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Angkor Wat – Sonnenaufgang? Gewitter!

Pünktlich um 5 Uhr treffe ich Sokphorn und wir fahren los nach Angkor Wat. Der Parkplatz ist schon in Sichtweite, da fängt es an zu nieseln. Ohje, wie doof! Ich kaufe ein Festivalregencape, verstaue meine Kamera in der Neoprentasche im Rucksack und hoffe darauf, dass der Regen schnell wieder nachlässt.

Am Eingang bei der Ticketkontrolle stockt es, eine junge Chinesin hat weder Schultern noch Knie bedeckt und darf so nicht hinein. Andere Frauen aus ihrer Reisegruppe helfen ihr mit Tüchern aus, sie hat Glück, so geht es. Über eine Pontonbrücke geht es aufs eigentliche Tempelgelände. Es ist stockfinster, andere waren klüger als ich und haben Taschenlampen dabei oder leuchten mit ihren Handys. Vor den Wasserbecken vorm Tempel verteilen sich die Menschen nach links und rechts, zwei Guides diskutieren darüber, welche Seite besser ist und können sich nicht einigen.

Ich suche mir ein Plätzchen auf der linken Seite, da blitzt und donnert es auf einmal beinah gleichzeitig, ein Aufschrei geht durch die Menge und aus dem leichten Nieseln wird ein Platzregen. Jemand rennt an mir vorbei, mein Regencape zerreisst und ich bin innerhalb von Sekunden nass bis auf die Haut. Jetzt renne und schlittere auch ich über den matschigen Boden in Richtung eines Restaurants, wo die Leute sich schon dicht an dicht untergestellt haben und finde zum Glück auch noch ein Plätzchen. Es blitzt und donnert, der Regen prasselt auf das Plastikvordach. Hier unten auf dem Bild ist das Schlimmste schon vorbei.

Massen trotz Regen

Massen trotz Regen

Niemand meckert oder schimpft, zumindest in dem Bereich, wo ich stehe. Wetter ist halt Wetter, und alle scheinen es als Abenteuer zu empfinden. Ist es ja auch! Sonnenaufgang kann ja jeder, Gewitter in Angkor Wat ist – zumindest im Januar – wohl noch nicht vorgekommen.

Irgendwann lässt der Regen nach, erst nieselt es noch, dann hört es ganz auf. Ich wringe meine Klamotten aus so gut ich kann und drehe dann eine kurze Runde durch den Tempel.

Nach dem Regen

Nach dem Gewitterguss

Angkor Wat

Angkor Wat

Mir ist kalt, ich gehe relativ zügig durch, lieber in Bewegung bleiben.

Gang in Angkor Wat

Gang in Angkor Wat

Besondere „Tempelstimmung“ kommt nicht auf, dafür sind zuviele aufgekratzte Menschen unterwegs; überall stehen kleine Grüppchen, die sich unterhalten.

Angkor Wat

Angkor Wat

Trotzdem, auch so nass vor grauem Himmel hat Angkor Wat etwas besonderes.

Angkor Wat

Angkor Wat

Ein paar Meter weiter war ein Schild: Wartezeit von hier aus 45 Minuten. Nass und durchgefroren habe ich darauf verzichtet und bin lieber in Bewegung geblieben.

Angkor Wat

Warteschlange in Angkor Wat

Dann verziehen sich die letzten Regenwolken und es wird heller und klart auf.

Angkor Wat

Angkor Wat nach dem Gewitter

So langsam kommt die Sonne durch, aber mir ist kalt.

Angkor Wat

Angkor Wat nach dem Gewitter

Ich gehe in Richtung Ausgang. Es war nicht das, was ich erwartet habe, aber es war definitiv ein Erlebnis.

Angkor Wat

Angkor Wat

Zügig gehe ich in Richtung Parkplatz, aber ich muss mich immer wieder umdrehen, der Anblick ist einfach zu cool.

Angkor Wat

Angkor Wat

Ich finde Sokphorn, der zum Glück trocken geblieben ist und ein Nickerchen im Tuktuk gemacht hat. Bevor wir die für heute geplante Tour – den Small Circuit – angehen, fährt er mich erst nochmal ins Hotel, wo ich heiß dusche, trockene Kleidung anziehe, noch einen heißen Kaffee bekomme. Endlich ist mir wieder warm und wir brechen wieder auf.

Aber Gewitter in Angkor Wat statt Sonnenaufgang – absolut ein Erlebnis, wenn auch ein anderes als erwartet!

Angkor – Grand Circuit Tour

Letzte Woche durfte ich mir eine Auszeit vom Pekinger Winter nehmen. Ich habe mich für Siem Reap, Kambodscha entschieden: Vor allem Angkor wollte ich mir ansehen. Gewohnt habe ich in einem kleinen familiengeführten Hotel im Süden der Stadt, da wo Siem Reap schon eher dörflich ist. 

Bei der Ankunft ein kurzer Schreckmoment, anders als ich es zuvor gelesen hatte, kann man das Visum on Arrival nicht per Kreditkarte bezahlen, ausschließlich Cash – und US Dollar oder Riel hatte ich noch keine und der nächste ATM ist erst draußen vor dem Gebäude… Ups! Zum Glück wurden auch meine chinesischen Yuan akzeptiert. Abgesehen davon erfolgt die Erteilung des Visums doch recht fix. Nur meine in den Pass eingelegte chinesische Meldebestätigung ging dabei verloren und war auch nicht mehr auffindbar. 

Mit dem frischen Aufkleber im Pass ging es dann durch die Einreisekontrolle, zum Gepäckband und dann raus ins Warme, wo ich von Sokphorn in Empfang genommen wurde. Erst noch schnell den besagten ATM erleichtern, und dann ging es durch die Abenddämmerung zum Hotel. Dort angekommen verabredete ich mich für den nächsten Morgen mit Sokphorn, der mich mit seinem Tuktuk auch den Rest der Woche überallhin hingefahren hat.

Angkor – Grand Circuit Tour

Am Dienstag geht es also los mit dem „Grand Circuit“ durch den Archäologischen Park von Angkor. Ich bin noch angeschlagen von Erkältung, Anreise und 35 Grad Temperaturunterschied und will es am ersten Tag langsam angehen lassen. Bei dieser Rundtour legt man zwar einige Kilometer mehr zurück, läuft aber etwas weniger. Ich kleistere mich mit Sonnenmilch zu und sprühe dann überreichlich  Mückenspray obendrauf – mein Antibiotikum löst leicht fototoxische Reaktionen aus und mein Hausarzt hat doch leicht den Kopf geschüttelt ob meines „Leichtsinns“, in ein Denguegebiet zu reisen. Ich halte mich in dem Fall doch lieber an meinen Tropenmediziner, der keine Reiseverbote ausgesprochen hat, aber es hilft nicht, jede blöde Mücke erschreckt mich, das war hart an der Grenze zu Hysterie und Paranoia… 

Erst geht es zum Ticket Center, wo ich für 62 Dollar ein 3-Tages-Ticket erwerbe, dann geht es Richtung Norden an Angkor Wat vorbei und durch Angkor Thom hindurch zum Preah Khan. Sokphorn erklärt mir, dass wir am Westtor sind und ich ihn am Osttor wieder treffen soll. Okay, das klingt selbst für mich Orientierungs-Legasthenikerin schaffbar.

Preah Khan

Ich bin beeindruckt. Ich mag alte Gemäuer, bewundere Baukunst, kann mir kaum vorstellen, wie schwierig und anstrengend es vor Hunderten von Jahren gewesen sein muss, diese Anlagen zu bauen. Dazu die vielen detailreichen Steinmetzarbeiten. Nachdem wir vorher an dem riesigen Parkplatz vor Angkor Wat vorbeigekommen sind und die vielen Menschen in Angkor Thom gesehen haben, gefällt mir die relative Ruhe. Ich bin zwar nicht allein, aber die Besucher verteilen sich rasch auf dem Gelände. Ich sehe die ersten Kinder, dir mir Reiseführer oder Postkarten verkaufen wollen: „Only one dollar!“ Es fällt mir schwer, sie zu ignorieren, aber wenn man den Kindern etwas gibt, verbessert sich nichts an ihrer Situation, sie müssen ihre Einnahmen direkt weitergeben, gehen trotzdem nicht zur Schule und man zementiert die aktuellen Umstände. Es ist besser, von Erwachsenen zu kaufen und/oder an Schulen oder Waisenhäuser spenden.

Und dann sehe ich die ersten riesigen Bäume, die in und über die alten Mauern wachsen. Wow! Breit grinsend schlendere ich in die Richtung, wo ich das Osttor vermute, halte mich möglichst im Schatten, denn die Sonne knallt ganz ordentlich. Zweimal gehe ich an den vielen wartenden Tuktuks vorbei, werde schon leicht nervös, aber dann winkt Sokphorn mir zu und ich atme auf. Ich genieße die kurze Fahrt – Fahrtwind! – weiter nach Neak Pean.

Neak Pean und Ta Som

Sokphorn parkt im Schatten am Straßenrand, diesmal wird er mich an der gleichen Stelle wieder in Empfang nehmen. Neak Pean ist eine künstliche Insel mit einem Tempelturm, zu erreichen über einen Holzpfad durch einen künstlichen See – ein Baray

Ich bin ein Banause, mehr als die kunstvoll ausgerichtete Anlage hat mich das  Gewässer mit den toten Bäumen interessiert…

Diesmal finde ich Sokphorn und sein Tuktuk auf Anhieb wieder. Wir fahren weiter Richtung Ta Som

Ta Som beeindruckt mich. Außer mir sind kaum Besucher da, die Anlage ist verfallen und überwuchert. Einerseits die von Menschen geschaffenen Gebäude, die andererseits von der Natur vereinnahmt werden, das lässt mich staunen!

Regenpause und Pre Rup

Nun geht es weiter zum East Mebon. Es fängt aber heftig an zu regnen, also lassen wir die Tempelanlage links bzw. rechts liegen und kehren in einem Restaurant am Srah Srang ein. Nun, wegen der Kulinarik fährt man eher nicht nach Kambodscha… Ich bestelle eines der Nationalgerichte, „Amok“. Es erinnert an ein Thai-Curry mit Kokos, ist aber mild und im Vergleich zum Thai-Curry fehlt die Hälfte der Gewürze. ;) Aber es ist frisch und appetitlich serviert. Der Regen hört so plötzlich auf, wie er begonnen hat, die Sonne kommt wieder raus, und wir fahren wieder ein Stück zurück zum Pre Rup.

Diese Anlage ist kleiner, aber es ist kein Flachtempel, sondern ein Tempelberg und vorsichtig klettere ich soweit hinauf, wie es erlaubt ist. Abgesperrt ist nichts, das Schild „Be Careful!“ muss ausreichen. Auch die Farben sind anders, waren die anderen Tempel dunkler und überwuchert, ist dieser heller, die Steine schimmern rötlich in der Sonne. Eine Zeitlang bin ich ganz alleine auf der obersten Ebene und kann den Blick in Ruhe genießen.

