Pflaumenregen

Die Regenzeit hat begonnen. Die poetische Bezeichnung „Pflaumenregen“ (梅雨méiyu) hängt mit der Reifezeit der Pflaumen zusammen. Genauso ausgesprochen wird 霉雨, was Schimmelregen bedeutet – und mindestens genauso treffend für diese Phase ist (wobei ich mich in unserer Wohnung nicht darüber beklagen kann).

Die Luftfeuchtigkeit liegt jenseits von gut und böse, es sieht ständig nach Regen aus, der manchmal runterkommt und manchmal nicht. Ich bin nicht aus Zucker und für meine Kamera hab ich sicherheitshalber eine Neoprentasche im Rucksack, also lass ich mich vom Wetter nicht ausbremsen. Nur vor Gewitter und Starkregen habe ich großen Respekt, aber beides wird recht zuverlässig vorhergesagt. Immerhin ist der Regen warm, Tageshöchsttemperatur liegt derzeit meist über 30 Grad.

Als Sonnen- oder Regenschutz: Schirm geht gerade immer. Von diesem Standpunkt noch ca. 30 Minuten Wartezeit.

Ein Schritt vor, einer zurück…

Was mich ausgebremst hat, ist der Rückschlag in Sachen Pandemie. Vor zehn Tagen sah es so aus, als ginge es aufwärts, aber es kam anders. Nun weiß ganz Peking, dass es in Sanlitun die Heaven Supermarkt Bar gibt – kein Supermarkt, sondern eine sehr günstige, stark frequentierte Selbstbedienungsbar. Oder vielmehr gab, die Lizenz ist nun weg, Tausende sind von dem Ausbruch dort direkt betroffen, weil sie als Kontaktpersonen in Quarantäne mussten (und ihre Compounds gleich mit), über 300 Infektionen lassen sich darauf zurückführen. Und die 5 Millionen Einwohner Chaoyangs, darunter wir vier, mussten (und müssen) sich wieder täglichen Tests unterziehen.

Erst wurde die Öffnung der Schulen für weitere Jahrgänge zurückgenommen, dann hieß es auch für die Abschlussjahrgänge: zurück in den Distanzunterricht. Es ist ja nicht so, dass in der letzten Schulwoche (nächsten Freitag beginnen die Sommerferien) noch besonders viel gelernt würde, aber sich noch ein letztes Mal in dieser Zusammensetzung live, in echt und in Farbe zu sehen – das hätte ich den Kids sehr gegönnt.

Testen, testen, testen

Als es ab Ende April die ersten verpflichtenden Massentests gab, war das wirklich gut organisiert, selbst bei größtem Andrang hatten wir nie mehr als 20 Minuten Wartezeit. Die Lage entspannte sich, die Teststation wurde abgebaut. Tests waren erst „nur noch“ jeden zweiten Tag nötig, später jeden dritten. Aber dann kam der neue Ausbruch mit neuen Testpflichten, aber ohne „unsere“ alte Teststation.

Ich selbst kann mir meine Zeit ja frei einteilen, die Jungs sind aber von ihrem Stundenplan abhängig und wünschen manchmal Begleitung. Und dann komme auch ich in den Genuss von langen Wartezeiten. Negativrekord waren eineinhalb Stunden. Da ist dann auch die Stimmung merklich gekippt, vor allem mit der Aussicht darauf, dass man sich den „Spaß“ täglich wieder gönnen muss. Daraufhin wurde die Station am Tag darauf sicherheitshalber gar nicht geöffnet, und wir mussten zu einer anderen ausweichen.

Symbolbild: Warst du heute schon beim Test? – Das Klo steht kurz vor der Überquerung des 4. Ringes an der Shuguang West Road, falls jemand probesitzen möchte ;)

Nun ist diese Station wieder geöffnet. Unmittelbar vor und nach Ende der Mittagspause hat sich als günstiger Termin herausgestellt, dann sind es rund 20 Minuten Wartezeit. Die Mittagspause wurde zentral verordnet, damit es nicht auch noch eine Hitzschlags-Epidemie gibt (wobei es eigentlich oft erst gegen 15 Uhr und später am heißesten ist).

