sich um den See, immer wieder gibt es neue, nette Ansichten.

Es gibt einen kleinen Obsthain. Das hier könnte Weißdorn sein.

Elstern gibt es auch.

So langsam wird es voller. Es wird gesungen, Mahjong gespielt, es gibt ein großes Badminton-Feld. Als wir kurz vor 7 den Park verlassen, kommen uns viele Frauen entgegen – vermutlich wird ab 19 Uhr getanzt.

Leider kein Bootsverleih mehr, nur noch für Enten.

Und wieder ein Reiher.

Es ist jedenfalls ein entzückender kleiner Park, schade, dass er nicht direkt um meine Ecke liegt. Aber wenn man etwas Zeit hat oder sich auch eine Weile im Café „Swannseen“ aufhalten mag, dann lohnt sich der Weg.

Info Liuyin-Park

Adresse (Osteingang): Qingnianhu North Street (gleich hinter der Tankstelle)

Öffnungszeiten: 6-21 Uhr (im Winterhalbjahr bis 20:30)

Eintritt frei

Stadtmauer und Sommerferien

Zum Glück entspannt sich die Lage hier weiterhin. Zwei Tage in Folge keine lokale Neuinfektion. Auch für Reisende wird es etwas leichter, die Quarantäne bei der Einreise nach China wurde auf 7 Tage zentrale Hotelquarantäne plus 3 Tage Quarantäne zu Hause. Im Hinterkopf bleibt zwar weiterhin, dass beim Auftreten neuer Fälle auch schnell wieder alles geändert werden kann, aber trotzdem ist es ein gutes, hoffnungsvolles Zeichen.

Sommerferien

Die Jungs haben die Schule nicht mehr von innen gesehen, bevor letzten Freitag die Ferien begonnen haben, so richtig enttäuscht darüber waren sie nicht. So lange Ferien (9 Wochen!) mit ganz viel unverplanter Zeit finden sie aber richtig toll.

Mir macht das Herumstromern durch die Stadt wieder mehr Spaß. Meistens fahr ich einfach drauf los, lasse mich treiben und die grobe Richtung von Ampelschaltungen und Verkehrsfluss bestimmen, bevor ich dann irgendwo absteige und spazieren gehe. Aber da die Lage sich ja jetzt entspannt hat, kann ich auch wieder Pläne für weiter entfernte Ziele machen. Gestern bin ich nach längerer Zeit mal wieder in Richtung Stadtmauer unterwegs gewesen. Unten im Park wird gebaut, komplett abgesperrt war aber nur der Bereich unterhalb des Foxtowers.

Tickets: digital und auf Papier

Jedenfalls will ich eigentlich nur gucken, ob Mauer und Foxtower geöffnet sind, bekomme dann aber von einer sehr freundlichen Mitarbeiterin direkt den QR-Code für’s Ticket unter die Nase gehalten. Ja, warum eigentlich nicht? Nachdem ich digital das Ticket gekauft und bezahlt habe, gehe ich drei Schritte weiter zum Tickethäuschen, zeige das e-Ticket vor und bekomme ein Papierticket, das vom Wachmann am Eingang abgerissen wird. Digitalisierung made in China. ;)

Trainspotting und Gegensätze

Ich habe die Stadtmauer (fast) für mich allein. Ein Großelternpaar mit zwei Teenagern ist da. Die Großeltern sitzen auf einer Bank vor dem Foxtower, die Jungs halten Ausschau nach Zügen. Es ist ja wirklich ein toller Platz fürs Trainspotting: von oben auf der alten Stadtmauer mit Blick auf den Pekinger Bahnhof oder in die andere Richtung mit Blick auf den CBD.

Ich nehme mir Zeit und schaue selber eine Weile nach Zügen. Gehe kurz in den Foxtower, in dem unten aktuell Zeichnungen ausgestellt sind, die die Entwicklung der Bahnstrecke bzw. des Verkehrs unmittelbar vor dem Foxtower dokumentieren. Schlendere ein paar Mal auf und ab, schaue über die Überreste der Mauer in Richtung Qianmen/Zhengyangmen und in umgekehrter Richtung auf die Türme des modernen Pekings. Gegensätze in einem Bild festzuhalten, macht mir immer wieder Freude.

Irgendwann kommt ein Wachmann auf mich zu: in zehn Minuten, um 17 Uhr wird geschlossen. Okay, ich mache noch mal ein Bild und habe die Mauer dann tatsächlich ganz für mich –  bis auf den Wachmann, der die großen roten Tore des Foxtowers verschließt. Ich genieße den Moment und beeile mich dann doch, die Treppe herunterzusteigen, nicht, dass ich die Nacht hier verbringen muss.

Fotos

 

Mehr über die Stadtmauer

Pekings Stadtmauer

Spaziergang im Stadtmauerpark

 

 

Pflaumenregen

Die Regenzeit hat begonnen. Die poetische Bezeichnung „Pflaumenregen“ (梅雨méiyu) hängt mit der Reifezeit der Pflaumen zusammen. Genauso ausgesprochen wird 霉雨, was Schimmelregen bedeutet – und mindestens genauso treffend für diese Phase ist (wobei ich mich in unserer Wohnung nicht darüber beklagen kann).

Die Luftfeuchtigkeit liegt jenseits von gut und böse, es sieht ständig nach Regen aus, der manchmal runterkommt und manchmal nicht. Ich bin nicht aus Zucker und für meine Kamera hab ich sicherheitshalber eine Neoprentasche im Rucksack, also lass ich mich vom Wetter nicht ausbremsen. Nur vor Gewitter und Starkregen habe ich großen Respekt, aber beides wird recht zuverlässig vorhergesagt. Immerhin ist der Regen warm, Tageshöchsttemperatur liegt derzeit meist über 30 Grad.

Als Sonnen- oder Regenschutz: Schirm geht gerade immer. Von diesem Standpunkt noch ca. 30 Minuten Wartezeit.

Ein Schritt vor, einer zurück…

Was mich ausgebremst hat, ist der Rückschlag in Sachen Pandemie. Vor zehn Tagen sah es so aus, als ginge es aufwärts, aber es kam anders. Nun weiß ganz Peking, dass es in Sanlitun die Heaven Supermarkt Bar gibt – kein Supermarkt, sondern eine sehr günstige, stark frequentierte Selbstbedienungsbar. Oder vielmehr gab, die Lizenz ist nun weg, Tausende sind von dem Ausbruch dort direkt betroffen, weil sie als Kontaktpersonen in Quarantäne mussten (und ihre Compounds gleich mit), über 300 Infektionen lassen sich darauf zurückführen. Und die 5 Millionen Einwohner Chaoyangs, darunter wir vier, mussten (und müssen) sich wieder täglichen Tests unterziehen.

Erst wurde die Öffnung der Schulen für weitere Jahrgänge zurückgenommen, dann hieß es auch für die Abschlussjahrgänge: zurück in den Distanzunterricht. Es ist ja nicht so, dass in der letzten Schulwoche (nächsten Freitag beginnen die Sommerferien) noch besonders viel gelernt würde, aber sich noch ein letztes Mal in dieser Zusammensetzung live, in echt und in Farbe zu sehen – das hätte ich den Kids sehr gegönnt.

Testen, testen, testen

Als es ab Ende April die ersten verpflichtenden Massentests gab, war das wirklich gut organisiert, selbst bei größtem Andrang hatten wir nie mehr als 20 Minuten Wartezeit. Die Lage entspannte sich, die Teststation wurde abgebaut. Tests waren erst „nur noch“ jeden zweiten Tag nötig, später jeden dritten. Aber dann kam der neue Ausbruch mit neuen Testpflichten, aber ohne „unsere“ alte Teststation.

Ich selbst kann mir meine Zeit ja frei einteilen, die Jungs sind aber von ihrem Stundenplan abhängig und wünschen manchmal Begleitung. Und dann komme auch ich in den Genuss von langen Wartezeiten. Negativrekord waren eineinhalb Stunden. Da ist dann auch die Stimmung merklich gekippt, vor allem mit der Aussicht darauf, dass man sich den „Spaß“ täglich wieder gönnen muss. Daraufhin wurde die Station am Tag darauf sicherheitshalber gar nicht geöffnet, und wir mussten zu einer anderen ausweichen.

Symbolbild: Warst du heute schon beim Test? – Das Klo steht kurz vor der Überquerung des 4. Ringes an der Shuguang West Road, falls jemand probesitzen möchte ;)

Nun ist diese Station wieder geöffnet. Unmittelbar vor und nach Ende der Mittagspause hat sich als günstiger Termin herausgestellt, dann sind es rund 20 Minuten Wartezeit. Die Mittagspause wurde zentral verordnet, damit es nicht auch noch eine Hitzschlags-Epidemie gibt (wobei es eigentlich oft erst gegen 15 Uhr und später am heißesten ist).

Wieder mehr Streetfood

Vor ein paar Jahren wurden die Streetfood-Tuktuks weitestgehend aus der Stadt verbannt. Wo zum Beispiel früher an der Ecke Liangmaqio Road/Dongfangdong Road die Streetfood-Wagen den Weg pflasterten, sind da nun nur noch unzählige Leihräder und Scooter geparkt. Aufgrund der Schließungen/Beschränkungen, die für Restaurants galten und gelten, erobert Streetfood jetzt die Stadt zurück, und das bleibt hoffentlich auch so, wenn Indoor-Dining wieder problemlos möglich ist.

Oder es gibt andere kreative Lösungen, wenn Häuser nicht von Lieferanten betreten werden dürfen, so wie hier, wo das Essen einfach am Seil aus dem Fenster heruntergelassen wird. Karte mit WeChat-QR-Code zum Bezahlen liegt dabei.

 

Mit dem Schrecken davongekommen…

Auf dem Rückweg von einem Abschiedsfrühstück habe ich neulich Pech gehabt. Ein großes Tuktuk, voll beladen mit Ramsch, hat mich auf der Bikelane erst überholt und ist dann einer entgegenkommenden Radfahrerin ausgewichen, hatte also innerhalb von Sekunden vergessen, dass er an mir vorbeigefahren ist. Wegen der parkenden Autos daneben konnte ich nicht weit genug ausweichen, es gab einen hässlichen Ruck samt hässlichem Geräusch, es klöterte und mein armer Scooter hat nun einen Spiegel (samt Handyhalterung) weniger. Auch das hat der gute Mann nicht mitbekommen (wollen?) und ist weitergefahren. Ich habe den Spiegel aufgelesen, bin nach Hause gefahren – und hab da erst mal einen Moment gezittert. Das war ein bisschen eng für meinen Geschmack. Aber dann hab ich durchgeatmet, ich hab ja nicht mal einen Kratzer abbekommen. Ich bin auch direkt wieder mit dem Scooter losgetuckert. Das Loch, wo die Spiegelhalterung herausgerissen wurde, habe ich fachgerecht chinesisch mit Klebeband verarztet.