Danach fährt Sokphorn mich zurück ins Hotel und wir verabreden uns für 5 Uhr am nächsten Morgen: Angkor Sunrise! Pub Street? Ausgehen? Nachtleben? Interessiert mich nicht wirklich, den Abend verbringe ich lesend am Pool und gehe früh schlafen, schliesslich wird um 4:30 Uhr der Wecker klingeln…

Dali – ganz weit oben

An meinem letzten Tag in Dali komme ich dann doch noch zu meiner Seilbahnfahrt. Vom Ticketschalter geht es zunächst ein ziemliches Stück den Berg –  Mount Cangshan – bis zur Talstation hinauf. Die liegt auf 2500 Metern – für mich Flachlandtirolerin schon beeindruckend hoch, die Bergstation liegt auf etwas über 4000 m! Sicherheitskontrolle – natürlich. Und dann besteigen wir die Gondel und lassen uns bequem den Berg hinauftragen. Der Blick auf Dali und den Erhai-See ist atemberaubend schön. Dann wird die Gondel langsamer, wir sind an der Mittelstation angekommen und müssen umsteigen. Das Gelände tief unter uns wird immer rauer und unwegsamer. Je höher wir kommen, umso mehr schwankt die Gondel, es ist recht windig. Bergauf sehen wir Wolkenfetzen und schon bald tauchen wir in die graue Suppe ein und können nur noch wenige Meter weit sehen. Der Wind pfeift, die Gondel schaukelt, der Blick in die Gesichter der anderen offenbart, dass nicht nur ich ein mulmiges Gefühl habe. Spätestens jetzt verstehen wir, warum die Seilbahn die Tage zuvor nicht fuhr!

Ganz weit oben

Dann kommen wir oben an, der Wind zerrt an uns, zum Glück haben wir alle warme Jacken an. Ein Mantelverleih fällt ins Auge: Für den nicht nur für chinesische Verhältnisse exorbitanten Preis von 300 RMB (rund 40 Euro) werden dicke Daunenmäntel verliehen. Teils werden die Familien kreativ und kuscheln sich zu zweit in einen Mantel. Trotz dichten Nebels/dicker Wolken kommt weder Ruhe noch Beschaulichkeit auf, weil ununterbrochen eine Lautsprecherdurchsage abgespielt wird: man möge bitte auf Kinder und Alte achten! Ja, 4100 Meter merkt man! Die meisten Kinder schlafen! Bei manchen Frauen, die uns bergauf entgegen kommen, fließen die Tränen. Die Höhe schlaucht. Irgendwann sind wir doch völlig durchgefroren und fahren wieder hinunter. Als wir aus den Wolken hinausschweben und sich das Tal, Dali und der See vor uns ausbreiten, ist das schon ein toller Anblick.

Ich hätte auch noch einen Blick in das Tianlongbabu-Filmstudio geworfen, das unweit des Seilbahn-Ticketschalters liegt, aber die Uhr tickte, der Flieger zurück nach Peking würde nicht auf mich warten.

Abschied

Am späten Nachmittag kommt mein Taxi, um mich zum Flughafen zu bringen. Ich muss ein bisschen heulen, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, wann ich Sohnemann wieder sehen werde. Er wird mit den beiden anderen am nächsten Tag nach Chengdu weiterreisen und auf den Emei Shan wandern (wo sie dann in einem Kloster übernachtet haben, da wäre ich gerne dabei gewesen).

Ich kann jetzt gut verstehen, warum er Dali als seine chinesische Lieblingsstadt bezeichnet.  Ich habe Dali als gastfreundlichen Ort erlebt, wo Moderne und Tourismus, Geschichte und Tradition sich Hand in Hand entwickeln. Gerne hätte ich noch mehr Zeit dort gehabt, auch für einen Abstecher nach Lijiang, für eine längere Wanderung in den Bergen. Wer weiß, vielleicht kommen wir ja noch einmal dahin?

Dali – der Erhai-See

Am nächsten Morgen in Dali stehen wir früh auf, frühstücken Nudelsuppe und 小笼包 – Xiǎo lóng bāo, kleine Knödel mit herzhafter Gemüse- oder Fleischfüllung. An der Straße halten wir ein Taxi an und lassen uns ein Stück den Berg hinauf zum Ticketschalter der Seilbahn fahren. Große Enttäuschung: es ist zu windig, die Seilbahn fährt heute nicht. Vielleicht morgen. Wir laufen zum Hostel zurück und ziehen uns um, es ist so warm, Fleecejacken, lange Hosen und Wanderstiefel brauchen wir jetzt nicht.

Jetzt wollen wir zum See. Ich habe die Entfernung unterschätzt und bin froh, dass wir doch ein Taxi genommen haben, vom Ortskern zum Schiffsanleger sind es doch einige Kilometer. Wir fahren an Feldern vorbei, erst ein Restaurant, ein Scooterverleih, dann noch einer und dann dicht an dicht. Aber alles sieht ein bisschen heruntergekommen aus, und mindestens zwei Drittel der Geschäfte sind geschlossen. Die kurze Überfahrt zu einer der Inseln soll ein Vermögen kosten. Das schenken wir uns und gehen stattdessen ein Stück am See spazieren.

Chillen am Erhai-See

Später kommen wir zum großen, nur spärlich besetzten Parkplatz in der Nähe des Anlegers zurück und nehmen ein abenteuerliches Konstrukt unter die Lupe. Es ist eine Gaststätte. Aus Baugerüsten, Wellblech und Brettern ist ein dreistöckiges „Gebäude“ auf Stelzen ein Stück in den See hinein gebaut worden. Viele Pflanzen und Blumentöpfe verbergen die wackelige Konstruktion. Das müssen wir uns genauer ansehen, klettern vorsichtig hinauf und finden uns schließlich auf einer Terrasse mit wunderbarem Seeblick wieder, schattig und angenehm. Nur ab und zu wackelt und klappert und quietscht die waghalsige Konstruktion, was uns aus der dösig-entspannten Stimmung reißt.

Von der Erkältung angeschlagen ist das jetzt genau das richtige Programm für mich. Wir genießen köstliche Mango-Smoothies und die Aussicht; hier im Halbschatten mit leichter Brise vom See aus lässt es sich gut aushalten.

Eine junge Frau spricht uns an: „Hi, ich bin Apple und wer seid ihr?“ Natürlich wird wieder fotografiert, Sohnemann tauscht WeChat-Kontakte ihr aus – später am Abend finden wir uns in Apples WeChat-Momenten als ihre neuen Freunde wieder. :)

Eine Autotour rund um den See

Da es weiterhin relativ windig ist, buchen wir für den nächsten Tag eine Rundfahrt rund um den See. Die ist toll. Wir haben außer schönen See-/Berg-Panoramen und kleinen Inseln viel gesehen: Landwirtschaft beinah wie im mittelalterlichen Europa, Schwerstarbeit. Bunte exotische Märkte und alte, prachtvolle Häuser der Bai in Xizhou. Wir werden in einen privaten Hof geführt, der gleichzeitig bewohnt und verlassen wirkt.

Wir besichtigen eine Batikmanufaktur in Zhoucheng, wo Baumwollstoffe in Handarbeit vor allem mit Indigo gefärbt werden, dort wurde uns auch Indigo-Tee serviert. Bai-Frauen in Trachten haben kunstvolle Nähte per Hand angebracht. Sollte sich jemand mal dort hin verirren: an den Ständen in der Stadt werden die Decken/Tücher/Stoffe für einen Bruchteil des Preises verkauft. Wir waren uns nicht sicher, ob es sich dabei um echte Batiken oder Drucke handelte. Die Nähte jedenfalls waren maschinell. Es mag also Gründe dafür geben, dass die Preise in der Manufaktur um einiges höher liegen.

Die Landschaft und das Wetter sind beeindruckend, es ist heiß, aber im Laufe des Tages kriechen die Wolken die Berge hinunter und hängen nur noch knapp über dem See. Einmal laufen Ziegen über die Straße. Viele der kleinen Dörfer wirken verlassen und immer wieder verbreiten Bauruinen trostlose Atmosphäre. Ein Anleger, wo Nr. 3 und seine Freundin vor gut 3 Jahren noch losgerudert sind, ist komplett dem Verfall überlassen. Vereinzelt wird weiter gebaut, mühsam, per Hand. Dann wieder Luxusresidenzen in Toplagen am See. Auch hier allgegenwärtig: Hochzeitsfotografie. Der „Scenic Spot“ für die Kormoranfischerei ist leider nicht erreichbar: Bauarbeiten.

Dann nähern wir uns Xiaguan, dem modernen Dali, und bald darauf trudeln wir wieder in Dali Ancient Town ein. 

Zurück in Dali

Wir bummeln wieder durch Dali und sehen uns weiter um, entdecken ein Kunstviertel, in dem die Dreadlockdichte höher ist als auf einem Bauwagenplatz in Hamburg. Ja, vereinzelt merkt man schon, dass hier recht viele Ausländer dauerhaft hängengeblieben sind. Wir finden uns in einer doch recht touristisch-bunten Gasse wieder, nur um hinter der nächsten Ecke wieder in einer ganz ruhigen Straße zu landen. Man könnte wirklich tagelang nur durch Dali laufen und ständig Neues entdecken. 

 

Sehnsuchtsort Dali

Von Liuku aus fahren wir mit dem Bus nach Dali. Diesmal tagsüber, so dass wir den vollen Nervenkitzel von tiefen Schluchten, Abhängen und Spuren von Erdrutschen genießen können.

Auch diesmal werden wir an der Zoll-Grenz-Station kontrolliert, beim zweiten Mal und tagsüber wirken die Männer mit den Maschinengewehren nicht mehr ganz so furchteinflössend auf mich. Mittags gibt es einen Zwischenstopp an einem Rasthaus, wo niemand außer dem Busfahrer etwas essen möchte und auch die Toiletten… Ach, ist halt so…Weiter geht es.

Der Bus biegt um eine Kurve und vor uns öffnet sich ein großes Tal – dicht bebaut. Zack, plötzlich sind wir nicht mehr mitten im Nirgendwo, sondern in Xiaguan (= Dali New Town), das nahtlos in „richtige“, alte Dali übergeht. Das, und dass es idyllisch am Erhai See liegt, ist wohl das Bemerkenswerteste an Xiaguan. Vom Busbahnhof nehmen wir einen uralten Minibus, der nur noch durch den Rost zusammengehalten wird und fahren die gut 10 Kilometer nach „Dali Ancient Town“, wo wir unsere Zimmer im Jade Emu Hostel beziehen – auch das ein Wiedersehen für Nr. 3 und seine Freundin. Das Hostel liegt in einem für Dali typischen Courtyard im Bai-Stil (weiße Gebäude, blaue Verzierungen) nur wenige Schritte vom Westtor der Stadtmauer entfernt. 

Erste Eindrücke

Nach einer kurzen Pause – ich bin ziemlich erledigt, habe mir wohl im Nachtbus eine fiese Erkältung eingesammelt – stürmen wir die Altstadt. Ich verstehe auf Anhieb, warum Nr. 3 immer so schwärmt und von Dali als seiner chinesischen Lieblingsstadt spricht. Ja, okay, es wimmelt von Touristen, aber die Einheimischen scheinen in der Mehrheit zu sein. Anders als in z.B. Yangshuos West Street ist hier nicht alles für die Touristen gebaut, sondern zwischen Souvenirläden finden sich ganz normale chinesische Geschäfte.

Die Stadt ist nicht nur wirklich hübsch, sondern auch wunderschön gelegen, zwischen Cangshan-Gebirge im Norden und Erhai-See im Süden. Dazu war es selbst Ende September noch angenehm warm, beinah heiß. Abends gehen wir in der Stadt lecker essen, bummeln danach noch durch die Gassen. Vor dem Kino wird getanzt und auch in einer Tempelanlage ist noch viel los. 

