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Schnipsel Nr. 27

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild (oder vielen) ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”. 

In diesem Fall hätte ich fast jeden Tag ausführlicher erzählen können – aber dafür fehlte die Zeit.

Mit der Patengruppe im Stadtplanungsmusum

Überblick über die Halle mit dem Pekinger Stadtmodell, an einer Empore ein LED-Bildschirm mit dem Text "Welcome to Beijing Planning Exhibition Hall" auf Englisch und Chinesisch

Das Stadtmodell

In all den Jahren habe ich bisher nur das Stadtmodell in Shanghai gesehen, aber ins Pekinger Stadtplanungsmuseum habe ich es bisher nie geschafft. Jetzt hat die Patengruppe eine deutschsprachige Führung organisiert. Die Beschriftungen in diesem Museum sind ausschließlich Chinesisch, von daher eine gute Idee.

Für mich war bei der Führung nicht viel Neues dabei, nur die Erklärung, warum der Drachenkopf des Pangu Plazas (Pekings „7-Sterne-Hotel“) verschwunden ist – denn der ist tatsächlich weg, nun ist der Komplex optisch nur noch einer von vielen langweiligen Kästen.

Detailansichtaus dem Stadtmodell mit dem 5-teiligen Hochauskomplex des Pangu Plazas

Ohne Drachenkopf: Pangu Plaza

Vielleicht gibt es offizielle Gründe wie Probleme mit der Statik. Oder schlechtes Feng Shui. Aber die interessanteste Erklärung ist diese: Der Drachen ist das Symbol des Kaisers – und es kann nur einen Kaiser geben. Also musste der Besitzer den Drachen zurück bauen. Das rundet die Geschichte rund um  das Pangu Plaza auch irgendwie ab.

Drachenkopf des Pangu Plaza, Kräne auf dem Dach

Noch mit Drachenkopf: Pangu Plaza.

Aber vor allem das große Stadtmodell fand ich beeindruckend – und die Fortsetzung des Modells im Fußboden: Peking aus der Luft unter Glas.

Luftbild der Ruinen im Alten Sommerpalast

Alter Sommerpalast

Ich glaube, dass es eine ziemlich gute Idee ist, wenn man zu Beginn seines Peking-Aufenthaltes hierher kommt und einen Blick auf das Stadtmodell wirft. Die Dimensionen der Stadt wirken hier doch noch ganz anders als auf der Handy-Map oder einem klassischen Stadtplan. Und dann sollte man wieder kommen, wenn man schon eine Weile da ist, weil’s auch viel Spaß macht, sein Haus, die Schule und andere einem persönlich bekannte Orte zu suchen.

Detailaufnahme vom Pekinger Stadtmodell mit den Türmen des CBD

Central Business District

Streifzüge

Ich war wieder unter anderem wieder in Xisi unterwegs, also im Altstadtviertel westlich der Verbotenen Stadt. Meistens bin ich ja eher östlich davon unterwegs, weil’s halt näher dran ist.

Galeries Lafayette

Jedenfalls habe ich endlich auch mal den Galeries Lafayette einen Besuch abgestattet – nicht weil ich mich plötzlich für Shopping interessieren würde (so langweilig wird mir niemals sein), sondern weil es dort im Untergeschoss eine schöne Buchhandlung gibt. Mondtore und verwinkelt wie eine Hobbithöhle – auch ohne viel Chinesisch lesen zu können, macht es Spaß, hier zu stöbern. Es gibt aber auch einige wenige englischsprachige Bücher.

Hutongs

In den Hutongs ist in einem Reiseführer noch eine Prinzenresidenz verzeichnet. Hier sollte sie sein:

Geschlossen, hier sind nun Wohnungen. Daneben steht aber zwischen Stromkästen ein Pfosten mit einem QR-Code, der zu einem Video und einer erklärenden Webseite führt.

Church of the Saviour

Stromert man zurück in die Stadtmitte, kommt man an der Church of the Saviour vorbei. Dort ist rundum aber alles geschlossen gewesen, dichter ran ging es nicht. Mal sehen, ob ich mehr herausfinden kann, ob man die Kirche vielleicht doch besichtigen kann.

Im Beihai-Park

Es gibt noch ein paar Neujahrsdekorationen, Boote und Natur sind noch im Winterschlaf (was sich jetzt ja ganz fix ändern wird, zum Glück).

Ein Mann hatte Vogelfutter dabei, das war ein schönes Schauspiel.

Drei-Tempel-Tour

Mit der Fotogruppe habe ich in dieser Woche eine Tour durch die drei Tempel gemacht, die dicht beieinander in Xisi liegen. Zunächst ging es in den Guanji-Tempel, wo wir auch diesmal etwas geschenkt bekamen. Beim letzten Mal war es Wasser, diesmal ein Buch. Allerdings ist außer dem Titel (Approach the Buddha and Understand Buddha-Dharma) alles auf Chinesisch. Ich mag diesen Tempel und die Stimmung hier sehr. Inzwischen kann man einfach hineingehen, keine Health Checks, keine Registrierung mehr nötig – einfach durchgehen. Schön.

Danach waren wir im Tempel der Alten Monarchen. Der Gegensatz zum Guangji Tempel ist natürlich krass: der eine voll und belebt, der andere so leer. Zum Schluss ging es dann noch in den Tempel der Weißen Pagode, wo ich diesmal bewusst auf die Statue des nepalisischen Architekten Araniko geachtet habe.

Kein WeChat-Pay

Neu ist, dass man weder im Tempel der Alten Monarchen noch im Tempel der Weißen Pagode mit WeChat bezahlen kann – nur mit AliPay oder mit Bargeld.

 

Huguosi Hutong Snack Street

Der Huguosi Hutong ist eine traditionelle Imbissstraße mit einer über 700-jährigen Geschichte und soll eine der berühmtesten Imbissstraßen in Peking sein. In der Gegend gab es einst den Huguo-Tempel, der in der Yuan-Dynastie (1271 – 1368 n. Chr.) erbaut wurde. Dort wurde jeweils am 8. Tag des Monats des chinesischen Mondkalenders ein Tempelfest abgehalten, bei dem es in der Umgebung des Tempels unzählige verschiedene Pekinger Snacks gab. In der späten Qing-Dynastie gab es einen Großbrand, nach dem vom Tempel nur die Jingang-Halle übrig geblieben ist – ich habe sie aber (noch?) nicht gefunden. Das Tempelfest findet nicht mehr statt, aber die Huguosi-Snacks (Huoguosi Xiaochi) wurden überliefert – und so finden sich hier auch heute noch viele Imbiss-Stände und Restaurants.

Der Stoffmarkt in Langfang

Es gab mal einen Stoffmarkt in Peking. Der wurde abgerissen, ein neuer wurde gebaut und verschwand auch wieder. Wer nun Stoffe vor Ort und nicht online kaufen will, muss sich auf den Weg nach Langfang (Yunqing Blvd, Yongqing County, Langfang, Hebei, China) machen. Außerhalb des kleinen Ortes mitten auf dem platten Land in der Nähe von Langfang befindet sich eine kleine „Stoffstadt“: 8 Häuserblocks, in denen man außer Stoffen aller Art auch beinah alles weitere rund ums Nähen kaufen kann: Borten, Knöpfe, Reißverschlüsse. Nähmaschinenzubehör gibt es, Nähmaschinen selbst allerdings nicht. Wolle gibt es ebenfalls nicht, aber zwei Bekleidungsmalls gehören dazu: die eine schicker, die andere schlicht.

Die Patengruppe hatte Ausflüge zum Stoffmarkt vor der Pandemie immer wieder mal angeboten, aber während der letzten Jahre musste dies ausfallen, weil der Stoffmarkt in der Provinz Hebei, also außerhalb der Pekinger Grenzen liegt. Nun war es endlich wieder möglich, und der Andrang war so groß, dass extra ein größerer Bus bestellt wurde, damit alle Interessierten mitkommen konnten.

Schon auf der Hinfahrt wurde mitgebrachter Kuchen gesnackt, auf der Rückfahrt kam noch Kaffee und Tee, Sekt und Wein dazu. Die Stimmung war großartig – es ist halt wirklich super, dass solche Touren wieder möglich sind. Die Strecke selbst ist fast so öde und langweilig wie die A7 zwischen Hamburg und Hannover: plattes Land und nicht viel Sehenswertes.

Angekommen in der Stoffstadt wurde noch Zeit und Treffpunkt für die Rückfahrt vereinbart, dann wurde ausgeschwärmt.

Der Bus am Treffpunkt

Meine Freundin und ich hatten keine Einkaufsliste, sondern haben uns kreuz und quer treiben lassen und die vielen Eindrücke inhaliert. Wie in vielen chinesischen Malls ist es so, dass viele Geschäfte ein ganz ähnliches Sortiment haben, die Unterschiede bestehen dann in der Präsentation (Chaos oder Ordnung, sauber oder schmuddelig, luxuriös oder schäbig – und jeweils alles dazwischen) und im Service (da gibt es auch die ganze Bandbreite von bedrängt bis ignoriert werden).

Inmitten des Stoffmarktes

Der Stoffmarkt verteilt sich auf acht Blocks, die von A bis H durchnummeriert sind, innerhalb der Blocks hat jedes Geschäft eine Nummer. Theoretisch könnte man sich gut orientieren. Aber dreimal umgedreht und hin- und hergestreift, und schon weiß ich nicht mehr wo ich bin. So kam es, dass wir auf der Suche nach dem unterirdischen Foodcourt, wo wir uns mit anderen zum Mittagessen treffen wollten, beinah jeden Block erkundet haben. Schließlich wurden wir aber doch noch fündig.

Unterirdischer Foodcourt

Ein bisschen zuckt man ja noch zusammen, wenn man die weißen Overalls sieht, aber hier wird nur ganz harmlos renoviert.

Renovierungsarbeiten

Manche der Gassen sind voller Leben, andere erinnern an lost places.

Wir werfen einen Blick in das schickere Kaufhaus. Das hat aber wohl nur vormittags geöffnet, in den oberen Stockwerken ist schon alles verschlossen und abgedeckt.

Bekleidungskaufhaus

Draußen warten Shuttle, die vermutlich die Verkäuferinnen zur nächstgelegenen  Bus- oder Bahnstation bringen.

Shuttlebus

Die andere, schlichtere Bekleidungsmall ist deutlich voller und belebter. Ein bisschen erinnert mich das Ganze an das Bekleidungsgeschäft in Halstenbek unmittelbar hinter der Hamburger Stadtgrenze, wo früher auch täglich Busladungen mit überwiegend älteren Menschen aus ganz Schleswig-Holstein angefahren ankamen…

Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, auch zu Stöbern: in Bändern und Borten, aber auch in farbenprächtigen Seidenstoffen.

Nur ein klitzekleiner Ausschnitt aus der Vielfalt von Seidenstoffen

Die Zeit vergeht wie im Fluge, wir müssen zurück zum Treffpunkt und es geht zurück nach Peking. Bei der „Grenzkontrolle“ auf der Rückfahrt gab es einen kurzen Schreckmoment: alle Pässe wurden eingesammelt, soweit Routine. Aber bei der Rückgabe gab es zwei Nachfragen. Einmal ging es um einen Diplomatenpass, alles okay. Die andere Rückfrage betraf ausgerechnet mich: wann ich denn eingereist sei? Hmm, ja, das ist ja nun schon ein bisschen her – und ich habe einen neuen Pass, der noch keine Stempel enthält. Zum Glück hat die mündliche Auskunft gereicht. Notiz an mich: Auch den alten Pass mitnehmen, wenn ich Peking verlasse, auch wenn es nur in die Nachbarprovinz geht. Stempel in China – so wichtig…

Jedenfalls musste niemand zurückgelassen werden und wir konnten die Rückfahrt fortsetzen.

Fotos

Losar im Lamatempel

Ich hatte ja von einer chinesischen Freundin den Tipp mit dem „Tanz im Lamatempel“ bekommen und von Ulrike vom Bambooblog die Erklärung, dass es sich dabei um Losar, das tibetische Neujahrsfest handelt.