Klimaanlagen-Stories, die 313. Folge

Vorgestern meldete sich morgens der Vermieter, ob später die Klimaanlage repariert werden könnte. Na klar, prima.

Vielleicht wäre das Provisorium (aus dem Fenster hängender Gummischlauch) auf Dauer die bessere Lösung gewesen? Die Wand zwischen Rumpelkammer und Küche hat nun ein weiteres Loch, durch das ein Plastikrohr verlegt wurde, dass sehr abenteuerlich mit den Abflussrohren von Spül- und Waschmaschine verbunden wurde. Ich soll gut aufpassen, wenn ich das erste Mal Wäsche wasche!

Ich habe mich noch nicht getraut, dies Abenteuer werde ich erst am Wochenende wagen…

Die Pandemie ist wieder da…

Fast zwei Jahre haben wir hier in Peking ein halbwegs normales Leben führen können (okay, einmal abgesehen von Reisebeschränkungen, Healthkit, Masken, Temperaturkontrollen). Doch jetzt meldet sich die Pandemie zurück in Peking, und bei vielen liegen hier die Nerven blank, dass es so dramatisch werden könnte wie in Shanghai: stadtweiter, wochenlanger Lockdown, mit Versorgungsproblemen, Barrikaden etc. Ich denke und hoffe, ein stadtweiter Lockdown wird hier vermieden werden, aber betroffene Compounds/Viertel wird es treffen.

Letztes Wochenende wurden erst 22 positive Fälle, dann 16 weitere gefunden. Unter dem Motto „better safe than sorry“ habe ich am Sonntag unsere bereits angelegten Vorräte noch mal aufgestockt und mehr Mehl, Reis, Nudeln, Getränke etc. und eine große Gemüsekiste bestellt und gehofft, dass es auch noch vor einem eventuellen Lockdown eintrifft.

Ganz Chaoyang muss zum Test

Am Sonntagabend kam dann die Aufforderung zum Test:  Ab 7 Uhr am Montag, Mittwoch und Freitag bitte mit Pass und Handy gegenüber vom Nordeingang testen lassen. Später stellte sich raus, dass das nicht nur für unseren Compound, sondern für den ganzen Chaoyang-Bezirk, also rund 3,5 Millionen Menschen gilt. Das hat es dann auch in die CNN-News geschafft.

Ich bin mit den Jungs gleich morgens vor der Schule zum Testen gegangen, da war die Schlange noch überschaubar und nach einer halben Stunde waren wir schon wieder zurück.

Die Jungs sind dann zur Schule gegangen, ich habe mich auf den Weg zum Einkaufen gemacht. Dabei bin ich überall an mehr oder weniger langen Test-Schlangen vorbeigekommen. Zum Beispiel hier am Towercrest-Plaza…

… oder hier vor dem Solana.

Nervosität und Anspannung

Zuerst fahre ich zum internationalen Supermarkt: Nutella und Tomatenkonserven stehen ganz oben auf meiner Liste. Das gibt es auch alles noch reichlich, nur die Regale mit „italienischen“ Nudeln sind schon recht leer geräumt, und auch beim verpackten Käse gibt es deutliche Lücken. Der Laden ist voller als sonst vormittags. Aber Panik? Nein, keine Panik. Das ist mit dem Wissen um die Zustände in Shanghai angemessene Vorsicht und Vorbereitung, die Stimmung ist eher nervös-angespannt. Eigentlich will ich als nächstes beim Jingkelong Halt machen, aber davor steht eine lange Schlange, also fahre ich erst einmal weiter zum deutschen Bäcker. Das „Schwäbische Holzofenbrot“ ist ausverkauft, aber alles andere gibt es noch, auch wenn die Regale eher wie sonst am Abend und nicht am Vormittag aussehen.

Als ich meine Einkäufe verstaut hatte, Blick aus dem Fenster: die Test-Schlange ist doch ein wenig länger geworden…

Nun mache ich mich auf den Weg zum Jingkelong und reihe mich in die Warteschlange ein.

Es geht aber recht zügig voran. Healthcode scannen, Temperatur messen, und ich darf rein. Drinnen ist es etwa so voll wie vor dem Neujahrsfest (wie in Deutschland zu Weihnachten). Es sind deutlich mehr Mitarbeiter:innen  als sonst da (und verglichen mit deutschen Supermärkten gibt es eh schon echt viel Personal in den Supermärkten), die Obst- und Gemüseregale werden permanent wieder aufgefüllt. Auch die Kühltheken sind komplett gefüllt. Nur im Obergeschoss sind die großen Flaschen mit heller Sojasauce ausverkauft, es gibt aber noch viele kleinere Flaschen (und es gibt hier keinen Preisvorteil bei größeren Packungen).

Weder Klopapier- noch Öl-Mangel

Doch: zwei Tage später am Mittwoch, als ich nach dem morgendlichen Test wieder zum Einkaufen unterwegs bin, sind 5,6 l Flaschen Sonnenblumenöl im Sonderangebot. Da greif ich doch auch direkt zu. ;) Das wird tatsächlich auch viel gekauft. Auch sieht man viel mehr Leute als sonst mit Klopapier. Die Schlange vor dem Supermarkt ist deutlich kürzer, innen ist es aber wieder relativ voll. Es gibt bis aufs Gewürzregal keine Lücken mehr, und dies wird gerade aufgefüllt. Auch die beliebte Sojasauce in den großen Flaschen ist wieder da. Es gibt weder Gerempel noch Gemecker, die Leute sind freundlich. Wie gesagt, das ist keine Panik, das ist Vorsicht.

Als ich zuhause schwer bepackt in den Fahrstuhl steige, schüttelt eine Nachbarin den Kopf: warum ich die schweren Sachen denn nicht online kaufen würde? Mache ich ja normalerweise auch, aber die Onlinehändler haben alle einen Disclaimer, dass Lieferungen sich verzögern könnten. Und tatsächlich sind meine Getränke nicht wie sonst am nächsten, sondern erst drei Tage später da.

Schule geht online, weitere Maßnahmen

Am Donnerstagmorgen schau ich aufs Handy: oh, alle Schulen in Chaoyang müssen online gehen? Es kursieren inoffizielle Nachrichten über unsere Deutsche Botschaftsschule: Schulschließung hier erst am Freitag. Um viertel vor 10 wird das dann per Mail auch offiziell bestätigt.

Im Laufe des Tages wird bekanntgegeben, dass „Vergnügungsstätten“ schließen müssen. Restaurants dürfen – mit Auflagen – geöffnet bleiben. Dazu muss man aber auch wissen, dass es hier zum Alltag gehört, auswärts zu essen, selbst zu kochen ist eher die Ausnahme.

Im Chaoyang-Bezirk dürfen „commercial buildings“ nur noch mit maximal 48-Stunden-altem negativen PCR-Test betreten werden.

Auch am Freitagmorgen geht es wieder zum Test, diesmal dauert es etwas länger, aber rechtzeitig vor dem Online-Schul-Start, sind wir wieder zuhause.

Im Laufe des Tages werden weitere Maßnahmen veröffentlicht: Picknicken und Aufstellen von Zelten im Chaoyang-Park verboten, andere Parks ziehen nach. (Hier ist jetzt langes Feiertagswochenende, da ist das normalerweise sehr beliebt.)

Ein „Landsleutebrief“ aus der Botschaft trudelt ein. Darin steht aber nichts wesentlich Neues:

Ein großflächiger Lockdown wurde nicht angeordnet. Dieser kann aber weiter nicht ausgeschlossen werden. Daher wird weiterhin empfohlen, einen Vorrat an Lebensmitteln, Trinkwasser und anderen Dingen des täglichen Bedarfs (ggf. auch Medikamenten) vorzuhalten.

Hilfreich könnte aber ein verlinktes FAQ sein, die angegebene Notfall-Kontaktnummer sollte man als Deutsche in China eh im Handy gespeichert haben (und weiter hoffen, dass man sie nie brauchen wird).

Zahlen

Trotz Massentest sind es – bisher – noch vergleichsweise wenig positive Ergebnisse. Nach den langen Monaten ohne Neuinfektion oder im maximal einstelligen Bereich, ist es für uns aber erschreckend viel (und im Vergleich zu Deutschland echt wenig – da ist er wieder, der Knoten im Kopf). Die Grafik habe ich auf Basis der offiziellen Zahlen erstellt, die täglich von der Pekinger Gesundheitskommission veröffentlicht werden, es handelt sich jeweils um die lokalen Fälle, die zwischen 0 und 24 Uhr am betreffenden Tag positiv getestet wurden.

Stand 29.4. – 17:15 Uhr

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es eine Dunkelziffer gibt, so ist das hier doch die Basis, auf der hier die Entscheidungen getroffen werden. Möglicherweise sind auch noch nicht alle Tests ausgewertet, so dass die Zahlen noch steigen könnten. Mal sehen, wie sehr… Wir müssen jedenfalls damit rechnen, dass sehr kurzfristig neue und andere Maßnahmen eingeführt werden können.

Babaoshan Revolutionsfriedhof

Update am 30. November 2022

Jiang Zemin, der Nachfolger von Deng Xiaoping und Vorvorgänger von Xi Jinping ist gestorben und wird im Dezember auf dem Babaoshan Revolutionsfriedhof beerdigt werden.

Im April war ich dort – hier mein Bericht:

Ein Friedhof als Ausflugsziel, das ist schon ein bisschen morbide, oder? Kurz nach dem Qingming-Fest (chinesisches Totenfest) schien das aber doch mal interessant. Und vielleicht könnte das auch was für die Fotogruppe sein? Zu dritt machen wir uns auf zum „location scouting“. Nicht irgendeinen Friedhof haben wir uns ausgesucht, sondern den „Babaoshan Revolutionsfriedhof“ (auch Märtyrerfriedhof), der wohl der wichtigste Friedhof in Peking sein soll. Hier liegen höchste Revolutionshelden, hohe Regierungsbeamte und in den letzten Jahren auch Personen, die aufgrund ihrer Verdienste um die Gesellschaft als besonders wichtig gelten. Die Grabstätten sind extrem teuer.

Zur Geschichte und zur Bedeutung des Friedhofs kann man auf dem Friedhofswelten-Blog mehr erfahren.

Zunächst vertun wir uns und landen am Babaoshan Volksfriedhof, wo wir freundlich, aber bestimmt abgewiesen werden. Vielleicht wegen der Pandemiepolitik?

Der Babaoshan Revolutionsfriedhof

Schließlich landen wir am Revolutionsfriedhof. Wir sind uns einig (nicht nur, aber auch wegen der Abweisung zuvor), nicht die Kameras herauszuholen und knipsen dann nur diskret mit den Handys. Wir orientieren uns an Wegweisern und machen uns auf den Weg nach oben, wo ein Denkmal stehen soll und stehen schon nach wenigen Minuten davor.

