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Zu Besuch in Shanghai

Meine Freundin ist von Peking nach Shanghai umgezogen. Die Jungs und ich haben uns direkt zu einem Besuch in Shanghai aufgemacht. Die Anreise mit dem Gaotie, dem Superschnellzug, war komfortabel, angenehmer als zu fliegen. Sicherheitskontrollen gibt es zwar auch in Bahnhöfen, aber Check-in und Boarding gehen dann doch erheblich schneller als am Flughafen. Mit Zugfahren in Deutschland kaum zu vergleichen: die Züge sind günstig, zuverlässig und pünktlich. Mit 340-350 km/h haben wir in viereinhalb Stunden die 1200 km nach Shanghai zurückgelegt (Hamburg-München: über 6 Stunden für keine 800 km).

Sightseeing mit Kindern

Im Vordergrund stand natürlich der Besuch bei Freunden, trotzdem war ein bisschen Sightseeing möglich. Von Qingpu aus sind wir erst mit dem Didi ins Zentrum zum People’s Square gefahren. Der Spaziergang dort fiel kurz aus, vier Kinder können ganz schön viel „Wie lange noch?“, „Wann gibt’s Eis?“, „Mir tun die Beine weh!“, „Es ist zu heiß!“ (korrekt! Es war sehr heiß und extrem schwül.) von sich geben. Also bestiegen wir einen der Hop-on-hop-off-Busse und liessen uns kreuz und quer durch Shanghai fahren.

Mit dem Bus durch Shanghai

Mit dem Bus durch Shanghai

Im klimatisierten Bus waren dann auch alle wieder zufrieden. Am Bund stiegen wir dann aus – und das Pudong-Panorama mit den Türmen hat tatsächlich auch die Kinder eine Weile gefesselt.

Shanghai

Shanghai

Shanghai - Huangpu

Huangpu

Dann war die Bande hungrig, also ging es zu einem Food Court in der Nanjing Road. Essen fassen plus Sightseeing, clever gelöst von uns. Auf dem Weg zum Bus kamen wir dann noch an einem Flagshipstore für bunte Schokolinsen mit und ohne Nüsse oder Mandeln vorbei. Das war ein wenig Konsumquatsch-Overkill, aber durchaus interessant. Und: mit diesem Proviant versorgt war dann auch für gute Laune für die weitere Sightseeingtour mit dem Bus gesorgt.

Nanpu-Bridge

Die Tour führte uns jetzt von Puxi nach Pudong, und zwar über die Nanpu-Brücke. Wow! Was für ein Bauwerk: eine der größten Schrägseilbrücken der Welt. Platz ist knapp in Shanghai, deshalb ist die Brückenauffahrt in Puxi in spiralförmig. Oben im offenen Doppeldeckerbus war das schon sehr abenteuerlich, fast wie Achterbahn fahren. Die Brücke hat uns jedenfalls alle – auch die Kinder – nachhaltig beeindruckt.

Auffahrt Nanpu-Brücke

Auffahrt Nanpu-Brücke

Mistwetter

Aus der extrem feuchten Luft wurde erst ein leichter Nieselregen, dann wurde der Regen heftiger. Die Wolken hingen ziemlich tief. Bedeutet: die Fahrt auf die Türme kann man sich schenken bei praktisch kaum vorhandener Sicht. Ich war ja schon bei meinem ersten Shanghai-Aufenthalt vor vier Jahren schon auf dem Flaschenöffner und dem Oriental Pearl Tower, für die Jungs haben wir das jetzt auf den nächsten Besuch in Shanghai verschoben. Jedenfalls beschlossen wir, im Bus sitzen zu bleiben und die Rücktour mitzumachen, die uns noch einmal über die großartige Nanpu-Brücke führte. 

Gringotts?

Am Bund auf Höhe des Fußgänger-Sightseeingtunnels steigen wir wieder aus dem Bus. Die Kinder sind platt, aber wenn man schon am  Bund ist, möchte man natürlich gerne auch in eines der historischen Gebäude gehen. Praktischerweise ist genau gegenüber eine Filiale der Bank of China. Wir steigen ein paar Stufen im Eingangsbereich hoch, passieren einen Wächter und stehen dann in einer riesigen Halle, die mich von der Atmosphäre her stark an die Zaubererbank Gringotts aus den Harry-Potter-Verfilmungen erinnert. Nur, dass keine Kobolde an den vielen Schaltern sitzen, sondern Menschen. Leider ist Fotografieren verboten. Der Größe der Bank zum Trotz gibt es nur zwei ATMs, von denen nur einer funktioniert. Jetzt reicht es den Kindern wirklich, und so tuckern wir nach Hause.

