Streetfotografie-Workshop im Herzen Pekings

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Wie man an der Vielzahl der Fotos hier im Blog sicher sehen kann: ich fotografiere gerne und gehe nie ohne Kamera aus dem Haus. Ich habe Spaß daran, die Welt um mich herum festzuhalten. Ein bisschen mehr „Wow“ für meine Fotos, das wäre aber auch nicht schlecht. Und vor allem: ich würde gerne mehr Menschen in meinen Bildern zeigen – hier in China geht das auch ohne Einverständniserklärungen etc.  Aber wenn es darum geht, dichter ran an die Menschen zu gehen, trau ich mich viel zu oft nicht.

Schon länger wollte ich einen Streetfoto-Workshop bei  Francois Nadeau machen, einem in Peking lebenden kanadischen Fotografen. Als es jetzt nach langer Pandemie-bedingter Abwesenheit und Pause wieder mit seinen Workshops losging, war ich direkt dabei.

Etwas Theorie zu Beginn

Die Gruppe ist erfreulich klein: wir sind zu viert plus Francois. Zunächst gehen wir in ein Café, wo er uns eine theoretische Einführung ins Thema gibt: Geschichte, bemerkenswerte Streetfotografen und ihre verschiedenen Stile, unterschiedliche Herangehensweisen, ein bisschen Technik und Theorie, Komposition, Licht und Schatten… Aber vor allem spricht er auch den Punkt an, der mir so wichtig ist: es gibt keinen Grund für die Angst beim Fotografieren von Fremden. Man tut ja niemanden etwas Böses – und in Wahrheit gibt es auch nichts Schlimmes, was dabei passieren kann. Gerade China/Peking ist ideal für Streetfotografie, sowohl was die rechtlichen Rahmenbedingungen angeht als auch die Bereitschaft, sich fotografieren zu lassen.

Francois macht uns Mut, beschreibt aber auch ein paar Möglichkeiten, wenn man die direkte Konfrontation vermeiden will – sei es aus Schüchternheit, sei es aus der Erwägung heraus, dass es die Situation verändert, wenn sich jemand als Fotosujet wahrnimmt. Einen wichtigen Grundsatz gibt er uns noch mit auf den Weg: Respekt. Und: lächeln! Super, das kann ich.

Und dann geht es auch direkt raus auf die Straße.

Rund um die Qianmen

Wir halten Ausschau nach Menschen und ihrem Alltag.

Gibt es Analogien oder Gegensätze?

Accessoires, besondere Kleidung?

Geometrien, Linien, Symmetrien – oder das Durchbrechen der Ordnung?

In den Hutongs

Während wir uns in Richtung Dashilar bewegen, reden wir über Licht und Schatten – und dass gerade das harte Mittagslicht in der Streetfotografie genutzt werden kann.

Tiere gehen natürlich auch immer!

Das Schild finde ich zu genial.

Hier ein Bild, das nicht so gut funktioniert, in schwarz-weiß erst recht nicht. Eigentlich hätte ich gerne den Mix von traditionellem Lampion einerseits und Peppa Pig und Co. andererseits herausgestellt. Aber das ist auch ein Lerneffekt: manchmal geht es halt nicht so, wie man sich das denkt. Hier ist der Hintergrund zu unruhig, es sind zu viele verschiedenen Elemente. (Ich hätte mich vielleicht an Details versuchen können.)

Das nächste Bild mag ich, obwohl oder weil es schräg ist – so langsam klappt es besser mit dem aus der Hüfte schießen.

War da was mit dem Lächeln? Das kommt ganz von selbst, so sehr genieße ich den Tag. Ich hab „Solar Power“ von Lorde als Ohrwurm, die Sonne brennt, der Himmel ist quietschblau, und ich merke, dass ich mich zwar nicht über Nacht zu jemanden entwickeln werde, der Fremden überfallartig die Kamera direkt ins Gesicht hält (will ich auch gar nicht), aber dass ich meine Scheu wohl überwinden kann. Ich muss nur Dranbleiben.

Zurück auf der Qianmen

Sie hat mich angeguckt – und es ist gar nichts passiert. Jetzt sind wir zurück an der Qianmen, allerdings am anderen Ende.

Noch ein paar Eindrücke.

Südlich der Chang’an

Eine der anderen Teilnehmerinnen möchte gerne in Richtung Tian’anmen, alle sind einverstanden, also gehen wir hinüber. Unglücklicherweise haben nicht alle ihren Pass dabei, bei der ersten Kontrolle reicht zwar das Handyfoto vom Pass, bei der zweiten aber nicht mehr. Da die Sonne noch immer ganz schön knallt, hat uns das rückblickend vermutlich vorm Sonnenstich bewahrt. Stattdessen gehen wir am Polizeimuseum vorbei und lassen uns ein wenig durch die schattigen, baumbestandenen Straßen im Viertel südlich der Chang’an treiben.

Immer wieder bleiben wir stehen und Francois macht uns z.B. auf besondere Lichtverhältnisse aufmerksam. Auch für jeden einzelnen von uns nimmt er sich immer wieder Zeit und geht auf unsere unterschiedlichen Wissensstände und Anliegen ein. Gut gefällt mir, dass er auch Einsteigerfragen beantwortet – aber sehr knapp, so dass das nicht von der Zeit fürs eigentliche Thema abgeht. Stattdessen weist er auf seinem Einsteigerworkshop hin. So passt das für uns alle gut. Grundsätzlich geht es an diesem Tag überhaupt mehr um das richtige Hingucken, auf Momente warten, Licht, Komposition, weniger um Kameratechnik.

Die kleine Prinzessin schläft.

Girl(s) on a bicycle (und Ralph McTell im Ohr).

Man könnte sich hier an jede belebte Kreuzung stellen und Spruch-T-Shirts knipsen. ;)

Nach sieben Stunden geht der Workshop zu Ende.

Es war ja nun eh ein wunderschöner Sommertag, da hätte das herumstreifen auch einfach so schon viel Spaß gemacht. Aber mit all dem Input, der Ermutigung, den vielen Tipps und Hinweisen, der netten Gesellschaft war es besonders schön. Mich hat dieser Tag einen großen Schritt weitergebracht, ich habe an Selbstvertrauen gewonnen. Jetzt muss ich halt dranbleiben.

Interesse geweckt? Hier geht es zu Francois‘ Webseite: Just go out and take some pictures.

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