Wir sehen uns um. Oben auf dem Hügel sind Soldatengräber. In den Hecken, die das Gelände unterteilen, sind extra Sichtlücken, damit man die rote Fahne sehen kann.

Außer den Gräbern mit den schlichten Steinen gibt es auch solche, die mit Gewehren und Helmen dekoriert sind.

Babaoshan Revolutionsfriedhof. Grabplatten, die mit Helmen und Gewehren "verziert" sind.

Das ist das Ergebnis von Krieg…

Das Qingming-Fest ist noch nicht lange her, einige  Gräber sind noch mit frischen Blumen geschmückt, der meiste Blumenschmuck ist künstlich, dazu liegt Plastik-Essen daneben.

Nicht willkommen

Wir wollen uns weiter unten noch umsehen, wo die „Prominenten“ liegen, merken aber, dass wir verfolgt werden: ein Wächter fährt langsam hinter uns her und behält uns genau im Auge. Und schließlich verwehrt er uns auch den Zutritt und macht deutlich, dass wir besser gehen sollten. Ob das nun individueller Übereifer war (passiert jetzt immer wieder mal) oder tatsächlich eine neue Regel, dass während der Pandemie der Zutritt zu Friedhöfen nicht gestattet ist? Der Friedhof war immer auch für Ausländer zugänglich, es gibt viele Berichte und Fotos im Netz, unser Verhalten war sicher kein Grund, uns abzuweisen.

Ein Friedhof ist aber nicht der richtige Ort für Diskussionen, wir haben uns dann zu weiteren Zielen aufgemacht (wo uns dann glücklicherweise auch wieder freundlich begegnet wurde).

Frühling in der Verbotenen Stadt

Es ist schon fast zwei Jahre her, dass ich zuletzt in der Verbotenen Stadt war. Das war Anfang Mai 2020, direkt nachdem der Kaiserpalast nach der Pandemie-bedingten Schließung wiedereröffnet hat. Nur 5.000 Tickets durften damals pro Tag verkauft werden – und das war schon ein ganz besonderer Palastbesuch, wenn man bedenkt, wie voll es sonst in der Forbidden City ist. Ich bin zwar immer wieder mal an der Verbotenen Stadt vorbeigefahren oder habe von oben vom Kohlehügel drauf geguckt, aber drinnen war ich seit dem nicht mehr. Gab ja auch keinen Besuch aus Deutschland, mit dem ich dort hätte hingehen können…

Von daher war ich Feuer und Flamme, als eine Freundin gefragt hat, ob wir nicht mit zwei weiteren fotobegeisterten Freundinnen diese Woche hingehen wollen. Die Wetteraussichten waren gut, der Sandsturm würde sich hoffentlich vom Acker gemacht haben, also habe ich zugesagt. Ich habe direkt das Ticket (60 RMB) gebucht. Das kann man inzwischen zwar auch über eine App machen, ich finde es einfacher über die Webseite.

Tolle Bedingungen: Wetter, Luft – und kein bisschen voll

Wir haben Glück: der Sandsturm hat sich verzogen, das Wetter ist großartig. Wir lassen uns mit einem Didi zum Osttor bringen (am Tian’anmen darf man nicht anhalten, und wir kennen den Weg unter dem Mao-Porträt hindurch alle schon).

Weg am Fluss entang

Der Weg zum Osteingang

Am eigentlichen Eingang wird es kurz kompliziert, einer der Wächter will uns unbedingt zum Ticketschalter hinüber schicken und es dauert ein bisschen, bis wir ihm verständlich machen konnten, dass wir Langnasen tatsächlich schon online die Tickets gekauft haben. Aber dann klärt es sich auf: wir sollen noch einen QR-Code scannen und in dem sich öffnenden Formular unsere Passnummer eingeben. Und als sich dann die nächste Seite öffnet, war es das auch schon. An der Sicherheitskontrolle muss man trotzdem den Pass vorzeigen. Wieder etwas umständlicher als früher, aber ich habe mir hier abgewöhnt nach dem Warum zu fragen, ich kann’s eh nicht ändern.

Okay, also Foto-Thema „Frühling in der Verbotenen Stadt“. Ich wollte nicht unbedingt nur Blüten ablichten (das könnte ich auch in unserem kleinen Innenhof), ich hab gedacht, ich versuche mich mal weiter an Timelapse-Videos und habe mein Stativ eingepackt. Aber dann schlendern wir durch die ersten Höfe und der Gedanke an Wimmel-Videos verschwindet, denn es wimmelt gar nix. Es dürfen jetzt zwar 30.000 Tickets/Tag verkauft werden, aber es sieht nicht viel voller aus als vor knapp zwei Jahren!

So viel Platz, so wenig Besucher:innen!

Kein Wunder, Reisen nach Peking ist derzeit auch innerchinesisch kompliziert, also gibt es keine Touristengruppen. Dafür gibt es unglaublich viele verkleidete Frauen und noch mehr Fotograf:innen. Und das wird dann auch das, was fotografisch an diesem Tag im Mittelpunkt stehen wird. Pläne machen ist gut, spontan Gegebenheiten beim Schopfe packen ist besser. Wir folgen also den vielen, die es in den östlichen Bereich des Palastes zieht.  Dahin, wo die Apfelbäume in voller Blüte stehen. Dabei (und auch immer wieder im Laufe des Tages) kommen wir an Wächtern im Anzug vorbei, die im Gänsemarsch ihre Patrouillen absolvieren.

Here come the men in black… ;)

Es ist so schön!

Wir gehen durch ein Torhaus, im Schatten sitzen Frauen und Kinder, die geschminkt und frisiert werden und alle paar Schritte gibt es eine andere Gruppe, die posiert. Und das ist dann alles zusammen einfach nur wunder-, wunderschön!

Zu zweit….

… oder solo, aber alle irgendwie schön!

Es sind übrigens mindestens zehnmal so viele Fotografinnen und Fotografen hier wie „Models“. Die machen es teils zum eigenen Vergnügen und knipsen sich gegenseitig mit ihren Handys. Andere sind in Kleingruppen da: Model, Stylistin, Fotografin… Es dauert, bis wir uns hier losreißen können. Es ist unfassbar schön: die tolle Kulisse der roten Hallen der Verbotenen Stadt, die Apfelblüte und der betörende Duft, die fröhliche Stimmung.

Und endlich wird mir ganz leicht ums Herz. Zwar melden sich ab und zu unsere Handys mit Seuchen- und Kriegsnews (Kerry Residence im Lockdown! Giftgas in Mariupol! …), wir nehmen es zur Kenntnis und können es an diesem Tag doch irgendwie ausblenden (auch wenn es natürlich im Hinterkopf bleibt und mich nachts nicht schlafen lässt).

Wir reißen uns irgendwann los vom Blütenmeer und den kostümierten Schönheiten los und schlendern weiter.

Eine Frau in einer roten Jacke schaut durch den Spalt eines verschlossenen roten Tores in der Verbotenen Stadt

Was gibt es hier wohl zu sehen?

Wir wechseln so langsam vom östlichen in den den westlichen Bereich und können dabei immer wieder einen Blick auf den Kohlehügel werfen.

Der Pavillon des Ewigen Frühlings oben auf dem Kohlehügel von der Verbotenen Stadt aus gesehen

Goldene Dächer samt Blick zum Pavillon des Ewigen Frühlings oben auf dem Kohlehügel

Es sind überwiegend Frauen, die kostümiert sind, aber einige beziehen auch ihre Kinder mit ein.

Die sind mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung bei der Sache.

Kleiner Junge im historischen Kostüm späht in eine rote Halle in der Verbotenen Stadt

Wer muss hier nicht an den Film „Der letzte Kaiser“ denken?

Wir machen eine kurze Pause und trinken zwischendurch einen Kaffee. Ja, es gibt jetzt ein kleines Café mit wirklich gutem Kaffee innerhalb der Verbotenen Stadt (bei den ehemaligen Eishäusern).

Der Kaiserliche Garten (Imperial Garden)

Wir gehen zurück zur Mittelachse, genießen den Blick über Altes und Modernes Peking:

Nun zieht es uns in den Kaiserlichen Garten. Hier ist es lauschiger, keine großen gepflasterten Plätze, sondern alles ist dichter zusammen, grüner, lauschiger.

Hier wird natürlich auch posiert.

Beim Kaiser/Kaiserinnen-Baum ist tatsächlich nichts los! Hier posiert heute tatsächlich niemand. Der Baum ist eigentlich ein Symbol für ewige Liebe, früher standen die Pärchen hier Schlange, um sich ablichten zu lassen…

Wir überlegen kurz, zum Nordtor hinaus zu gehen und dann noch im Jingshan Park auf den Kohlehügel zu steigen, entscheiden uns aber dagegen und lassen uns zurück in Richtung Osttor treiben. Mit Blick auf einen der größeren Plätze haben ich dann noch mal ein wenig mit Timelapse-Videos herum probiert. Mir hat allerdings ein bisschen die Ruhe gefehlt (wobei das eher an mir als den anderen lag, ich hätte sicher mit Verständnis dafür rechnen können, dass ich jetzt mal 30 Minuten an Ort und Stelle bleibe), aber es geht voran – sicher demnächst hier im Blog zu sehen.

Inzwischen ist noch weniger los, fast nur noch Kostümierte und Fotografierende. Und einige Kinder mit dabei.

Wie man sehen kann: es ist noch leerer geworden – kaum noch jemand auf dem Platz unterwegs.

Zurück bei den Apfelbäumen

Aber bei den Apfelbäumen ist noch ordentlich etwas los. Eine kostümierte Schönheit nach der anderen posiert und wird von unzähligen Kameras eingefangen.

Eine Lautsprecherdurchsage macht darauf aufmerksam, dass der Kaiserpalast in Bälde schließen wird und man seinen Besuch bitte daraufhin abstimmen möge (soll wohl heißen: sich rechtzeitig zu den Ausgängen zu begeben). Und tatsächlich packen jetzt alle ihre Siebensachen zusammen und strömen zu den Ausgängen.

Wir beschließen den Tag nicht weit vom Ausgang im „Beijing Pie“, einem kleinen, typischen Pekinger Restaurant mit ebenso typischen Pekinger Gerichten (und nein, keine Touristenfalle, was man so nahe an der Verbotenen Stadt befürchten könnte), sondern wirklich rundum gut (und günstig).

Als ich abends zuhause ankomme, bin ich total erledigt, aber so gut gestimmt wie schon lange nicht mehr: der Tag war einfach perfekt, leicht und unbeschwert – eine Auszeit, mit der ich so gar nicht gerechnet hatte, und die ich deshalb umso mehr zu schätzen weiß.

Achtung, viele Bilder!