Losar: Das tibetische Neujahrsfest

Losar ist ein wichtiges Fest für tibetische Buddhisten in China. Dieses Jahr fiel der Neujahrstag auf den 21. Februar. Die Feierlichkeiten zum tibetischen Neujahrsfest dauern fünf Tage, von den letzten beiden Tagen des Vorjahres bis zum dritten Tag des neuen Jahres: 2023 also vom 19. bis 23. Februar.

Bei dem Event am Sonntag handelte es sich um Buza. Das Wort Buza stammt aus dem Mongolischen und bedeutet „Das Schlagen der Teufel“.

China Daily schreibt dazu:

Das „Schlagen der Teufel“ ist immer noch eine geheimnisvolle religiöse Zeremonie, die Menschen aus der ganzen Welt anzieht, nicht nur Buddhisten, die sich ihr anschließen und die Atmosphäre einfangen, in der die Teufel aus dem Geist eines jeden vertrieben werden und die Seele und das Herz gereinigt werden.

Es wird voll

Am Abend vor dem Event waren die Tickets in der App schon ausverkauft, daher war ich schon gespannt, ob es wirklich vor Ort noch Tickets geben würde. Gab es, nicht nur für Ausländer. Ich hab eine Fotofreundin auf dem Weg zum Tempel getroffen und gemeinsam haben wir uns dann ins Getümmel gestürzt. Wir waren schon vor 12 Uhr da und es war bereits proppevoll. Rund um die Bühne wurde schon mächtig gedrängelt.

Ich kann das überhaupt nicht haben, in einer Menschenmenge festzustecken, und war daher froh, dass wir auf den Sockel eines der Fahnenmasten klettern konnten – und auch nicht von dort verscheucht wurden. Der noch freie Platz auf dem Bild war wenig später schon gut gefüllt.

Als es dann wirklich losging, alle aufstanden und ihre Handys und Kameras hochreckten, blieb zwischen Hüten und Zweigen nur noch ein kleines Guckloch, aber immerhin. Und wir hatten einen guten Überblick über die ganze Szenerie.

So konnten wir beobachten, wie mit Flatterband noch Korridore gezogen wurden, und wie die auf dem Bild noch freie Fläche sich rasch mit Menschen füllte. Wir konnten sehen, wie ein Krankenwagen ankam, Bao’ans Sanitätern mit Trage einen Weg bahnten und wie sie wenige Minuten später mit einer Frau auf der Trage zum Krankenwagen zurück eilten (die Frau hat sich aber mit den Sanitätern unterhalten, schien glücklicherweise nicht dramatisch zu sein). Wir konnten einen Streit um einen Platz weit vorne hören und sehen. Und wir konnten sehen, wie das Haupttor immer wieder geschlossen wurde, bis sich die Menge auf dem Platz besser verteilt hatte. Ich war wirklich sehr froh über meinen Standort oberhalb des Gedrängels…

Beating the devil – Devil’s Dance

Dann ging es los. Trotz der eingeschränkten Sicht aus der Entfernung – das war schon sehr cool, das erleben zu können.

Losar im Lamatempel: zwei verkleidete Mönche tanzen den Devil's Dance, im Hintergrund bunte Thangkas und weitere Mönche.

Nach zwanzig Minuten war es auch schon vorbei. Viele Leute sind direkt danach gegangen, durften aber nur durch die normalerweise geschlossenen Seitenausgänge hinaus gehen – durch den Haupteingang kamen immer noch weitere Menschen in den Tempel hinein.

Diese Maske anzusehen schien wichtig zu sein.

Und es wurden Unmengen von Räucherstäbchen angezündet.

Der nächste tibetische Neujahrstag fällt auf den 10. Februar 2024 – und zwei Tage vorher müsste wieder der Teufelstanz sein. Das Gedrängel direkt an der Bühne möchte ich mir nicht antun, aus der Entfernung hab ich’s gesehen. Aber ich werde mir rechtzeitig weiter hinten einen guten Standort suchen, um die festlich gekleideten und die kostümierten Mönche aus der Nähe betrachten und fotografieren zu können, wenn sie zur Bühne gehen beziehungsweise zurückkommen.

Das ist doch schon ziemlich cool, dass ich diese Möglichkeit habe, mir das nochmal aus einer anderen Perspektive anzusehen, oder?

Fotos

Das Leben ist schön!

Baby-Decke

Die vergangene Woche war voller Ereignisse. Eines davon ganz besonders und ganz einmalig, auch wenn ich nur aus der Ferne daran teilhaben kann: die nächste Generation ist angekommen.

Ich bin Oma!

Eines von meinen fünf Kindern ist nun Vater, und die komplette Familie ist total aus dem Häuschen und überglücklich.

Das größte Glück ist manchmal ganz klein.

Verglichen mit dem klitzekleinen Enkelkind sind alle anderen Ereignisse nicht sehr von Bedeutung, aber das eine oder andere beeinflusst unseren Alltag hier auch nicht unwesentlich.

Die Schule ist wieder auf

Endlich dürfen auch wieder Eltern und Schulfremde aufs Schulgelände. Ranzenträgermuddi war ich nie, aber hier ist die Schule halt auch wichtig für die Deutsche Community. Endlich kann ich wieder in Bibliothek und Schulshop stöbern. Die ersten Veranstaltungen und Feste sind schon in Planung – das fühlt sich alles fast so gut an wie das Großmutter-Sein.

Tatütata

An einem Abend in der letzten Woche komme ich spät zusammen mit dem Mann nach Hause, da qualmt vor dem Haupteingang ein Mülleimer. Das muss man auch erstmal hinkriegen, die Dinger haben oben extra das Teil für die Kippen. Ein Worker stand daneben und hat aufgepasst, gut geschlafen habe ich trotzdem nicht.

Und dann komm ich am nächsten Tag im Innenhof raus und dann steht da dieses Spielzeug.

Ich war mir nicht sicher, ob mich das beruhigen oder doch eher aufregen sollte…

Liangmaqiao

Das Bild ist auf der Brücke über den Liangma River (Sanlitun Street/Xinyuan Street) entstanden. Die Ecke ist wirklich toll renoviert worden, und mit der bunten Beleuchtung auch abends richtig schön. Aber seit dem 27.11.2022 ist die Brücke  für mich mit den Protesten in dieser Nacht verbunden.

Oben auf der Brücke stehen an beiden Enden Polizeiautos und der Bike-/Parkstreifen ist abgesperrt. Bisher hatte ich das mit dem Protest in Verbindung gebracht, aber dann war ich vor ein paar Tagen unter der Brücke und frage mich, ob das vielleicht eher was mit der Statik zu tun haben könnte… Ich werde das beobachten.

Hurra, Stau!

So langsam ebbt meine Begeisterung für das Verkehrschaos und den Rush-hour-Stau ab, wobei mir das unterm Strich immer noch lieber ist als die leergefegten Straßen, die ja nicht leer waren, weil alles so toll war, sondern im Gegenteil. Seit vergangenem Montag gibt es für Autofahrer wieder den Ban-Day (Non-driving-day): Werktags zwischen 7 und 20 Uhr werden jeweils zwei Nummernschild-Endziffern für den Verkehr innerhalb des 5. Rings gesperrt

Dass ich an Ampeln zum Beispiel im CBD mit dem Scooter auch 2-3 Grünphasen abwarten muss, bis ich rüberkomme, das finde ich derzeit schon noch krass bemerkenswert. Aber ich habe ja den großen Luxus von viel Zeit und der Möglichkeit (meistens) meine Pläne spontan ändern zu können, so dass ich dann halt auf Nebenstrecken ausweiche und/oder mir ein anderes Ziel suche. Wenn wir uns demnächst wirklich an den Stau gewöhnt haben, dann ist es tatsächlich wieder „normal“.

Spektakel im Lamatempel

Von einer chinesischen Freundin habe ich den Tipp bekommen, diesen Sonntag in den Lamatempel zu gehen, denn dort feiern die Mönche ein besonderes Ereignis und tanzen in tollen Kostümen. Noch habe ich nicht besonders viel über die Hintergründe des Anlasses herausgefunden, nur ein paar Bilder kostümierter Mönche beim „Teufelstanz“ gesehen (von einer meiner Apps auch als „king kong dance“ übersetzt). Das Ereignis ist jetzt jahrelang ausgefallen, es wird wohl sehr voll werden, und so hätte ich gerne vorab mein Ticket gebucht. Pech gehabt, die App des Lamatempels sieht ausländische Passnummern mit Buchstaben weiterhin nicht vor. Besagte Freundin war so lieb und hat im Lamatempel angerufen: Ausländer bekämen immer ein Ticket, einfach zum Schalter gehen.

Nach dem so lange so wenig los war (gerade der Lamatempel hat während der letzten drei Jahre immer als erstes alles dichtgemacht), bin ich total enthusiastisch und freu mich drauf. Gestern Nachmittag hatte ich Zeit und wollte vor Ort mal schauen, ob sich dort mehr herausfinden lässt. Am Ticketschalter Fehlanzeige, Ticketverkauf auch immer nur für den aktuellen Tag. Aber wo ich schon mal da war, bin ich auch hineingegangen, denn geschmückt ist schon: überall hängen diese bunten Wimpel – und voll ist es auch.

An den Souvenirshops gibt es wahnsinnig lange Schlangen, was man dort erwirbt, kann man von Mönchen segnen lassen (nachdem man wieder in einer irre langen Schlange gewartet hat).

Vor einer der Hallen ist schon eine Bühne aufgebaut worden, und gerade werden riesige Teppichrollen angeliefert.

Heute sind auch viel mehr Mönche als sonst zu sehen, die – zum Teil mit Papieren unterm Arm – geschäftig hin- und hereilen, aber jeder einzelne hat ein herzliches Lächeln für mich übrig.

Bei diesem Bild ärgere ich mich, dass ich die Füße der beiden Frauen abgeschnitten habe, aber ich hab das zu spät gesehen und mit 24 mm Festbrennweite musste ich fix hinlaufen. Fast hätte ich den Augenblick komplett verpasst. Dann lieber abgeschnittene Füße als gar nicht. Jedenfalls: Posieren, egal in welchem Outfit, ist hier weiterhin total angesagt.

Mit der historisch kostümierten Frau habe ich mich noch kurz unterhalten, sie war mit  ihrem Vater da, der die Fotos von ihr und für sie gemacht hat. Zu dem Teufelstanz-Event konnte sie aber auch nichts sagen.

Lamatempel-Fotos

Ich bin jedenfalls schwer gespannt auf Sonntag und werde sicher schon deutlich vor 12 Uhr dort aufschlagen, um bloß nichts zu verpassen.

Abi in Arbeit

K4 hat in der vergangenen Woche die letzte von drei schriftlichen Abiturprüfungen geschrieben – Geschichte, die anderen beiden waren Deutsch und Englisch. Englisch unterscheidet sich für ihn nicht wesentlich von Deutsch, nach so langer Zeit hier im internationalen Umfeld ist sein Englisch wirklich super gut. Der Junior hat schon sehr lange für die Prüfungen gelernt, vor allem Geschichte, ich war beeindruckt, wie zielstrebig und konsequent er seinen Plan durchgezogen hat.

Jetzt hat er erstmal ein paar Wochen normalen Unterricht (abzüglich der Osterferien) bis dann im Mai die mündliche und die Präsentationsprüfung anstehen. Sieht jedenfalls alles sehr gut aus. Dass er dann ab dem Sommer wohl nicht mehr in China sein wird, finde ich jetzt schon schrecklich (für mich), aber gleichzeitig bin ich sicher, dass er – wie seine drei großen Geschwister auch – den für ihn richtigen Weg einschlagen wird. Und das ist schließlich das, was zählt.

Das Leben ist schön

Nachdem die letzten Pandemiejahre und vor allem das letzte nicht besonders gut waren (Euphemismus? Kann ich!), fange ich jetzt an aufzublühen. Dass mein Peking-Leben wieder normal wird (mal sehen, ob wie vor der Pandemie; auf jeden Fall ist die Entwicklung positiv), ist dabei ganz wichtig. Dass es meinen Kindern gut geht, ist wichtiger. Und das ist bei allen Fünfen der Fall (was für ein unglaubliches Glück!). Und schließlich steht das noch klitzekleine Enkelkind so sehr für das Gute, für Hoffnung und Neuanfang und Zukunft, dass es mich zusätzlich zum post-pandemischen-Peking positiv stimmt – ich habe meinen Optimismus wieder gefunden. Ich bin nicht blind für das Schreckliche in der Welt, aber das Leben an sich ist schön!

