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Frühling in der Verbotenen Stadt

Es ist schon fast zwei Jahre her, dass ich zuletzt in der Verbotenen Stadt war. Das war Anfang Mai 2020, direkt nachdem der Kaiserpalast nach der Pandemie-bedingten Schließung wiedereröffnet hat. Nur 5.000 Tickets durften damals pro Tag verkauft werden – und das war schon ein ganz besonderer Palastbesuch, wenn man bedenkt, wie voll es sonst in der Forbidden City ist. Ich bin zwar immer wieder mal an der Verbotenen Stadt vorbeigefahren oder habe von oben vom Kohlehügel drauf geguckt, aber drinnen war ich seit dem nicht mehr. Gab ja auch keinen Besuch aus Deutschland, mit dem ich dort hätte hingehen können…

Von daher war ich Feuer und Flamme, als eine Freundin gefragt hat, ob wir nicht mit zwei weiteren fotobegeisterten Freundinnen diese Woche hingehen wollen. Die Wetteraussichten waren gut, der Sandsturm würde sich hoffentlich vom Acker gemacht haben, also habe ich zugesagt. Ich habe direkt das Ticket (60 RMB) gebucht. Das kann man inzwischen zwar auch über eine App machen, ich finde es einfacher über die Webseite.

Tolle Bedingungen: Wetter, Luft – und kein bisschen voll

Wir haben Glück: der Sandsturm hat sich verzogen, das Wetter ist großartig. Wir lassen uns mit einem Didi zum Osttor bringen (am Tian’anmen darf man nicht anhalten, und wir kennen den Weg unter dem Mao-Porträt hindurch alle schon).

Weg am Fluss entang

Der Weg zum Osteingang

Am eigentlichen Eingang wird es kurz kompliziert, einer der Wächter will uns unbedingt zum Ticketschalter hinüber schicken und es dauert ein bisschen, bis wir ihm verständlich machen konnten, dass wir Langnasen tatsächlich schon online die Tickets gekauft haben. Aber dann klärt es sich auf: wir sollen noch einen QR-Code scannen und in dem sich öffnenden Formular unsere Passnummer eingeben. Und als sich dann die nächste Seite öffnet, war es das auch schon. An der Sicherheitskontrolle muss man trotzdem den Pass vorzeigen. Wieder etwas umständlicher als früher, aber ich habe mir hier abgewöhnt nach dem Warum zu fragen, ich kann’s eh nicht ändern.

Okay, also Foto-Thema „Frühling in der Verbotenen Stadt“. Ich wollte nicht unbedingt nur Blüten ablichten (das könnte ich auch in unserem kleinen Innenhof), ich hab gedacht, ich versuche mich mal weiter an Timelapse-Videos und habe mein Stativ eingepackt. Aber dann schlendern wir durch die ersten Höfe und der Gedanke an Wimmel-Videos verschwindet, denn es wimmelt gar nix. Es dürfen jetzt zwar 30.000 Tickets/Tag verkauft werden, aber es sieht nicht viel voller aus als vor knapp zwei Jahren!

So viel Platz, so wenig Besucher:innen!

Kein Wunder, Reisen nach Peking ist derzeit auch innerchinesisch kompliziert, also gibt es keine Touristengruppen. Dafür gibt es unglaublich viele verkleidete Frauen und noch mehr Fotograf:innen. Und das wird dann auch das, was fotografisch an diesem Tag im Mittelpunkt stehen wird. Pläne machen ist gut, spontan Gegebenheiten beim Schopfe packen ist besser. Wir folgen also den vielen, die es in den östlichen Bereich des Palastes zieht.  Dahin, wo die Apfelbäume in voller Blüte stehen. Dabei (und auch immer wieder im Laufe des Tages) kommen wir an Wächtern im Anzug vorbei, die im Gänsemarsch ihre Patrouillen absolvieren.

Here come the men in black… ;)

Es ist so schön!

Wir gehen durch ein Torhaus, im Schatten sitzen Frauen und Kinder, die geschminkt und frisiert werden und alle paar Schritte gibt es eine andere Gruppe, die posiert. Und das ist dann alles zusammen einfach nur wunder-, wunderschön!

Zu zweit….

… oder solo, aber alle irgendwie schön!

Es sind übrigens mindestens zehnmal so viele Fotografinnen und Fotografen hier wie „Models“. Die machen es teils zum eigenen Vergnügen und knipsen sich gegenseitig mit ihren Handys. Andere sind in Kleingruppen da: Model, Stylistin, Fotografin… Es dauert, bis wir uns hier losreißen können. Es ist unfassbar schön: die tolle Kulisse der roten Hallen der Verbotenen Stadt, die Apfelblüte und der betörende Duft, die fröhliche Stimmung.

Und endlich wird mir ganz leicht ums Herz. Zwar melden sich ab und zu unsere Handys mit Seuchen- und Kriegsnews (Kerry Residence im Lockdown! Giftgas in Mariupol! …), wir nehmen es zur Kenntnis und können es an diesem Tag doch irgendwie ausblenden (auch wenn es natürlich im Hinterkopf bleibt und mich nachts nicht schlafen lässt).

Wir reißen uns irgendwann los vom Blütenmeer und den kostümierten Schönheiten los und schlendern weiter.

Eine Frau in einer roten Jacke schaut durch den Spalt eines verschlossenen roten Tores in der Verbotenen Stadt

Was gibt es hier wohl zu sehen?

Wir wechseln so langsam vom östlichen in den den westlichen Bereich und können dabei immer wieder einen Blick auf den Kohlehügel werfen.