Die drei Pagoden

Nr. 3 und Co. kennen den Chongsheng-Tempel mit den drei Pagoden schon, aber ich möchte da gerne hingehen. Also gehen die drei am nächsten Vormittag wandern und ich schlafe erst einmal aus – die Erkältung ist fies und der Husten übel – und gehe später alleine dorthin. Der eigentliche Tempel steht schon lange nicht mehr, aber die Pagoden haben die Zeit und etliche Erdbeben überstanden, dazu gibt es neuere Hallen mit vielen Kunstschätzen aus der Region. Eine der beiden kleineren Pagoden ist ganz schief. Das Gelände ist riesig, obwohl im Eingangsbereich noch recht viele Touristengruppen ankommen, verläuft es sich bereits nach wenigen Metern, und so gibt es wieder viele schöne, ruhige und friedliche Momente für mich. Wolken klettern den Berg hinunter, ein dramatischer Anblick. Der Blick ins Tag und über den See ist mindestens genauso schön.

Und noch mehr Eindrücke

Am späten Mittag treffe ich mich wieder mit den anderen, wir essen in einem kleinen Straßenrestaurant zu Mittag. Ab und zu fahren Pferdekutschen an uns vorbei, den Berg hinauf. Nachmittags lassen wir uns wieder durch die Stadt treiben, entdecken immer wieder Neues. Alte Tore oder Türme, traditionell gekleidete Frauen, fröhlich-bunte Kindertragen. Und überall sieht man überwiegend indigoblaue Tücher zum Verkauf angeboten. In einem Supermarkt kaufen wir Getränke und müssen über den nett dekorierten Eierstand kichern: vom Band kommt das Gegacker und Krähen glücklicher Hühner.

Draußen auf den Stufen vor den Restaurants gibt es überall frisches Gemüse. Man kann nicht nur nach Karte bestellen, sondern zeigt auf die gewünschten Zutaten und bekommt daraus ein leckeres Gericht gekocht. Hitze und Erkältung (drei Punkte an mich für erfolgreiches Anstecken, sorry) machen uns fertig, wir legen eine kurze Pause im Hostel ein und ziehen abends wieder los und futtern uns an einem 烧烤 – Shāokǎo -Stand durch die diversen Spieße. Die sind richtig gut gewürzt, das schmecken wir trotz Schnupfnasen. 

Am nächsten Tag wollen wir mit der Seilbahn auf den Berg hinauf fahren und dort wandern, also gehen wir früh schlafen.

Liuku

Tourismus gibt es in Liuku nicht. Wir sind hier, weil Nr. 3 und seine Freundin den Ort wiedersehen wollen, an dem sie beide ihr Freiwilliges Soziales Auslandsjahr verbracht haben. Mehr darüber findet sich hier:  Baumhaus bei Wikipedia und hier.

Zwei Tage verbringen wir hier, stromern durch die Stadt, frühstücken Xiaolongbao, wo S. früher immer gefrühstückt hat, essen Nudelsuppe, wo Nr. 3 immer gegessen hat. Die zwei werden wiedererkannt und die Leute scheinen sich aufrichtig zu freuen, wir dürfen nicht bezahlen, also lasse ich unauffällig beim Gehen einen Schein in die als Kasse dienende Pappschachtel fallen.

Mitten durch Liuku fließt der Nujiang, einige Brücken verbinden beide Ufer miteinander. Die Fußgängerbrücken schwingen stark, die teils nicht mehr komplett verschraubten Stahlplatten klappern beim darüber gehen, und zwischen den Stahlplatten sind große Lücken, durch die man unten den Fluss rauschen sieht…

Wir schlendern über einen Markt. Der ist nichts für Vegetarier und Tierschützer, allzu zart besaitet sollte man nicht sein. Aus einem Bottich am Boden springt ein großer Fisch und zappelt über den Boden auf mich zu. Augen zu und durch, ich flitze im Eiltempo an den weiteren Bottichen vorbei ans Ende dieses Ganges. Hier denke ich wie so oft auf dieser Reise, wie das die jungen Menschen alles beeindruckt und geprägt haben muss, damals noch nicht mal 20 Jahre alt, direkt nach dem Abitur in Deutschland. 

Die (alte) Minzu

Wir wollen natürlich auch die Schule sehen, an der Nr. 3 unterrichtet hat und wo er auch gewohnt hat. Allerdings wurde die Schule, die „Minzu“, verlegt und ist jetzt in einem Neubau am Stadtrand. Die alte Minzu, zentral und direkt an der großen Promenade am Fluss gelegen, steht nun leer und wird von einzelnen Arbeitern „ausgeschlachtet“. 60 Schüler in einer Klasse. Gemeinschaftstoiletten, die auch jetzt noch wie die Hölle stinken. Ein kleines Zimmer zu zweit, keine Heizung für die Hilfslehrer aus Deutschland. Kein fließendes warmes Wasser. Das ist alles ganz weit weg von unserer westlichen Welt, viel weiter als Peking, was an sich ja schon exotisch und fremd genug ist.

Goldener Buddha von Liuku

Wir gehen am Stadtrand über eine wackelige Fußgängerbrücke und klettern ein Stück einen Berg rauf und sehen uns den dortigen Tempel an, der goldene Buddha thront weithin sichtbar über der Stadt. Auf dem Weg hinauf und von oben hat man einen schönen Blick über Liuku, den Nujiang und die umliegenden Berge. Ich gehe oben in eine Halle hinein, in der ein paar kleine Souvenir-Buddhas ausgestellt sind, vor allem, weil ich einen Moment aus der prallen Sonne raus muss.

Da kommt eine alte Frau auf mich zu, und ich denke, sie will mir jetzt etwas verkaufen. Aber nein! Sie erzählt uns von dem Buddha: es ist ein weiblicher Buddha, für Fruchtbarkeit zuständig und viele Frauen mit Kinderwunsch kommen hierher und bitten um Fruchtbarkeit. Heute sind wir aber die einzigen Besucher. Wir können uns nicht dagegen wehren, sie nötigt uns, uns hinzusetzen, erzählt noch mehr über den Tempel und bringt dann auch noch Äpfel. Apfel heißt 苹果 (Píngguǒ), das ping ist ganz ähnlich wie in 平安 (Píng’ān), das Sicherheit, friedlich bedeutet. Wenn wir auf dem Weg zurück in die Stadt die Äpfel essen würden, wären wir künftig beschützt. Wir bedanken uns ganz herzlich und essen auf dem Weg die Treppen hinunter die saftigen Äpfel.

Sehenswürdigkeiten?

Während wir so durch die Stadt schlendern, werden wir immer wieder unverhohlen angestarrt. Ein etwa zehnjähriges Mädchen schlägt beide Hände vor den Mund, reißt die Augen groß auf und wispert: „Waiguoren!“ (Ausländer!) Aufgeregt zupft sie ihre Freundin am Ärmel, ob sie uns auch gesehen hat. Hat sie, und beide rufen noch mal laut: „Waiguoren!“ und grinsen über das ganze Gesicht. Das war echt drollig. 

Am anderen Flussufer ist eine hübsche, schmale Promenade, dicht bepflanzt. Als ich mir eine Pflanze näher angucken will, sehe ich mich Auge in Auge mit einer riesigen Monsterspinne. Die Biester hingen dort dicht an dicht an beiden Seiten des Weges und bis zum Ende der Promenade achte ich ganz genau darauf, in der Mitte des Weges zu bleiben…

Abends gehen wir mit Freunden essen und die jungen Leute gehen miteinander um, als hätten sie sich vorgestern zuletzt gesehen und nicht vor drei Jahren. 

Nachtbus-Abenteuer: Von Peking nach Liuku (Yunnan)

Nach all dem Hickhack im Vorfeld geht es am Sonntag tatsächlich los. Der Flug ist unruhig, „We are experiencing some turbulence. Please don’t worry!“ Wie war das, solange der Service nicht eingestellt wird, kein Grund zur Sorge? „Service is suspended!“ Merke: Vomex hilft nicht nur gegen Reiseübelkeit, sondern beglückt einen auch noch mit Schläfrigkeit und „Mir-Egal-Haltung“. So bin ich bei der Ankunft in Kunming halbwegs ausgeruht und gespannt auf den Nachtbus.

Kunming ist für uns nur Zwischenstation, aufgeteilt auf zwei Taxen gurken wir einmal quer durch die Stadt zum Busbahnhof. Also nur ein flüchtiger Eindruck von Kunming: heiß, schwül, viele Hochhäuser und Baustellen. Ein Teil der Fahrt geht im Schritttempo über einen Markt, der ist so bunt, farbenfroh, wuselig, exotisch, dass wir am liebsten halten würden, um darüber zu bummeln. Aber wir müssen weiter zum Busbahnhof.

chinesischer Nachtbus mit Etagenliegen

Nachtbus Kunming-Liuku

Dort angekommen teilen wir uns auf, Nr. 3 kauft die Fahrkarten, seine Freundin Getränke und Proviant, wir  beiden anderen bewachen das Gepäck, bestaunen das Gewusel und werden unsererseits bestaunt: wir sind die einzigen Langnasen. Wir haben noch Zeit für eine schnelle Nudelsuppe, dann entern wir den Nachtbus. Auch hier wieder Gepäckdurchleuchtung und Sicherheitsscan, großes Gepäck in den Kofferraum. Notiz an mich: Handgepäck auf das absolute Minimum beschränken, mein Daypack war definitiv zu groß für den nicht vorhandenen Stauraum…

Ja, Nachtbus: 3 Reihen schmale Pritschen auf 2 Etagen, 35 Plätze, ausgebucht. Unsere zusammenhängenden „Betten“ werden von chinesischen Frauen mit Kleinkindern belagert, also finden wir uns über den ganzen Bus verteilt wieder. 14 Stunden unterwegs. Nach gut zwei Stunden der erste Zwischenstopp an einem Rastplatz, natürlich gibt es hier keine westlichen Toiletten… Bevor wir weiterfahren, geht noch ein Uniformierter mit Taschenlampe durch den Bus, er scheint zu kontrollieren, dass alle angeschnallt sind und der Bus nicht überladen ist.

Im Bus ist es entweder kalt und zugig oder man schlüpft unter die dicke Decke, dann ist es zu warm. Immerhin, als es dunkel wird, ist draußen wirklich nichts mehr zu sehen, und ich verschlafe tatsächlich einen Großteil der Fahrt. Mitten in der Nacht fährt der Bus wieder ein Rasthaus an, aber anders als zuvor steigt niemand aus. Wir haben zwar zwei Busfahrer an Bord, aber es muss wohl eine Pflicht-Pause gewesen sein, denn es geht erst 2 Stunden später weiter.

