Neujahrsspaziergang am Shichahai
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Ich bin zwar immer noch nicht fit, aber mein Neujahrsspaziergang musste gestern sein. Ich hab allerdings den Scooter stehen lassen und bin mit dem Didi zum Shichahai gefahren, was sich später auch als gute Entscheidung entpuppen wird.
Immer noch angeschlagen
Wie angeschlagen ich noch bin, merke ich unter anderem auch daran, dass ich ganz dicht am Wasser gebaut bin. Keine QR-Code-Aufkleber mehr im Taxi, nichts mehr scannen? Feuchte Augen. Gewimmel auf den Straßen, reichlich Ampelrückstau? Feuchte Augen.
Vor wenigen Wochen habe ich noch voller Überzeugung gesagt, dass ich es richtig finde, dass man Covid nicht einfach durchrauschen lässt (und falsch finde ich das weiterhin nicht). Aber nun ist auch in China „durchrauschen“ angesagt – und ich habe die Kehrtwende von ZeroCovid auf VollCovid immer noch nicht wirklich verarbeitet, nicht nur, weil uns die Seuche prompt erwischt hat. Den Begriff „VollCovid“ habe ich übrigens nicht erfunden, sondern von Sven Tetzlaff übernommen. Es ist gut, dass das an etlichen Punkten weit übers Sinnvolle hinausschießende ZeroCovid-Regime sein Ende hat. Und deshalb tut es nun unglaublich gut, so viele Leute auf den Straßen zu sehen.
Kurz hinter dem Trommelturm steige ich aus dem Didi aus und bin mitten im Gewusel. Ich gehe zum See hinunter und beschließe, den Qianhai (den Vorderen See) zu umrunden. Und dann stehe ich am Seeufer und habe das Gefühl Teil eines Wimmelbilds von Ali Mitgutsch zu sein. Und zack, wieder feuchte Augen.
Auch wenn die Situation in China sicher gerade schwierig ist mit den unendlich vielen Erkrankten, von denen viele nicht so glimpflich wie wir davonkommen werden – Normalität scheint zum Greifen nah zu sein.
Ich bin Teil eines lebendigen Wimmelbilds
Langsam umrunde ich diesen Teil des Shichahais: den Qianhai. Es gibt fünf Zugangspunkte aufs Eis, aber ich fühle mich nicht fit genug, um aufs Eis zu gehen. Das werde ich aber sicher demnächst nachholen können. Außerdem: Sämtliche Schlitten und Räder (im Eintritt inbegriffen) sind verliehen.
Auch auf dem Kanal am Tempel des Feuergotts tummeln sich Leute, manche sind sogar so wagemutig? leichtsinnig? unter der Brücke – hier ist die Eisfläche nicht durchgängig – durchzugehen.
Als ich schließlich bei der Yinding-Brücke ankomme, ist es nicht nur dunkel, sondern ich bin schon ziemlich erledigt. Durch die „Pfeifenstiel-Gasse“ gehe ich zurück zur Straße und noch ein Stückchen weiter, bis das Gewimmel etwas weniger wird. Hier rufe ich mir ein Didi.
Inzwischen bin ich echt fertig und wirklich froh, dass ich mich gemütlich auf die Rückbank des Didis kuscheln kann und nicht noch mit dem Scooter durch die Kälte fahren muss. Aber wie erledigt ich wirklich bin, merke ich erst Zuhause – wo ich noch vor 20 Uhr ins Bett falle. Total kaputt, aber auch zufrieden und zuversichtlich im Hinblick auf 2023.