Besuch in Shanghai, nachts

Bund und Pudong wirken im Dunkeln, bunt beleuchtet noch mal ganz anders als tagsüber. Die eine Hälfte der Kinder kannte das schon, die andere wollte nicht, also tuckerten meine Freundin und ich an einem Abend alleine in die Stadt hinein. Starten wollten wir am Pearl Tower, aber leider waren wir knapp zu spät dran – ab 21 Uhr werden keine Tickets mehr verkauft. Ich kannte den Blick schon, meine Freundin wird als Neu-Shanghaierin noch viele Gelegenheiten haben, auf die Türme zu kommen, also hielt sich die Enttäuschung in Grenzen – zumal wir beide Pudong auch von unten absolut atemberaubend fanden.

Shanghai, Skyscraper

Shanghai, Skyscraper

Der Oriental Pearl Tower ist an diesem Abend ausschließlich rot angestrahlt, ich erinnere mich, dass beim letzten Besuch die Farben wechselten. Wir spazieren über die Fußgängerbrücke vom Pearl Tower in Richtung Flaschenöffner (Shanghai World Financial Center). Das gefällt uns beiden ausnehmend gut, eine Fußgängerzone oberhalb des Autoverkehrs, gerade hier, wo man den Blick nach oben und nicht zum Verkehr ausrichten will, ist das super.

Schließlich stehen wir genau zwischen den drei Türmen:

  1. dem höchsten Gebäude Chinas: dem Shanghai Tower
  2. dem Shanghai World Financial Center, auch als „Flaschenöffner“ bekannt und
  3. dem Jinmao Tower.

Wie beim ersten Besuch in Shanghai vor vier Jahren bin ich total fasziniert und kann nicht genug kriegen (merkt man eventuell auch in der Fotogalerie…). Zusammen mit den vorbeiziehenden Wolken und den vielen Lichtern ist es ein großartiger Anblick. Auch bei diesen Türmen sind die Aussichtsplattformen inzwischen geschlossen, wir umrunden den Shanghai Tower und begegnen dabei fast niemandem mehr – und das mitten in Shanghai, zu gar nicht mal so später Stunde.

Besuch bei Freunden

Der Rest unseres Shanghai-Aufenthaltes war weniger touristisch. Wir haben die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort erkundet und waren uns einig, wie gut wir es mit dem alten Supermarkt am Pinnacle Plaza in Shunyi hatten. Rückblickend wissen wir beide den jetzt noch mehr zu schätzen. Die Kinder haben ungeachtet des Altersunterschiedes gespielt wie die Weltmeister, und wir Frauen hatten Zeit zum reden.

Aufreibender Aquariumbesuch

An einem Tag bin ich mit den Kindern noch einmal durch Pudong spaziert und wir waren im Aquarium (direkt neben dem Oriental Pearl Tower). Davon hatten wir uns mehr versprochen, es war nett, aber nicht umwerfend, und unglaublich voll und wahnsinnig laut. Und ich war froh, dass ich alle vier Kinder zusammenhalten konnte und wieder mit rausgebracht habe, da hätte ich gerne diese „Kinderleinen“ im Einsatz gehabt, die man in China oft sieht (genau für solche Örtlichkeiten sind die sicher gemacht). Der Unterwassertunnel, durch den man auf einem schmalen Laufband getragen wird, hat uns aber gut gefallen. Dusseligerweise hatte ich meine Kamera vergessen, aber in dem Gewusel hätte ich sowieso nicht fotografieren können ohne die Kinder zu verlieren.

Die paar Tage gingen viel zu schnell vorbei, aber früher oder später heißt es bestimmt wieder „zu Besuch in Shanghai“ (gerne aber auch „Besuch in Peking“!). Die Rückfahrt mit dem Zug war genauso angenehm wie die Hinfahrt. Beiden Jungs hat Shanghai gut gefallen, beeindruckt haben sie die „elevated roads“, die Türme, die Nanpu-Brücke und dass Shanghai viel grüner als Peking sei. Und Shanghai fühle sich weniger chinesisch als Peking an. Gibt auf jeden Fall noch mehr als gut genug dort anzugucken. :)

Fotos

 

Shanghai, Shanghai!