Bei Sonnenaufgang fahren wir ins Nujiang-Tal ein. Hier befindet sich eine Zoll-Grenz-Station (Nujiang ist ein autonomer Bezirk), Soldaten mit Maschinengewehren gehen durch den Bus, wir Westler müssen aussteigen und werden am Schalter interviewt, was uns nach Liuku treibt. Nummer 3 übernimmt für uns alle, unsere Pässe werden registriert und dann dürfen wir weiterfahren. Die Straße windet sich in Serpentinen die Berge rauf und runter, dann geht es wieder eine Zeitlang am Fluss entlang. Der Nujiang (auf Deutsch meist Saluen) ist ein fast 3000 km langer Gebirgsfluss, der von Tibet aus durch Yunnan über Myanmar und Thailand bis in die Andamanensee fließt, es ist einer der wasserreichsten Abflüsse des Himalaya. Das im Hinterkopf habend bin ich entsprechend beeindruckt, als ich den schnell und wild fließenden, schlammig-braunen Fluss sehe. Was ich auch immer wieder sehe: Spuren von Erdrutschen. Ja, es ist schon eine wilde, beeindruckende Landschaft hier.

In Yunnan: Blick auf den Nujiang

In Yunnan: Blick auf den Nujiang

Auch in Liuku befindet sich der Busbahnhof am Stadtrand, wir verteilen uns wieder auf zwei Taxen und fahren ins Zentrum, wo wir ein einfaches Hotel (das aber westliche Badezimmer offeriert!) beziehen.

Wie ich beinahe nicht nach Yunnan kam…

Lange hat Nr. 3 immer wieder gefragt, ob ich nicht mit ihm, seiner Freundin und einem weiteren Freund nach Yunnan reisen wolle: Flug nach Kunming, von da aus mit dem Nachtbus nach Liuku, dort 2-3 Tage bleiben und weiter mit dem Bus nach Dali. Dort würden sich nach weiteren 3-4 Tagen unsere Wege dann trennen, die drei würden nach Sichuan weiterreisen, ich zurück nach Peking.
Das Timing wäre gut, nämlich genau zur Klassenreisezeit der beiden Kurzen. Aber ob ein Backpacker-Abenteuer noch das richtige für mich ist? Einerseits wollte ich natürlich gerne sehen, wo Nr. 3 sein Freiwilliges Soziales Auslandsjahr verbracht hat und war neugierig auf Yunnan, andererseits stand eine Fahrt mit einem chinesischen Nachtbus zwischen mir und Liuku. Aber er drängelte immer weiter, und es war ihm deutlich anzumerken, dass es ihm wichtig war. Naja, aber soweit weg, so lange Anreisezeiten, das lohnt sich nicht wirklich für nur fünf Tage. Dann hat Männe zugesagt, dass er sich natürlich vor und nach der Klassenreise um die zwei Kurzen kümmern kann, also stand der Reise von Sonntag bis Sonntag nichts mehr im Weg.
In dem Wissen, dass ich mich dabei weit aus meiner Komfortzone rausbewegen muss, habe ich also zugesagt und Flüge (Peking-Kunming-Peking) und Bahnfahrt Dali-Kunming gebucht – und angefangen, mich auf das Abenteuer zu freuen.

Sorry, Ihr Flug wurde von der Airline gecancelt!

Zwei Tage, bevor Nr. 3 hier in Peking ankam, bekam ich eine SMS von ctrip: Airline hat meinen Rückflug von Kunming nach Peking gecancelt. Ups. Schnell in den ctrip-Service-Chat eingeloggt. Man konnte mir nur das Umbuchen mit der gleichen Airline anbieten. Naja, ok. Da der neue Flug deutlich früher ab Kunming ging, musste ich nun auch die Zugfahrt umbuchen und einmal in Kunming übernachten.

Mit Nr. 3 und Co. hatten wir eine schöne Zeit in Peking und freuten uns zusammen auf die Reise. Doch vier Tage vor dem Abflug meldete sich kleinlaut Männe: er müsse beruflich innerhalb Chinas reisen, ob ich eine alternative Betreuung für die Kurzen vom Ende der Klassenreise am Freitag bis zum Samstagmorgen organisieren könnte? Da das der Job ist, von dem auch ich lebe, war ich zwar etwas grummelig, dass immer alles an mir hängen bleibt, aber so ist das halt. Nach beinah 30 Jahren mit Kindern (und diesem Mann ;) ) gewöhnt man sich dran, dass Pläne sich immer wieder in Luft auflösen oder geändert werden müssen.

And again

Obendrein kam dann am selben Abend wieder eine SMS: Diesmal wurde der Hinflug von der Airline gecancelt. Och nee. Es war schon zu spät, um etwas zu klären und innerlich hab ich die Reise bereits abgehakt, bevor ich sie überhaupt angetreten bin. Meine Freundin wollte ich nicht per Chat, sondern am nächsten Morgen direkt und persönlich fragen, ob sie die Kurzen betüddeln könnte. Als ich schlafen ging, war es also wieder offen, ob ich nach Yunnan kommen würde.

Am nächsten Morgen bekam ich eine WeChat-Nachricht von Nr. 4: Er hätte gerade am Schulbus meine Freundin gefragt, alles klar, sie könnten nach der Klassenreise zu ihr. Was für ein cooles Kerlchen! Dabei war er am Vortag ebenfalls grummelig gewesen und wollte nach der Klassenreise nach Hause und nicht noch woanders hin. Ich wollte meine Freundin persönlich fragen und nicht per WeChat, und da ist der Lütte dann einfach mal vorgeprescht, und damit war das Kinderbetreuungsproblem gelöst. Tolles Kind, tolle Freundin! <3

Blieb noch der gecancelte Flug. Morgens war ich mit der Fotogruppe verplant, hab dann aber von unterwegs aus dem Park telefonieren können und – Hurra – einen neuen Flug bekommen, der auch noch rechtzeitig in Kunming sein würde.

Das war es jetzt, oder? Oder…

Samstagmittag war ich beinah fertig mit dem Kofferpacken, für die Klassenreisen der Kurzen und für mich selbst. Und dann kam wieder eine SMS. Auch der neue Rückflug wurde von der Airline gecancelt. Mir hat’s gelangt, ich hab meinen Koffer wieder ausgepackt. Was ein Mist, keine 24 Stunden vorm Abflug! Aber für Nr. 3 kam aufgeben nicht infrage! Er hat sich ans Telefon gehängt und am Ende hatte ich den gleichen Hinflug wie die drei jungen Leute und einen Rückflug direkt von Dali aus. Alles viel besser als die ursprünglichen Flüge! Also hab ich meinen Koffer wieder eingepackt, auch wenn ich ziemlich durch den Wind war und fest damit gerechnet hab, dass am Ende doch noch etwas dazwischen kommen würde.

Doch am nächsten Morgen ging es dann tatsächlich und ohne weitere Zwischenfälle nach Yunnan! 

Unser Urlaub: Peking-Kontrastprogramm!

Jetzt sind wir schon fast eine Woche zurück in Peking – und ich hab mich vorher noch nie so schwer getan, hier wieder anzukommen. So vieles, das nervt: ich hasse es, die großen, schweren Trinkwassserkübel (besonders noch vor dem ersten Kaffee!) austauschen zu müssen. Es ist Mist, wenn draußen 33° sind und man wegen der miesen Luft nicht all zu lange draußen sein mag. Es ist unschön, im Supermarkt den komischen weiß-weichen Salami-Rand zu begutachten und zu überlegen, wie oft die wohl schon aufgetaut und wieder eingefroren wurde. Ich hatte ganz verdrängt, wie anstrengend es sein kann, den Alltag nicht in der Muttersprache und als Analphabetin (die paar Zeichen, die ich entziffern kann…) bewältigen zu müssen.

Mit unserem Jämtland-Urlaub hatten wir aber auch den vermutlich größtmöglichen Kontrast zu Peking!

Suchbild: Wo ist unsere Stuga? ;)

Dieses knuffige Blockhaus versteckt sich etwa 7 km nördlich vom Dorf Ljungdalen oben am Hang. Was fehlt, ist ein Schild „Ende! Aus! Hier geht es nicht weiter!“ Höchstens zu Fuß, übers Fjäll, in ca. 3 Tagen kommt man z.B. in Storlien oder Valadalen wieder raus.

Das letzte Haus am Feldweg, doch nicht nur der Weg, auch die Stromleitung endet hier. Telefon? Fehlanzeige. Handyempfang? Oh, an die Anzeige „Kein Netz!“ kann man sich durchaus gewöhnen! Bis zum nächsten Haus ist es ein Stück, aber das war unbewohnt. Also keine Nachbarn! Keine Menschen! Nur wir drei! Der Herr Gemahl war im Job unabkömmlich, und so waren wir nur zu dritt auf Reisen, aber auch das war – ohne dem Gatten zu nahe treten zu wollen – herrlich entspannt. 

Fjäll

Direkt am Haus windet sich ein schmaler Pfad den Berg hinauf. Man stapft ein bisschen durchs Unterholz und ist nach wenigen Metern oberhalb der Baumgrenze.

Kalfjäll (ja, das schreibt man im Schwedischen so! ;)

Es geht nur enstpannt-sanft bergauf, umso erstaunlicher, dass sich der Blick ins Tal und über die Landschaft tatsächlich alle paar Schritte ändert. Von oben konnte man das Dorf bzw. Teile davon sehen…

Ljungdalen

… und ein Stück weiter oben, reichte der Blick bis zum Flatruet. Wir sind ja mit der Fähre von Kiel nach Göteborg gefahren (ich liebe es!), sind ein Stück über Norwegen/Oslo immer weiter Richtung Norden getuckert, erst bei Stöten über die Grenze zurück nach Schweden. Die letzte Etappe – fix noch ein Großeinkauf beim ICA in Funäsdalen – führt dann übers Flatruet nach Ljungdalen.

Flatruet

Am höchsten Punkt des Flatruets befindet sich ein Parkplatz, von dem man kurz die Aussicht genießen kann, wo man auch mal mit dem Wohnmobil stehen kann oder wo man zu kurzen oder mehrtägigen Wanderungen aufbrechen kann. Wir sind nur „spazierengegangen“, das finden meine Kurzen nicht so schrecklich wie dieses „wandern“… ;)

Auf der Anreise musste ich kurz hinter dem Parkplatz in die Eisen treten: Rentieralarm. Wo man sonst kaum einem Auto begegnet, mussten wir dank sturer Rentiere kurze Zeit im Konvoi im stop und go langsam weiter Richtung Ljungdalen tuckern. Das war ein ziemlich genialer Auftakt. Sorry, keine Bilder, ich hatte die Hände am Steuer!

Blick vom Flatruet Richtung Helags - noch immer Schnee...

Blick vom Flatruet Richtung Helags

Wie man sieht, war unser Ferienwetter durchwachsen. 9°C? Egal, in Peking schwitzen wir noch bis Oktober! Durchgängig verregnete Tage waren auch nur 1-2 dabei. Aber auch das war in Ordnung, denn die Stuga war unglaublich gemütlich. Am Kamin sitzen und zugucken, wie sich die Wolken übers Dunsjöfjället ins Tal wälzen: beeindruckend!

Urlaubsbedürfnisse haben sich wegen Peking geändert

Früher – vor Peking – war ich immer diejenige, die im Urlaub für Sightseeing und Ausflüge zuständig war – bzw. wenn ich nicht genervt, gequengelt und gedrängelt hab, konnte meine Familie es auch immer gut direkt am Urlaubsort aushalten (okay, Eigenlob stinkt eigentlich, aber ich hab schon ein glückliches Händchen in Sachen Ferienhäuser). Seit wir in Peking sind, ist es anders, und das ist mir tatsächlich jetzt in Schweden erst richtig bewusst geworden. Unser Alltag hier ist – verglichen mit unserem alten deutschen Alltag – hektisch, aufregend, spannend. Ich selbst muss weder zur Schule noch zur Arbeit gehen und will mir, wenn die Pekingzeit irgendwann mal zu Ende geht, nicht sagen müssen: ach hätt‘ ich doch noch dies-das-jenes gemacht-besucht-angesehen… D.h. mein Alltag ist so ganz anders als mein alter Hamburger Alltag, dass sich auch meine Urlaubsbedürfnisse und -wünsche verschoben haben. Sightseeing? Gehört doch zu meinem Expatalltag!