Schnipsel Nr. 22

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Schnauze voll von Pandemie…

Aktuell sind wir in großer Sorge um Familienangehörige in Deutschland, die es erwischt hat. Durchgeimpft, maskentragend, abstandswahrend hat es sie nun trotzdem erwischt. Auch von hier: gute Besserung,  Daumen sind fest gedrückt, dass es ganz fix und ohne Folgen überstanden wird!

Für uns vier Pekinger Familienangehörige fühlt es sich ganz übel an, jetzt so weit weg zu sein. Nr. 4 hat Hühnersuppe gekocht und rübergebeamt. Okay, Hühnersuppe ist gelungen, am Beamen arbeiten wir noch.

Shanghai

Wir haben ja nicht nur die News, sondern auch Kontakte zu Freund:innen in Shanghai. Puh, das ist schon belastend. Wir hatten zwar schon Vorräte angelegt, haben den dringenden Rat aber befolgt und noch mal aufgestockt. Wenn die Versorgung läuft, hätten wir (auch unsere Nachwuchsnerds) solange das Internet stabil läuft, keine Probleme, auch mal länger in der Bude festzusitzen. Wobei es natürlich einen Unterschied macht, ob man will oder ob man muss. Weniger schön wäre eine zentralisierte, getrennte Isolation, wenn es einen von uns erwischt (wobei das Risiko hier in Peking nach wie vor klein ist), aber auch das würden wir alle vier überstehen können. Die „Minis“ sind ja nun schon lange nicht mehr klein. Aber wir würden sowas lieber nicht selbst erleben müssen, von daher hoffen wir, dass Peking von so drastischen Entwicklungen weiterhin verschont bleibt.

Die Beine in die Hand nehmen?

Natürlich frage ich mich als Mutter schon: was kann ich den Jungs zumuten? Wann wäre der Zeitpunkt, die Beine in die Hand zu nehmen? Wir reden hier immer wieder über die Situation, die Jungs sind fast 16/18, es ist also schon was anderes als mit kleineren Kindern. Wir sind uns aber einig, dass – derzeit – das Hierbleiben die viel bessere Alternative ist. Die Sorge um die Familie in Deutschland macht was mit den beiden (und uns Eltern). Naja, und näher an den Krieg in Europa wollen wir auch nicht – so wie die Pandemie gehandhabt wird (die gescheiterte Impflicht ist ja nur die Spitze des Eisbergs), macht das nicht gerade zuversichtlich in Bezug auf den Krieg…

Tatsächlich ernst zu erkranken, das wird uns hier wohl eher nicht passieren, alles andere wäre vorübergehend (Worst Case wäre für uns zentralisierte Isolation getrennt voneinander) – und aktuell können wir hoffen, dass es in Peking nicht so drastisch wie in Shanghai werden wird.

Wir beobachten die Situation ständig aufmerksam, aber aktuell ist es so, dass es für uns weiterhin am besten ist hierzubleiben. (Wäre die Pandemie nicht, wäre das eh keine Frage.)

(Pandemie-)Normales Pekingleben

Jetzt sind Osterferien, zwei Wochen lang. Ich hab Ausflüge geplant – innerhalb Pekings, Peking zu verlassen ist wegen der Pandemie-Regelungen problematisch. Wenn sich die „Minis“ anschließen wollen: schön, aber eigentlich rechne ich nicht damit. Da ist eher nächtliches Zocken mit Freunden in verschiedenen Zeitzonen angesagt, d.h. vor allem nachts.

Inzwischen ist es endlich wärmer, ich habe den ersten Abend auf der Terrasse von Schindlers Tankstelle verbracht. Auf dem Weg dahin hab ich den Wachwechsel gesehen – das ist schon irgendwie verrückt, wie sehr man sich an den Anblick von vielen Uniformierten in der Stadt gewöhnen kann.

Wachwechsel in Sanlitun

Aber irgendwas ist ja immer, aktuell sind die Luftwerte nicht so toll. Kein Vergleich mit früher, aber inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, dass die Luft so viel besser geworden ist, dass man kaum mehr auf die Luftwerte guckt.

Am Freitag habe ich mir im Garten einer Freundin den ersten Sonnenbrand des Jahres eingesammelt (keine Sorge, wie immer sind die Stellen nach gründlichem Eincremen am nächsten Tag braun dunkelweiß geworden). Die Luft an dem Tag war echt fies, dicke Peking-Suppe, aber das Gefühl von Sonne und Wärme auf der Haut hat so gut getan, dass wir das alle gut ausblenden konnten.

Hier ein Schnappschuss von der Rückfahrt.

Frühlings-Smog…

Schattenseite: Halskratzen am nächsten Tag. Wie gesagt, der Smog…

Für die nächste Woche habe ich nun schon ein Ticket für die Verbotene Stadt und schwanke noch, ob Yuyuantan Park, anderer Park oder Botanischer Garten (wobei letzterer in zwei Wochen mit der Fotogruppe geplant ist, aber es blüht ja jetzt jede Woche etwas anderes…), dazu spontanes Treibenlassen. Das macht endlich wieder Spaß, endlich T-Shirt Wetter! :)

 

Schnipsel Nr. 21

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Mit der Fotogruppe im Taoranting-Park

Bei der Planung dieses Ausflugs hatte ich einen sonnigen, warmen Frühlingsmorgen im Kopf, tatsächlich sorgten Wetter und Smog für graue Novemberstimmung. Immerhin war es trocken. Und der Park war gut besucht, was bunte Farbtupfer ins Grau gebracht hat. Gleich hinterm Nordeingang waren Wasserkalligraphen am Werk. Besonders beeindruckt hat mich aber diese Frau, die nicht mit einem Pinsel Schriftzeichen geschrieben, sondern mit zwei Pinseln gleichzeitig gezeichnet hat.

Den kleinen Vergnügungspark für Kinder lassen wir links liegen und gehen direkt weiter in Richtung See. Am ganzen Ufer verteilt sind Menschen aktiv. Die beiden hier spielen tänzerisch eine Art Federball, das sah sehr elegant aus.

Auch an diesem grauen Tag irgendwie idyllisch.

Und es ist wirklich überall etwas los. Es wird gespielt, Sport gemacht, musiziert, getanzt – wie hier die beiden im Pavillon.

Seit letztem Montag hat die Boots-Saison in den meisten Parks wieder begonnen. Auf dem Kunming-See am Dienstag war nichts: zu windig, sobald die Wasseroberfläche hier nicht mehr (fast) spiegelglatt ist, wird immer alles eingestellt.

Hier war jetzt immerhin ein Boot unterwegs. Den meisten wird es wohl zu kalt und unfreundlich gewesen sein, aber so den ganzen See praktisch für sich zu haben, das hat auch was.

Kuaibanshu

Als wir weitergehen hören wir rhythmisches Klappern und eine erzählend-singende Männerstimme. Das müssen wir uns ansehen. Eine Gruppe von etwa 20 Leuten steht im Kreis und klappert den Rhythmus, im Zentrum steht ein Mann am Mikro und „erzählt“. Auch wenn wir den Text nicht verstehen, es ist richtig fesselnd, und so bleiben wir eine Weile und sehen und hören zu. Diese „chinesischen Kastagnetten“ heißen Kuaiban, die Kunstform „Kuaibanshu„, hier in Peking „Kuaibanr“. Das wissen wir vor Ort aber nicht, ich habe hinterher eine Freundin gefragt und gegoogelt. ;)

Eine Gruppe deutscher Frauen fällt natürlich auf, wir werden heran gewunken und man zeigt uns eine instrumentale Nummer…

… und dann tritt auch noch die Frau in der blauen Steppjacke ans Mikro und singt-erzählt. Ich glaube, es geht ums Essen und die Vorzüge bestimmter chinesischer Küchen und sie wiederholt immer „noch eine Schüssel Reis“ – aber so toll ist mein Chinesisch nicht.

Am Ende wird ein Gruppenfoto von uns allen zusammen gemacht (wir sind auch doof, wir haben keines gemacht).

Man ist uns den ganzen Vormittag schon aufgeschlossen und freundlich begegnet: bei den Wasserkalligraphen, den Federballern, die Leute im Boot haben fröhlich gewunken und wir zurück – aber das war noch mal etwas Besonderes. Schön.

Der Garten der Pavillons

Wir gehen weiter zum Garten der Pavillons. Diese Pavillons sind Nachbildungen berühmter historischer Pavillons aus ganz China. Hier ist es etwas ruhiger, nur oben auf einem der Hügel hört man den Lärm des südlichen 2. Rings, der gleich hinter dem Park verläuft.

Fotos: Weitere Eindrücke aus dem Park

Déjà vu: „Der Tunnel des Grauens“

Es ist mittags, im Park wird es ruhiger: Essenszeit! Wir begnügen uns mit einem Kaffee und verlassen den Park. Wir gehen noch weiter zum Yongdingmen – dem wieder aufgebauten südlichen Stadttor. Bis 1956 stand hier das originale Tor, dann fiel es der Verkehrsplanung zum Opfer. Als Peking sich Anfang der 2000er für die olympischen Sommerspiele herausgeputzt hat, wurde es wieder aufgebaut. Das Yongdingmen markiert das südliche Ende der zentralen Pekinger Nord-Süd-Achse, es schließt sich der schmale Yongdingmen-Park an. Hier stehen viele Magnolien – die wollen wir uns ansehen.

Wir gehen also am Kanal entlang (South Moat/Nanhucheng). Und dann erreichen wir diesen finsteren „Tunnel des Grauens„. Oh, hier war ich doch schon mal, das ist schon erstaunliche sechs Jahre her. Der Tunnel ist aber immer noch genauso unheimlich und ich bin froh, nicht alleine hier zu sein.

Hinterm den Tunnel noch eine Erinnerung: wir sind damals über eine Mauer geklettert, weil es keinen Durchgang gab. Das machen wir diesmal nicht, gehen ein Stück weiter, finden einen Weg, müssen noch eine Unterführung nehmen.

In einem Treppenaufgang schläft ein Obdachloser, hat es sich da sauber und ordentlich eingerichtet, mit Decken und Matratzen, akkurat abgestellten Schuhen. Wir wissen, dass es Obdachlosigkeit gibt, aber in der Stadt sieht man es nur noch selten.

Schließlich sind wir oben, aber auch hier trennt uns eine Mauer vom Park. Wir folgen einem Schild, aber das Tor ist verschlossen, also drehen wir wieder um, bis wir dann zum Eingang des Parks kommen, von dem aus man diesen Blick hat:

Hier blüht nichts, die Magnolienblüte ist kaputt, da ist mehr braun als weiß – der Kälteeinbruch war echt nicht gut. Uns reicht es dann für den Tag, wir ordern ein Didi und fahren nach Hause.

Pandemie

Peking hat heute den zweiten Tag ohne lokale Neuinfektion, der aktuelle Ausbruch scheint im Griff (Klopf auf Holz).

