Abwechslung im Wohnungsknast: Quarantine Cook-off
Gestern war ein trüber, grauer Tag, und da man sich ja manchmal selbst einfach am Schopf packen und aus dem Sumpf ziehen muss, habe ich kurzerhand doch noch zu „meiner“ Kochschule „The Hutong“ Kontakt aufgenommen und das Zutatenpaket für deren „Quarantine cook-off“ bestellt.
In dieser Woche ging es los: Vier Wochen lang veröffentlicht „The Hutong“ ein Rezept und ruft zum Nachkochen auf. Wer mag, kann Fotos bei WeChat Moments oder Instagram veröffentlichen und damit auch an einem kleinen Wettbewerb teilnehmen. Klar, gewinnen ist schick, aber mir geht es gerade um Abwechslung im Alltag und im Speiseplan. Erst hab ich mich geziert, weil diese Woche „pickled Kohlrabi“ in Wahrheit nicht so wahnsinnig lecker klingt. Aber wie gesagt, gestern war ein echt mieser Tag, dafür nehme ich dann auch das in Kauf.
Keine Sorge, das wird hier kein Foodblog (ich würde mich sonst auf die Dauer wohl auch eher bei „Worst of Chefkoch“ wiederfinden), aber im Moment nehme ich gerne jede denkbare Abwechslung mit, die auch innerhalb der eigenen vier Wände machbar ist. Für mich steht bei dem Event die Abwechslung im Vordergrund, sowohl im Tagesablauf als auch im Speiseplan (wenn es nach den nimmersatten Teenagern geht, würde es hier abwechselnd nur Pasta Bolognese, Hühnerfrikassee, Kung Pao Chicken, Kartoffelsuppe mit Würstchen und Schnitzel geben – bloß nicht zu viel giftiges Gemüse…).
Heute Morgen bin ich dann für Wohnungsknast-Verhältnisse früh aufgestanden, weil ja mit der Lieferung zu rechnen war. Erster Blick aus dem Fenster (leider nicht für die Nachwelt festgehalten): guter Tag, Berge sehr detailliert in Sicht = gute Luft. Zwar immer noch grau, nachts hatte es geregnet, aber im Vergleich zu gestern schon ein recht charmantes hellgrau… ;)
Auf dem Weg zur Kaffeemaschine der Blick auf meine Tulpen, die ich am vergangenen Wochenende gekauft hab – achja, ein paar Blümchen müssen sein.
Etwas später kam die SMS, dass die Lieferung gestartet ist – könnte ich besser chinesisch lesen, hätte ich das live tracken können. So kann ich nur schätzen (bin aber selbst oft genug mit dem Scooter von hier nach dort unterwegs gewesen), und bin rechtzeitig in Jack und Büx, so dass ich sofort losstürmen kann, als der Anruf kommt:
„Bin da, aber das Tor ist zu.“
„Bitte geh zum Haupttor, das Südtor – ich komme runter“
„Okay!“
Dasss ich mit meinem Pidgin-Chinesisch sogar mal am Telefon so halbwegs klar komme, hätte mir vor kurzer Zeit auch keiner prophezeien können…
Ich düse runter, nehme am Tor die Tüte mit den Zutaten in Empfang, mache noch einen Abstecher zum Briefkasten (wie immer: nix) und zum täglichen Smalltalk mit dem Shopbesitzer und fahre wieder nach oben, zurück in den Knast.
Ich packe aus: Gehacktes vom Schwein, Paprika und der ominöse „pickled Kohlrabi“. Kann man natürlich auch alles selbst einkaufen, aber ich hänge am „The Hutong“ und unterstütze die jetzt von Herzen gerne (mal abgesehen davon, dass ich nach dem Kohlrabi echt lang gesucht hätte).
Am späten Nachmittag stürme ich dann mein Kochloch – Küche kann man den winzigen Raum kaum nennen, reicht uns normalerweise, denn wir sind hier ja in Peking: man isst auswärts und braucht die Küche außer zum Kaffee kochen nur ausnahmsweise. Dass uns diese blöde Seuche samt aller Konsequenzen hier erwischt und wir wie Millionen von Chinesen plötzlich fast ausschließlich selbst kochen, hätte ja auch keiner für möglich gehalten.
Yunnan Hei San Duo
Diese Woche gibt es Yunnan Hei San Duo (Yunnan Schwarz Drei Kleingeschnippeltes): Ein Klassiker aus Yunnan, schwarz nach dem pickled Kohlrabi, drei Zutaten: Pork, Paprika, pickled Kohlrabi, alle kleingeschnippelt.
Zutaten:
- 250 g Gehacktes vom Schwein
- 1 große grüne Spitzpaprika
- 1 große rote Spitzpaprika
- 100 g kleingehackter Yunnan pickled Kohlrabi (kann durch kleingehackte Tomate ersetzt werden, wird milder im Geschmack und hong statt hei – rot statt schwarz).
- 500 g Eisbergsalat oder Kopfsalat
- 1 Esslöffel helle Soyasoße
- 1 Esslöffel Chinesischer Kochwein (kann z.B. durch Sherry ersetzt werden)
- 2 Esslöffel Pflanzenöl
Die Zubereitung ist denkbar einfach: Paprika und pickled Kohlrabi kleinschneiden. Hack im Öl anbraten, Gemüse hinzufügen, mit Soyasauce und Kochwein würzen, fertig.
Mit Salatblättern/im Salatblatt servieren. Wer das Gericht nicht im Salatblatt futtern will, kocht sich etwas Reis dazu.
Das Ergebnis fand ich lecker, nur war mir das Gericht durch die pickled Kohlrabi etwas zu salzig, obwohl ich schon die salzreduzierte Soyasoße verwende. Beim nächsten Mal würde ich nur die Hälfte Kohlrabi verwenden – oder ich probiere direkt die Hong San Duo Variante mit Tomate, dann würde es vermutlich auch den Jungs besser schmecken. Es kommen tatsächlich keine weiteren würzenden Zutaten hinzu – kein Chili, Knofi, Ingwer, kein Salz, Pfeffer – nix. Einfacher geht es kaum. Damit ist das Gericht auch für totale Kochanfänger geeignet, keine besonderen Skills erforderlich, obendrein geht es wirklich fix. Ich werde es auf jeden Fall ins „Kochrepertoire“ mit aufnehmen.
Ich bin jetzt sehr gespannt, was die Rezepte der kommenden drei Wochen sein werden und ob sich die Schwierigkeit/der Aufwand steigert. Zeit zum Kochen haben wir derzeit ja alle mehr als genug.
Ich finde, das ist eine großartige Idee von The Hutong – übrigens unterstützt von den englischsprachigen Stadtmagazinen The Beijinger und Beijing Kids. Ich freu‘ mich auf die nächsten Gerichte in den kommenden drei Wochen. Ach, und wer mag, kann mir natürlich auch ein Like bei Instagram dalassen. ;)