Ich habe es genossen, auf der Terrasse zu sitzen, zu lesen, den Blick schweifen zu lassen. Vor dem Urlaub hab ich noch gedacht, wir könnten ja endlich mal in Röros die Minen ansehen. Wasserfälle finden? Vielleicht ein Wiedersehen mit Trondheim und den Bekannten dort? Nach Östersund zum Festival? Und am Ende waren unsere weitesten Ausflüge die nach Funäsdalen zum Einkaufen, immerhin auch 45 Minuten Fahrzeit – wobei es in Ljungdalen im kleinen ICA Nära eigentlich auch alle gab, was wir brauchten. Wir haben dann halt immer auf dem Flatruet gestoppt. Wen wir aber besucht haben bzw. wer auch uns besucht hat: Freunde, die ich seit meinem 18. Lebensjahr kenne, und die ein Häuschen in Ljungdalen haben.

Ansonsten haben wir die Einsamkeit unglaublich genossen. In den ersten Nächten habe ich mich gefürchtet: Einbrecher? Hier? Doch dann hab ich die Übeltäter erwischt: Rentiere. Meine Güte, machen die einen Lärm, wenn die nachts – zum Glück nie ganz dunkel, ich liebe die Mitternachtssonne! – über die Holzveranda schlappen… Selbst die verregneten Tage, wo man keine 50 Meter weit sehen konnte (Nebel oder doch Wolken?), waren perfekt!

Ich wollte nicht abreisen und ich würde sofort wieder hinfahren, wenn es möglich wäre…

Elche haben wir diesen Sommer tatsächlich nicht einen einzigen gesehen! Aber bei den vielen Rentieren haben wir keinen Grund zur Klage. Viele Vögel gab es und Blumen (und Mücken), Regenbogen, beeindruckende Sonnenuntergänge, die fast nahtlos in Sonnenaufgänge übergingen… Trinkwasser in der Natur! Reine, frische Luft, teils süß nach Klee duftend… Und diese Ruhe! Oh, es war nicht immer still – der Wind, der ums Haus pfiff, die Bienen im Klee, Vögel, das Rauschen des Bachs… Jedenfalls, keine Beschallung über 87 Lautsprecher, laute Menschen, Verkehrslärm.

Wer jetzt – auch ohne Expatdassein in Peking – mehr über Ljungdalen wissen will, dem kann ich diese überaus informative Webseite empfehlen: ljungdalen-info.de/ Und wer mehr schöne Ljungdalen-Fotos haben mag: es gibt auch einen Kalender: ljungdalen-info.de/Bestellung.html.  

Und wer direkt noch ein paar Bilder gucken mag: bitteschön!

 

 

 

 

 

 

 

Zurück aus dem Urlaub

5 Tage sind wir nun schon zurück in Peking. Diesmal tun wir uns ein bisschen schwer, wieder richtig anzukommen. Der Abschied von den drei Großen war wieder traurig und sie werden jetzt schon schrecklich vermisst. Leider hilft da auch nicht das Wissen, dass wir sie durch unsere Heimaturlaube und deren Urlauben hier unterm Strich eigentlich mehr sehen, als wenn wir noch in Hamburg wohnten. 

Der Jetlag hat uns auch noch fest im Griff, abends können wir ewig nicht einschlafen und kommen dann kaum vor Mittags aus dem Bett. Das wird ein großer Spaß am Montag, wenn um 6 Uhr der Wecker klingeln wird und die Schule wieder startet.

Ljungdalen

Der Urlaub in Ljungdalen war phantastisch, es war genau das, was wir drei uns gewünscht hatten (Einsamkeit, Natur, Stille, frische Luft und sauberes Wasser…) und damit der totale Kontrast zu Peking. Das hat uns richtig gut getan, jetzt sollten wir dem aufregenden, anstrengendem China-Alltag eigentlich wieder gewachsen sein.

Ein Ferien-Highlight waren die vielen Rentiere, die uns mehrmals täglich besucht haben und denen wir auch unterwegs ständig begegnet sind. 

 

Hängendes Kloster

Vielen Chinareisenden und Expats geht es wohl irgendwann so, dass sich der Gedanke breitmacht: „Och nee, nicht noch ein Tempel oder Kloster…“

Wenn man dann womöglich Abstand von Besichtigungen nimmt, könnte man aber doch was verpassen, zum Beispiel das Hängende Kloster – Xuankong Si -, das von seiner Lage und Architektur her absolut einzigartig ist. Für mich ein absolutes China-Highlight, gleich nach der Mauer!

Das hängende Kloster bei Datong

Etwa eine Autostunde von Datong erhebt sich der Heng Shan/Bei Yue (Nordgebirge); eines der fünf Heiligen Gebirge des Daoismus. Und dort, etwa 50 Meter über dem Boden – mir kam es eher wie 500 Meter vor! – hängt in der Felswand über dem Fluss ein hölzernes Kloster mit vielen winzigen „Hallen“, vorne aus Holz, hinten in die Felswand hineingebaut. Nichts für Menschen mit Höhenangst! Auch Kinder würde ich nicht mit hinaufnehmen. Man kann aber oben direkt vor dem eigentlichen Klostereingang warten und sich abwechseln, sollte man Kinder dabeihaben. Aber auch wenn man sich nicht hineintraut, ist der Anblick von unten die weite Anreise wert!

Vom Parkplatz aus geht man zum Kassenhäuschen, tritt durch den Eingang auf einen großen gepflasterten Platz – weitgehend leer, ein kleiner Kiosk an einem Ende, am anderen ein Toilettenhäuschen und Pavillions mit Sitzgelegenheiten im Schatten. Man überquert den Fluß auf einer schwankenden Hängebrücke und folgt dann einem von zwei Wegen mit vielen Treppen und Stufen den Berg hinauf, der eine in der prallen Sonne, der andere angenehm schattig mit einem bepflanzten Gitterdach und vielen Bildern des Klosters an den Seiten. Oder ist der Zweck des Dachs nicht das Schattenspenden, sondern der Schutz vor Steinschlag?

Im Kloster leb(t)en drei Glaubensrichtungen/Philosophien einträchtig miteinander: Daoismus, Buddhismus und Konfuzianismus, in einer der Hallen gibt es tatsächlich Statuen von Konfuzius, Buddha und Laotse nebeneinander – einzigartig. Erst seit vor etwa 30 Jahren die letzten beiden Mönche ausgezogen sind, ist das Kloster für die Öffentlichkeit zugänglich.

Warum ein Kloster in die Felswand hängen?

Wie kommt man vor 1500 Jahren auf die Idee, ein Kloster in eine Felswand zu hängen? Vielleicht, um es vor Überschwemmungen zu schützen? Vielleicht, um schon von Weitem für Wanderer sichtbar zu sein? Die oben überhängende Steilwand schützt es vor Schnee und Regen, in dem engen Talkessel liegt es bis auf 3 Stunden täglich immer im Schatten. Vermutlich ist es deswegen so gut erhalten.

Obwohl dort schon einige Touristen sind, hat der Ort eine ganz eigene, besondere Atmosphäre – oben im Kloster selbst beinah mystisch, wenn man Glück hat und es etwas Ruhe und Zeit zum Verweilen gibt. Und die hatten wir glücklicherweise. Wer mag, kann den Rundgang auch mehrmals machen. Ja, Rundgang, es ist so schmal, dass man nur in einer Richtung vorwärts kommt, es gibt keinen Weg zurück. Man klettert über steile Treppen, die eigentlich mehr wie Leitern sind, in die oberen Stockwerke. Man weiß gar nicht, ob man in die Hallen hinein sehen soll, um die Statuen zu bewundern oder in den Spalt zwischen Felswand und Treppe in die Tiefe blicken soll (besser nicht… ;) ) oder doch den Blick schweifen lassen und die Aussicht genießen soll. Dass es am gegenüberliegenden Berghang auf der anderen Seite des Tals eine von vielen LKWs befahrene Straße und einen Tunneleingang gibt, wo zur Sicherheit viel gehupt wird, dringt kaum zu einem durch. Eher staunt man zusammen mit den anderen Besuchern über den Zauber des uralten Gebäudes.

Ein Hauch von Höhenangst…

Ich mache mir schon Gedanken, ob und wie das Kloster sich am Fels festhält und ob es wirklich sicher ist, denn es ruht nur auf den uralten in den Felsen hineingebohrten Holzpflöcken. Die vertikalen Stützen dienen nur der Stabilisierung und sehen furchtbar dünn und schrecklich alt aus. Aber es hat 1500 Jahre gehalten, da wird es nicht gerade dann abstürzen, wenn ich da bin, also traue ich mich hinein und hinauf. Und ich bin dann auch total erfüllt und begeistert. Ganz oben allerdings gab es einen Abschnitt, wo sich bei mir leichte Panik gemeldet hat, die ich mit großer Anstrengung niederkämpfen konnte. Das „Geländer“ dort ging mir gerade knapp übers Knie… Mit den Händen in die Rückwand gekrallt und Trippelschritten hab ich mich seitlich am Abgrund vorbei geschoben.

Ich war trotzdem froh, mich getraut zu haben: Es ist so unglaublich schön und besonders: das Bauwerk, die Lage, die Aussicht, die Stimmung, dass der Thrill wieder in den Hintergrund tritt.

Hängendes Kloster: Fotos

 

 

Datong: Disneyland-Altstadt?

Mit zwei Freundinnen habe ich ein Wochenende in Datong in der Provinz Shanxi verbracht. Datong soll die „hässlichste Stadt Chinas“, wenn nicht sogar der Welt gewesen sein. Dies habe der Bürgermeister nicht auf sich sitzen lassen können und ein ehrgeiziges, milliardenschweres Projekt ins Leben gerufen: 2009 wurde mit dem Bau einer neuen „Altstadt“ inklusive Stadtmauer begonnen. Sicher spielte auch eine Rolle, dass es mit der alten Lebensader der Stadt, dem Kohlebergbau, zu Ende geht und damit der Tourismus an Bedeutung gewinnt. Wie dem auch sei, Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende wurden aus dem Stadtkern umgesiedelt und die „historische“ Altstadt und Stadtmauer gebaut.
Mit diesen angelesenen Informationen im Hinterkopf hatte ich keine großen Erwartungen an Datong, für uns sollte es vor allem Ausgangspunkt für die Besichtigung des Hängenden Klosters und der Yungang-Grotten werden.

