Klebebandabroller

Klebeband. Immer wieder Klebeband.

Kurz nach der Ankunft in Peking hatten wir Probleme mit der Spülmaschine, die mit Klebeband (vorläufig) behoben wurden. Überhaupt begegnete mir eine Zeit lang überall Klebeband, Klebeband ist die Lösung für alles. Ich war von Klebeband umzingelt, habe wohl auch zu oft darüber geschrieben (z.B.

Men. The only thing duct tape can't fix!

I love Klebeband

„Glückskeks“ für die Expatmamas oder Dishwasher-Drama) und geredet. Meine Freundin hat mir sogar einen passenden Kühlschrankmagneten geschenkt. Im Laufe der Zeit habe ich mich an das allgegenwärtige Klebeband gewöhnt und es gar nicht mehr so wahrgenommen – bis jetzt zum Umzug.

Umzugskartons

Das Elend nahm seinen Lauf mit den Umzugskartons. Die erste Fuhre waren kleine Kartons, die mit viel Wohlwollen noch als Bücherkartons durchgehen konnten. Okay, also nicht komplett nutzlos. Irgendwas war trotzdem komisch, aber was, das ging mir erst bei der zweiten Fuhre Kartons auf. Immerhin fast so groß wie die aus Deutschland gewohnten Kartons. Aber: kein praktisches Faltpatent. Die Dinger mussten zusammengeklebt werden. Und so bekam ich endlich meinen eigenen Klebebandabroller. 

Anfänglich hatte ich meine Zweifel, ob der dünne, leicht reißende Film tatsächlich eine volle Bücherkiste zusammenhalten könnte. Anfangs klebten kleine Stückchen Klebeband überall: Haare, Finger, Kleidung – nur nicht da, wo ich es haben wollte. Ich hatte Horrorvisionen davon, wie meine Habseligkeiten aus den Kartons fallen und in den Straßen Pekings verschwinden würden. Doch das Klebeband hielt, alles ist heil und vollständig in der neuen Wohnung angekommen. Okay, fast alles, wir beklagen das Ableben einer Tasse, eines Glases und eines Tellers.

Und des Wasserspenders, der nach dem Umzug undicht war – und wo ich vehement die Klebebandreparatur verweigert habe.

Umzug auf Chinesisch

Umzug ist kein Erholungsurlaub, innerhalb Deutschlands schon nicht, aber innerhalb Pekings kam noch die Sprachbarriere dazu. Bis etwas geklappt hatte, immer ein nagender Zweifel im Hinterkopf: habe ich das jetzt richtig beschrieben, wurde ich verstanden? Fast alles auf Chinesisch abzuwickeln war anstrengender als Ein- und Auszupacken. Da hätte ich Klebeband für meine Nerven brauchen können. Aber alles ist angekommen, alles steht am richtigen Platz. Wir haben Gas, Wasser, Internet und Strom (äh, ja…) und ab Montag hoffentlich auch wieder CNN. 

Und dann saßen wir im Dunkeln…

Donnerstagabend ist hier allmählich Ruhe eingekehrt, wir sitzen gemütlich im Wohnzimmer, da macht es „plupp“ und wir sitzen im Dunkeln. Nein, es war nicht die Sicherung, die rausgeflogen ist. Bisher haben wir jeden Monat eine Rechnung für Strom, Wasser und Gas bekommen und bequem im River Garden Clubhaus bezahlt. Doch jetzt haben wir ein Prepaid-System. Ich habe ein Chipkarte, und bin damit ins Service Center im Foyer, in der Hoffnung, dass es abends noch geöffnet ist. War es zum Glück. Ich habe Strom gekauft, eine Quittung bekommen und sollte dann zurück in die Wohnung, um auf einen Worker zu warten. Der kam dann auch, verschwand mit der Chipkarte in einem Raum hinter den Aufzügen und tadaa, das Licht ging wieder an. Wenn unser Strom verbraucht ist, wird ein Erinnerungs-Zettel an die Wohnungstür gehängt. Natürlich mit Klebeband befestigt. 

Déjà vu und noch mehr Wasser

Am Montagabend habe ich unsere neue Mini-Spülmaschine angeworfen. Kurz darauf höre ich ein Plätschern. Oh nein, der Ablauf war undicht. Abgestellt, Handtücher hingeworfen, Vermieter informiert, der alsbald mit einem Worker kam – und mit Klebeband. Ich bin fast zusammengebrochen vor Lachen und konnte nur mit großer Anstrengung einigermaßen seriös gucken… Zum Glück wurde ein Testlauf gemacht, den das Klebeband nicht bestanden hat, also wurde ein richtiges, echtes Ersatzteil verwendet – und es hält.

In einem der Kinderzimmer war die Leistung der Klimaanlage eher mau, also kam am Dienstag ein Klimaanlagen-Worker. Er baute einen neuen Schlauch ein – und befestigte den mit Klebeband. Ich musste doch ein bisschen kichern, aber da ahnte ich auch noch nicht, dass Stunden später an dieser Stelle ein Wasserfall von der Decke strömen würde. In der Rumpelkammer. Zum Glück sind Staubsauger und Co. heile geblieben, nur die Weihnachtsdeko musste aus einem Haufen Pappmaché gepfriemelt und ein neues Behältnis umgepackt werden. Der Wasserfall wurde repariert, doch am nächsten Morgen tropfte es immer noch aus der Decke. Der Worker kam noch mal, diesmal mit richtigen Ersatzteilen und Dichtungsmasse. Und nun hält es auch dicht.

Jedenfalls war ich froh, dass die Worker, die mir geholfen haben, Bilder und Regale an den Wänden anzubringen, mit der Bohrmaschine kamen – und nicht mit Klebeband.

 

 

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4 Kommentare
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Martina
4 Jahre zuvor

Hihi, und ich dachte, amerikanische TV Serien wie MacGyver sind in China unbekannt ????
Hoffentlich pendelt sich alles ein und ihr könnt die neue Wohnung genießen.

4 Jahre zuvor

Herrlicher Artikel! Schön, dass Ihr gut in der neuen Wohnung angekommen seid!
Ich kenne Klebeband auch von meiner Zeit 1993 in Peking, als die undichten Fenster im Winter mit Klebeband dicht gemacht wurden.
LG
Ulrike

Klebeband Hexe
4 Jahre zuvor

Was wäre das Leben in China ohne Klebeband …? Einfach grossartig!

Timoleon
4 Jahre zuvor

Großartig! So hat jede Nation ihren „Tick“. Als ich ein Jahr in Griechenland lebte, wurde alles mit „Asaks“ sauber gemacht, sprich: „Ajax“. Für Fenster, Türen, Toilette, Bad, Couch (egal ob Stoff oder Leder), etc. „Nutz doch Asaks“, hieß es immer wieder à la „Vindex“ in „My Big Fat Greek Wedding“. :-) Ja, und ich habe das bis heute tatsächlich beibehalten: Ohne Glasreiniger geht bei mir gar nichts, auch wenn es sich nicht um das teure „Ajax“ handelt.

LG,
Timoleon.