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Winterspaziergang

Ich habe mich in der letzten Zeit ein bisschen schwer getan, mich aufzuraffen und durch die Stadt zu streifen. Hauptgrund ist: mir ist zu kalt, die Kälte kriecht mir in die Knochen, tut weh, ich hasse es. Lorde hat ja einen Song („Solar Power“) extra für mich geschrieben, besonders die ersten Zeilen treffen es gerade genau richtig:

I hate the winter, can’t stand the cold
I tend to cancel all the plans (So sorry, I can’t make it)

Der andere Grund ist etwas, das viele Menschen, die im Ausland leben, umtreibt: was, wenn es den Lieben daheim mal nicht gut geht und man eigentlich besser dort wäre? Ich weiß jetzt, wie sich das anfühlt, aber bis ich da mehr drüber schreiben kann, brauche ich noch Zeit.

Gestern war es aber endlich mal nicht ganz so kalt, dazu gute Luft und strahlender Sonnenschein, mein Knöchel ist wieder ganz in Ordnung, also habe ich mich auf den Scooter geschwungen und bin zum Shichahai gedüst.

Test-Schlangen und die Seuche

Unterwegs komme ich zweimal an langen Schlangen vorbei: hier wird getestet. Eine der Schlangen ist an der Kreuzung Beixinqiao, wo vor kurzen der neue U-Bahn-Eingang (samt neuer Airport-Express-Station) eröffnet wurde. Auf der einen Seite der Kreuzung die wirklich sehr lange Schlange auf der Bike Lane, auf der anderen Seite sitzen ältere Pekinger auf den neuen Bänken des traditionell gestalteten Bahnhofeingangs (erinnert etwas an die Laubengänge im Sommerpalast oder Himmelstempel). Leider ist zuviel Verkehr, als dass ich absteigen und stehen bleiben könnte zum fotografieren.

Für uns war ja vor ein paar Wochen ein Test für den kompletten Compound angekündigt, der Stunden später wieder abgesagt wurde. Vielleicht ganz gut so, subjektiver Eindruck ist, dass man entweder nie oder „ständig“ getestet wird (wobei „ständig“ zwei-drei Mal heißt). In Peking selbst war heute übrigens der zweite Tag ohne lokale Neuinfektion. Von wegen, Omikron würde die quasi ungeimpften Chinesen platt machen. Die vielen positiven Tests in der Olympia-Blase dürfen auch gerne innerhalb der Blase bleiben.

Dafür hat es in Deutschland die ersten Familienmitglieder erwischt. Ich hoffe, das geht gut aus und ist fix und folgenlos überstanden.

Am Shichahai

Derzeit ist die Stadt noch bunter als sowieso schon, Neujahrs- und Olympia-Deko überall, hier an der Kreuzung vor dem Trommelturm.

Ich stelle den Scooter ab, biege um die Ecke und laufe auf den See zu – und muss mir erstmal die Augen reiben: huch? Das Eis ist schon weg?

Auch wenn ich mein „Projekt Eisprinzessin“ (die Pekinger Eislaufflächen testen) nun auf die nächste Saison verschieben muss: böse bin ich nicht drüber, denn das ist ein erstes Zeichen dafür, dass meine viertliebste Jahreszeit so langsam zu Ende geht. Zum Wochenende ist noch mal ein Kälteeinbruch angekündigt, aber dann reicht’s auch mit dem Winter. :)

Ich biege in den Yandai-Hutong ab, und lasse mich von dem farbenprächtigen Gewusel dort gefangen nehmen. Es gibt so viel zu sehen!

Zum Beispiel der Schatten der Laternen auf einer historischen Türe…

Die unterschiedlichsten Menschen…

Es scheint immer mehr Hunde zu geben (oder sie fallen mir mehr auf), ob frei herumstromernd in einer Gasse…

… oder vom Frauchen aufgebrezelt an der Leine.

Über diese scheußlichen Palmen muss ich immer schmunzeln, aber jetzt im Winter ganz besonders.

Nachmittags keine Schwimmer, sondern ein Angler…

Ganz dünnes Eis…

Der Mini-Park am Wanghai-Turm ist geschlossen, das heißt ich könnte nicht am Ufer weitergehen, sondern müsste die an dieser Stelle eher uninteressante Straße benutzen. Da drehe ich lieber um, ich kann ja auch noch über die Brücke auf die westliche Seeseite gehen und dort herumstromern.

Ich mag die Spiegelungen im See…

… und das Gewusel hier. Heute ist viel los, denn es ist der letzte Tag der Neujahrsferien (also der letzte offizielle freie Arbeitstag, unsere Jungs haben seit Montag schon wieder Online-Schule).

Okay, das Eis ist nicht weggetaut, die Enten haben es aufgefressen… ;)

Pekinger Gegensätze: modernes und traditionelles Peking auf einen Blick, in einem Bild: vorne der Feuergott-Tempel, hinten der Citic Tower (Zhongguo Zun).

Ich gehe noch ein Stück weiter…

… aber allmählich steht die Sonne schon tief und nun wird es doch merklich kälter. Also drehe ich um und kann diesen Blick genießen: vorne in rot der Trommelturm, weiter hinten von den Bäumen fast verdeckt der Glockenturm.

Jeder mag Tanghulu (kandierte, aufgespießte Früchte).

Raucherpause.

Nach drei Stunden ist mir dann aber doch echt kalt, Zeit für den Rückweg.

Ich schwinge mich auf den Scooter und nehme einen anderen Weg zurück nach Hause. Trommelturm habe ich ja heute schon gesehen, ich werfe nun also noch einen Blick auf den Kohlehügel – wenn auch nur von der Bike Lane aus.

Ein Stück weiter muss ich an einer Ampel warten. Aber es gibt ja immer was zu gucken.

Der lange Spaziergang hat mir wirklich gut getan, man kann so schön Gedanken dabei sortieren, Licht und Sonne heben die Laune. Und so schrecklich kalt war es glücklicherweise auch nicht. Abgesehen davon gibt es hier ja auch immer mehr als genug zu Gucken. Auch wenn ich inzwischen schon immer wieder mal denke, dass ich gerne etwas Neues entdecken würde, hat es auch seinen Reiz, solche Lieblingsorte (wie es der Shichahai für mich ist) immer wieder aufzusuchen.