Am Freitag ging es in aller Frühe zum Flughafen. Im Flugzeug wurden wir ziemlich durchgeschüttelt, glücklicherweise nur ein kurzer Flug… Mit dem Taxi zum zentral innerhalb der Stadtmauer gelegenen Hotel und dann zum Frühstück in ein Baozi-Restaurant, in dem wir die einzigen Westler waren. Überhaupt, an den ersten beiden Tagen haben wir außer uns fast keine Ausländer gesehen. Uns wurde überall mit freundlicher Neugier und viel Hilfsbereitschaft begegnet, interessant war wohl auch, dass wir keine Meiguo ren waren, sondern aus gleich drei verschiedenen Ländern kamen: Deguo, Fenlan, Nanfei…

Überraschenderweise fand ich die „Disneyland-Stadtmauer“ dann doch sehenswert. Zum größten Teil ist diese inzwischen fertig, über 7 km lang und zu Fuß, mit Leihrädern oder offenen Elektro-Minibussen befahrbar. In einer Ecke steht die Wildganspagode, in die man von unten einen Blick hineinwerfen kann. Ansonsten hat man von der Stadtmauer aus einen Blick über das neue Altstadtviertel, auf verlassene, im Abbruch befindliche Hutongs im Stadtkern, dahinter 4-6-geschossige Häuser, teils neu (und doch schon wieder ziemlich runtergekommen), teils verlassen und auf den Abbruch wartend. Hinter der Mauer erhebt sich ringsherum ein Hochhauswald und dahinter ragen bis 2000 Meter hohe Berge auf.

 Shanhua Tempel

Nach einem Bummel über die Stadtmauer besuchten wir den Shanhua-Tempel. Ich bin alles andere als eine Expertin für Buddhismus, aber mir gefallen die Tempelanlagen, die so oft Oasen der Ruhe inmitten der lauten, chaotischen Großstädte sind. Wir schienen die einzigen Besucher zu sein und konnten die Ruhe daher noch mehr genießen.

 Lärm und lecker Essen

Anschließend ließen wir uns durch die Stadt treiben und landeten in einer Fußgängerzone, in der die Shops miteinander wetteiferten, wer die lauteste Lautsprecheranlage hat. Dagegen ist selbst Peking still und leise… Wir bogen in eine Seitenstraße ab, wo wir das Fenglin Ge-Restaurant fanden und für einen Snack einkehrten. Das Restaurant soll auf eine über hundertjährige Geschichte zurückblicken und beste Shanxi-Küche anbieten. Man sollte hier auf jeden Fall nicht nur das Essen genießen, sondern sich auch das Gebäude näher ansehen, man kann auch einen Blick in die Küche werfen, wo Köche kunstvoll Shao Mai füllen und falten. Uns hat es jedenfalls so gut gefallen, dass wir abends nach einem „Altstadt“-Bummel noch einmal dort gegessen haben (und am Sonnabend-Abend auch).

Back o‘ Bourke

Malcolm, Handwerker und Mädchen für alles auf der Farm, war sicher einer der Gründe, warum der Urlaub so schön gewesen ist. An den Jungs hat er sich einen Narren gefressen und umgekehrt, er hatte immer etwas für sie zu tun und hat ihnen dabei jede Menge Geschichten erzählt. Zu Weihnachten hat er ihnen Schweizer Taschenmesser geschenkt (die sich auf dem Postweg nach China befinden und hoffentlich den Zoll passieren dürfen). Mir hat er den Sternenhimmel gezeigt und erklärt und mit Thomas und mir über die Welt im Allgemeinen und Australien im Besonderen philosophiert. Malcolm ist ein richtiges australische Orginal, „part aboriginal“, hat jeden erdenklichen Job inklusive Schafscherer gemacht. Und er stammt aus Bourke. Über Bourke schreibt der australische Schriftsteller Henry Lawson: If you know Bourke, you know Australia. Auch sonst wird Bourke als Kern Australiens, das echte rote Land etc. beschrieben. Und: „back o‘ Bourke“ ist ein Synonym für „Arsch der Welt“ (sorry, aber in Australien ist man so direkt und redet nicht drumherum ;). Ohja, und auch die Fahrt von Bulwarra nach Bourke sei super, man würde so viel Landschaft sehen, und wie sie sich ändert. Na dann, frühmorgens aufgestanden und auf ging es nach Bourke.

Die Fahrt war, hmm, nicht so abwechslungsreich, die sanften Hügel rund um Dubbo ließen wir rasch hinter uns, die Landschaft wurde immer flacher, mal gab es Bäume, mal keine an der Straße. Und es wurde immer einsamer. Vor allem aber ging es geradeaus. Hunderte von Kilometern, ganz selten Mal eine Farm, aber keine Dörfer. Doch, eine kleine Ansammlung von Häusern und ein Geschäft, wo wir neugierig hineingingen. 3/4 der Regale leer, ein Pack Toastbrot, von dem eine Frau sagte, das würde sie lieber nicht kaufen, es liege schon länger da. Immerhin, es gab eine Eistruhe. Gespenstisch. Und dann erreichten wir Bourke selber, hmm, es wirkt heute wie eine „Welfare Town“. Teilweise sieht man noch an hübschen alten Gebäuden mit Türmchen und Erkern, dass die Stadt einst prosperiert haben muss, aber man sieht mehr zugenagelte Fenster und Türen, (dauerhaft) geschlossene Läden, der Ort wirkt verlassen und fast ein bisschen unheimlich, obwohl die Sonne vom beinah wolkenlosen Himmel brennt und die Hitze in den Straßen flimmert. Um länger Spazierenzugehen ist es einfach zu heiß, also tuckern wir noch ein Stück weiter, überqueren den Darling River und fahren Richtung Norden, wo wir uns dann wirklich im echten Outback wiederfinden. Nur noch kniehohes Gestrüpp, endlos, flach bis zum Horizont, wo Erde und Himmel flimmernd ineinander verschwimmen. Und die Vorstellung, dass das so noch Hunderte von Kilometern weitergeht, lässt mich nicht nur beeindruckt da stehen, sondern mich auch ganz klein und ein wenig verloren fühlen.

Der Rückweg ist genauso unspektakulär wie die Hinfahrt, das endlos lange geradeaus Fahren war jedenfalls ziemlich ermüdend, so dass jede Abwechslung willkommen war. Auf einmal nimmt der Verkehr zu (auf dem Hinweg sind wir maximal 5 anderen Autos begegnet) und bei dem winzigen Ort Trangie biegen alle ab. Im Vorbeifahren sehen wir einen riesigen Parkplatz, es müssen wirklich Hunderte sein. Wie wir hinterher herausfinden, fand da ein Picnic Horse Race statt. 

Zurück in Bulwarra fand Malcolm das ziemlich cool von uns, dass wir tatsächlich hingefahren sind – und für mich war es auch eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

 

Ferien auf dem Land

Gut 5 Autostunden von Sydney (Flughafen) entfernt liegt mitten in New South Wales eine wie es heißt ganz typische australische Inlands-Kleinstadt am Rande des Nirgendwos: Dubbo. Hier treffen sich zwei wichtige Highways (Nord-Süd und Ost-West: Mitchell und Newell) und es gibt einen Zoo. Ok, dann noch das Notwendige für eine Kleinstadt: Einkaufszentrum, Sportanlagen, kleiner Flughafen mit Royal Flying Doctor Service und ein Krankenhaus. Der Macquarie River fliesst durch den Ort, man könnte auch Kanu fahren (oder man lässt es bei 39°, wo einem nach kurzer Zeit auf dem Wasser die Hirnzellen platzen dürften). Touristen findet man hier überwiegend auf der Durchreise oder mal für ein zwei Nächte, das sind dann die Zoobesucher.

Die Landschaft – Western Plains – ist vielleicht nicht atemberaubend, aber tut der Seele gut: sanfte Hügel, Weizenfelder, Wiesen und Weiden, Schafe, manchmal Kühe. Manch grüner Hügel weckte bei uns Auenland-Assoziationen (dabei ist Neuseeland noch mal drei Flugstunden weiter weg…). Mehr Wow-Effekt gibt es z.B. in den Blue Mountains, die wir relativ zügig durchfahren haben oder an der Central Coast. Aber uns hat tatsächlich das „langweilige“ ländliche Australien gelockt: „Overseas visitors will experience something truly Australian at the grass roots level. Have a meal cooked in the wood fuelled stove just like the pioneers or walk the grounds to see 360◦ views of the Australian rural landscape. Have some quite time reading a book under the famous Australian gum trees or use Bulwarra as a base to venture to some of the Worlds best.“ – So heißt es auf der Webseite unserer Gastgeberin Judy, und eigentlich möchte ich gar nicht mehr verraten, damit dieser Platz so herrlich ruhig, friedlich und unaufgeregt und damit so bezaubernd bleibt wie er ist: Bulwarra, eine kleine Farm außerhalb von Dubbo auf einem Hügel gelegen, Rundumblick auf Landschaft und bei Nacht auf die Lichter des Städtchens.

Die ersten Kängurus haben wir schon gesehen kurz nachdem wir aus Sydney herausgefahren waren – leider tot am Straßenrand. :( Zum Glück gab es aber auch zahlreiche lebende, die sich am späten Nachmittag den Hügel hoch bis an den Zaun herangetraut haben. 

Hier kommt nun eine erste Handvoll Fotos. – Fortsetzung folgt!

 

Happy New Year!

Ein glückliches Neues Jahr wünsch ich. Wir sind wieder zurück in Peking, auch wenn die Versuchung groß war, einfach in Australien zu bleiben… Ein paar weitere Urlaubsbilder und -geschichten folgen demnächst, jetzt müssen wir erstmal fix in den Alltag wieder reinfinden. Immerhin, es ist zwar kalt, aber die Luft ist heute gut. Objektiv gut, nicht nur Peking-gut. :)

Achja, wer hier heute (9.1.) über Fehlermeldungen gestolpert ist – die neueste php-Version mit Fast CGI und mein Blog vertragen sich leider (noch?) nicht, hab es jetzt wieder umgestellt, nun sollte es keine Fehlermeldungen mehr geben.

Yangshuo (Teil 5) – Hunde essen?

Schade, schon Abreisetag. Das Hotel war echt super, auch wenn in meinem Bad ein paar Stockflecken (bei dem Klima wohl schwer vermeidbar? für die paar Nächte jedenfalls nicht schlimm, zumal alles andere gut in Schuß war) an der Decke waren, so war es abgesehen davon echt sauber, auch im und unterm Bett, nett eingerichtet und geräumig. Dass das Bad quasi ein verglaster Balkon war – ist halt ortsüblich hier. Sämtliche Mitarbeiterinnen sowie der Laoban (Boss) waren unglaublich hilfsbereit und jederzeit auch zu ’nem kleinen Schwätzchen aufgelegt und waren auch echt hilfreich und auskunftsfreudig, was Ausflugstipps anging. Das Essen im Hotel war lecker, der Service wirklich gut.

Wie gesagt, unser bisschen Chinesisch ist ein echter Türöffner, auch wenn im Hotel fast alle Englisch konnten. Wir haben nochmal das leckere Frühstück genossen und dann ging es Richtung Guilin – aber eine abgelegene Nebenstrecke am Yulong entlang, über die Dörfer, und eines davon haben wir uns dann zu Fuß näher angeguckt. Das war auch nochmal total schön.

Aber es war nicht nur schön, es war auch bedrückend. Wenn man sieht, wie Getreide mit der Hand gedroschen werden muss, wenn man mitbekommt, dass in den Häusern über offenem Feuer gekocht wird (und daneben der Fernseher läuft) und es wohl kein fließendes Wasser gibt – das ist eben nicht nur „oh wie idyllisch“, sondern auch bedrückende Armut. So hart körperlich arbeiten zu müssen, und das im 21. Jahrhundert, das schmerzt.