Anders sieht es in Shanghai aus, dort gehen jetzt nacheinander Ost- und Westteil der Stadt in den Lockdown, alle Einwohner werden durchgetestet. In Deutschland wird von der größten Infektionswelle in China seit zwei Jahren berichtet – was stimmt. Es fehlt allerdings zumeist die Einordnung: In ganz China (Einwohner: 1,4 Milliarden) wurden gestern 8978 (davon 1293 symptomatisch) Fälle registriert – gegenüber 237.352 Fällen in Deutschland (Einwohner: 83,2 Millionen). Führt man sich diese Zahlen vor Augen, wirkt der unterschiedliche Umgang mit der Seuche noch krasser: hier das Festhalten am Eindämmen, in Deutschland Lockerungen.

Neue Maßnahme in Peking ist jetzt, dass alle Schüler:innen wöchentlich einen negativen Covid-Test vorzeigen müssen. Ein Testcontainer steht gegenüber der Schule. In zehn Tagen beginnen an der Deutschen Botschaftsschule die Osterferien (zwei Wochen). Da man aber zwei Wochen ununterbrochen in Peking gewesen sein muss, um Schulen betreten zu dürfen (auch Haushaltsangehörige!), ist Reisen auch innerhalb Chinas nicht möglich. In den Osterferien nach Deutschland? Das scheint ewig her, seufz.

Spaziergang im Stadtmauerpark

Wie kann man angesichts des Krieges in Europa „normal“ bloggen?  Ich bin wie wohl die meisten anderen Menschen auch voller Sorgen und Ängste – und voller Wut. Wir haben 2022 und Konflikte werden wie im finstersten Mittelalter mit Waffengewalt „gelöst“? Es mag wohl Wunschdenken gewesen sein, aber bis zuletzt habe ich auf eine nicht-kriegerische Lösung gehofft. Ich bin wirklich entsetzt, dass Putin nun tatsächlich angegriffen hat. Es gibt schon über 100 Tote – und wozu? Beängstigend, nicht zu wissen, wie dieser Krieg sich nun weiterentwickelt. Wird das ein Sieben-Tage-Krieg, eine Art Vietnam-Afghanistan oder WW3?

Gleichzeitig läuft hier aber auch der normale Alltag weiter, auch wenn überall in meinem Umfeld der Krieg erst einmal Thema ist. Für mich hieß Alltag gestern: ein Spaziergang mit der Fotogruppe. Es ging zum „Ming City Wall Relics Park“, kurz Stadtmauerpark. Darüber habe ich letztes Jahr im April ja schon mal geschrieben: Pekings Stadtmauer.

Alltag: Fotowalk

Kurz nach 9 verlasse ich also das Haus. Die Sonne strahlt, die Temperaturen sind schon über Null. Ich schwinge mich auf den Scooter und tuckere los. Noch ist Berufsverkehr, es staut sich auch auf der Bikespur an den Ampeln….Um diese Zeit ist es tatsächlich etwas anstrengend, aber je länger ich unterwegs bin, desto entspannter wird es.

Ich fahre durchs Botschaftsviertel, dann ein längeres Stück am 2. Ring entlang, schließlich am Pekinger Hauptbahnhof vorbei und lande rechtzeitig am Treffpunkt an der Metro Chongwenmen. Ich parke den Scooter, eine Freundin kommt fast gleichzeitig mit dem Leihfahrrad an und auch die anderen trudeln ein.

Wir überqueren die Kreuzung, gehen ein paar Stufen zum Park hoch (der in Wahrheit ja kaum mehr als ein sehr breiter Grünstreifen ist), kein Eingangstor oder ähnliches wie bei den vielen anderen Parks. Von hier aus geht der Blick nach Westen – Zhengyangmen in Sicht, das Tor am südlichen Ende des Tian’anmens.

Vielbefahrene Kreuzung in Peking mit Blick auf Zhengyangmen, das Tor am Südende vom Platz des Himmlischen Friedens

Auf dem kleinen Platz mit dem Blick auf die Kreuzung steppt der Bär. Viele beobachten eine Verkehrskontrolle, bei dem Radler, die die Kreuzung in der falschen Richtung überqueren, angehalten, verwarnt. und zur Kasse gebeten werden (20 RMB ~ knapp 3 Euro). Aber die meisten kümmert das nicht, so wie die tanzenden Tantchen („dancing ayis“) zum Beispiel, die ihr Ding durchziehen.

Das Wetter ist super, endlich nicht mehr so bitterkalt, dazu gute Luft – kein Wunder, dass im Park viel los ist. Spielende Kinder mit Luftballons, Seifenblasen, Laufrädern, ein paar Sängerinnen und wirklich viele Spaziergänger.

Dazu natürlich der Blick auf die Stadtmauer und die Türme im Central Business District.

Schließlich kommen wir zu dem Tor mit dem Tickethäuschen. Ich will die Tickest für uns alle lösen, soll einen QR-Code scannen. Name, Telefonnummer eingeben, aber es scheitert dann an der Eingabe der Passnummer – Buchstaben nicht vorgesehen, und auch der sonst meist hilfreiche Trick, die Passnummer per copy & paste einzugeben, funktioniert nicht. Da hält die Kassiererin uns einen anderen QR-Code hin, mit dem kleinen gelben Meituan-App-Symbol – damit klappt’s natürlich. Wieder was gelernt, künftig also gleich danach die Augen aufhalten.

Ich hab den Spaziergang bis hierhin schon sehr genossen. In der Sonne ist es so angenehm, endlich fühle ich mich wieder menschlich. Aber als wir die Treppe hochkommen, der Blick auf Mauer, Hauptbahnhof, den Foxtower und die Stadt – ich kriege ein bisschen Gänsehaut, weil ich es immer noch unglaublich toll finde, dass ich das alles sehen und erleben kann.

Wir werfen noch einen kurzen Blick in den Foxtower. In dem ist es düster – und bitterkalt, es treibt uns direkt wieder raus in die Sonne.

Auf dem Rückweg brettert noch dieses Tuktuk an mir vorbei. Kreative Sitzlösung! :)

Es macht endlich wieder Spaß, draußen unterwegs zu sein, ich freu mich schon auf die vor mir liegenden Streifzüge.

Fotos

 

 

 

Winterspaziergang

Ich habe mich in der letzten Zeit ein bisschen schwer getan, mich aufzuraffen und durch die Stadt zu streifen. Hauptgrund ist: mir ist zu kalt, die Kälte kriecht mir in die Knochen, tut weh, ich hasse es. Lorde hat ja einen Song („Solar Power“) extra für mich geschrieben, besonders die ersten Zeilen treffen es gerade genau richtig:

I hate the winter, can’t stand the cold
I tend to cancel all the plans (So sorry, I can’t make it)

Der andere Grund ist etwas, das viele Menschen, die im Ausland leben, umtreibt: was, wenn es den Lieben daheim mal nicht gut geht und man eigentlich besser dort wäre? Ich weiß jetzt, wie sich das anfühlt, aber bis ich da mehr drüber schreiben kann, brauche ich noch Zeit.

Gestern war es aber endlich mal nicht ganz so kalt, dazu gute Luft und strahlender Sonnenschein, mein Knöchel ist wieder ganz in Ordnung, also habe ich mich auf den Scooter geschwungen und bin zum Shichahai gedüst.

Test-Schlangen und die Seuche

Unterwegs komme ich zweimal an langen Schlangen vorbei: hier wird getestet. Eine der Schlangen ist an der Kreuzung Beixinqiao, wo vor kurzen der neue U-Bahn-Eingang (samt neuer Airport-Express-Station) eröffnet wurde. Auf der einen Seite der Kreuzung die wirklich sehr lange Schlange auf der Bike Lane, auf der anderen Seite sitzen ältere Pekinger auf den neuen Bänken des traditionell gestalteten Bahnhofeingangs (erinnert etwas an die Laubengänge im Sommerpalast oder Himmelstempel). Leider ist zuviel Verkehr, als dass ich absteigen und stehen bleiben könnte zum fotografieren.

Für uns war ja vor ein paar Wochen ein Test für den kompletten Compound angekündigt, der Stunden später wieder abgesagt wurde. Vielleicht ganz gut so, subjektiver Eindruck ist, dass man entweder nie oder „ständig“ getestet wird (wobei „ständig“ zwei-drei Mal heißt). In Peking selbst war heute übrigens der zweite Tag ohne lokale Neuinfektion. Von wegen, Omikron würde die quasi ungeimpften Chinesen platt machen. Die vielen positiven Tests in der Olympia-Blase dürfen auch gerne innerhalb der Blase bleiben.

Dafür hat es in Deutschland die ersten Familienmitglieder erwischt. Ich hoffe, das geht gut aus und ist fix und folgenlos überstanden.

Am Shichahai

Derzeit ist die Stadt noch bunter als sowieso schon, Neujahrs- und Olympia-Deko überall, hier an der Kreuzung vor dem Trommelturm.

Ich stelle den Scooter ab, biege um die Ecke und laufe auf den See zu – und muss mir erstmal die Augen reiben: huch? Das Eis ist schon weg?

Auch wenn ich mein „Projekt Eisprinzessin“ (die Pekinger Eislaufflächen testen) nun auf die nächste Saison verschieben muss: böse bin ich nicht drüber, denn das ist ein erstes Zeichen dafür, dass meine viertliebste Jahreszeit so langsam zu Ende geht. Zum Wochenende ist noch mal ein Kälteeinbruch angekündigt, aber dann reicht’s auch mit dem Winter. :)

Ich biege in den Yandai-Hutong ab, und lasse mich von dem farbenprächtigen Gewusel dort gefangen nehmen. Es gibt so viel zu sehen!

Zum Beispiel der Schatten der Laternen auf einer historischen Türe…

Die unterschiedlichsten Menschen…

Es scheint immer mehr Hunde zu geben (oder sie fallen mir mehr auf), ob frei herumstromernd in einer Gasse…

… oder vom Frauchen aufgebrezelt an der Leine.

Über diese scheußlichen Palmen muss ich immer schmunzeln, aber jetzt im Winter ganz besonders.

Nachmittags keine Schwimmer, sondern ein Angler…

Ganz dünnes Eis…

Der Mini-Park am Wanghai-Turm ist geschlossen, das heißt ich könnte nicht am Ufer weitergehen, sondern müsste die an dieser Stelle eher uninteressante Straße benutzen. Da drehe ich lieber um, ich kann ja auch noch über die Brücke auf die westliche Seeseite gehen und dort herumstromern.

Ich mag die Spiegelungen im See…

… und das Gewusel hier. Heute ist viel los, denn es ist der letzte Tag der Neujahrsferien (also der letzte offizielle freie Arbeitstag, unsere Jungs haben seit Montag schon wieder Online-Schule).

Okay, das Eis ist nicht weggetaut, die Enten haben es aufgefressen… ;)

Pekinger Gegensätze: modernes und traditionelles Peking auf einen Blick, in einem Bild: vorne der Feuergott-Tempel, hinten der Citic Tower (Zhongguo Zun).