Die Minis auf Klassenreise, Thomas schwer im Stress – gute Gelegenheit für mich, mit dem Schnellzug (350 km/h Spitze) nach Shanghai zu reisen. Der Weg zum Südbahnhof (Beijing Nan) hat halb so lang gedauert, wie die Fahrt nach Shanghaihongqiao, schlimmer Unfall auf der Jingmi, nichts ging mehr, selbst die Kinder waren 3 Stunden zur Schule unterwegs, so sind alle Klassenfahrten dann mit deutlicher Verspätung gestartet.

In Shanghai angekommen war es genauso heiß wie in Peking, nur schwül noch dazu. Der Taxifahrer war entzückend, liebt offensichtlich seine Stadt und platzte vor Stolz, als wir auf dem „elevated highway“ (wenn der ganze Verkehr nicht mehr auf eine Straße passt, baut man halt ein oder zwei Straßen oben drauf…) um eine Kurve bogen und das beeindruckende Panorama von Pudong vor uns lag. Fix im Hotel in Hauptbahnhofsnähe eingecheckt und dann auf Erkundungstour: zum Bund natürlich!

Der hat gut gefallen: ein bisschen Landungsbrücken, ein bisschen Disney, ein bisschen Science Fiction. Auf der einen Seite die alten Protzgebäude, auf der anderen Seite die neuen: bunt illuminierte Türme. Den Bund von Nord nach Süd und wieder zurück entlangspaziert, mit unzähligen Chinesen posiert und fotografiert worden (nein, ich seh nicht plötzlich wie ein Model aus, ich bin halt als Langnase wahnsinnig exotisch hier) und dann auf einen Taxifahrerbetrüger reingefallen und bevor es hässlich wurde zu viel bezahlt – selbst schuld, seit wann kommen in China reguläre Taxifahrer auf einen zu, ich hätte es wissen müssen…

Am nächsten Tag: warmer Regen. Im Jade Buddha Tempel aber nicht schlimm, da hätte ich ewig bleiben und gucken können. Durch den Regen mit neuerworbenem Schirmchen zur Metro geschwommen und zum Jewish Refugee Museum gefahren, dabei kurz in die Seitengassen gespäht, aber zu nass für nähere Erkundungen. Hab mich dann nochmal in Richtung Flussufer begeben, ziemlich leer und verlassen wirkende bunte hypermoderne Hochhäuser bestaunt, durch einen netten Park gebummelt, dort beinah versehentlich in eine Hochzeit geplatzt… Abends nett im „Lynn’s“ gegessen, gehobene Shanghaier Küche – sehr lecker. Noch einen Blick auf die schicke Fußgänger-Einkaufsmeile geworfen (Nanjing Road), dann aber durch eine ziemlich heruntergekommene, leicht unheimliche Gasse zur Metro und zurück ins Hotel.

Am Mittwoch war es wieder trocken, bin dann mit der Metro zum Renmin Square – Volksplatz. Allein die Metrostation sehenswert, eine Stadt unter der Stadt, und „voll“ und „wuselig“ in einer neuen Dimension.  Oben am Platz einen Blick von außen auf Shanghai Museum und Urban Planning Exhibition Centre geworfen, beides auf später vertagt und für 50 RMB eine 48-Stunden-Karte für „Hop on hop off“-Sightseeing-Busse und Fähre erworben und dann am Mittwoch und Donnerstag oben im Roten Doppeldecker alle Linien mit zahlreichen Unterbrechungen abgefahren, auf jeden Fall auch eine gute Idee, um von einer Sehenswürdigkeit zur anderen zu kommen. Zunächst hat es mich dann nach Pudong getrieben und dort hinauf in den „Flaschenöffner“ – World Financial Centre. Auch hier geht es nicht schlicht, sondern bevor es in den Lift geht, muss man noch ein Infofilmchen über den Bau ansehen, am Ende natürlich (?) mit einem durch die Öffnung fliegenden Drachen. Auch im Lift Glitzer-Funkel-Licht- und Sound-Effekte. Und dann endlich oben: Sch****, ist das hoch! Als ob das nicht reichen würde, ging es noch mal einige Etagen höher, wo ich dann feststellen musste: Glasfenster im Boden in über 420 m Höhe sind nix für mich, also bin ich lieber etwas weiter runter, was in Wahrheit auch immer noch über 400 m hoch war. Und dann Lachflash: Hightech-Klo mit Ausblick („pullern nur für Schwindelfreie“ ;). Endlich wieder unten (puh), und dann entspannt mit der Fähre wieder rüber auf die andere Flussseite. Ein bisschen Landungsbrückengefühl und doch ganz anders!

