Oktober in Peking
Der Herbst ist angekommen. Herbst, das ist hier der kurze Augenblick zwischen „zu heiß“ und „zu kalt“. Der Mann kam mit einer schnieken neuen Übergangsjacke an. Ich habe ihn ausgelacht, weil man sowas in Peking wirklich nicht braucht, Anfänger.
Dicke Luft
Unsere Luftfilter standen den ganzen Sommer über ungenutzt rum. Neulich musste ich sie doch wieder anschließen, ohne ging es nicht mehr. Aber Smog-Kopfschmerzen und -Halskratzen braucht kein Mensch. Seit Sonntag ist der Himmel nun wieder strahlend blau, die Stecker sind gezogen und das leise Hintergrundbrummen (die Dinger sind zwar ganz leise, aber halt nicht lautlos) nervt nicht mehr. Die Luftqualität hat sich hier seit unserer Ankunft extrem verbessert, blauen Himmel gibt es schon lange nicht mehr nur zu Parteitagen. Umso mehr nervt es, wenn der graubraungelbe Schleier über allem liegt und das auch noch tagelang.
Brücken und Tunnel
Das hier ist eine Brücke am östlichen 3. Ring, Liangmaqiao. Am westlichen 3. Ring, etwa 14 Kilometer entfernt, hat jemand an einer ähnlichen Brücke ein Protestbanner aufgehängt. Ich hab das erst spät mitbekommen, da Internet und vor allem VPNs derzeit stark beeinträchtigt sind.
Zur Zeit heißt es also heute und heute journal statt Tagessschau und Tagesthemen – die ZDF-Seiten sind im Gegensatz zu den ARD-Seiten auch ohne Tunnel erreichbar. Nach dem 22. Oktober wird es dann wohl wieder „normal“…
Eindrücke von unterwegs
Ich hab sicher schon mal ein Bild von „Papageno“, wie ich ihn in Unkenntnis seines richtigen Namens nenne, gezeigt. Ich freue mich immer, wenn ich ihn treffe.
Hab ich schon erwähnt, dass es herbstlich wird? Die beiden Türme, die im Bildhintergrund in der dicken Luft verschwimmen, sind eine Dauerbaustelle, waren es schon, als wir angekommen sind. Die große Halle im Vordergrund steht noch nicht so lange und wird vermutlich auch bald wieder weg sein – das ist eine Metro-Baustelle. Seit wir hier sind, sind viele neue U-Bahn-Kilometer und -Stationen hinzugekommen.
Es ist Parteitag. Überall in der Stadt stehen an Kreuzungen Freiwillige.
Noch eine Brücke
Diese Brücke ist am 2. Ring, wie man sieht kurz vor dem Lamatempel. Und man kann auch die Berge sehen: sicherstes Indiz für gute Luft. Nicht im Bild: ein Brückenwächter, der genau geguckt hat, was ich da tue. Aber nachdem er sich davon überzeugt hat, dass ich harmlos bin, hat er sich wieder seiner Teeflasche gewidmet. Olympia, Two Sessions, große Konferenzen oder eben jetzt Parteitag: wie die Volunteers oben gehören solche Brückenwächter dann zum Stadtbild. Jetzt kurz nach dem Protestbanner fällt es einem nur stärker auf.
Hier ist der hübsche Paifang am Beginn der Guozijian Street – der Straße, an der der Konfuziustempel liegt. Sah man schon immer: Liefertuktuks an jeder Ecke. Sieht man verstärkt erst seit Covid-19: viele Leute mit weißem Kittel.
Rucksäcke mit Guckloch und Transportboxen aller Art für Katzen und kleine Hunde sieht man hier immer häufiger. Und auch improvisierte Lösungen, die Frontkörbe der Leihfahrräder sind genauso geeignet wie offene Scooterboxen – oder auch Buggys. Beim Warten hat der Mann seinen Hund noch im Arm gehalten und mit ihm gekuschelt. Im Hintergrund: eine der vielen Testboxen, die jetzt an jeder Ecke stehen.
Covid und kein Ende
Hier gilt weiterhin, dass man fast überall ein höchstens 72 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen muss, um reinzukommen. Nachdem wir hier im Umfeld anfangs relativ lange Wartezeiten hatten, stehen nun rund um die nächste Kreuzung drei Testboxen, jetzt ist das innerhalb von wenigen Minuten erledigt.
Im Moment werden allerdings jeden Tag zwischen zehn und zwanzig neue Fälle in Peking gemeldet. Einzige Konsequenz bisher: die Covid-Pressekonferenz findet wieder zweimal am Tag statt. Ich hoffe, dass es dabei bleibt (und dass es keine verpflichtenden täglichen Tests, keine Schulschließung etc. geben wird) und möchte gerne glauben, dass das ein Zeichen von Lockerung ist, weil es bei solchen Zahlen schon ganz andere Reaktionen gegeben hat. Aber erstmal sehen, wie es nach dem 22. Oktober ist…