Ich gehe noch ein Stück weiter…

… aber allmählich steht die Sonne schon tief und nun wird es doch merklich kälter. Also drehe ich um und kann diesen Blick genießen: vorne in rot der Trommelturm, weiter hinten von den Bäumen fast verdeckt der Glockenturm.

Jeder mag Tanghulu (kandierte, aufgespießte Früchte).

Raucherpause.

Nach drei Stunden ist mir dann aber doch echt kalt, Zeit für den Rückweg.

Ich schwinge mich auf den Scooter und nehme einen anderen Weg zurück nach Hause. Trommelturm habe ich ja heute schon gesehen, ich werfe nun also noch einen Blick auf den Kohlehügel – wenn auch nur von der Bike Lane aus.

Ein Stück weiter muss ich an einer Ampel warten. Aber es gibt ja immer was zu gucken.

Der lange Spaziergang hat mir wirklich gut getan, man kann so schön Gedanken dabei sortieren, Licht und Sonne heben die Laune. Und so schrecklich kalt war es glücklicherweise auch nicht. Abgesehen davon gibt es hier ja auch immer mehr als genug zu Gucken. Auch wenn ich inzwischen schon immer wieder mal denke, dass ich gerne etwas Neues entdecken würde, hat es auch seinen Reiz, solche Lieblingsorte (wie es der Shichahai für mich ist) immer wieder aufzusuchen.

Beijing on Ice (1): Kunming-See im Sommerpalast

Wie neulich angekündigt, habe ich angefangen, die Eisflächen der Stadt zu erkunden. Und ich hab’s nicht nur hier erwähnt, sondern so vielen Leuten erzählt, dass ich wirklich nicht mehr kneifen konnte. Also habe ich mir gestern morgen tapfer mein „Mimimi, es ist so kalt“ verkniffen, mich warm eingepackt und mich auf dem Weg zum Sommerpalast gemacht.

Allerdings habe ich mich beim Bestellen des Taxis vertan und bin deshalb am falschen Eingang (Nanruyi-Gate) gelandet. Der Spaziergang am See entlang und der Blick waren aber so schön, dass ich das dann doch als Glücksfall empfunden hab – und mich auch bald (oder im Frühling…) wieder dort absetzen lassen werde, um dann am anderen Seeufer oder über die Brücken und Inseln in Richtung Palast zu gehen. Diesen Teil habe ich tatsächlich bisher noch nicht besucht.

Das Eis hier knackt und quietscht, ganz merkwürdige Geräusche. Alle paar Meter steht ein Schild: „Eis nicht betreten“, dafür müsste man aber am Ufer eh erstmal durchs Wasser waten.

An der 17-Bogen-Brücke war ich im Dezember zur Wintersonnenwende. Inzwischen sind die Absperrungen am Ufer wieder weg, auch die Brücke ist wieder freigegeben.

Schlittschuhlaufen verboten

Schließlich komme ich am Ticketschalter an (Nähe East Gate; es gibt noch zwei weitere Zugänge im Norden und Westen, wobei vom See aus der im Westen heute geschlossen aussah). Die Verkäuferin sieht meinen Schlittschuhbeutel, redet auf mich ein, schüttelt den Kopf. Ich stammel was von „xiang mai piao, yao qu huabing“  (möchte Ticket kaufen, will Eislaufen). Schließlich sagt sie doch: 50 Kuai. Ich will den Code scannen, wie das der Mann vor mir gemacht hat (und auch Probleme hatte) – geht nicht. Ich zeige meine Bezahl-QR-Code – auch falsch.

Ich geh erstmal zur Seite, krame Bargeld raus. Ein Teqin (uniformierter Sicherheitsbeamter) kommt hinzu, redet erst mit der Ticketverkäuferin und fragt dann wirklich jeden, der vorbeikommt, ob er Englisch spricht. Eine junge Frau hilft bereitwillig, und so klärt es sich auf: aus Sicherheitsgründen ist Schlittschuhlaufen verboten, in den 50 RMB Eintritt ist aber Schlitten oder Rad enthalten. Der Teqin ist noch skeptisch, aber als ich verspreche, ganz sicher die Schlittschuh nicht zu benutzen, schleust er mich an der inzwischen deutlich längeren Schlange vorbei, ich bezahle mit Bargeld und habe endlich mein Ticket.

Über einen Holzsteg geht es aufs Eis.

Ich schlittere hinüber zu dem Bereich, wo die Schlitten und Eis-Räder ausgegeben werden. Die allermeisten Leute nutzen die Schlitten, mit meinem Gepäck (zum Glück lässt sich der Schlittschuhbeutel gut umhängen) scheint mir das Rad aber die bessere Wahl zu sein. Es ist oll und angeranzt, erfüllt aber seinen Zweck und ich habe einen Riesenspass damit. Dass ich eigentlich Schlittschuhlaufen wollte, hab ich längst vergessen, so schön ist es auch so. Eislaufen in Peking, das wird schon noch woanders klappen.

 

Eisvergnügen vor Traumkulisse

Je weiter ich mich vom Ufer entferne, desto mehr verteilen sich die Leute. Erst später am Nachmittag wird es richtig voll.

Natürlich wird viel fotografiert, ich tu’s ja auch.

Ich hab soviel Spaß, dazu die wunderschöne Kulisse, die Zeit vergeht im Flug. Ich fahre außen ganz herum, dann wieder kreuz und quer. Immer wieder genieße ich die Aussicht auf den Langlebigkeitshügel mit dem Turm des buddhistischen Weihrauchs – von dichter dran…

… oder etwas weiter weg.

Eine meiner Schwestern hat sich ein Bild vom „Marmorboot on Ice“ gewünscht – bitte schön:

Hundeschlitten?!?

In abgezäunten Bereichen kann man gegen Aufpreis für begrenzte Zeit „Bumper“ oder „Hundeschlitten“ mieten. Das amüsiert mich und ist gleichzeitig so wunderbar typisch Chinesisch. (Wer’s nicht erkennen kann: natürlich sind das nur Stofftiere, keine echten Hunde!)

Zu lange stehen bleiben und gucken geht nicht, dann wird es doch zu kalt, also trete ich wieder in die Pedale (und das Rad dreht erstmal ordentlich durch) und drehe weitere Runden über den See.

Ich überlege, ob ich vielleicht den Sonnenuntergang noch mitnehme, aber da mir doch auch schon kalt ist und ich derzeit keine Erkältung riskieren will, entscheide ich mich dagegen. Und: ich werde nächste Woche sowieso mit der Fotogruppe wieder hier sein. Sollte mir dann auch zu kalt sein, starte ich mal später am Nachmittag. Wirklich schade, dass der Weg doch recht weit ist.

Ich gebe also das Eis-Rad wieder ab. Inzwischen sind nur noch wenige Schlitten dort und fast alle Räder ausgeliehen. So richtig trennen kann ich mich aber noch nicht, also gehe ich nicht zum nächstgelegenen Ausgang (den Haupteingang am East Gate), sondern zu dem Ausgang in der Nähe der 17-Bogen-Brücke.

Die Schlange am Tickethäuschen ist inzwischen echt lang geworden.

Ich dreh mich noch ein letztes Mal um, und dann geht es wirklich nach Hause.

Foto-Galerie

 

Schnipsel Nr. 18

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Schnipsel”. 

Abends am Tian’anmen

Der erste Fotowalk mit der Fotogruppe in diesem Jahr hat uns an den Tian’anmen geführt. Da Anfangs- und Endpunkt unterschiedlich sein würden, habe ich den Scooter stehen lassen und bin mit der Metro gefahren. Vorteil der Metro: auch im Berufsverkehr kommt man schnell und verlässlich von A nach B. Nachteil: es kann halt ziemlich voll sein. Das mag ich nicht so wahnsinnig gern (das ist ein klein wenig schönfärberisch ausgedrückt), aber es war halt doch die objektiv beste Lösung.

Umsteigen in Guomao

Eigentlich war das gar nicht so wild wie befürchtet. Und wärmer als auf dem Scooter war es auch. Am Tian’anmen war überraschend wenig los. Okay, es ist kalt, es ist mitten in der Woche, keine ausländischen und kaum einheimische Touristen unterwegs – ungewohnt ist es trotzdem.

Wir sind dann noch weiter zum NCPA spaziert, das nicht wie früher in wechselnden Farben beleuchtet wurde. Und um 21 Uhr gingen alle Lichter aus. Wir sind dann noch weiter zur Qianmen gegangen, wo wir eigentlich noch einkehren wollten – aber es war schon alles zu oder im Schließen begriffen.

Straßenbegleitgrün!

Hier wird viel Wert auf Grün in der Stadt gelegt. So manche Verkehrsinsel mutet wie ein kleiner Park an. Tag für Tag sind auch Heerscharen von Arbeiter:innen im Einsatz, um das Grün auf Verkehrsinseln, am Rande der Straßen und auf den Mittelstreifen zu hegen und zu pflegen. Mancherorts wird auch auf künstliches Grünzeug zurückgegriffen – so sind „Kirschblüten“ zum anstehenden Frühlingsfest dann auch bei Minusgraden kein Problem.

Hier in der Lucky Street ist das aber tatsächlich mal weniger gelungen.

Diese Zierkohlköpfe werden relativ oft eingesetzt, ob künstlich oder echt. An deren Anblick habe ich mich gewöhnt. Aber zusammen mit dem künstlichen Getreide ist es dann halt doch mal schön scheußlich. :)

Nix los am Liangmahe

Gestern wollte ich Spazieren gehen und auf dem Rückweg einkaufen. Mir war dann aber so kalt, dass ich es nicht weiter als bis zum Liangmahe geschafft habe. Mit meiner Abneigung gegen die Kälte scheine ich nicht allein zu sein, deshalb war ich auch relativ allein am Kanal.

Chinesische Schilderlyrik

Ein weiteres Fundstück für meine Schildersammlung. Und dann eine „Photo Area“, wo es eigentlich nix Dolles zu knipsen gibt. Der Blick auf den Liangmahe ist von weiter vorne oder hinten deutlich netter, und so spektakulär wirkt der Citic Tower (aka Zhongguo Zun) im Hintergrund hier auch nicht.

Photo Area…

Ein paar Schritte weiter finde ich den Blick Richtung Dongzhimen mit der Spiegelung der Guoson Twin Towers viel netter.

Der Grundstein für die Türme wurde sicher schon während der Qing-Dynastie gelegt … ;)  Ende Dezember sah es so aus, als ob sich was tut. Schaun wir mal.