Am Yuyuan Basar länger gebummelt und geguckt, für den Yu Garden war es schon zu spät. Der Basar ist eine laute, quirlige, lustige Mischung aus Edel- und Ramschboutiquen, schönen Souvenirläden und Plastikkrempel, Futterbuden in allen Geschmacksrichtungen, mit allerlei gebrutzelten aufgespießten (Meeres-)Tierchen, diverse „steamed bun“ Buden. Da hab ich mich einfach mal an die mit der allerlängsten Schlange angestellt und richtig geraten: ausgesprochen lecker. Inzwischen war es dunkel, wieder mit dem Bus zum Bund und da zum Sightseeing-Tunnel. Wie muss eine Attraktion in China sein? Lichteffekte, Glitzer, Funkel… In verglasten Waggons fährt man durch den Tunnel nach Pudong rüber und wird dabei mit beknackten (Un-)Sinnsprüchen und Jean Michel Jarre für Arme beschallt und mit netten Lichteffekten unterhalten. Lustig, und da es da sonst auch keine Brücke in der Nähe gibt, ne gute Möglichkeit, um nach Pudong zu kommen, wo man in der Nähe des Pearl-Towers wieder rauskommt. Da „musste“ ich dann natürlich auch drauf – und der Blick im Dunkeln auf die hellerleuchtete Stadt hatte was. Natürlich gab es auch wieder verglasten Boden… *grusel*

Am Donnerstag wieder mit dem Bus zum Yu Garden. Eine sehr gepflegte, gut englisch sprechende Chinesin verwickelte mich in ein Gespräch, als sie dann aber meinte, der Yu Garten wäre ja viel zu überlaufen jetzt und wir könnten doch gemeinsam zur einer Teezeremonie gehen, hab ich mich fix vom Acker gemacht. Einmal auf Touristenbescheißer (der Taxifahrer am Montagabend) reinfallen reicht! Der Garten hat gefallen, erfreulich ruhig da und wenig Glitzer, eine hübsche Galerie mit schönen und unkitschigen Bildern und Kalligraphien, das war echt nett.

Danach ging es dann ins Shanghai Museum, wo ich ziemlich banausenartig relativ zügig durch bin, nur die Ausstellung von Minderheitentrachten, Qing- und Ming-Möbeln (ohne dass ich jetzt sowas wie Sachverstand vortäuschen könnte, aber ich glaube, ich mag Ming mit den klareren Linien und weniger Schnörkeln lieber) und einige Statuen hab ich genauer angeguckt. Danach in der Mittagshitze über den Platz, halb verdurstet einen großen Tee mit Eis runtergespült – was offenbar nicht klug war, ansonsten achte ich drauf, immer alles ohne Eis zu bestellen, jedenfalls wurde mir danach ziemlich flau, was blöd war, weil ich so das Shanghai Urban Planning Exhibition Centre nicht wirklich würdigen konnte. Trotzdem, das gigantische Stadtmodel ist wirklich sehenswert! Das Flau-Sein war lästig, also lieber ins Hotel zurück, war glücklicherweise nicht weit weg.

Am Freitag ging es dann schon wieder zurück. Der Bahnhof – bei der Ankunft nicht viel von gesehen – ist gigantisch, es war ziemlich voll, aber doch geordnet. Bemerkenswert die Anzeigetafel: nicht ein einziges „delayed“. Eine chinesische Großfamilie hat mich bestaunt und alle weiblichen Familienmitglieder haben ihre Arme neben meine gehalten, und ich war nur unwesentlich heller (naja, ist halt heiß und sonnig in Peking), was für große Heiterkeit gesorgt hat.

Ebenfalls bemerkenswert: nach den paar Wochen China in Peking schon das Gefühl des Nachhausekommens.

Shanghai hat mir jedenfalls gut gefallen, vom Nervenkitzel und der Aussicht oben in den Türmen, am Bund am Fluss entlang, die kleinen Gassen, hinter jeder Ecke wieder alles anders… Doch, da würd ich irgendwann gern mal wieder hin!