Die Terrakotta-Armee
Letzte Aktualisierung am 12. Januar 2021
Terrakotta-Armee?
Wow! Ich bin nachhaltig beeindruckt, und das, obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass meine Xi’an-Reise auch damit zu tun hatte, „dass man da halt hin muss und zu einer richtigen China-Reise unbedingt auch die Terrakotta-Armee gehört“. Auch wenn mir meistens ziemlich egal ist, was „man“ tut – so ganz frei machen konnte ich mich davon bisher nicht. Der Gedanke, etwas zu verpassen, wenn man in China war ohne die Terrakotta-Armee gesehen zu haben, setzte sich fest. Natürlich war ich neugierig auf die Terrakotta-Armee, aber (Groß-)Städte sind bei mir schon länger nicht mehr erste Reise-Wahl, und ich habe diesmal lange überlegt, wo es hingehen soll. Trotzdem, wer weiß, ob sich die Gelegenheit wieder bietet – mit meiner Sightseeing-Muffel-Familie wäre das definitiv nichts. Also doch Xi’an und Terrakotta-Armee! Und jetzt bin ich froh, dass ich da war, denn – Spoiler – ja, man würde etwas verpassen!
Das erste Mal mit Reisegruppe
Ich reise auf eigene Faust und organisiere auch meine Ausflüge selber, aber für die Tour zur Terrakotta-Armee habe ich mich einer kleinen, international bunt gemischten Gruppe – insgesamt acht Leute plus Guide – angeschlossen. Zuerst geht es zum Steinzeitdorf Banpo (Bericht folgt), dann folgt eine Terrakotta-Fabrik – also genau so etwas, weswegen ich Gruppen vermeide. Immerhin gibt es ein überraschend gutes Mittagessen. Der Fabrikbesuch, den ich gern weggelassen hätte, ist tatsächlich doch interessant, da es einen kurzen Einblick in die Produktion der Souvenir-Terrakottafiguren von Mini- bis Maxigröße gibt. Das hilft mir später bei der Vorstellung, was für ein unmenschlich gigantischer Aufwand die Erschaffung der eigentlichen Terrakotta-Armee vor 2000 Jahren gewesen sein muss. Auch die Verkäuferinnen sind zum Glück nicht zu aufdringlich, es ist also ein insgesamt vertretbarer Zwischenstopp. Trotzdem sind wir alle froh, als es weitergeht, sind alle kribbelig vor Spannung auf die Terrakotta-Armee. Auch ich, trotz vorheriger Skepsis. :)
Das Mausoleum von Qin Shihuangdi
Auf der Fahrt zum Ziel informiert uns unsere Reiseführerin über die Geschichte der Terrakotta-Armee bzw. des Mausoleums von Qin Shihuangdi. Das kann ich hier jetzt nicht komplett wiedergeben, aber man kann es übersichtlich zusammengefasst im bambooblog von Ulrike nachlesen. Auf Wikipedia findet sich ein ausführlicherer Artikel, der für Interessierte zum Einstieg sicher reicht, wer noch tiefer einsteigen mag, findet am Ende des Wikipedia-Eintrags etliche nützliche Links und auch sonst hilft die Suchmaschine der Wahl sicher weiter. ;)
Also nur ganz knapp: Qin Shihuangdi war der erste chinesische Kaiser. Noch zu Lebzeiten hat er sich eine monumentale Grabanlage bauen lassen – die Terrakotta-Armee ist ein Teil davon. Es war bekannt, in welcher Region die Grabanlage liegt, gibt es doch einige Grabhügel in der Gegend. Aber erst 1974 wurde die Terrakotta-Armee entdeckt: Ein paar Bauern waren auf der Suche nach Wasser, und als sie versuchten, einen Brunnen zu graben, stießen sie auf ein paar Scherben – der Rest ist Geschichte.