Peking auf dem Eis

Vor ein paar Tagen habe ich irgendwo in den Tiefen des Internets eine Liste von Eisflächen gesehen, die immer Mitte Januar freigegeben werden. Bei vielen davon kann man zwar Schlittschuhe, Eisräder (wie Dreiräder mit Kufen) und ähnliches ausleihen, aber die Passform der Schlittschuhe ist zumeist suboptimal. Eigentlich bin ich bekennende Winterhasserin, uneigentlich fand ich schon immer Schlittschuhlaufen recht spaßig. Und dann die Vorstellung vor der Kulisse des Sommerpalastes ein paar Runden auf dem Kunming-See zu drehen – ja, was für eine geniale Vorstellung.

Schlittschuhe ausverkauft?!

Also, Schlittschuhe müssen her – in meiner Größe aber in allen Filialen der günstigen internationalen Sportartikelkette ausverkauft laut deren Webseite. Schlittschuhe will ich unbedingt anprobieren und nicht online bestellen. Wie der Zufall es will: ich erzähle das einer Freundin, die ihre Schlittschuhe nicht mehr nutzt und verkaufen will – sie passen und gehören nun mir.

Ein bisschen Enttäuschung kam auf, als es hieß, die Eisfläche am Sommerpalast werden wegen Olympia/Covid dies Jahr nicht geöffnet, aber eben hat das englischsprachige Stadtmagazin Öffnungszeiten und Eintrittspreise veröffentlicht – nun steht meinem Projekt, alle freigegebenen Eislaufflächen zu testen nichts mehr im Weg. Morgen bin ich verplant, aber gleich am Freitag lege ich am Shichahai los.

Eisflächen in der Stadt

Es soll sieben städtische (= freigegebene ) Eisflächen geben:

  • Shichahai
  • Beihai
  • Sommerpalast
  • Alter Sommerpalast (hier ist anlässlich der Olympischen Spiele ein „Ice and Snow Festival“)
  • Taoranting-Park
  • Chaoyang-Park
  • Yuyuantan-Park

Dazu kommen noch inoffizielle Flächen wie z.B. der Kanal zwischen Lama-Tempel und Ditan-Park. Und mal sehen, was ich noch entdecke.

Kann natürlich passieren, dass kurzfristig immer noch was geschlossen wird, vielleicht entdecke ich auch noch mehr – ich werde berichten.

 

 

Vorerst letztes Mal Olympiagelände

Die Olympischen Spiele rücken näher. Für die Eis-Wettkämpfe und die Eröffnungs- und Schlussfeier werden die vorhandenen Gebäude der Sommerspiele von 2008 im Olympic Sports Park renoviert und umgebaut. Im Vogelnest finden keine Wettkämpfe (aber die Eröffnungs- und Schlusszeremonie) statt, der Watercube ist nun ein Eiswürfel, in dem die Curling-Wettbewerbe stattfinden werden. Im National Indoor Stadium wird Eishockey gespielt werden.

Ab jetzt: Zutritt nur noch für Akkreditierte

Vorgestern machte dann die Nachricht die Runde, dass der zentrale Bereich des Olympic Sports Park in Vorbereitung auf die Winterspiele abgesperrt werden wird – bis zum 20. März 2022. Hier der gesperrte Bereich:

www.mapz.com · Download site for road maps und city maps · Downloadportal für Stadtpläne und Landkarten

Gestern war also für ein paar Monate die letzte Gelegenheit, hier aus der Nähe zu fotografieren. Da ich die Ecke sehr mag, war es keine Frage, dass ich das noch mal ausnutzen musste. In der Fotogruppe getrommelt, zwei haben sich angeschlossen, lose vor dem Vogelnest verabredet (mit WeChat und Echtzeit-Standort kann man hier immer zusammenfinden).

Ein paar Pflichten mussten trotzdem erst erledigt werden, ich bin erst so spät losgekommen, dass leider keine Tageslichtaufnahmen mehr drin waren. Bei dem schönen Licht wäre ich gerne schon vor Ort gewesen.

Ganz in Gedanken bin ich mal wieder an der Metrostation Olympic Sports Center vorbeigetuckert – wenn ich aus dieser Richtung komme, wäre das die beste Gelegenheit den Scooter abzustellen: nur noch durch den Metrotunnel und zack, steht man südlich vom Vogelnest. Tja, so musste ich Richtung Osteingang fahren.

Mit der Health App den QR-Code scannen, durch den Sicherheitscheck und dann dieser Anblick.

Jetzt schon Absperrungen

Das Tickethäuschen fürs Vogelnest ist schon geschlossen, schade, das wäre es noch mal gewesen. Ringsherum ist mit Gittern abgesperrt, und ich musste erst ein ganzes Stück nach Norden laufen, bevor ich dann auf die Hauptachse und in Richtung Vogelnest zurückgehen konnte. Da bin ich dann auch auf die beiden anderen gestoßen (Danke, WeChat ;) ). Die Dämmerung schritt rasch voran, nur die Lichter gingen nicht an.

Oh.

Viel los war nicht, Touristengruppen derzeit ja eh nicht, nur einige wenige Spaziergänger, Skater und Arbeiter. Und wir drei Langnasen mit Kamera. Ob die Beleuchtung womöglich eingespart wird?

Dann tat sich endlich was. Erst ging oben das Licht an.

Und dann auch unten. Glück gehabt.

Wir wurden übrigens die ganze Zeit beschallt. Die üblichen Durchsagen, die mit „thank you for your cooperation“ enden, und immer wieder die gleichen drei Songs.

Merkt man, wie sehr ich die Ecke mag? Trotz (und sicher auch ein bisschen wegen) der Gigantomanie (es ist alles so unglaublich RIESIG) strahlt das Gelände etwas Fröhlich-Faszinierendes aus (und ja, selbst in diesen Tagen).

Es wird dunkler und immer kälter.

Der Countdown läuft.

Und weil es so schön ist, nochmal:

Das reicht dann auch, wir packen zusammen, die beiden anderen gehen zur Metro, ich zurück zum Osteingang.

Ich packe meine Spiegelreflex (wen’s interessiert: Canon EOS 80D) weg, schieße jetzt mit der kleinen Sony (RX100) aus der Hand.

Noch ein Blick auf die Fackel – nun ist es ja nicht mehr so lang, bis das olympische Feuer hier wieder brennt – und dann tuckere ich gemütlich nach Hause.

Mal schauen, ob ich mich wirklich erst ab Ende März wieder hier herumtreiben kann – oder vielleicht wird der Traum von der Eröffnungsfeier ja doch noch wahr…

November im Art District 798

Eigentlich war gestern ein ziemlich hässlicher, grauer Tag, typisch November eben. Mir steckte noch der WeChat-Ärger in den Knochen (WeChatPay hat über Nacht bei mir und vielen anderen nicht mehr funktioniert und ohne ist man hier aufgeschmissen – einen Tag weiter ging dann wieder alles); dazu Sorgen um Familie und Freunde in Hamburg und mal wieder verschärfte Schuldgefühle, nicht dort sein zu können. Ein Tag um sich zuhause einzubuddeln…

Aber ich war mit der Fotogruppe im Art District 798 verabredet, also half es nicht, ich musste los. Und das war dann auch gut so, denn der kleine Ausflug hat richtig viel Spaß gemacht.

Die alten Industriegebäude und die düstere Stimmung passten tatsächlich richtig gut zusammen, dort haben wir uns länger aufgehalten. Paradox, dass düstere Stimmung gute Laune machen kann…

Es wird immer und überall gebaut…

Auch das ist ganz typisch Beijing: Straßenkehrerin und Bao’an.

Zu entdecken gibt es hier auch an solch grauen Tagen viel.

Auch wenn sich viel ändert – diese Statuen sind immer noch da.

Relativ neu sind aber die Iglus.

Auch eine Form von Streetart.

Mehr als Galerien und Restaurants…

Peking „wie früher“ – mitten im Art District.

Nicht nur an sonnigen Tagen mit blauem Himmel als Fotolocation gefragt.

Die Industriegebäude hatten gestern wirklich einen ganz besonderen Reiz.

Dann ist da noch die Sache mit der Sicherheit… Man muss auch nicht von der Leiter runtersteigen, um sie ein Stück weiter zu bewegen.

Nicht nur wir waren auf Motivsuche.

Nicht so voll wie an schönen Tagen, aber trotzdem noch was los.

Die Gans vom Organic Café ist noch nicht im Topf gelandet. Sie hat auch ihre eigene Hundehütte…

Pinocchio mit drei Augen?

Bäume kann man auch bemalen.

Die Figuren sind „alt“, der Hintergrund ist neu bemalt.

Am Ende habe ich mich wie beim letzten Mal gefragt, warum ich nicht viel häufiger dort unterwegs bin, es gibt jedes Mal etwas anderes oder neues zu sehen.

Art District 798

Am nordöstlichen Rand des inneren Pekings, 15 Kilometer vom Tianan’men entfernt, liegt der 798 Art District (auch 798 Art Zone oder Kunstbezirk Dashanzi, 798艺术区, 798 yìshù qū).

Geschichte und Architektur

In den 1950er Jahren hat China hier mit der Unterstützung der Sowjetunion und der DDR Fabriken fürs Militär gebaut. Die Bauhaus-inspirierten Gebäude mit den Sägezahn-Dächern waren etwas ganz Neues in China (typisch sowjetische Brachialbauten gab es schon). Das Material für die Fabriken wurde zum Teil mit der TransSib nach China gebracht, die DDR entsandte 100 Fachleute.

Die Gebäude wurden so konzipiert und ausgerichtet, dass sie die größtmögliche Lichtausbeute hatten – deshalb die Sägezahn-Dächer. Die Fenster sind nach Norden ausgerichtet, um Schatten zu vermeiden.

In den 1990er Jahren kam die Produktion der staatlichen Firmen im „Joint District 718“ (später in Unterdistrikte und eben auch 798 unterteilt) zum erliegen. Ende der Neunziger zogen die ersten Künstler: Maler, Bildhauer, Designer in die lichtdurchfluteten Hallen und wandelten die Fabriken in Werkstätten um. Galerien wurden eröffnet, zum Beispiel 798 Space und UCCA, mehr und mehr Bars, Cafés und Restaurants eröffneten im Viertel. Je angesagter 798 wurde, desto höher wurden die Mieten, einige Künstler zogen weiter, z.B. nach Caochangdi. Heute kann man das Viertel als Bobo beschreiben (bourgois-bohémian). Es heißt inzwischen auch: hier ist mehr Show als Kunst. Und doch gibt es hier eine einzigartige, bunte und lebendige Atmosphäre.

798 ist nach der Verbotenen Stadt und der Mauer das am dritthäufigsten besuchte touristische Ziel in Peking.

Am Vormittag durch den 798 Art District

Ich war schon eine ganze Zeit lang nicht mehr dort und bin gestern bei tollem Wetter und guter Luft spontan mit einer Freundin durch den Art District geschlendert.

Buggies im Gänsemarsch – da wäre ein einfarbiger Hintergrund praktischer gewesen, aber hier gibt es das, was es sonst in Peking so gut wie gar nicht gibt: Graffiti.