Laternenfest im Himmelstempel

Der Himmelstempel(-park) hat auf seinem WeChat-Account mit Aktivitäten zum Laternenfest geworben. Das habe ich zum Anlass genommen, um zusammen mit Rasmus mal wieder einen Ausflug dorthin zu machen. Wie sich dabei herausstellte, gab es leider keine Laternenausstellung, nur das Online-Laternenrätsel, früher am Tag war wohl auch ein kleines Konzert. Aber es war proppevoll, vielleicht, weil im kaiserlichen China der Kaiser den Himmelstempel am Laternenfest besucht und in der Halle der Ernte für gutes Wetter und gute Ernte gebetet hat. Aber sicher auch, weil es für viele Touristen der letzte Urlaubstag ist, einige Besucher haben Koffer dabei.

Das Laternenfest am 15. Tag des neuen Chinesischen Jahres schließt die Neujahrsfeierlichkeiten ab. Man isst Tangyuan (Klebreisklösschen) und löst Rätsel, die auf Laternen gezeichnet/geschrieben oder auf Zetteln daran befestigt sind. Mehr zum Laternenfest in Ulrikes Bambooblog.

Langer Gang geschlossen

Wir betreten den Himmelstempel am Osteingang. Ich freue mich darüber, wie voll es ist und dass es wieder die Wimpel der Reiseleiter zu sehen gibt. Der  Lange Gang ist allerdings wegen Renovierung gesperrt.

Um zur Halle der Ernte zu kommen, müssen wir also einen kleinen Umweg machen und kommen dann durch das Südtor dorthin. Ich finde den Anblick immer wieder beeindruckend.

Smog

Wie man sieht: man sieht nicht viel von der CBD-Skyline, denn der AQI dümpelt bei ca. 180 herum. (Vor ein paar Jahren hätte das noch als für vergleichsweise gut gegolten, aber inzwischen haben wir uns hier an deutlich bessere Luft gewöhnt.)

Eis zum Wucherpreis

Ein Magnum kostet im Supermarkt 10 RMB. Dieses Himmelstempel-Eis kostet 46 RMB/Stück – über 6 Euro, für chinesische Verhältnisse wirklich sehr teuer. Trotzdem sieht man wirklich viele Leute, die es sich gönnen. Es gibt es in vier Farben/Geschmacksrichtungen. Wir verzichten, uns ist so kalt, dass wir lieber eine Nudelsuppe gehabt hätten…

Dachziegeldrachendrama?

Die Dachziegel auf den Dächern und den Mauern sind mit Drachen verziert. Die grünen Ziegel beziehen sich auf die Erde, die blauen – natürlich – auf den Himmel. Rasmus stellt fest, dass die Drachen auf den Ziegeln alle gleich ausgerichtet sind – bis auf einen. Das muss überprüft werden…

Wir umrunden den kompletten Platz und entdecken noch einige wenige „falsche“ Ziegel mehr, falsch herum ausgerichtet oder ganz anders, vermutlich erneuert.

Irgendwann dringt ein geflüstertes „Waiguoren!“ (Ausländer!) an mein Ohr. Das haben wir auch lange nicht gehört. So schön, dass es wieder Touris in Peking gibt.

Nach der zweiten Runde ist uns dann wirklich kalt, und wir machen uns auf den Rückweg.

Habe ich erwähnt, dass es wirklich voll ist?

Wir müssen relativ lange auf ein Didi warten – der Andrang ist gerade sehr groß. Als wir dann endlich ein Didi bekommen, müssen wir angesichts der Route lachen…

Fotos

Shougang Park

Letzte Woche war ich mit der Fotogruppe im Shougang Park, auch Shougang Industrial Heritage Park. Weltweit bekannt ist das Gelände des stillgelegten Stahlwerks seit den olympischen Winterspielen 2022, denn hier befindet sich die Big Air Schanze. Richtig, die mit den Kühltürmen!

 

Interessiert hat mich das Gelände schon lange, aber es liegt über 30 km westlich von uns. Angesichts der Pandemie, der lästigen Maßnahmen und vor allem der damit verbundenen Unsicherheit hatte ich bis vor kurzem keinerlei Ambitionen, den weiten Weg auf mich zu nehmen. Das ist ja inzwischen zum Glück anders, und ich war sehr gespannt.

Auf dem Hinweg teilen wir uns Taxis und treffen uns dann vor dem Starbuck’s, das mittendrin im Viertel mit Blick auf alte Industriegebäude und Kühltürme liegt. Kein Park mit Eingangstoren, sondern ein Straßenviertel, das anders als der Art District 798 nicht mit Schranken abgegrenzt ist.

Das Gelände soll laut offizieller Werbung lebendig-florierend sein. Das ist es nicht wirklich, zumindest nicht heute. An diesem kalten Februartag sind außer uns nur wenige Leute hier unterwegs. Der Skywalk ist geschlossen, also stromern wir unten auf den leeren Straßen zwischen den riesigen Anlagen hindurch. Und trotzdem ist es interessant, der leicht morbide Charme des Vergangenen wird gerade durch die leeren Straßen verstärkt.

Es gibt zwar einige wenige Infotafeln (chinesisch und englisch), für meinen Geschmack hätten das viel mehr mit ausführlicheren Informationen sein können.

Die Big Air Schanze

Wir durchqueren das Gelände nach Westen in Richtung Big Air Schanze.

Ein paar Schritte weiter hören wir Musik – die kommt von einer Eisbahn. Trotz der an sich coolen Location: wir haben die trostloseste Eisbahn Pekings gefunden.

Hier stoßen wir auf eine Treppe zum Skywalk, die nicht abgeschlossen ist. Nichts wie rauf!

Uns kommen ein paar wichtig aussehende Männer entgegen, ihnen folgt ein warm eingepackter Wächter, der uns wort- und gestenreich bedeutet, dass hier geschlossen ist. Aber er lässt uns noch ein paar Fotos machen, bevor wir wirklich wieder runter müssen, fragt uns, wo wir herkommen – und begleitet uns die nächsten zwanzig Minuten, bis er auf einen Kollegen trifft.

Tolle Beleuchtung!

So langsam dämmert es, aber um länger herumzustehen ist es doch noch viel zu kalt.

Wir schießen nur noch ein paar Bilder aus der Hand von den rot beleuchteten Gebäuden und machen uns dann mit der Metro (Station Jin’anqiao, Linien 6, 11 und S1) auf den Rückweg. Um diese Zeit geht das erheblich schneller als mit dem Taxi, denn damit hätten wir dank Feierabendverkehr ewig im Stau gestanden (Staus machen mich allerdings immer noch absurd glücklich, weil so wunderbar normal).

Das war jedenfalls ein toller Ausflug, ein absolut lohnenswertes Ziel. Sobald es abends nicht mehr so eisig ist, will ich wieder hin.

Viele Fotos!

Schnipsel Nr. 26

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Ferien-Ende

Heute ist der erste Schultag nach den Chinesischen Neujahrsferien. Richtig zur Schule geht allerdings erstmal nur der Jüngste, K4 steckt in den letzten Vorbereitungen vor dem schriftlichen Abi – nächste Woche geht’s damit los. Die Umstellung auf Weckerklingeln und frühes Aufstehen hat erfreulicherweise gut geklappt – der Alltag hat uns wieder.

Und wir sind guter Dinge, dass es nun wirklich wieder richtiger, normaler Alltag sein wird. Mit Verabredungen und Unternehmungen, die nicht kurzfristig abgeblasen werden müssen, mit all den vielen Möglichkeiten, die Peking uns bietet, ohne Einschränkungen.

Wieder unterwegs

Das Chinesische Neujahrsfest wird auch Frühlingsfest genannt, und auch wenn die Temperaturen noch nicht frühlingshaft sind, so scheint die allerschlimmste Kälte für diesen Winter überstanden zu sein. Es macht endlich wieder Spaß, draußen unterwegs zu sein.

Wenn ich zum Sanyuanli-Markt und zum Jingkelong (Supermarkt) fahre, muss ich an dieser Ampel am 3. Ring warten und schaue derzeit in die noch rot geschmückte Shunyuan Street hinein.

Blick unter einer Brücke hindurch in eine Allee, deren Bäume mit viel roter Deko geschmückt sind, Autos queren, der Blick ist oben und unten durch die Brücke und deren Schatten eingerahmt.

Ditan-Park

Gestern bin ich kreuz und quer durch Wohnviertel hindurch zum Ditan-Park gefahren. Die stark abgespeckte Temple fair Anfang der Woche habe ich ausgelassen (zu kalt, keine Lust auf Gedränge), aber noch steht Neujahrsdeko im Park.

Es ist nicht besonders viel los. Vielleicht fällt mir daher umso mehr auf, dass inzwischen ganz viel eingezäunt und abgesperrt ist. Dass viele empfindlichere Büsche und Sträucher noch in ihren Winterverpackungen dastehen (und stattdessen künstliche Blüten verteilt sind), lässt mich heute den Park als ein bisschen trostlos empfinden. Und das trotz der hübschen roten Deko überall. Das geht mir hier zum ersten Mal so, mal sehen, ob das im Frühling, wenn es wirklich wärmer und vor allem grüner und bunter ist, auch noch so ist.

Wer keine Arbeit hat…

… macht sich welche. Zum Beispiel, in dem man an einem einzigen Tag gleich zweimal über einen voll betankten Luftbefeuchter stolpert, diesen umwirft und damit für Überschwemmung sorgt. Positive Folge: an diesem Tag muss dieser Luftbefeuchter dann nicht mehr laufen. Nun steht er wieder an seinem alten Platz, der vielleicht für die beabsichtigte Verteilung der Feuchtigkeit im Raum nicht so optimal ist, aber unbeabsichtigtes Bodenwässern bisher wirksam verhindert hat. Haut und Atemwege sind jedenfalls so froh über angemessene Luftfeuchtigkeit, dass der extra Aufwand mit den Luftbefeuchtern sich definitiv lohnt.

 

Winter im Sommerpalast

Mit der Fotogruppe geht es in den Sommerpalast. Es ist ein knackig kalter Wintertag, morgens noch grau und mit mäßigem Smog, aber später am Vormittag sollen die Luftwerte dank Wind aus der richtigen Richtung gut werden. Es gibt sogar eine „blaue Landsturmwarnung“ (blau ist die niedrigste von vier Warnstufen), der ich dusseligerweise keine Beachtung schenke, denn ich arbeite ja nicht als Fensterputzerin oder auf einem hohen Gerüst.

Wir sind nur zu dritt (interessante parallele Veranstaltungen und viele noch/schon verreist) und teilen uns ein Taxi ab der Schule. Die Straßen sind leer und wir sind in noch nicht einmal einer halben Stunde am Nordtor des Sommerpalasts – Rekordzeit. Sofort stürzt sich ein Baoan auf uns und zeigt uns eine Infotafel, wo wir den QR-Code scannen sollen, um die Tickets zu kaufen. Ich habe das Sommerpalast-Miniprogramm bereits und bin schon im System, aber der Mann ist unsicher und winkt eine weitere Mitarbeiterin zu uns. Beide sind wirklich nett und hilfsbereit, aber auch so klappt alles problemlos. Anlässlich der Feiertage zahlen wir nur den halben Preis (25 statt 50 RMB) – das hätte ich nicht gewusst. Kein Messen der Temperatur mehr, kein Scannen des Healthcodes, nur noch den QR-Code der Tickets vorzeigen und wir sind drin.

Suzhou-Market-Street

Der Nordeingang ist der Eingang direkt an der Suzhou-Street. Hier stürzt sich wieder ein Mann auf uns und will uns hier aufs Eis locken. Rückblickend wäre das eine gute Sache gewesen, aber unser Plan ist es, erst auf den Hügel hinauf zu klettern, dann hinunter in Richtung Marmorboot, durch den langen Korridor am See entlang bis hin zur 17-Bogen-Brücke und als abschließender Höhepunkt aufs Eis des Kunming-Sees.