Endlich da
Die Anlage liegt etwa eine Autostunde entfernt von Xi’ans Zentrum bei Lintong. Vom Parkplatz bis zum Ticketschalter ist es ein längerer Fußweg. Es sieht dort aus, wie eine Einkaufsmeile: Restaurants, Souvenirshops und dann auch größere Gebäude für Theater und Shows. Bei dem grauen Mistwetter wirkt das alles ein wenig deprimierend, trotzdem ist die Stimmung dank Vorfreude gut. Dann ein riesiger Platz, viele Schalter: der Ticketverkauf. Am Ende des Platzes endlich der eigentliche Eingang mit – natürlich – Sicherheitskontrolle. Jetzt geht es weiter durch eine ausgedehnte Parkanlage. In der Ferne sind zwischen den Regenwolken Berge zu erkennen – muss eigentlich eine hübsche Gegend sein. Lustigerweise steht mitten auf einer der Grünflächen eine alte Telefonzelle.
Der große Moment
Schließlich landen wir auf einem Platz, die Reiseführerin erklärt, dass das Gebäude vor uns das Museum ist, in den anderen verbergen sich die Gruben. Keiner hört mehr richtig zu, denn jetzt brennen wir alle darauf, endlich mit eigenen Augen die Terrakotta-Armee zu sehen. Es wird noch Treffpunkt und Zeitpunkt für die Rückfahrt vereinbart, und dann stürme ich los, direkt in das erste Gebäude. Und da ist er, der Wow-Moment. Die Halle ist riesig und vor mir erstrecken sich ordentlich aufgereiht unzählige Terrakotta-Krieger.
Zum Glück ist es vergleichsweise leer, so dass ich langsam die komplette Grube umrunden, immer wieder stehenbleiben und all die vielen Details bewundern kann. Ich denke weniger an den Kaiser, der soviel Angst vor dem Leben nach dem Tod gehabt haben muss, dass er meinte, diese riesige Armee zu brauchen, sondern viel mehr an die vermutlich rund 700.000 Arbeiter, die die Anlage und die Krieger geschaffen haben.
Nur schwer kann ich mich von dem Anblick lösen und mache mich auf zu den nächsten Hallen und zum Museum. Ebenfalls faszinierend, doch es zieht mich zurück in die erste Halle, die allein durch ihre Größe beeindruckt und durch die vielen Details. Trotzdem fällt mir auf, dass auf dem Gelände alles für den erwarteten Ansturm zur Golden Week vorbereitet wird. Auf der Treppe zum Museum werden Blumentöpfe arrangiert, vor sämtlichen Gebäuden werden Gitter für Warteschlangen aufgebaut.
Nochmal, nochmal, nochmal
Beim zweiten Rundgang durch die erste Halle fallen mir noch mehr Details ins Auge – zum Beispiel die Stelle, wo die Bauern 1974 versucht haben, den Brunnen zu graben -, und ich habe mehr Ruhe, die Schilder (zweisprachig) zu lesen, auf denen alles detailliert erklärt ist. Einen Guide braucht man da also nicht zwingend.
Mein Kopf platzt beinahe, so voll ist er mit neuen Eindrücken, als wir uns wiedertreffen und langsam zurück zum Parkplatz spazieren. Wir machen nur einen kurzen Stopp an der Straße, um einen Blick auf den Grabhügel zu werfen, wo Kaiser Qin Shihuangdi tatsächlich begraben ist. Eigentlich wollten auch hier Archäologen tätig werden, uneigentlich wurden Quecksilberströme gefunden, so dass man noch nach Möglichkeiten sucht, wie das ohne Gesundheitsgefahr möglich sein könnte.
Spätestens jetzt bin ich froh, mich für Xi’an entschieden zu haben. Es war ein toller Tag, ein schöner Ausflug mit unvergesslichen Eindrücken. Ich kann mir gut vorstellen, doch noch einmal dorthin zurückzukehren. Wer weiß, vielleicht möchten meine Männer ja doch mal mehr von China sehen?
Fotos
Toller Bericht! Und danke für die Verlinkung! So kann man selbst die Terrakotta-Armee in der Hochsaison ohne allzu viele Touris erleben, wenn man es geschickt anstellt (also Nachmittags kommt).
LG
Ulrike
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