Nicht nur Tags, sondern ganze Wandgemälde gibt es hier.

Und dann gibt es auch „Gekritzel“.

Sogar die Toiletten sehen cool von außen aus (und innen sind sie sauber).

Grün gibt es auch.

Hier am Pace (Faurschou Foundation) kann man die Bauweise mit den Sägezahn-Giebeln und den nach Norden ausgerichteten Fenstern gut erkennen.

Und auch hier im hippen Art District werden ganz traditionell die Vogelkäfige tagsüber nach draußen gehängt.

Dies ist ein Blumenladen mit angeschlossenem Café – das leider erst nachmittags öffnet.

Ja, Cafés gibt es viele. Hier eines mit Hund.

Kein Pilot, sondern Parkplatz-Anweiser.

Auch hier wird Fuß-Federball gespielt.

Oder mit den Großeltern spazieren gegangen.

Grün gibt es auch einiges.

Und ein Café mit Gans.

Es ist gerade noch warm genug für die Dachterrasse eines Cafés – Aus- und Ansichten inbegriffen.

Wie gesagt: auch Graffiti.

Schön war es wieder. Am Ende habe ich mich gefragt, warum ich nicht viel öfter hier unterwegs bin, ich hab’s gar nicht so weit.

Fotos

Hier sind noch ein paar mehr, ältere Bilder zu sehen: Ein Frühlingsspaziergang durch den Art District 798. Und hier sind Bilder von einem November-Spaziergang im Art District.

 

 

 

Es werde Licht!

Seit März war ein Teil des Yuyuantan-Parks im Westen der Stadt für das „Beijing International Light Festival“ abgesperrt. Am vorletzten Veranstaltungstag am vergangenen Wochenende habe ich es zusammen mit Freundinnen doch noch dahin geschafft. Es ist halt ein bisschen mühsam, dass man derzeit nicht weiß, ob man eine Veranstaltung/Sehenswürdigkeit spontan besuchen kann oder doch vorab ein Ticket kaufen muss. Für den Ticketkauf haben viele Events/Locations dann auch noch jeweils ihre eigene App – natürlich nur auf chinesisch, was das ganze noch schwieriger gestaltet. Aber ohne Tourismus aus dem Ausland lohnt sich eine mehrsprachige Version wohl eher nicht. Nach diesem Abend denke ich aber, dass ich mich davon künftig weniger abschrecken lassen sollte.

Wir hatten Glück, und der Regen, von dem es dieses Jahr viel zu viel und viel zu lang welchen gab, hat kurz vor dem Einlass um 18 Uhr endlich aufgehört.

Zunächst traten aber erst mal die Bao’ans an, das war aber vergleichsweise lässig. Kurz in Reihe aufgestellt…

… und nach dreißig Sekunden wuselten auch schon wieder alle durcheinander, und die Türen wurden fürs Publikum geöffnet. Durch einen bunt beleuchteten, verspiegelten Tunnel ging es aufs Gelände. Im ersten Abschnitt gab es Gelegenheit für Schattenspiele.

Aber auch ohne Schatten, nur mit der wechselnden Beleuchtung, sah es ganz nett aus.

Zur Atmosphäre trug auch die Musik bei, eine Art fahrstuhltauglicher Jean-Michel Jarre mit chinesischen Anklängen. Das ist jetzt gar nicht spöttisch oder abwertend gemeint, sondern der Versuch einer Beschreibung – es passte wirklich gut zusammen.

Ich habe vor einer beleuchteten Wand ein bisschen mit Langzeitbelichtungen experimentiert.

Blümchen und Fernsehturm (rot im Hintergrund), mit und ohne künstlichem Nebel.

Die Farben des Lichtes wechseln.

Der Turm in der Mitte war schon recht cool.

Wieder ein Stückchen weiter standen diese Quallen. An manchen hingen Lichterketten herunter, bei anderen „regnete“ es.

Um sich so oder ähnlich ablichten zu lassen, stellt man sich in lange Schlangen…

Um 18 Uhr zum Einlass war es noch relativ ruhig mit nur wenigen Besuchern, aber im Laufe des Abends wurdes es voll. Richtig voll.

Diese Kugeln haben es mir auch sehr angetan.

Am Ende verging die Zeit wie im Flug, und wir gehörten zu den letzten, die gingen. Zack, ging das Licht immer unmittelbar hinter uns aus. Wenn es auch nächstes Jahr wieder ein Lichterfestival gibt, warte ich nicht erst bis zum Schluss.

Zum Mondfest in den Botanischen Garten

Am Dienstag war nicht nur das chinesische Mondfest, sondern auch traumschönes Wetter. Da nicht nur dieser Sommer ungewöhnlich verregnet war, sondern sich das überwiegend miese Wetter auch noch im September fortsetzt, musste das unbedingt ausgenutzt werden. Ich habe nicht lange überlegt, und mich für den Botanischen Garten entschieden. Mit dem Scooter käme ich hin, aber nicht mehr zurück, also entscheide ich mich für die schnellste Lösung: Metro. Von „unserer“ Station Liangmaqiao nehme ich die Linie 10 „outer loop“. Die Bahn ist ziemlich leer. Ach ja, Feiertag.

 

Die Vorort-Bahn

Leere Bahn? Tja, das ändert sich, als ich in Bagou in die Xijiao Linie (Xijiao – 西郊 – Westliche Vororte) umsteige. Die Linie gibt es erst seit knapp vier Jahren und fährt von Bagou aus am Sommerpalast und Botanischen Garten vorbei zu den Duftbergen. Also kein Wunder, dass es nun brechend voll wird. Es sind Familien und Paare, die unterwegs sind, anders als bei meinen bisherigen Ausflügen zum Botanischen Garten keine Gruppen. Klar, ist ja ein Familienfest.

Am Sommerpalast steigen nur einige wenige aus, mit mir zusammen ein paar mehr am Botanischen Garten. Immer noch gut gefüllt fährt die Stadtbahn weiter zu den Duftbergen. Die Stadtbahnhaltestelle ist in der Mitte der Straße genau gegenüber vom Haupteingang des Botanischen Gartens – mit Schranken und Zebrastreifen und Uniformierten wird für sicheren, geordneten Überweg gesorgt (ich habe eine vage Vorstellung, wie das ohne aussehen könnte…).

Eintauchen in den Botanischen Garten

Vorm Tickethäuschen und im gesamten Eingangsbereich steppt der Bär. Ich löse nur das normale Parkticket für 5 RMB, bei dem Traumwetter zieht es mich weder ins Gewächshaus noch in den Wofo-Tempel (und selbst wenn spontan doch, könnte ich dort jeweils direkt am Eingang nachlösen). Schon nach wenigen Schritten verteilt sich das Gewusel. Ich schlage dieses Mal eine andere Richtung ein als bei meinen bisherigen Besuchen und gehe zunächst in Richtung Rosengarten. Hier ist nicht viel los, die meisten Rosen sind bereits verblüht. Ich genieße es trotzdem, sauge die Sonne auf. Mir graut jetzt schon vor dem langen, kalten Winter, da will ich jetzt noch soviel Wärme und Sonne tanken, wie es nur geht. Und grün sehen, bevor alles grau-braun und kahl wird!

Ich gehe am Gewächshaus vorbei weiter in Richtung „Cherry Valley“.

Nicht nur die Botanik, auch die Schatten faszinieren mich.

Man könnte es sich bequem machen und zum Wofo-Tempel mit dem Elektrobus hochfahren. Oder eine Runde mit der Bimmelbahn drehen. Aber auch wenn man das nicht tut, kann man dem Getute, Gebimmel und Gedudel nicht entkommen. Dabei fällt mir ein, wie überwältigend ich den allgegenwärtigen Lärm vor einigen Jahren noch empfunden habe – und jetzt habe ich mich daran gewöhnt und höre darüber hinweg. (Nein, ich werde nicht schwerhörig!)

Bambusgarten und Bach

Den Wofo-Tempel lasse ich links (bzw. rechts) liegen und drehe erst einmal eine Runde durch den Bambusgarten. Irgendwann höre ich auf zu zählen, wie viele verschieden Sorten Bambus hier wachsen – es sind viele.

Schließlich setze ich meinen Weg oberhalb des Bambusgartens fort, finde einen schmalen Weg etwas oberhalb der „Hauptstraße“, den ich noch nicht gegangen bin.

Schließlich komme ich an den Bach, der von oben den Hügel hinab ins Tal plätschert. Nach dem vielen Regen ist der voller als ich ihn bisher gesehen habe.

Noch ein Stück weiter oben sind einige Wege abgesperrt, dort scheint gebaut zu werden. Schließlich komme ich an diesen Überweg und kann zuschauen, wie jeder zweite sich nasse Füße holt und ein Teenager auch eine nasse Hose.

Ich habe zwar Trekkingsandalen an, mit denen ich da sicher und problemlos durchwaten könnte, aber ich gehe lieber den gleichen Holzbohlenweg zurück, der ist einfach hübscher als der gepflasterte Weg auf der anderen Seite.

Es gibt in China übrigens ziemlich große Spinnen…

Ich lasse mich weiter kreuz und quer durch den Botanischen Garten treiben, genieße die Aussicht.

Schmetterlinge

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken.
(Carlo Karges)

Inzwischen bin ich wieder weiter unten angekommen. In der Nähe des Gewächshause verläuft ein Weg, wo immer Pflanzen der Saison blühen. Und richtig gedacht, hier bekomme ich einige Schmetterlinge vor die Linse.

Am See

Ich finde die Kombination von blauen Himmel mit Schäfchenwolken, Wasser und Grün unwiderstehlich! Ich bin einem chinesischen Paar gefolgt, bin mir nicht bewusst, eine Absperrung überwunden zu haben, aber es hätte wohl eine da sein sollen. Immerhin, ich komme tatsächlich mal direkt ans Südufer. Umkehren will ich nicht, also muss ich doch ein bisschen klettern.

Schließlich lande ich doch wieder auf dem breiten Weg. Inzwischen hat es sich spürbar geleert und auch ich mache mich so langsam auf in Richtung Ausgang.

Was dieser Mann hier wohl macht?

Zum Abschluss werfe ich noch einen Blick auf die Blumenskulptur. Die sind hier in China wirklich angesagt, nicht nur hier im Botanischen Garten. Zu besonderen Anlässen sieht man sie aber wirklich überall.

Nun mache ich mich auf den langen Heimweg. Die Uhr behauptet, ich wäre fast 15 km gelaufen (und ich habe wieder nicht alles angesehen). Als ich zuhause ankomme, ist es stockfinster. Macht nichts, denn ich spüre noch immer die warme Sonne auf der Haut und habe viele bunte, sonnige Bilder im Kopf (und der Speicherkarte).

Fotos. Viele Fotos.