Zugefrorener Kanal im Sommerpalast, gesäumt von historischen zweistöckigen Bauten.

Wir gehen also weiter. Ich bin zwar im Wesentlichen wieder fit, aber bei den Stufen bergauf bin ich doch noch kurzatmiger als normalerweise. Aber das ist dann auch das Einzige, was ich noch von Covid übrig habe, ansonsten bin ich endlich wieder ganz gesund, keine komischen Husten- oder Schwächeanfälle mehr, es ist also endlich überstanden.

Zu Schauen gibt es mehr als genug, zum Beispiel die Dachreiter auf den zahlreichen Pavillons und Hallen.

Grüne glasierte Dachreiter auf einem Pavillon

Das Marmorboot

Wir erreichen das Marmorboot. Noch ist es grau und zusammen mit dem Gegenlicht kann das Marmorboot auch mal ganz düster wirken. Die Holzaufbauten wirken aber tatsächlich schäbiger als früher, hier stehen sicher bald Renovierungsarbeiten an.

Marmorboot auf/am Kunming-See im Pekinger Sommerpalast

Wir spazieren durch den langen Korridor, machen eine kleine Kaffeepause, das wärmt von innen. Es ist wirklich bitterkalt. So langsam wird es windig, aber noch sind wir im geschützten Bereich der Innenhöfe. Die Bäume sind mit Hunderten von roten Mini-Laternen geschmückt und zu meiner großen Freude sehe ich den Wimpel einer Touristengruppe. Dass die einem mal fehlen würden bzw. dass man sich so freut, dass die endlich wieder da sind…

Hunderte kleiner roter Lampions in einem kahlen Baum, im Hintergrund ist ein traditionelles chinesisches Gebäude zu erkennen

See und Eis

Wir spazieren weiter am See entlang und haben wirklich tolle Aussichten über den See hinüber zum Langlebigkeitshügel und den historischen Gebäuden.

Zugefrorener Kunming-See im Pekinger Sommerpalast

Inzwischen ist es deutlich windiger geworden, das Grau verschwindet. Wir nähern uns erstmal der 17-Bogen-Brücke, überqueren diese und schlendern über die Insel.

17-Bogen-Brücke im Pekinger Sommerpalast

Nun geht es aufs Eis. 100 RMB pro Person sind für Zugang plus Eisfahrrad zu berappen. Wir schlittern drauf los, setzen uns auf die Eisräder – und dann stellt sich rasch heraus, dass das angesichts der teils heftigen Windböen eine nicht ganz so kluge Idee gewesen ist. Eigentlich wollten wir kreuz und quer über den See und schließlich an der Nordost-Ecke zurück an Land. Uneigentlich mussten wir gegen den Wind anradeln – und sind praktisch nicht vorwärts gekommen. Kein Vergleich zum letzten Jahr, wo ich kreuz und quer über den gefrorenen See sausen konnte.

Das Gefühl, dass es so toll ist, hier zu sein und das erleben zu können, hält nur kurz an, denn wir merken rasch, dass es bei den heftigen Windböen nicht ganz ungefährlich auf dem Eis ist. Herrenlose Schlitten und Räder sausen mit hoher Geschwindigkeit übers Eis – wenn die einen treffen, könnte das nicht nur weh tun, sondern einen ernsthaft verletzen. Aber auch wir selbst werden vom Wind in Richtungen getrieben, in die wir gar nicht wollen, da hilft es nicht mal, sich mit den Füßen gegen das Eis zu stemmen.

Als eine von uns sieht, dass ein Mann stürzt und zunächst nicht wieder aufsteht, ist es kein lustiges Abenteuer mehr, wir entschließen uns abzubrechen. Wir geben die Räder ab und schlittern vorsichtig zurück an Land. Wir sind gerade auf der Rampe, als wir sehen, dass hinter uns das Eis geräumt wird. Tickets werden auch keine mehr verkauft. Also wieder was gelernt: auch die „harmlosen“ blauen Warnungen haben ihren Sinn – und künftig bei heftigen Windböen nicht mehr aufs Eis.

Unterm Strich war es dennoch ein toller Ausflug. Es bleibt ja noch eine ganze Zeitlang frostig, vielleicht gönne ich mir das (Eis-)Vergnügen doch noch mal, sonst spätestens im nächsten Jahr wieder. Ansonsten bin ich spätestens im Frühling wieder im Sommerpalast.

Fotos

Schnipsel Nr. 25

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Anti-China- statt faktenbasierter Pandemie-Politik?

In den USA (und auch schon in Deutschland) verbreitet sich eine neue, möglicherweise ansteckendere und gefährlichere Variante des Coronavirus, aber eine Testpflicht wird nur für Reisende aus China eingeführt und eine Reisewarnung für China (nicht die USA) herausgegeben. Warum der Fokus auf China nichts weiter als eine Nebelkerze ist, wird hier vom Wissenschaftsmagazin Spektrum erklärt.

Aber auch hier setzt die Beschränkung auf Reisende aus China den falschen Fokus. Denn das große fröhliche Variantenzüchten geschieht weltweit, ohne dass sich irgendwer daran stören würde. Im Gegenteil, während in den vergangenen Monaten ein ganzer Zoo sehr ansteckender Immunfluchtvarianten entstand – darunter die XBB-Linie, die sich derzeit in diversen Ländern extrem stark verbreitet – probten die meisten Länder der Welt die Normalität. Überwachung und Maßnahmen wurden zurückgefahren, man akzeptiert jetzt hohe Infektionszahlen und die dadurch geförderte Virusevolution. Und nun ist China auf einmal das Problem?

Vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis es – quid pro quo – entsprechende Maßnahmen aus China gibt. Und damit wächst bei uns die Besorgnis, dass sich unsere Reisemöglichkeiten doch nicht normalisieren werden. Ich bin sehr dafür, die Pandemie wirksam zu bekämpfen – aber politisch motivierte Alibi-Maßnahmen mit Beschränkung auf China sind Quatsch.

Downgrade!

Seit heute gilt Covid in China „nur noch“ als eine Class B Erkrankung (wie HIV, Hepatitis, Vogelgrippe z.B.). Das heißt: keine Quarantäne, kein Tracking enger Kontakte, keine Risk-Areas mehr. Endlich!

Winterfreuden

So langsam geht’s mir besser, nach über einem Monat wird das auch mal Zeit. Es tut mir gut, wieder in der Stadt unterwegs zu sein. Noch reicht die Kraft nicht für Tagesausflüge, aber jeden Tag geht ein bisschen mehr.

Das Wetter ist schön, nachts durchgängig Minusgrade, aber heute ist es tagsüber ungewöhnlich warm mit 11 Grad (normal ist das nicht!). Für Donnerstag ist Niederschlag vorhergesagt und bis vorhin hatte ich auf Schnee gesetzt. Aber nun werden die Temperaturen tagsüber wohl nicht um 0 Grad, sondern bei 3 Grad liegen, damit wird das wohl Regen werden.

Gestern wollte ich eigentlich in Richtung Lama-Tempel und Ditan-Park. Ich war neugierig,  denn am Neujahrstag wurden rund um den Lama-Tempel viele Absperrgitter abgeladen, und ich wollte schauen, ob und was da los ist. Spannend ist ja, ob es dieses Jahr wieder Tempelmessen geben wird – die größte in Peking war immer im Ditan-Park. Ich habe gehofft, dass die Gitter vielleicht dafür gedacht waren. „Large scale events“ sind allerdings weiterhin nicht erwünscht, von daher heißt es abwarten, ob und was es an Temple fairs geben wird.

Aber als ich über die Brücke am Liangma River gefahren bin, hat mich der Trubel auf dem Eis so gelockt, dass ich erstmal eine Weile hier spazieren gegangen bin.

Schlittschuhe sind die Ausnahme, aber diese Stuhlschlitten gibt es en masse, von der großen Luxusvariante bis zum improvisierten Klappmodell.

Für richtig viel „Eishockey“-Spaß sowohl für die Spieler:innen als auch die vielen Zuschauer:innen sorgen ein paar Besen und eine Kleberolle. Und wenn mal einer ausrutscht und hinfällt, wird das mit viel freundlichem (!) Gelächter und Applaus bedacht.

Vorsicht!

Mit den ungewöhnlich hohen Tagestemperaturen ist das Eis auf manchen Kanälen brüchig, auf WeChat kursiert ein Video mit einer kleinen Gruppe, die gestern in der Nähe des Beijing Exhibition Centers eingebrochen ist und gerettet wird.

Fotos

Schließlich tuckere ich weiter in Richtung Lama-Tempel. In der gesamten Yonghegong-Straße steppt der Bär, aus den Souvenirläden dröhnen wieder wie vor der Pandemie Meditationsgesänge vom Band. Aber die Gitter vorm Tempel sind weg, und auch am Ditan-Park ist nichts los. Anders als der Liangma River ist der Beihucheng River nicht zugefroren. Leider ist so langsam meine Energie aufgebraucht und ich mache mich auf den Rückweg.

Gehört hier zum Winter dazu: Süßkartoffel-Verkäufer!

Solche überladenen Fahrzeuge gibt es zwar weiterhin, aber doch viel weniger als früher.

Schule!

Heute ist der letzte Ferientag, morgen startet die Schule. In Präsenz. Das Thema Online-Schule ist hoffentlich dauerhaft Geschichte! Ein paar Maßnahmen gibt es noch:  es muss ein Schnelltest gemacht werden (und ein Formular ausgefüllt und hochgeladen oder mitgegeben werden). Schnelltests sind neu für uns, aber nun können wir an die Erfahrung auch einen Haken machen… Außerdem wird beim Betreten der Schule weiterhin die Temperatur gemessen, müssen im Gebäude Masken getragen werden, soll der Kontakt zu anderen Klassen auf das notwendige Minimum beschränkt werden und Eltern dürfen die Schule nicht betreten. Letzteres ist im Hinblick auf den normalen Schulalltag nicht so wild, aber die Schule kann so noch nicht wieder in die Rolle als Treffpunkt der deutschen Community mit Festen und Veranstaltungen zurückkehren. Aber das wird hoffentlich auch bald noch!

Als Lichtblick für alle, die sich nicht so auf die Schule freuen: in zwei Wochen sind schon wieder (Neujahrs-)Ferien!

Neujahrsspaziergang am Shichahai

Ich bin zwar immer noch nicht fit, aber mein Neujahrsspaziergang musste gestern sein. Ich hab allerdings den Scooter stehen lassen und bin mit dem Didi zum Shichahai gefahren, was sich später auch als gute Entscheidung entpuppen wird.

Immer noch angeschlagen

Wie angeschlagen ich noch bin, merke ich unter anderem auch daran, dass ich ganz dicht am Wasser gebaut bin. Keine QR-Code-Aufkleber mehr im Taxi, nichts mehr scannen? Feuchte Augen. Gewimmel auf den Straßen, reichlich Ampelrückstau? Feuchte Augen.

Vor wenigen Wochen habe ich noch voller Überzeugung gesagt, dass ich es richtig finde, dass man Covid nicht einfach durchrauschen lässt (und falsch finde ich das weiterhin nicht). Aber nun ist auch in China „durchrauschen“ angesagt – und ich habe die Kehrtwende von ZeroCovid auf VollCovid immer noch nicht wirklich verarbeitet, nicht nur, weil uns die Seuche prompt erwischt hat. Den Begriff „VollCovid“ habe ich übrigens nicht erfunden, sondern von Sven Tetzlaff übernommen. Es ist gut, dass das an etlichen Punkten weit übers Sinnvolle hinausschießende ZeroCovid-Regime sein Ende hat. Und deshalb tut es nun unglaublich gut, so viele Leute auf den Straßen zu sehen.

Kurz hinter dem Trommelturm steige ich aus dem Didi aus und bin mitten im Gewusel. Ich gehe zum See hinunter und beschließe, den Qianhai (den Vorderen See) zu umrunden. Und dann stehe ich am Seeufer und habe das Gefühl Teil eines Wimmelbilds von Ali Mitgutsch zu sein. Und zack, wieder feuchte Augen.

Viele Menschen mit Eis-Rädern und Schlitten auf dem zugefrorenen Qianhai

Auch wenn die Situation in China sicher gerade schwierig ist mit den unendlich vielen Erkrankten, von denen viele nicht so glimpflich wie wir davonkommen werden – Normalität scheint zum Greifen nah zu sein.