Wieder mehr Streetfood

Vor ein paar Jahren wurden die Streetfood-Tuktuks weitestgehend aus der Stadt verbannt. Wo zum Beispiel früher an der Ecke Liangmaqio Road/Dongfangdong Road die Streetfood-Wagen den Weg pflasterten, sind da nun nur noch unzählige Leihräder und Scooter geparkt. Aufgrund der Schließungen/Beschränkungen, die für Restaurants galten und gelten, erobert Streetfood jetzt die Stadt zurück, und das bleibt hoffentlich auch so, wenn Indoor-Dining wieder problemlos möglich ist.

Oder es gibt andere kreative Lösungen, wenn Häuser nicht von Lieferanten betreten werden dürfen, so wie hier, wo das Essen einfach am Seil aus dem Fenster heruntergelassen wird. Karte mit WeChat-QR-Code zum Bezahlen liegt dabei.

 

Mit dem Schrecken davongekommen…

Auf dem Rückweg von einem Abschiedsfrühstück habe ich neulich Pech gehabt. Ein großes Tuktuk, voll beladen mit Ramsch, hat mich auf der Bikelane erst überholt und ist dann einer entgegenkommenden Radfahrerin ausgewichen, hatte also innerhalb von Sekunden vergessen, dass er an mir vorbeigefahren ist. Wegen der parkenden Autos daneben konnte ich nicht weit genug ausweichen, es gab einen hässlichen Ruck samt hässlichem Geräusch, es klöterte und mein armer Scooter hat nun einen Spiegel (samt Handyhalterung) weniger. Auch das hat der gute Mann nicht mitbekommen (wollen?) und ist weitergefahren. Ich habe den Spiegel aufgelesen, bin nach Hause gefahren – und hab da erst mal einen Moment gezittert. Das war ein bisschen eng für meinen Geschmack. Aber dann hab ich durchgeatmet, ich hab ja nicht mal einen Kratzer abbekommen. Ich bin auch direkt wieder mit dem Scooter losgetuckert. Das Loch, wo die Spiegelhalterung herausgerissen wurde, habe ich fachgerecht chinesisch mit Klebeband verarztet.

Klimaanlagen-Stories, die 313. Folge

Vorgestern meldete sich morgens der Vermieter, ob später die Klimaanlage repariert werden könnte. Na klar, prima.

Vielleicht wäre das Provisorium (aus dem Fenster hängender Gummischlauch) auf Dauer die bessere Lösung gewesen? Die Wand zwischen Rumpelkammer und Küche hat nun ein weiteres Loch, durch das ein Plastikrohr verlegt wurde, dass sehr abenteuerlich mit den Abflussrohren von Spül- und Waschmaschine verbunden wurde. Ich soll gut aufpassen, wenn ich das erste Mal Wäsche wasche!

Ich habe mich noch nicht getraut, dies Abenteuer werde ich erst am Wochenende wagen…

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2 Kommentare
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1 Jahr zuvor

Wie schön, dass es dir trotz allem gut geht! Wir haben in der BM jetzt ein Klimagerät, von dem ein dickes Rohr die warme Abluft zum Fenster rausführt. Erinnert mich ein wenig an China. Liebe Grüße Ulrike

Timoleon
1 Jahr zuvor

Mit „Pflaumenregen“ assoziiere ich automatisch die Reifezeit für Pflaumen, die von den Bäumen fallen (quasi auf die Straßen regnen) und vielleicht sogar eine Gefahr für Spaziergänger, die darauf ausrutschen könnten, darstellen. Gut, daß es etwas anders (wenn auch nicht schöner) ist.

LG,
Timoleon.