Was in dieser Umgebung, wo überall Hühner frei herumlaufen, wo man überall sieht, wie Nahrung zubereitet wird – da war der Anblick eines Mannes, der einem gegrillten Hund mit einem großen Messer die letzten Borsten entfernte, vollkommen in die Situation passend und bei weitem nicht so schockierend, wie ich mir eine solche Situation vorher ausgemalt hätte. Ich möchte ganz sicher nicht Hund (und Schlange und Käfer und die meisten Meeresviecherereien etc.) probieren, aber in genau dieser Situation hatte das ganze nichts, was ich verabscheungswürdig gefunden hätte, definitiv nicht so übel wie Massentierhaltung und Kükenschredderei (Sensiblere Naturen  verzichten besser darauf, auf diesen Link zu klicken: Gegrillter Hund).

Tja, es ging weiter durch dieses malerische kleine Dörfchen, wo die Zeit irgendwie stehengeblieben schien, wo irgendwie absurderweise mittendrin aber ein neues luxuriös wirkendes Hotel schon teileröffnet war, weiter ein Stück am Fluss entlang und dann ins Auto zurück.

Nach einer weiteren Stunde Fahrt waren wir am Flughafen, wo wir dann dank Verspätung des Fliegers etwas mehr Zeit verbringen durften. Da wir Nacho (der lustige junge Spanier von der Schifffahrt am Mittwoch) wiedergetroffen haben, war das aber auch unterhaltsam. Der Flug war etwas unruhig, aber ok, Taxi haben wir auch fix bekommen und dann war der kurze Urlaub auch schon vorbei – schade!

Die Gegend, den Ort, das Hotel kann ich jedenfalls nur empfehlen, ich würde da selber gerne wieder hin und noch viel mehr mit dem Fahrrad erkunden wollen!

 

Yangshuo (Teil 2)

Am zweiten Tag in Yangshuo gab es nach dem Ausschlafen erstmal ein leckeres Frühstück im Hotelgarten, wer mal dort hinkommen sollte: Nudelsuppe, Jiaozi oder Pancakes fanden wir am besten. :) Auf jeden Fall schön, den Tag so in Ruhe im Grünen zu beginnen.

Danach sind wir nach Xingping gefahren und haben dort eine Fahrt auf dem Lijiang zum Yucun Fishing Village und zurück nach Xingping gemacht. Famous place, made really famous by President Bill Clinton! Wir waren gespannt und haben eigentlich ein kleines altes Dörfchen und einen Einblick in die Kormoranfischerei erwartet.

Zunächst aber machten wir Bekanntschaft damit, wie Chinesen reisen und wurden quasi Teil einer kleinen Reisegruppe, Betriebsausflug einer Hardwarefirma aus Guangdong. Ein Teil der Gruppe nutzte die Sitzgelegenheit direkt für ein Schläfchen, ein anderer Teil packte etwas zu Futtern aus und guckte nach unten aufs Handy und der kleinste Teil schaute wie wir aus dem Fenster oder ging sobald es erlaubt wurde nach draußen und genoss von dort die Aussicht.

Als das Schiff mitten auf dem Fluss vor einem besonders schönen Panorama anhielt, dazu wurde durch ein Loch im Schiffsboden ein Pflock in den Grund gerammt, machte der Reiseführer/Bordfotograf erstmal unendlich viele Erinnerungsfotos, die Bilder konnten direkt auf dem Schiff ausgedruckt werden und wurden mitsamt Album zahlreich verkauft. Eine Frau mit Kormoranen paddelte heran, kam kurz mit ihren Vögeln an Bord und verschwand wieder. Das war irgendwie merkwürdig, dazu wurde nichts weiter erklärt oder erzählt.

Im Fishing Village angekommen bekamen wir nicht wirklich viel zu sehen, außer ein paar vergilbten Bildern von Bill, Hillary und Chelsea Clinton, dabei hätte der Guide viel über Ming- und Qing-Geschichte des nur vom Wasser aus erreichbaren Örtchens erzählen können. Der kurze Weg vom Ufer ins Dorf war ziemlich zugemüllt, Hitze und der Pomelo-Geruch trugen aber zu einer intensiven Stimmung bei. Aber schon schade, dass es nur so ein 5-Minuten-Stopp war.

Insgesamt war die Tour trotzdem extrem cool, nicht nur die Landschaft, sondern auch eine interessante Begegnung mit dem chinesischen Tourismus: Hauptsache schönes Foto! Als ausreichend Fotos geschossen waren (immer Selfies/gegenseitiges Aufnehmen, soweit ich mitbekommen habe nie nur die Landschaft – dabei ist die echt alles andere als öde), ging es wieder raus aus der Sonne nach unten, wo dann gefuttert wurde. Wir haben einen Blick auf den Imbiss geworfen und dankend abgelehnt. ;) Jedenfalls gab es auch viele Bilder mit uns, außer uns gab es nur ein weiteres westliches Pärchen an Bord, was sich aber abgeschottet hat. Naja, und unsere paar Brocken Chinesisch machen echt Türen auf. Zuerst wurde noch schüchtern gefragt – und dann ging’s los, nichts mehr mit Ruhe und Landschaft vom Wasser aus genießen, dabei hatte ich nie den Wunsch, Model zu werden… Aber einmal darauf eingelassen, hat es direkt Spass gemacht, „chinesisch“ zu posieren.  Gut verkauft hat sich ein Foto mit einem jungen, sehr coolen Chinesen der ein T-Shirt mit der Aufschrift „What the fuck?“ trug und  zwei doppelt so alte Nordeuropäerinnen im Arm hatte. *kicher*

Die Gegend jedenfalls wunderschön, vom Wasser aus bald noch reizvoller als sowieso schon. Auf dem Rückweg haben wir einen Blick auf die Rückseite der Rückseite des Panaramas vom 20 RMB-Schein werfen können, und das ganz in Ruhe, weil fast alle Chinesen unten im klimatisierten Bereich waren. Wieder in Xingping angekommen, hatten wir noch Zeit genug, uns den kleinen Ort anzusehen. Außer den Touristen waren wohl eine Kunst-Klasse unterwegs, überall ist man über malende junge Menschen gestolpert.

Auf dem Rückweg begann es zu regnen, also sind wir dann im Hotel geblieben. Das Hotel war für mich die absolut richtige Wahl, draußen im grünen, in einem Yangshuo vorgelagerten Dorf, aber durchaus noch fussläufig zum Zentrum, und sämtliche Mitarbeiter unglaublich hilfsbereit, da blieb keine Frage offen, kein Wunsch unerfüllt, gab es Anregungen, was wir noch hätten unternehmen können, und das ganze ganz unaufdringlich. Auch wenn wie überall in der Gegend auch in unmittelbarer Hotelnähe Baustellen, Bauruinen, Leerstände waren, störte das nicht weiter, gab auch keinen Krach, dafür gab es ausreichend grün und krawallerndes Geflügel überall. Zur Strafe haben wir dann auch für Donnerstagabend nen ganzen organic Gockel bestellt!

Yangshuo (Teil 1)

Die Jungs waren in der letzten Woche auf Klassenreise, Männe musste arbeiten, also wie letztes Jahr wieder die Gelegenheit für mich, auf Reisen zu gehen. Diesmal ging es zusammen mit meiner finnischen Freundin in den Süden nach Yangshuo.

Es war echt unglaublich schön, es hat einfach alles gepasst, wir haben uns super verstanden, das Wetter hat mitgespielt und die Gegend ist atemberaubend, märchenhaft, wunderschön, exotisch, fremd, grün, … Die Menschen, die wir kennengelernt haben, waren fröhlich, freundlich, zugewandt, hilfsbereit. Es gibt so viele Möglichkeiten für Aktivitäten, es gibt so viel zu entdecken: kleine und größere Orte, die Landschaft, Höhlen, eigentlich waren 5 Tage zu kurz. Auch das Essen war interessant, auch wenn ich eine lokale Spezialität, beer fish, nicht mochte, der schmeckte echt so modderig wie der Fluss teils roch, und anderes wie kleine Fluss-Schnecken und Krebse gar nicht erst probiert hab. Zum ersten Mal in meiner Zeit in China habe ich auch gesehen, wie ein Hund zum Essen vorbereitet wurde.

Anreise am Montag

Das Problem, frühmorgens ein Taxi zu bekommen, hat eine liebe Freundin kurzerhand für uns gelöst, in dem sie uns selbst durch den strömenden Regen zum Flughafen gefahren hat. Die Sicherheitskontrolle war streng und pingelig, danach war noch Zeit für einen Kaffee im Terminal 1, anders als bei den anderen Terminals war das Angebot von Restaurants und Shops ganz untypisch für China sehr überschaubar. Beim Boarding sind wir doch noch nass geworden, es ging mit dem Bus raus aufs Flugfeld und die Gangway war nicht überdacht. Zum Glück haben hinter uns gehende Chinesen ihren Schirm mit uns geteilt. Der Flug selbst war entspannt, und etwa eine Stunde vor Ankunft riss die Wolkendecke auf und machte den Blick auf grüne Hügel und Berge frei. Beim Anflug auf den Flughafen ging es ziemlich dicht an den Bergen vorbei.

Erste Eindrücke

Guilin empfing uns mit strahlendem Sonnenschein, Hitze und Schwüle, wir wurden wie geplant durch eine Fahrerin abgeholt und dann ging es über überraschend leere Straßen nach Yangshuo, erste Gelegenheit, die steilen Karstberge, die auf total plattem Grund stehen zu bestaunen, erste Eindrücke vom ländlichen Guangxi. Kurz vor Yangshuo wurde es staubig: Straßenbauarbeiten, teils ging es über sandige Pisten weiter. Über die Hauptstraße ging es kurz durch Yangshuo, dann wieder raus aus der Stadt in das nördlich von Yangshuo gelegene Shi Ban Qiao: angekommen im Yangshuo Village Retreat.

Fix ausgepackt, erst im Hotelgarten noch einen Kaffee und dann haben wir den Hotel-Shuttle (Kleinbus mit Platz für 8 Gäste) in die Stadt hinein genommen und haben uns dann kreuz und quer durch die Stadt treiben lassen. Hotels, Restaurants und Shops ohne Ende, viele Baustellen und von fast überall Karstkegel in Sicht.

Li Jiang - Li River

Am Li Jiang

Am Ende sind wir am Fluss hängengeblieben. Wir haben uns dort hingesetzt und die Füße ins Wasser baumeln lassen und die Aussicht genossen. Später sind wir zu Fuß am Fluss entlang zum Hotel zurückgegangen, hat auch nur 20 Minuten gedauert.

Li River bei Yangshuo

Spaziergang am Li River

Erster Eindruck: schon touristisch! Besonders die West Street und die angrenzenden Straßen, anstrengende pushy Verkäufer, aber es gibt auch ruhigere Ecken. Wie ein Örtchen an Mosel, Rhein oder Elbe, nur auf Chinesisch. Die Hauptattraktion ist und bleibt jedoch die Landschaft und das Panorama.

Koh Samui

Da wir jetzt in Asien leben, könnte man ja auch mal in Asien urlauben… Also ging es zwei Wochen an den Strand von Lamai Beach auf Koh Samui. Mal ganz was anderes für uns!