Ich bin Teil eines lebendigen Wimmelbilds

Langsam umrunde ich diesen Teil des Shichahais: den Qianhai. Es gibt fünf Zugangspunkte aufs Eis, aber ich fühle mich nicht fit genug, um aufs Eis zu gehen. Das werde ich aber sicher demnächst nachholen können. Außerdem: Sämtliche Schlitten und Räder (im Eintritt inbegriffen) sind verliehen.

Qianhai in der Dämmerung, auf der Eisfläche tummeln sich viele Menschen

Alle Schlitten und Räder sind verliehen

Auch auf dem Kanal am Tempel des Feuergotts tummeln sich Leute, manche sind sogar so wagemutig? leichtsinnig? unter der Brücke – hier ist die Eisfläche nicht durchgängig – durchzugehen.

Als ich schließlich bei der Yinding-Brücke ankomme, ist es nicht nur dunkel, sondern ich bin schon ziemlich erledigt. Durch die „Pfeifenstiel-Gasse“ gehe ich zurück zur Straße und noch ein Stückchen weiter, bis das Gewimmel etwas weniger wird. Hier rufe ich mir ein Didi.

Inzwischen bin ich echt fertig und wirklich froh, dass ich mich gemütlich auf die Rückbank des Didis kuscheln kann und nicht noch mit dem Scooter durch die Kälte fahren muss. Aber wie erledigt ich wirklich bin, merke ich erst Zuhause – wo ich noch vor 20 Uhr ins Bett falle. Total kaputt, aber auch zufrieden und zuversichtlich im Hinblick auf 2023.

Fotos

Byebye 2022

Nach drei Jahren Pandemie hat es uns mit dem 180-Grad-Schwenk von ZeroCovid auf VollCovid am Ende doch erwischt und umgehauen. Die Familie hat es überstanden, bei mir zieht es sich.

Ein bisschen gemein vom Schicksal war es, dass mich schüttelfrost-geplagt die Mail vom Auswärtigen Amt erreicht hat, dass wir uns nun für Biontech-Impfungen registrieren können. Trotzdem, besser spät als nie.

Die Weihnachtsfeiertage sind entsprechend unfeierlich und unspektakulär vorübergegangen, wurden überwiegend verschlafen. Statt Kartoffelsalat und Würstchen gab es Leckereien vom Inder (sah zumindest gut aus, ich kann aktuell nur „scharf“ und „nichts“ schmecken), und Peking-Ente macht statt Gänsebraten als Festessen auch was her.

2022 möchte ich schnell hinter mir lassen. Natürlich gab es auch Schönes, aber unterm Strich war es für uns – nicht nur, weil uns die Seuche zum Jahresende doch erwischt hat – das schwierigste Pandemie-Jahr. Auch wenn wir bei den letzten Jahreswechseln schon immer gehofft haben, dass das neue Jahr besser wird: dieses Jahr stehen die Chancen dafür deutlich besser.

Fotoparade 2022

An 2022 möchte ich wirklich nur noch einen Haken machen, und statt eines ausführlichen Rückblicks möchte ich nur eine Handvoll Fotos zeigen – und nehme damit wieder an der Fotoparade von Michaels Blog Erkunde-die-Welt teil.

Kategorie: “Berühmt”

Pekings Sommerpalast im Winter mit dem Eis-Vergnügenauf dem zugefrorenen Kunming-See

Sicherlich eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Welt: der Sommerpalast. Hier im Winter, auf dem zugefrorenen Kunming-See tobt das Eisvergnügen. Ich habe für Kälte nicht viel übrig, aber mit einem Eis-Fahrrad auf dem See vor dieser Kulisse herum zu radeln, das gehört auf jeden Fall zu den besten Aktivitäten in Peking. Mehr Bilder hier.

Kategorie “Modern”

Pekings "Lange Unterhose" und weitere Hochhäuser nachts von oben fotografiert.

Wenn ich an „Peking“ und „modern“ denke, kommt mir als erstes der CBD in den Sinn mit den hohen Türmen und dem charakteristischen Hauptgebäude des CCTV, der „Langen Unterhose“. Meist fotografiere ich dort von unten, aber dieses Jahr ist dieses Bild entstanden, und zwar aus der Atmosphere Bar im 80. Stock der China World Mall.

Kategorie “Naturwunder”

Schwalbenschwanz auf blauer Blume

Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken. (Carlo Karges)

Aus bekannten Gründen sind wir auch dieses Jahr nicht gereist, also keine Bilder von landschaftlichen Naturwundern wie den „Avatar-Bergen“ in Zhangjiajie oder den Karstkegelbergen bei Guilin. Stattdessen war ich in diesem Jahr mehrfach im Botanischen Garten und habe mir die „kleinen“ Naturwunder wie Pflanzen und Blumen – und diesen Schwalbenschwanz angesehen.

Kategorie “Obst”

Granatäpfel an einem Baum im Lama-Tempel

Diese Granatäpfel wachsen nicht irgendwo, sondern mitten im Lama-Tempel.

Kategorie “Botschaft”

Deutsche Botschaft in Peking mit Ukraine-Fahne am Gebäude.

Ich glaube, zu diesem Bild muss ich nicht viel sagen. Eine Botschaft der Solidarität an der deutschen Botschaft in Peking.

Kategorie “Selfie”

Linni auf dem zugefrorenen Kunming-See vor dem Sommerpalasst

Wenn es hochkommt, mach ich vielleicht zehn Selfies im Jahr – ich finde meine Umgebung viel interessanter, so wie hier das Eisvergnügen auf dem zugefrorenen Kunming-See vor dem Sommerpalast.

Kategorie „SW“

Zuwegung zum Yongdingmen (Tor) in Peking, schwarz-weiß und trostlos: breiter, weitgehend leerer Weg, wenige Menschen, kahle Bäume

Das ist der Weg zum Yongdingmen. Eine Sackgasse, in einer kleinen Parkanlage, es gibt nur den einen Eingang. In seiner Trostlosigkeit ein für dieses Jahr wohl sehr typisches Bild.

Kategorie „Koloriert“

Laubengang im Botanischen Garten mit roten Lampions

Wenn ich an Peking und kolorierte Bilder denke, fallen mir dazu natürlich rote Lampions ein. Und hier sind sie: im Botanischen Garten.

Silvester

Ich bin immer noch angeschlagen, daher werden wir es uns heute Abend zuhause gemütlich machen. Kein Raclette, kein Fondue, sondern „Shabushabu“ mit Hotpot und Grill, damit sind hier alle happy. An unseren Traditionen halten wir fest: Dinner for One wird nachher einmal laufen, Ekel Alfreds Silvesterpunsch dafür in Dauerschleife als Hintergrundbeschallung.

Und in drei Wochen feiern wir dann ja schon wieder: wenn das Jahr des Tigers endet und das Jahr des Hasen beginnt.

Ich wünsche allen einen Guten Rutsch und ein wirklich GUTES NEUES JAHR!

Peking und das Ende von Zero Covid

Letzten Mittwoch wurde quasi das Ende von ZeroCovid in Peking verkündet. Erste Vereinfachungen hat es bereits von den Protesten gegeben, aber diese haben das sicher beschleunigt.

Einerseits ist das eine große Erleichterung und normale(re) Zeiten rücken näher, Grund zur Hoffnung.  Natürlich ist es gut, nicht mehr ständig zum Test wackeln zu müssen, natürlich ist es gut, dass man sich im Falle der Ansteckung zuhause auskurieren kann.

Andererseits ist das zunächst aber auch mit viel Verunsicherung und der Befürchtung, dass sich nun extrem viele Menschen anstecken werden, verbunden.

Das hat unter anderem mit (nicht nur) unserem suboptimalen Impfschutz zu tun. Im November hieß es ja nach dem Staatsbesuch des Kanzlers direkt: Biontech kommt für Ausländer:innen in China. Vor gut zwei Wochen habe ich den Regionalarzt angeschrieben, Antwort: dauert noch, muss noch weiter ausgehandelt werden. Einen Schritt weiter ist das inzwischen wohl mit der Zulassung chinesischer Impfstoffe für chinesische Staatsbürger in Deutschland, aber bis wir uns hier tatsächlich mit Biontech impfen lassen können, wird es noch dauern. Dabei wünscht man sich angesichts der derzeitigen Situation, dass da der Turbo angeworfen wird, aber an den Weihnachtsmann glaube ich auch nicht mehr. Meine dritte Sinovac-Impfung ist ein Jahr her, Minderjährige haben gar keinen Anspruch auf eine dritte Impfung, und nebenbei wird in unserer Klinik aktuell nur gegen Grippe, nicht gegen Covid geimpft. Arghs.

Und wie befürchtet gibt es inzwischen tatsächlich lange Schlangen vor den Kliniken.

Ach, und einem maximal 48 Stunden alten negativen Tests braucht man weiterhin doch noch unter anderem für Restaurants, Behördengänge, Kinos, Fitnesscenter, Schulen (soweit überhaupt geöffnet). Problem dabei: wo ist die nächste Teststation? So wie die im Frühling wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, sind sie jetzt über Nacht spurlos verschwunden.

Eine Art Ausnahmezustand

Peking befindet sich derzeit in einer Art Ausnahmezustand. Die Straßen sind wie leergefegt, wer irgendwie kann, igelt sich zuhause ein.

Botschaft

Gestern sagt die Botschaft 3,5 Stunden vor dem geplanten Beginn ihren Weihnachtsempfang ab. Heute wird der für nächsten Dienstag gebuchte Termin zur Passbeantragung  abgesagt, zusammen mit dem Hinweis, dass es vor dem 9.1. auch keine neuen Termine mehr geben wird. Fast einen Monat keinen Pass beantragen können? Das ist schon sehr krass. Mit dem Ablaufdatum des Passes läuft auch die Aufenthaltserlaubnis ab. Zum Glück hatte ich großzügig geplant, aber mit weiteren Absagen würde es eng werden, und ich bezweifele, dass die Botschaft den Expresszuschlag übernehmen wird.

Einkaufen/Versorgung

Jingkelong, Pekinger Supermarktkette, liefert derzeit gar nicht. Lieferzeiten von Restaurants haben sich in etwa verdreifacht. Bei Jindong und Taobao verlängern sich die Lieferzeiten ebenfalls um mehrere Tage. D.h. es wird schwieriger, sich zu Hause einzubuddeln und allen potenziellen Virenschleudern aus dem Weg zu gehen.

Zum Glück haben wir unseren Compoundshop, dessen Besitzer aktuell deutlich mehr frische Lebensmittel als normalerweise im Angebot hat.

Erkältungsmedikamente, Ibuprofen, Paracetamol usw. können inzwischen zwar wieder ohne formelle Registrierung erworben werden. Rein praktisch gestaltet sich das schwierig: es hat einen großen Ansturm darauf gegeben, und nun sind diese Medikamente nahezu überall ausverkauft.

Schule

Mittwoch war in der Zeit (leider hinter der Bezahlschranke) zu lesen, dass der Schulleiter auf baldigen Präsenzunterricht hofft. Donnerstag kam dann auch eine Mail an die Eltern: wir hoffen auf Präsenzunterricht ab Montag. Mail am Freitag: es wird noch verhandelt, wir melden uns. Am Sonnabend musste die Schule dann mitteilen, dass in der letzten Schulwoche vor den Weihnachtsferien doch nicht zum Präsenzunterricht übergegangen werden kann, weil von Erziehungsbehörde und Schule(n) noch an den Maßnahmen gefeilt würde.

Heute wird per Mail mitgeteilt, dass aufgrund des hohen Krankenstandes ein großer Teil des Onlineunterrichts ersatzlos entfallen muss. Am Freitag beginnen die Weihnachtsferien, zum Glück. Nach den Ferien ist die Situation dann hoffentlich wirklich normaler.

Es ist und bleibt schwierig

Aktuell finde ich die Situation so schwierig wie zu Beginn der Pandemie (wenn nicht noch schlimmer, weil wir ins vierte Pandemiejahr gehen und es inzwischen Impfungen gibt). Von daher fällt der Jubel für das Ende von Zero Covid hier nur sehr verhalten aus.

