Streifzug durch Peking
Heute waren eigentlich perfekte Bedingungen für einen Wochenendausflug: saubere Luft, strahlender Sonnenschein, mit 10 Grad schon fast ein Hauch von Frühling in der Luft. Zumindest die Vögel scheinen das zu glauben, die hört man derzeit nämlich im Gegensatz zu normalen Zeiten, weil die Stadt so still geworden ist. Peking im Schatten des Virus ist nicht nur leer, sondern auch leise.
Ich habe kurz mit dem Gedanken gespielt, mich in Richtung Duftberge, Badachu oder zum Botanischen Garten aufzumachen. Aber im Hinterkopf brodelt es leider doch. Auch in Peking soll es Compounds geben, die sich extrem abschotten und streng Buch darüber führen, wann und wie lange ihre Bewohner unterwegs sind, alle zwei Tage maximal zwei Stunden für den Einkauf von Lebensmitteln, mehr ist unerwünscht. Auch wenn das bei uns nicht so ist, so lässt mich das halt doch nicht kalt und auch bei meinen kurzen Streifzügen drängt es mich eher früher als später wieder zurück.
Trotzdem, an so einem wundervollen Tag ist drinnen bleiben keine Option für mich. Scooter gesattelt, und einfach drauf los, mal sehen, wo es mich hintreibt, grobe Richtung Beihai Park.
Erstmal den 3. Ring Richtung Süden. Normalerweise ist hier auch am Wochenende dicker Verkehr!
Am Dongzhimen Kreisverkehr werfe ich einen Blick auf die Werbung: Fight the virus!
Hier an der Ampel kram ich in meiner Tasche. Super, meine Sonnenbrille liegt zuhause auf dem Schreibtisch.
Wenn sonst nichts los ist, fallen die Straßenkehrer viel stärker auf als sonst.
Eigentlich könnten die Ampeln auch abgeschaltet werden…
Zwischen Beixinqiao und Dongsi ist etwas mehr los. Zumindest, was Fußgänger und Zweiräder angeht.
Auf den Straßen allerdings eher nicht so.
Die Hutongs sind größtenteils gesperrt, als ich an einem die Barrikade fotografieren will, werde ich weitergescheucht. Ein paar Meter weiter ist dann ein Mann im weißen Schutzanzug mit Tank und Desinfektionsspritze zugange. Okay, dann mach ich wirklich lieber, dass ich weiterkomme.
Ich rolle auf die Chang’an zu, aber in Richtung Tian’anmen darf ich nicht abbiegen, also überquere ich sie bloß und werfe einen Blick hinein:
Ladies and Gentlemen, das ist normalerweise eine der meistbefahrenen Straßen Pekings, die wichtigste Ost-West-Verbindung im Zentrum. Etwa 1000 Meter von meinem Standort befinden sich links der Tian’anmen und rechts die Verbotene Stadt. Und was sehen wir? NIX. Das ist doch alles total surreal!
Ich versuche, hintenrum in Richtung Tian’anmen zu fahren, aber es ist alles abgesperrt, also fahre ich zurück zur Chang’an und dort dann Richtung Osten.
Die fast leeren Busse fahren übrigens zum Pekinger Hauptbahnhof. Nur: da war auch nichts los. Ich fahre dann den 2. Ring entlang Richtung Norden. Und wieder ein Blick auf den Zhonguo Zun und die „kleinen“ Gebäude ringsherum…
Weiter am Galaxy Soho vorbei. Ich weiß, ich wiederhole mich: nichts los hier.
Und noch ein letztes Bild für heute. Auch hier: nichts los. Auf dem 2. Ring!
Ich tuckere durch Sanlitun zurück, wo ein paar mehr Fußgänger unterwegs sind. Mache einen Zwischenstopp im Jenny Lou (internationaler Supermarkt) und fahre zurück nach Hause. Heute muss ich Fieber messen lassen, Daumen hoch, puh. :)
Und sonst?
Quarantäne-Bestimmungen für Rückkehrer/Reisende
Es gab wieder eine „Landsleute-Mail“, in der die aktuellen Quarantäne-Bestimmungen erläutert werden:
Zahlen…
Ich versuche, mich von den Statistiken nicht mehr zu verrückt machen zu lassen, was mal mehr, mal weniger gut klappt.
In Peking scheint die Zahl der Erkrankten zurückzugehen. Viel Hoffnung, dass sich das Leben hier zügig normalisiert, habe ich dennoch nicht. Der Tiefschlag von gestern – die Mitteilung der Schule, dass nicht vor dem 16. März mit einer Wiederöffnung gerechnet wird – wirkt nach.
Die Virus-Nachrichten aus dem Rest der Welt, vor allem Südkorea, sind nicht wirklich ermutigend.
Das soziale Leben fehlt
Ich kann es gut mit mir selbst aushalten. Ich bin gerne alleine. Aber auch, wenn ich nicht rund um die Uhr Gesellschaft und Bespassung brauche, so habe ich inzwischen doch die Nase voll davon, mich nicht verabreden zu können, unterwegs mit Fremden ins Gespräch zu kommen, ich vermisse meine Freundinnen und die Aktivitäten mit Fotogruppe, Strickgruppe und Schreibstammtisch, ich vermisse Kochkurse und organisierte Ausflüge, spontane Treffen im Café, 30 Sekunden Gespräche an den Ampeln… Das einem das (der Mangel an sozialen Kontakten) ausgerechnet in Peking passiert, ist wirklich kaum in den Kopf zu kriegen.