Der Hinflug brachte einen nächtlichen dreistündigen Aufenthalt in Singapur mit sich, aber dank eines frei zugänglichen Gaming Rooms waren die Jungs beschäftigt und es gab kein Gequengel, wann es denn endlich weiterginge, der Papa konnte dösen, ich mir die Füße vertreten – netter Flughafen. Bei der Ankunft in Singapur war es noch dunkel, als wir dann abflogen gab es einen wirklich spektakulären Blick auf Stadt und viele (!) Schiffe. Ich hab fast die ganze Zeit mit der Nase am Fenster geklebt, erst Malaysia, dann Thailand unter uns und vor allem der Anflug auf die Insel hat sogar einen Blick auf „Big Buddha“ zugelassen – sehr cool. Aus dem Flugzeug raus waren wir dann wirklich in einer anderen Welt: zwar genauso heiß wie in Peking, aber viel höhere Luftfeuchtigkeit. Vom Flugzeug ging es mit offenen bunten Wagen zum Terminal – alles offene Gebäude. Preisgekrönter Flughafen, wer gucken mag: samuiairportonline.com Draußen wurden wir direkt in Empfang genommen und dann ging es mit einem Pickup zum Häuschen.

Ein schöner, entspannter Flecken Erde

Der erste Eindruck von der Insel: heiß, grün, exotisch hier, wuselig und lebendig. Aber jenseits der Touri-Anlagen schlicht bis primitiv – Normalität sieht hier einfach anders aus als im Westen. Die von mir ausgesuchte Hütte am Rande von Lamai Beach hat sich als ideal für uns erwiesen, groß genug, um sich auch mal aus dem Weg zu gehen, eigener Pool, schöne Terrasse mit „Salathai“ – ein überdachter Bereich auf der Terrasse, quasi unser Außenwohnzimmer, das Ganze unmittelbar am Strand mit schönem Blick, Restaurant direkt nebenan. Also wirklich nett gelegen, abseits des Gewusels und trotzdem alles vor Ort.

Tja, und von der Ankunft bis zur Abreise ist dann auch nichts Aufregenderes mehr passiert, außer dass Thomas einen abgesoffenen beinah 30 cm langen Monstertausendfüssler aus dem Pool gefischt hat und dass die vertrockneten, toten Palmen direkt neben der Hütte gefällt wurden. Ansonsten war es tags wie nachts gleichbleibend heiß, abends/nachts gelegentlich mal ein bisschen Gewitter, mal auch mit Regen, einmal ein ziemliches Unwetter schon nachmittags. Trocken auf der Terrasse sitzend war das aber auch aufregend anzusehen. Überhaupt, jeden Tag sah das Meer ein bisschen anders aus, immer neue Schattierungen von blau, grün, türkis (und auch mal grau), mal ruhig wie ein Baggersee, mal etwas wildere Wellen.

Ab und zu gab es auch etwas Action: Paraglider, die teils ziemlich unglücklich in ihrem Geschirr hingen, Bananaboats, wo sich die Fahrer einen Spaß daraus gemacht haben, das Teil zum kentern zu bringen, was regelmäßig in fröhlichem Kreischen endete; einheimische Angler, die morgens und abends frischen Fisch aus dem Meer holten, ab und an mal ein paar bunte Fischerboote unmittelbar vor der Nase… Der Strand ist uneingeschränkt toll: super sauber, keine Algen, nach ein paar Schritten ist man etwa hüfttief im Wasser, erst 50-100 Meter weiter wird es tiefer, also sehr angenehm zum schwimmen!

Auf jeden Fall war es wunderbar entspannt, die Jungs beinah ununterbrochen im Wasser, ich habe ungefähr 25 Krimis gelesen, wenn’s zu heiß wurde, im Pool abgeküht – das Meer war in etwa so warm wie die Luft, mal was anderes als Baden in eiskalten schwedischen Seen…  Mehr Ausflugslust als für einen Strandspaziergang konnte ich nicht aufbringen (die drei(!) Jungs ja eh nicht). Es war zu heiß und zu schwül, am und im Wasser ließ sich das einfach am besten aushalten. Dazu kommt vielleicht, dass ich in meinem Pekinger Alltag ja viel unterwegs bin und laufend Ausflüge mache und es immer soviel neues zu entdecken gibt, das Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung war offenbar riesig und wurde komplett gestillt.

Und die asiatische Exotik (schlichte Gebäude, viel lautes Straßenleben, Armut…) kennen wir ja auch aus Peking, da hat uns wirklich der flüchtige Eindruck vom Flughafentransfer her gereicht. So wurde die Familie also erstmalig nicht von mir zu Ausflügen gedrängt, was uns jetzt auch rückblickend kein bisschen abgeht, keiner hat das Gefühl, etwas verpasst zu haben. :) Krokodil- oder Schlangenfarm hätten uns eh nicht gereizt, vom Besuch der Wasserfälle wurde abgeraten – aufgrund der langen Trockenheit wären da nur klägliche Rinnsale.

Ein Gang zum Supermarkt reicht

Nur am ersten Tag sind wir zusammen zu Fuß zum großen Tesco-Supermarkt gelaufen – was angesichts der schwülen Hitze und ohne etwas zu trinken dabei zuhaben eine echt doofe Idee war. Dazu ein blöder Weg zum längsten Teil entlang der Hauptstraße (die Ringstraße, die einmal um die ganze Insel führt) – gerade als wir anfingen uns anzuzicken, gab es einen Minimarkt: Getränke für alle, danach ging’s mit der Laune wieder bergauf. Das blieb dann auch das einzige „doofe“ Urlaubserlebnis. Zurück waren wir schlauer und haben ein Taxi genommen. Immerhin haben wir so den Ort Lamai gesehen – und nicht wirklich das Bedürfnis gehabt, uns das Nachtleben dort reinzupfeifen. Nur Thomas war so heldenhaft, gelegentlich zum nächstgelegenen 7/11 zu gehen und Getränkenachschub zu besorgen.

Unser „Nachtleben“ sah so aus, dass wir abends ins „Black Pearl“ gegangen sind, ein Strandrestaurant direkt neben unserer Hütte, dort haben wir lecker gegessen (ich habe nicht ein einziges Mal selbst gekocht – auch mal nett), „Tiger“ oder Cocktails getrunken, während die Jungs sich gegenseitig im Sand verbuddelt haben oder mit den überaus netten Kellnern rumgealbert haben. Annette, die deutsche Köchin, hat sich auch lieb um uns gekümmert, und jede Gelegenheit für ein Schwätzchen genutzt.

Ein bisschen Aufregung hat die Fußball-EM dann noch in den Urlaub gebracht, dafür sind wir sogar mitten in der Nacht aufgestanden – klasse, wenn man sich nach dem nervenzerfetzenden Elfmeterschießen dann einfach so zur Abkühlung in den Pool werfen kann! :)

Die zwei Wochen waren jedenfalls viel zu schnell rum, am letzten Tag wurden wir noch von der kompletten Black-Pearl-Besatzung zum Abschied geknuddelt und waren uns sicher, dass wir wiederkommen wollen. Der Rückflug ging genauso unspektakulär und reibungslos (von ein paar Schlaglöchern in der Luft mal abgesehen) vor sich wie die Hinreise und zack, waren wir schon wieder zurück in Peking, wo es immerhin genauso warm, aber etwas weniger schwül ist. Nur gute Luft und Strand und Meer fehlen, natürlich.

Urlaubsmitbringsel, die die Welt nicht braucht

Nur zwei Tage, nachdem wir wieder zuhause waren, bin ich krank geworden. Junge, sowas braucht kein Mensch: Fieber, Knochenschmerzen, Übelkeit und dann irgendwann noch einen ziemlich seltsamen Ausschlag. In einem Moment, wo ich mich halbwegs aufrecht halten konnte, ging’s dann zum Doc, der mit Blick auf den Ausschlag beinah sicher war, dass ich mir Denguefieber mitgebracht hab. Der Bluttest war anderer Meinung, nun ist es wohl ein anderes „lustiges“ von Moskitos übertragenes Tropenfieber: Chikungunya. Fies dabei: ich war die einzige, die sich immer brav mit dem chinesischen Autan „Raid“ eingeschmiert hat, ansonsten waren die Schlafzimmer der Hütte gut mit Moskitotüren und -fenstern geschützt. Naja, besser ich als die Kurzen. Damit das ganze richtig spaßig wird, hab ich als Komplikation eine Leberentzündung dazubekommen, die inzwischen zum Glück auch besser wird. Statt an Jonas‘ Geburtstag in Hamburg zu landen, hab ich also halb komatös im Bett herumgelegen. Der Doc meint, zwischen 2 und 6 Wochen kann ich noch Spaß an dem Mist haben, der Heimaturlaub in den Sommerferien ist damit gestrichen, aber immerhin sind die ganz fiesen Schmerzen inzwischen Geschichte und ich bin „nur noch“ schlapp und schlaf soviel wie ein Neugeborenes… Ein Gutes hat es, dass es nicht Dengue ist – dieses hätte ein Reiseverbot in Dengue-Gebiete bedeutet, da man das mehrfach kriegen kann und beim 2. Mal wahrscheinlich die schlimmere, hämorrhagische Variante, was dann ziemlich hässlich werden kann. Trotzdem, Urlaub auf der Nordhalbkugel finde ich derzeit wesentlich verlockender, auch wenn das wirklich ein rundum schöner, harmonischer, erholsamer, gelungener Strandurlaub gewesen ist.

Nachtrag: Wie sich herausgestellt hat, war es doch Denguefieber, der erste Labortest war zu früh, ein weiterer Test hat Dengue dann bestätigt. Waren ja auch Symptome und Ausschlag wie aus dem Lehrbuch.

Ab in den Urlaub!

Jetzt ist tatsächlich das erste Pekinger Schuljahr der Jungs vorbei. Die Zeugnisse sind in Ordnung, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie diesen Riesenschritt von Europa nach Asien bewältigen mussten und obendrein immerzu „vergessen“, dass sie Hausaufgaben haben. Im neuen Schuljahr werden sie aber schon „alte Hasen“ sein – die Schonfrist ist vorbei. ;) Auch wenn bei beiden noch Luft nach oben ist, ich bin froh, dass es alles so gut gelaufen ist, und vor allem dass sie hier glücklich angekommen sind. Klar gibt es gelegentlich mal Heimweh oder es werden alte Freunde vermisst, aber unterm Strich ist unsere Bilanz des ersten Jahres hier durchweg positiv und wir sind froh, dass wir uns auf das Abenteuer eingelassen haben.

Der Große hat seine zweite Gymnasialempfehlung (in Hamburg gab es die schon am Ende der Vierten) und der Kleine hat die Grundschulzeit nun auch beendet. Trotz aller Freude über den Beginn der Sommerferien, über die Wunschklasse für Rasmus (er kommt sowohl zum gewünschten Klassenlehrer als auch mit allen gewünschten Freunden zusammen), über 9 neue Kinder für Justus‘ Klasse – trotz allem sind die zwei erstmal recht bedröppelt aus dem Schulbus gepurzelt – es waren wieder so viele Abschiede…

Inzwischen wird hier aber wieder gekichert und gelacht, denn heute Abend geht es direkt in den Urlaub. Tatsächlich mal nicht nach Schweden, sondern nach Thailand – also  mal komplett anders als unsere bisherigen Urlaube, wir freuen uns und sind gespannt; ich werde berichten. :)