Montag vom Feinsten

Und weil die Situation derzeit wohl doch noch nicht aufreibend genug ist: Montagmorgen wache ich auf und denke, oh nein, warum ist es schon wieder so kalt? Aber als ich dann das Licht nicht anknipsen konnte, war klar, dass das Problem diesmal nicht die Heizung war. Blick aus dem Fenster: bei den Nachbarn brennt das Licht.

Strom ist alle!

Damit ist klar: Strom ist alle (der ist hier prepaid). Nachdem wir tagelang nur mit e-Heizungen geheizt haben, auch kein Wunder, dass das so viel schneller als erwartet passiert. Also bin ich im Dunkeln in die Klamotten gesprungen, runtergeflitzt, Strom gekauft, wieder hoch und noch ein paar Minuten auf den Worker gewartet und: es wurde hell. Aber leider rief mich im gleichen Moment einer der Jungs: „Unter meinem Schreibtisch hat es geblitzt und geknallt.“ Ja, da war noch eine Sicherung raus. Also Kabel gecheckt, den Übeltäter identifiziert und weggeworfen, Ersatzkabel eingesteckt, Sicherung angemacht. Soweit schon ein anstrengender Start in die neue Woche, aber besonders, wenn der Junior dann auch gleich eine Online-Klausur schreiben muss…

Sandsturm

Auf meinem Handy kam derweil eine blaue Gefahrenwarnung an: Sandsturm. Blau ist die niedrigste von vier Warnstufen. Und tatsächlich wurde der AQI vierstellig, wenn auch nicht auf meiner App, da endet die Skala bei 999. Solche extremen Luftwerte gab es lange nicht, wenn man bedenkt, dass es solche Werte früher auch ohne Sandsturm gegeben hat. Inzwischen pfeift immer noch eiskalter Wind ums Haus, aber der Sand ist zum Glück weg.

Wenn der Wind doch nur auch Sorgen und Verunsicherung und vor allem dieses Drecksvirus wegblasen könnte…

Pandemie und kein Ende…

Nach der Covid-Welle Ende April/Anfang Mai, die relativ überschaubar geblieben ist, spitzt sich die Lage in Peking aktuell immer weiter zu. Die Zahl der Infizierten steigt täglich. Aus europäischer Perspektive mögen +/- 500 Fälle am Tag auf 23 Millionen Einwohner ein Witz sein, hier hat das weitreichende Folgen. Ich finde immer noch, dass es schlauer ist, die Krankheit nicht durchrauschen zu lassen, vor allem nicht mit dem Wissensstand, den wir heute haben (Post- und Long-Covid, schwerere Erkrankungen bei Re-Infektion …), aber was andernorts zu wenig gemacht wird, ist hier zu viel.

Wir wohnen in Chaoyang, einem zentralen, dicht besiedelten Bezirk (von insgesamt 16 Stadtbezirken), Pi mal Auge so viele Einwohner:innen wie Berlin. Dieses Wochenende wurde ganz Chaoyang gebeten, möglichst zu Hause zu bleiben und den Distrikt nicht zu verlassen. In zwei Vierteln in unserer Nähe sind bis auf Apotheken, Lebensmittelläden und Supermärkte alle Geschäfte geschlossen, Restaurants dürfen keine Gäste mehr bewirten, sondern nur take-away anbieten, Arbeit soll soweit möglich aus dem Homeoffice stattfinden, Büros (hier gibt es unfassbar viele Großraumbüros) dürfen nur zu 50% besetzt sein … Seufz. Es steht zu befürchten, dass sich das auf weitere Viertel ausdehnen wird.

Screenshot einer Map, die das östliche Zentrum Pekings mit roten Markern zugesprenkelt zeigt. Die Marker zeigen Covidfälle an.Gestern morgen ging es mit einer besorgten Nachricht unseres Vermieters los, der einen Screenshot einer Karte geteilt hat, dass wir inmitten eines Nests von Covidfällen sitzen, und er hat uns zur Vorsicht geraten. Daraufhin habe ich erst einmal einen Schwung N95-Masken statt der bisher genutzten surgical masks bestellt, wobei es unklar war, ob es eine persönliche Empfehlung unseres besorgten Vermieters oder eine grundsätzliche Regelung war. Schaden wird es jedenfalls nicht.

Teststellen als Spreadstellen?

Heute müssen wir testen gehen (wegen Schule + Terminen am Montag, und weil jetzt wirklich fast überall ein negativer Test aus den letzten 24 Stunden statt der bisherigen 72 gefordert ist). Die Teststellen haben hier in der Regel zwei Schalter: am ersten werden die Daten aufgenommen, am zweiten der Abstrich gemacht. Bei den Chines:innen wird deren ID-Card mit einem Handy eingescannt. Bei uns Ausländer:innen wird mühsam Name, Passnummer und Nationalität eingetippt – was die Leute hinter einem in der Schlange immer sehr freut (nicht), weil das halt deutlich länger dauert als das Scannen.

Nun kennen die Leute in der Testbox uns inzwischen vom Sehen (wir sind ja oft genug da…). Bei meinem Mann übernehmen sie das Tippen, aber mir und den Jungs wird das Handy rübergereicht, weil es halt echt viel schneller geht, wenn wir selbst unsere Daten eingeben – stellt euch vor, ihr müsstet chinesische Zeichen abmalen, ich finde das vollkommen okay. Beziehungsweise es war okay, solange es kaum Fälle gab. Jetzt, wo gerade auch Teststationen eine potentielle Spreadingstelle sind, finde ich es zunehmend eklig. Im Container sitzt einer im Hazmatsuit mit Faceshield und Handschuhen, und ich grabsche mit ungeschützten Pfoten dieses Handy an! Ich hab gerade Nachschub an Desinfektionsfluid und -tüchern bestellt und werde auch den Jungs einschärfen, das Zeug zu benutzen, bevor sie ein Fenster weiter die Maske anfassen und runterziehen für den Abstrich.

Eigentlich wollen wir ja lockern, aber…

Wie ich schon erzählt habe, sind ja gerade ein paar Regelungen wie z.B. die Einreisebedingungen etwas erleichtert worden: Quarantäne auf 5 Tage zentralisierte Hotelquarantäne verkürzt plus 3 Tage Quarantäne zuhause; Einreise ist wieder über Drittländer möglich (die erhoffte Normalisierung der Flugpreise hat es bisher leider trotzdem noch nicht gegeben). Die Klassifizierung von Risikogebieten wurde vereinfacht.

Und für uns das Wichtigste: sekundäre Kontakte werden nicht mehr in Quarantäne gesteckt. Blöd ist nur, dass es immer noch reicht, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, und schwupps: Primärkontakt (= Quarantäne zuhause). Aber immerhin: zuhause. Blöd ist nur, wenn tatsächlich ein Covid-Fall im gleichen Compound auftritt: dann wird zugemacht.

Es fühlt sich gerade alles paradox an, einerseits erste Vereinfachungen, und jetzt grätscht die aktuelle Welle rein. Heute sind es schon über 600 gemeldete Fälle, dazu der erste Corona-Tote in Peking seit zwei Jahren, der zehnte insgesamt.

Aktuell überlege ich, was ich eventuell noch an „Quarantänevorsorge“ erledigen muss, nur für den Fall, dass es uns auch erwischt. Es wird hier zwar immer versichert, dass es keine Shanghaier Verhältnisse geben wird, aber die Schilderungen von Freundinnen aus Shanghai sind nicht ohne Einfluss auf mich geblieben. Gut ist, dass wir unseren Minisupermarkt unten in der Lobby haben, Lieferdienste sollen auch Compounds beliefern, die wegen Corona-Fällen im Lockdown sind, wobei ein bei Expats beliebter Shop von Problemen berichtet hat, weil die Lieferungen an einen solchen Compound nicht abgeliefert werden konnten. Also verlassen wir uns besser nicht komplett darauf. Mehl und Reis kaufe ich eh immer in 10-Kilo-Säcken, da sind wir noch versorgt, aber vielleicht ist es doch nicht verkehrt, noch mal einen Schwung Gemüse einzukaufen und einzufrieren. Oder ich könnte typisch chinesisch ein paar Kohlköpfe auf dem Balkon stapeln. Mal sehen.

Trübe Aussichten

Hier sehnen sich die Menschen genauso oder noch mehr nach einem wirklichen (!) Ende der Pandemie wie überall sonst auf der Welt. Da grätscht die aktuelle Welle ganz fies rein. Ganz besonders zum Beispiel für Restaurants, denen nach bald drei Jahren Pandemie das Wasser schon lange bis zum Hals steht.

Es ist wieder nichts planbar. Diese Woche sind für mich ein Ausflug ins Stadtplanungsmuseum mit deutschsprachiger Führung und das NaNoWriMo-Treffen ausgefallen, ob die Termine, die ich für nächste Woche im Kalender stehen habe, stattfinden können: fraglich. Ich bringe meine Tage trotzdem halbwegs sinnvoll rum, die Jungs können (noch?) zur Schule gehen, der Mann arbeiten. Ja, das ist auch einen interessante Frage, Schulschließung war ja schon angekündigt und wurde zurückgenommen. Kann natürlich trotzdem noch kommen.

Die Hoffnung auf mehr Normalität ist erstmal dahin. Ganz im Gegenteil: Mit den immer noch steigenden Fallzahlen und der Unsicherheit, wie darauf reagiert werden wird und was das für unseren Alltag bedeutet, sind die Aussichten eher trübe und die Stimmung ist so, wie der Blick aus dem Fenster heute: AQI im lila Bereich (very unhealthy), dazu Mistwetter. Novembergrau wie aus dem Gruselbilderbuch.

Schnipsel Nr. 24 – Novemberschnipsel

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Ombidombi goes Fediverse

Ich hatte jetzt ziemlich lange Zeit Probleme mit instabilem oder gar nicht funktionierendem Internet und VPN. Da gingen dann unter anderem auch Facebook, Twitter und Co. nicht oder nur so schlecht, dass ich gleich wieder weggeklickt hab. Was funktioniert hat: Mastodon, immerhin die kleine Instanz, auf der ich mich seit einem Jahr herumtreibe. Also bin ich dort aktiver geworden. Nun kam noch die Twitterübernahme dazu, was viele neue User:innen zu Mastodon gebracht hat.
Internet und VPN laufen jetzt endlich wieder stabil, aber Mastodon gefällt mir inzwischen so gut, dass ich mehr dort und weniger auf anderen Netzwerken sein werde. Zu finden bin ich unter @lin@literatur.social – und wenn jetzt alles geklappt hat, ist auch mein Blog nun Teil des Fediverse: @Linni@ombidombi.de .
Ich kann nur empfehlen, Mastodon (und die anderen Elemente des Fediverse) auszuprobieren.  Das Klima ist deutlich besser, es gibt weder Kommerz noch Werbung (abgesehen von gelegentlicher Eigenwerbung von Autor:innen oder Künstler:innen z.B.), keinen Hate (das bleibt hoffentlich so)… Weniger Blödsinn, der einem ungebeten in die Timeline rutscht… Kein Monopol, kein Bezahlen mit den eigenen Daten.
Das hat sich jetzt alles zu Chinesisch angehört? Unter anderem hier ist das alles noch mal gut erklärt.

NaNoWriMo

Erst ein Drittel des Monats ist rum, aber ich kann jetzt schon sagen, dass es mein bisher „bester“ NaNoWriMo (National Novel Writing Month) ist. Die Freude am Schreiben ist wieder voll da, es ist wieder selbstverständlich, mich jeden Tag mindestens morgens und meist auch abends hinzusetzen und zu schreiben. Heute war wieder ein kleines, aber feines Write In in einem urigen Café, in dem es wärmer als bei uns Zuhause ist. Natürlich schreibt jeder alleine vor sich hin, aber zwischen anderen Menschen zu sitzen, die das Gleiche tun, sich zwischendrin gegenseitig zu ermutigen und auszutauschen, das ist schön. Und mal sehen, vielleicht bin ich dieses Mal so zufrieden, dass nach dem editieren und bearbeiten und überarbeiten und teils neu schreiben und weiter überarbeiten vielleicht doch mal eine Geschichte das Licht der Öffentlichkeit sieht.