Der Pavillon des Ewigen Frühlings oben auf dem Kohlehügel von der Verbotenen Stadt aus gesehen

Goldene Dächer samt Blick zum Pavillon des Ewigen Frühlings oben auf dem Kohlehügel

Es sind überwiegend Frauen, die kostümiert sind, aber einige beziehen auch ihre Kinder mit ein.

Die sind mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung bei der Sache.

Kleiner Junge im historischen Kostüm späht in eine rote Halle in der Verbotenen Stadt

Wer muss hier nicht an den Film „Der letzte Kaiser“ denken?

Wir machen eine kurze Pause und trinken zwischendurch einen Kaffee. Ja, es gibt jetzt ein kleines Café mit wirklich gutem Kaffee innerhalb der Verbotenen Stadt (bei den ehemaligen Eishäusern).

Der Kaiserliche Garten (Imperial Garden)

Wir gehen zurück zur Mittelachse, genießen den Blick über Altes und Modernes Peking:

Nun zieht es uns in den Kaiserlichen Garten. Hier ist es lauschiger, keine großen gepflasterten Plätze, sondern alles ist dichter zusammen, grüner, lauschiger.

Hier wird natürlich auch posiert.

Beim Kaiser/Kaiserinnen-Baum ist tatsächlich nichts los! Hier posiert heute tatsächlich niemand. Der Baum ist eigentlich ein Symbol für ewige Liebe, früher standen die Pärchen hier Schlange, um sich ablichten zu lassen…

Wir überlegen kurz, zum Nordtor hinaus zu gehen und dann noch im Jingshan Park auf den Kohlehügel zu steigen, entscheiden uns aber dagegen und lassen uns zurück in Richtung Osttor treiben. Mit Blick auf einen der größeren Plätze haben ich dann noch mal ein wenig mit Timelapse-Videos herum probiert. Mir hat allerdings ein bisschen die Ruhe gefehlt (wobei das eher an mir als den anderen lag, ich hätte sicher mit Verständnis dafür rechnen können, dass ich jetzt mal 30 Minuten an Ort und Stelle bleibe), aber es geht voran – sicher demnächst hier im Blog zu sehen.

Inzwischen ist noch weniger los, fast nur noch Kostümierte und Fotografierende. Und einige Kinder mit dabei.

Wie man sehen kann: es ist noch leerer geworden – kaum noch jemand auf dem Platz unterwegs.

Zurück bei den Apfelbäumen

Aber bei den Apfelbäumen ist noch ordentlich etwas los. Eine kostümierte Schönheit nach der anderen posiert und wird von unzähligen Kameras eingefangen.

Eine Lautsprecherdurchsage macht darauf aufmerksam, dass der Kaiserpalast in Bälde schließen wird und man seinen Besuch bitte daraufhin abstimmen möge (soll wohl heißen: sich rechtzeitig zu den Ausgängen zu begeben). Und tatsächlich packen jetzt alle ihre Siebensachen zusammen und strömen zu den Ausgängen.

Wir beschließen den Tag nicht weit vom Ausgang im „Beijing Pie“, einem kleinen, typischen Pekinger Restaurant mit ebenso typischen Pekinger Gerichten (und nein, keine Touristenfalle, was man so nahe an der Verbotenen Stadt befürchten könnte), sondern wirklich rundum gut (und günstig).

Als ich abends zuhause ankomme, bin ich total erledigt, aber so gut gestimmt wie schon lange nicht mehr: der Tag war einfach perfekt, leicht und unbeschwert – eine Auszeit, mit der ich so gar nicht gerechnet hatte, und die ich deshalb umso mehr zu schätzen weiß.

Achtung, viele Bilder!

Komm zurück!

Liebe Freunde aus Deutschland waren zu Besuch. Die Tage waren üppig gefüllt mit Ausflügen (siehe unten für ein paar Fotos) und vielen guten Gesprächen. Es war, als hätten wir uns letzte Woche zuletzt gesehen und nicht zuletzt vor einer gefühlten Ewigkeit so zu viert zusammengesessen. Am liebsten hätten wir Schlaf komplett weggelassen, denn es war soviel Zeit nachzuholen, und wer weiß, wie lange es bis zum Wiedersehen dauert.

Gestern Morgen mussten wir uns verabschieden. Wir haben noch Witze gemacht:
– Die lassen euch eh nicht raus, wollt Ihr nicht vielleicht ohne oder wenigstens mit leeren Koffern los?
– Zum Kaffeetrinken um 2 seid Ihr aber wieder da!

Dann waren sie weg und das Haus war viel zu groß und leer. Auf dem Weg zum Einkaufen musste ich ein Tränchen oder zwei wegblinzeln, weil ich wieder allein unterwegs war. Naja, so ist das hier halt, und wir müssen damit leben.

Überraschung!

Wenig später sitze ich am Schreibtisch, poste die „Komm zurück!“-Szene aus Titanic auf die Facebookseite meiner Freundin, fange an, die Fotos zu sichten. Dann klingelt es – viel zu früh für die Geburtstagsgäste. Einer der Jungs ist an der Tür, ich höre eine Frauenstimme und denke, das ist aber nicht meine südafrikanische Freundin, komisch. Neugierig gehe ich runter und bleibe auf halber Treppe stehen – da waren sie wieder, S. und H. Mir sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen, der Mund offen – gut, dass da keiner ein Bild geschossen hat, das muss herrlich dämlich ausgesehen haben. Männe hat genauso geguckt. Und dann haben wir uns alle einfach nur gefreut. Der Flug nach Kopenhagen ist gecancelt worden, was uns einen weiteren gemeinsamen Tag geschenkt hat! 

Heute Morgen mussten wir uns wieder verabschieden, was keiner von uns so richtig ernst genommen hat. Aber bis jetzt hat es noch nicht wieder geklingelt, und wir finden uns so langsam damit ab, dass sie jetzt leider wirklich weg sind.