Immer noch Pandemie…

Die Zahl der Covid-Infektionen in Peking ist so hoch wie im April, aber gleichzeitig gibt es eine ganze Reihe von Erleichterungen und Vereinfachungen der Maßnahmen, u.a. wird die Quarantäne bei Einreise nach China von 10 (7+3) auf 8 (5+3) verkürzt, also „nur noch“ fünf Tage zentrale Hotelquarantäne, drei Zuhause. Für uns, die wir aktuell noch nicht reisen, vielleicht am Wichtigsten: sekundäre Kontakte (close contacts of close contacts) werden nicht mehr verfolgt, das heißt, das Risiko in die Covid-Maschinerie zu geraten sinkt deutlich. Detailliert kann man das bei China Daily nachlesen.
Bemerkenswert ist halt wirklich, dass diese Erleichterungen kommen, während die Zahl der positiven Tests so hoch ist. Ich will das, ganz vorsichtig noch, als positives Zeichen nehmen.

Schon wieder November

Ich habe das ja sicher schon ein paar Mal erwähnt (hier zum Beispiel): der November ist maximal mein zwölftliebster Monat.

Dieser Monat steht für mich für Tod und Verfall, Trübsinn, Kälte, es wird dunkel.  Die Farben verschwinden, alles ist grau. Wenn sich das hier dann auch noch mit Smog und Nebel mischt, kostet es wirklich Kraft, dass sich das viele Grau nicht auf die Seele legt.

Noch hängt buntes Laub an den Bäumen, aber um goldenen Ginkgo zu sehen, muss man sich so langsam sputen. Wenn man nicht zu weit vom Zentrum weg möchte, gibt es sowohl im Ditan-Park als auch im Lama-Tempel schöne Gingko-Alleen.

Aber ich zähle jetzt schon die Tage, bis der Winter vorbei ist.

Ich muss im November aktiv und gezielt gegen trübe Stimmung angehen. Da kam der Blogartikel „Warum wir den November dringend brauchen“ von Helmut Achatz gerade rechtzeitig: einige Ideen und Gedanken, was es Positives im November gibt. Aber wenn es morgen schon Mitte April wäre – ich hätte absolut nichts dagegen…

Heizperiode, Heizungsgrenze, Ofenäquator?

Das Wetter ist der Jahreszeit entsprechend, aber ich friere schon dauernd und muss aufpassen, dass aus dem leichten Halskratzen nicht mehr wird. 18 Grad, das ist ein bisschen frisch, wenn man am Schreibtisch sitzt (im Schlafzimmer von mir aus). Immerhin, wir müssen nicht bis zum 15. November – dem offiziellen Beginn der Heizperiode – warten, in unserem Compound wird die Heizanlage ein paar Tage früher angestellt. Und immerhin, hier wird dann geheizt werden – südlich des Yangtse nicht. Mehr Informationen und Eindrücke seit 1988 hat Ulrike vom Bambooblog zusammengetragen.

Und täglich grüßt das Covidtier…

Letztes Jahr im November hatte ich ja noch Hoffnungen, dass das Covid-Thema sich so langsam erledigt. Bekanntlich Fehlanzeige. Letzte Woche gab es bei uns in der Nähe ein paar Fälle, also mussten wir drei aufeinanderfolgende Tage zum Test, da waren die Wartezeiten auch wieder etwas länger.

Schülerinnen und Schüler müssen nun viermal in der Woche getestet werden, zum Glück nimmt uns das Montag, Mittwoch und Freitag die Schule ab, Sonnabends gehen wir zu „unserer“ Testbox und laden dann das Ergebnis bis Sonntagabend über die Schulwebseite hoch.

Die (eh nur vage) Hoffnung, dass nach dem KP-Parteitag die Regeln allmählich gelockert werden könnten, hat sich erstmal zerschlagen. Stattdessen wird von der Pekinger Gesundheitskommison empfohlen „large scale events“ abzusagen und auf  Online-Alternativen zu wechseln. (Was auch noch nicht wirklich besser geworden ist: Internetstabilität an sich und VPNs im Besonderen…)

Auch wenn ich es richtig finde, Covid nicht einfach durchrauschen zu lassen und Menschenleben als Kollateralschäden im Dienste der Freiheit anzusehen, der Blick nach Deutschland macht derzeit schon ein bisschen neidisch. Die Sehnsucht nach Normalität ist hier unfassbar groß.

Enttäuschung: Weihnachtsbasar fällt wieder aus

Besonders bitter finde ich in diesem Zusammenhang, dass die Botschaft den Deutschen Charity Weihnachtsbasar abgesagt hat. Der Basar wird von Ehrenamtlichen organisiert, die Botschaft stellt das Gelände zur Verfügung, große und kleine Sponsoren unterstützen den Basar – und der Gewinn geht an verschiedene Hilfsorganisationen.

Das ist nun das dritte Mal, dass er ausfallen wird – und es gibt schon einige Unkenrufe, dass eine bald 30jährige Tradition damit am Ende sein könnte. Es ist ja kaum noch jemand da, der aktiv in die ehrenamtliche Organisation des Basars eingebunden war (wie auch, wenn die meisten Expats im Schnitt drei Jahre hier sind und aktuell aus nachvollziehbaren Gründen eher kürzer).

Es ist ja nicht nur eine große Glühweinsause für die internationale Community – bei der Veranstaltung ist immer viel Geld für die Hilfsorganisationen zusammengekommen. Denen wird ohne den Basar ein substantieller Beitrag ihrer Finanzierung fehlen. Deshalb zerbrechen sich gerade viele Menschen den Kopf, welche Alternativen so kurzfristig organisiert werden können, um das wenigstens etwas zu kompensieren.

NaNoWriMo

November, das ist auch NaNoWriMo-Zeit. Nano-Was? National Novel Writing Month, ursprünglich eine amerikanische Aktion, 1999 mit 21 Teilnehmer:innen gestartet und inzwischen weltweit etabliert mit einer Rekordbeteiligung von über 400.000 Teilnehmer:innen 2017: im November schreibt man jeden Tag 1667 Worte und hat dann am Ende des Monats eine 50.000 Wörter umfassende Geschichte geschrieben.

Ich mache da seit 2017 mit, was auch das bisher einzige Jahr war, in dem ich das Ziel erreicht habe (die Geschichten habe ich dann später zu Ende geschrieben). Dieses Jahr bin ich besser vorbereitet als in all den Jahren zuvor, extrem motiviert und habe mir in den ersten beiden Tagen schon ein kleines Polster angeschrieben.

Der NaNoWriMo ist damit auch eine der positiven Seiten am November. Am Wochenende treffe ich mich mit lauter anderen „Wrimos“, um den ganzen Tag gemeinsam zu schreiben, uns auszutauschen, Wordsprints zu starten.

Podcastempfehlung

Es ist schon eine Weile her, da bin ich auf Facebook in einer gemeinsamen China-Gruppe über Sven Tetzlaff gestolpert, der in Hangzhou lebt und arbeitet. Ich muss gestehen, dass ich lange Zeit Podcast-Muffel war und das Format erst im Sommer für mich entdeckt habe. Lesen geht schneller, es bleibt mehr hängen – aber es geht halt nicht nebenbei. Also kombiniere ich nun – und inzwischen startet mein Tag mit dem Tagesthemen-Podcast…

Zeit-Verbrechen habe ich in wenigen Tagen alle Folgen komplett durchgesuchtet und jieper jetzt jeden zweite Woche auf die nächste Folge. Ich mag „Kein Mucks“ mit Bastian Pastewka (alte Krimihörspiele seit den 1940er Jahren), sporadisch und je nach zur Verfügung stehender Zeit weitere News-/Science-/Literatur- und China Podcasts. Und jeden Mittwoch: Umlauts Diary – das Chinatagebuch von Sven. Ich schreibe hier in meinem Blog über meinen Alltag in China, er erzählt in seinem Podcast von seinem Leben in China und was ihn umtreibt. Am besten hier abonnieren: Svens China-Tagebuch. Das ist noch mal eine andere Perspektive, eine andere Stadt – manchmal andere, oft ähnliche Sichtweisen: klare Hör-Empfehlung!

Botanischer Garten im Oktober

Ich war (schon) wieder im Botanischen Garten, diesmal mit der Fotogruppe, zuletzt war ich im September dort. Ich denke, ich werde eine Serie daraus machen: ab jetzt jeden Monat in den Botanischen Garten. Oh je, nun habe ich es angekündigt, nun muss ich es auch durchziehen… Ich bin ja immer wegen der weiten, langen Anfahrt zurückhaltend gewesen. Aber in Wahrheit brauche ich mit der Metro bis zum Botanischen Garten auch nicht viel länger als mit dem Scooter bis zum Tian’anmen. In den kommenden Wintermonaten könnte ich mich ja im Gewächshaus aufwärmen, da war ich länger nicht drin. Nächstes Mal also im November!

Darum ist der Botanische Garten so toll

Warum ich dort so gerne hingehe? Der Botanische Garten liegt wirklich idyllisch am Rand der Duftberge, die Anlage ist großzügig und schön angelegt, es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken. Es ist ein wohltuendes Kontrastprogramm zum Megapolis-Alltag. Megapolis? Gibt es das Wort überhaupt? Aber Großstadt – das ist und war doch mein Hamburg, das im Vergleich zu Peking so überschaubar und gemütlich wirkt…

Im Botanischen Garten befinden sich zahlreiche Themengärten: Rosen-, Bambus-, Flieder-, Bonsai-, Pfingstrosengarten; Kirsch-, Pflaumen-, Pfirsichbäume, Sequoias, Ginkgos und und und… Dazu Geschichte und Kultur: der Wofo-Tempel, die Residenz des Schriftstellers Cao Xueqin, eine, nein: mindestens zwei weitere Tempelruinen und sicherlich noch einiges mehr, das ich bisher noch nicht erkundet habe.

Und dann gibt es noch etwas, das ich hier total anziehend findet: Die chinesischen Besucherinnen, die allein, zu zweit oder in Gruppen posieren und keine Grenzen kennen, um das schönste Bild zu schießen.

Das Foto! Die Lebensfreude!

Wenn du kein Foto hast, ist es nicht passiert!

Dieser olle Spruch hat wohl nirgendwo soviel Gültigkeit wie in China.
Im Botanischen Garten startet das schon direkt vor dem Eingang, wo Gruppen- und Singlefotos geschossen werden.

Wir sind kaum ein paar Minuten unterwegs, da nimmt eine Chinesin einer Frau aus unserer Gruppe das Handy aus der Hand, dirigiert uns unter die Bäume, gibt Anweisungen, wie wir zu posieren haben: linkes Bein vor! Nein, nein, ihr müsst euch nach der Größe geordnet aufstellen! Ohauaha – ihr habt einen Mann dabei, der muss in die Mitte! Mit der rechten Hand „thumbs up“! Lächeln!!!

Das ist echt ein großer Unterschied. Wenn wir Deutschen uns zum Gruppenfoto aufstellen sollen, dann tun wir das ungern, pflichtschuldig, irgendwie ist das peinlich, jedeR steht halt irgendwie so da und ist froh, wenn es vorbei ist. Und hier ist das ein spaßiges Event, nicht nur die/der mit der Kamera dirigiert, alle nehmen Anteil und am Ende kommen wirklich nette Bilder dabei heraus. (Liebe finnische Freundin, erinnerst du dich an unsere Reise nach Yangshuo und die Gruppe von Lehrerinnen auf dem Schiff, die uns in die Feinheiten eines anständigen Gruppenfotos eingewiesen hat, inklusive farblich passender Tücher, die alle dabei hatten?)

Männer sind natürlich auch da, aber zumeist hinter der Kamera.

Sei es am Handy in Begleitung ihrer Frau oder solo – dann oft mit riesigen Objektiven, die mindestens 20 Kilo wiegen und mehr kosten als mein letztes Auto – und die mehr für einen langen Tagesausflug auch viel zu unhandlich wären, ich lass ja mein überschaubar großes Tele schon meist weg.

Die Technik schreitet voran, längst gibt es nicht mehr nur Fotos, sondern auch Videos. Ticktack, Tiktok! Selbst wenn man jenseits der 50 ist, so what? Leider habe ich nicht schnell genug geschaltet und auch gefilmt. Und hier war das wirklich schade – wobei ich andererseits den Moment so sehr genießen konnte.

Hier wurde nicht nur für ein Foto posiert, sie haben gesungen und im Kreis getanzt und sich dabei gefilmt. Aber das Herrlichste war das Giggeln, Kichern, Lachen, die überbordende Fröhlichkeit am Ende. Das war ansteckend, das war ein unglaublich schöner Moment. Notiz an mich: Filmen üben!

Wiederholung und Abwechslung

Ich glaube, ich habe in jedem meiner Blogartikel zum Botanischen Garten wenigstens ein Bild mit der Ansicht vom See in Richtung Berge. Aber auch wenn sich das wiederholt, ein bisschen ändert sich der Blickwinkel, der Standort, das Wetter und auch die Jahreszeit.

Ich glaube, dass es eine gute Idee ist, in den nächsten zwei Wochen in Richtung Duftberge und/oder Badachu zu fahren: Herbstfarben at it’s best! Wenn es einen Tag mit schönem Wetter und guter Luft gibt, dann mach ich das auch: in die Duftberge und mit dem Sessellift hochfahren und von oben auf die dann sicherlich herbstlich bunten Berge runter knipsen oder nach Badachu und von Tempel zu Tempel allmählich die Berge hochkraxeln und mit der Sommerrodelbahn runtersausen und filmen. Oder beides.

Die Luft war leider nicht so gut, in Verbindung mit dem bedeckten Himmel ergab das herbstlich-melancholische Stimmung – und abends Halskratzen, das am Morgen aber wieder weg war.

Bäume, Blüten und Getier

Zum Botanischen Garten im Herbst gehören natürlich auch Bäume wie die goldenen Stinkos-Ginkgos. Ja, das „lebende Fossil“, wunderschön anzusehen, aber die Früchte müffeln!

Es wimmelt nicht mehr so sehr wie im Frühling, aber es sind doch noch einige interessante Insekten unterwegs.

Obwohl schon spät im Oktober, ist der Rosengarten noch ein Farbenmeer, wenn teils auch schon kurz vor dem Verblühen.

Das war ein wirklich schöner Ausflug, ich freu mich schon aufs nächste Mal.

Fotos

Oktober in Peking

Der Herbst ist angekommen. Herbst, das ist hier der kurze Augenblick zwischen „zu heiß“ und „zu kalt“. Der Mann kam mit einer schnieken neuen Übergangsjacke an. Ich habe ihn ausgelacht, weil man sowas in Peking wirklich nicht braucht, Anfänger.

Dicke Luft

Unsere Luftfilter standen den ganzen Sommer über ungenutzt rum. Neulich musste ich sie doch wieder anschließen, ohne ging es nicht mehr. Aber Smog-Kopfschmerzen und -Halskratzen braucht kein Mensch. Seit Sonntag ist der Himmel nun wieder strahlend blau, die Stecker sind  gezogen und das leise Hintergrundbrummen (die Dinger sind zwar ganz leise, aber halt nicht lautlos) nervt nicht mehr. Die Luftqualität hat sich hier seit unserer Ankunft extrem verbessert, blauen Himmel gibt es schon lange nicht mehr nur zu Parteitagen. Umso mehr nervt es, wenn der graubraungelbe Schleier über allem liegt und das auch noch tagelang.

Brücken und Tunnel

Das hier ist eine Brücke am östlichen 3. Ring, Liangmaqiao. Am westlichen 3. Ring, etwa 14 Kilometer entfernt, hat jemand an einer ähnlichen Brücke ein Protestbanner aufgehängt. Ich hab das erst spät mitbekommen, da Internet und vor allem VPNs derzeit stark beeinträchtigt sind.

Zur Zeit heißt es also heute und heute journal statt Tagessschau und Tagesthemen – die ZDF-Seiten sind im Gegensatz zu den ARD-Seiten auch ohne Tunnel erreichbar. Nach dem 22. Oktober wird es dann wohl wieder „normal“…

Eindrücke von unterwegs

Ich hab sicher schon mal ein Bild von „Papageno“, wie ich ihn in Unkenntnis seines richtigen Namens nenne, gezeigt. Ich freue mich immer, wenn ich ihn treffe.

Hab ich schon erwähnt, dass es herbstlich wird? Die beiden Türme, die im Bildhintergrund in der dicken Luft verschwimmen, sind eine Dauerbaustelle, waren es schon, als wir angekommen sind. Die große Halle im Vordergrund steht noch nicht so lange und wird vermutlich auch bald wieder weg sein – das ist eine Metro-Baustelle. Seit wir hier sind, sind viele neue U-Bahn-Kilometer und -Stationen hinzugekommen.

Es ist Parteitag. Überall in der Stadt stehen an Kreuzungen Freiwillige.

Noch eine Brücke

Diese Brücke ist am 2. Ring, wie man sieht kurz vor dem Lamatempel. Und man kann auch die Berge sehen: sicherstes Indiz für gute Luft. Nicht im Bild: ein Brückenwächter, der genau geguckt hat, was ich da tue. Aber nachdem er sich davon überzeugt hat, dass ich harmlos bin, hat er sich wieder seiner Teeflasche gewidmet. Olympia, Two Sessions, große Konferenzen oder eben jetzt Parteitag: wie die Volunteers oben gehören solche Brückenwächter dann zum Stadtbild. Jetzt kurz nach dem Protestbanner fällt es einem nur stärker auf.

Hier ist der hübsche Paifang am Beginn der Guozijian Street – der Straße, an der der Konfuziustempel liegt. Sah man schon immer: Liefertuktuks an jeder Ecke. Sieht man verstärkt erst seit Covid-19: viele Leute mit weißem Kittel.

Rucksäcke mit Guckloch und Transportboxen aller Art für Katzen und kleine Hunde sieht man hier immer häufiger. Und auch improvisierte Lösungen, die Frontkörbe der Leihfahrräder sind genauso geeignet wie offene Scooterboxen – oder auch Buggys. Beim Warten hat der Mann seinen Hund noch im Arm gehalten und mit ihm gekuschelt. Im Hintergrund: eine der vielen Testboxen, die jetzt an jeder Ecke stehen.

Covid und kein Ende

Hier gilt weiterhin, dass man fast überall ein höchstens 72 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen muss, um reinzukommen. Nachdem wir hier im Umfeld anfangs relativ lange Wartezeiten hatten, stehen nun rund um die nächste Kreuzung drei Testboxen, jetzt ist das innerhalb von wenigen Minuten erledigt.

Im Moment werden allerdings jeden Tag zwischen zehn und zwanzig neue Fälle in Peking gemeldet. Einzige Konsequenz bisher: die Covid-Pressekonferenz findet wieder zweimal am Tag statt. Ich hoffe, dass es dabei bleibt (und dass es keine verpflichtenden täglichen Tests, keine Schulschließung etc. geben wird) und möchte gerne glauben, dass das ein Zeichen von Lockerung ist, weil es bei solchen Zahlen schon ganz andere Reaktionen gegeben hat. Aber erstmal sehen, wie es nach dem 22. Oktober ist…

Golden Week

Golden Week, das ist die Ferienwoche Anfang Oktober anlässlich des chinesischen Nationalfeiertags. Fast ganz China hat frei, es ist Hauptreisezeit (Wetter ist besser als zur Golden Week zum chinesischen Neujahr). Alle sind unterwegs: entweder touristisch oder um die Familie zu besuchen.

Früher wurde von der „größten Völkerwanderung der Welt“ berichtet und das mit dem Andrang an den Mautstellen illustriert. Aktuell wird trotz der schwierigeren Bedingungen (Testanforderungen, Risikogebiete, eventuelle Quarantäne) trotzdem gereist, aber doch deutlich weniger als vor der Pandemie.

Für Pekinger Familien mit schulpflichtigem Nachwuchs ist das Verlassen Pekings nicht angeraten, denn bevor eine Schule betreten werden darf, müssen alle Haushaltsangehörigen mindestens eine Woche in Peking sein. Also bleiben wir hier und machen Ausflüge innerhalb Pekings.

Flaggenzeremonie am Tiananmen

Jeden morgen exakt zu Sonnenaufgang wird die chinesische Flagge am Tiananmen gehisst, jeden Abend exakt zu Sonnenuntergang wird sie wieder eingeholt. Wir nutzen die Ferien, um uns das auch einmal anzusehen.

Das Ereignis an sich ist denkbar unspektakulär, keine Lautsprecherdurchsagen, keine Musik. Durch das Tor unter dem Mao marschieren Soldaten hinaus, holen die Flagge ein und marschieren wieder zurück.

Sonnenuntergang am Tiananmen

Spektakulär sind die Menschenmassen, die kommen, um sich das anzusehen.

Tiananmen: Große Halle des Volkes

Wir finden einen Platz relativ weit vorne, wenn man die Kamera hoch über den Kopf hält, könnte man vermutlich die „action“ fotografieren.

Aber ganz kurz bevor es soweit ist, haben plötzlich beinah alle ein Kind auf den Schultern, nun sehen wir nix mehr, und gehen dann halt ein Stück zurück, um wenigstens die Fahne zu sehen. Da es nahezu windstill ist, hängt die aber schlaff am Mast runter, also auch nicht so irre beeindruckend.

Fahne noch oben

Fahne halb unten

Spektakulär unspektakulär – zack, vorbei

Ich habe meine chinesische Freundin gefragt, ob nur während der Golden Week so viel hier los ist, aber sie meint, das sei immer so. Ich glaube, das schaue ich mir noch mal an, vielleicht mal morgens früh?

Beijing Eastern Suburbs Forest Wetland Park

Kontrastprogramm: Mit meiner Freundin und ihrer Familie machen wir einen Tagesausflug zum Wetland Park. Das ist noch innerhalb Pekings (schulpflichtige Kinder in beiden Haushalten, siehe oben), meine Freundin hat sich um die Reservierung gekümmert, und wir müssen hier am Eingang nur noch den QR-Code der Health App scannen.

Es ist eine hübsche Parkanlage.

Wir haben ein Picknick dabei und lassen uns am Rand der „Yellow Sands“ auf einer großen Bank nieder, der kleine Sohn unserer Freunde wird hier nun den ganzen Tag zufrieden vor sich hin buddeln.

Das sieht man hier oft in den (großen) Parks: man hat ein Zelt dabei, eine Decke, Klappstühle, reichlich Proviant.

Wir Erwachsenen spazieren abwechselnd durch den Park. Dabei kommen wir auch am „Valentine’s Pier“ vorbei. Der wurde extra so „romantisch“ angelegt: um schöne Fotos zu machen, fürs Dating, zum Feiern…

Natürlich fehlt die übliche Lärmkulisse nicht. Über Lautsprecheranlagen und den (zum Teil motorisierten) Parkwächtern wird nonstop darauf hingewiesen, sich zivilisiert zu verhalten, Abstand zu halten und Maske zu tragen…

Das war wohl für dieses Jahr der letzte Ausflug, bei dem man lange draußen herumsitzen konnte (zumindest ohne warm eingepackt zu sein), übers vergangene Wochenende haben sich die Temperaturen halbiert.

Fotos

Botanischer Garten im September

Es ist schon ein bisschen her, da war ich mit einer Freundin im Botanischen Garten. Das Wetter war herrlich hochsommerlich, die Luft gut, viele nette Begegnungen: ich habe den Tag rundum genossen.

Wir haben die Metro genommen, das geht am schnellsten. Erst mit der Linie 10 von Liangmaqiao bis Bagou und von dort das letzte Stück mit der Xijiao Linie. Diese fährt oberirdisch, ist so ein Zwischending zwischen Stadt- und Straßenbahn und nicht nur für Pendler wichtig, sondern auch als „Ausflugslinie“ bekannt, denn sie hält unter anderem am Sommerpalast (Westeingang), am Haupteingang des Botanischen Gartens –  und die Endstation sind die Duftberge.

Es ist nicht besonders viel los, kein Vergleich mit dem Frühlingsbetrieb oder wenn der Gingko sich golden färbt.

Ein Mann hat einen winzigen Bambus-Vogelkäfig unter den Arm geklemmt, den Bewohner trägt er in der Hand.