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Frost in Peking

Proteste

Sonntagabend bis zum frühen Montagmorgen wurde nur wenige hundert Meter von uns entfernt protestiert. Bis gegen 3 Uhr habe ich versucht, auf verschiedenen Kanälen auf dem laufenden zu bleiben. Hingehen und gucken? Natürlich hat mich das gejuckt, aber das ist halt riskant einerseits, und möglicherweise kontraproduktiv andererseits (das Framing „vom Westen gesteuert“ will ich nicht durch meine Anwesenheit befeuern). Kalt gelassen hat es mich jedenfalls nicht.
Eine Einschätzung, ob und wie sich die Proteste fortsetzen werden, ist schwierig, auch darüber ob und welche Folgen der Tod von Jiang Zemin möglicherweise haben wird.

Ich habe ja neulich schon auf den Podcast von Sven Tetzlaff hingewiesen. Als ich gestern die aktuelle Folge seines China-Tagebuchs gehört habe, habe ich in dem Kapitel „ZeroCovid“ fast nach jedem Satz zustimmend mit dem Kopf genickt. Anstatt das jetzt hier einfach nachzuplappern, möchte ich stattdessen diese Folge besonders empfehlen!

Pandemie

Wir waren zweimal kurz im Lockdown. Das erste Mal über Nacht – wenn sich unser Vermieter nicht gemeldet hätte, hätten wir das vermutlich gar nicht mitbekommen. Das zweite Mal tagsüber, an einem kalten, grauen Tag, den ich vermutlich eh zuhause verbracht hätte, auch nicht so tragisch, die Jungs sind zudem ja eh den Großteil des Tages am PC wegen des Online-Unterrichts (Präsenzschule gibt es voraussichtlich wohl wirklich erst wieder nach den chinesischen Neujahrsferien). Schwierig ist vor allem die Unsicherheit, wie lange sich das hinziehen mag. Inzwischen wurde neu geregelt, dass solche Lockdowns nicht länger als 24 Stunden dauern dürfen. Blöd ist natürlich, wenn sich dann ein Kurz-Lockdown an den anderen reiht.

Covid-Test in Peking unter freiem Himmel. Eine Frau im Hazmat-Suit sitzt an einem Schreibtisch, unter dem ein elektrischer Heizkörper steht. Sie tippt die Daten eines vor ihr stehenden Jugendlichen in ein Handy ein.Es wurde wieder eine temporäre Teststation im Hof aufgebaut, das ist – für uns – ganz praktisch, weil’s Testen nun wirklich nur noch ein paar Minuten dauert. Die Mitarbeiter:innen tun mir allerdings leid: bei den Temperaturen in einem Zelt zu sitzen (immerhin gibt es jetzt ein Zelt, vorher unter freiem Himmel), das ist alles andere als ein Vergnügen. Sie haben zwar jeweils einen e-Heizkörper unter ihrem Tisch, aber dass die Dinger nur sehr begrenzt wirken, erfahren wir gerade selbst (siehe unten).

Ganz aktuell kommt gerade die Meldung rein, dass in Peking asymptomatisch Infizierte und solche mit leichten Symptomen, die Infektion zuhause auskurieren können – wenn ausreichend Wohnraum vorhanden ist und keine potentiellen Risikopatienten wie Ältere und Menschen mit Grunderkrankungen dort wohnen. Das mag wie ein kleiner Schritt wirken, ich empfinde derzeit aber jede noch so kleine Vereinfachung als großen Schritt weiter. Heute waren es wieder ein paar mehr Infektionen (5053), aber vielleicht ein kleiner Lichtblick: „in the wild“ (also außerhalb bekannter Infektionsketten) hat sich die Zahl von gestern auf heute deutlich reduziert, von 609 auf 356. Das wäre echt gut, wenn sich das fortsetzt…

Nanowrimo

Der National Novel Writing Month (nanowrimo) ist vorüber, ich bin schon am 28. November über die Ziellinie gekommen: Hurra, mein zweiter „Sieg“ nach 2017. Nun ist ein erster Rohentwurf eines Krimis  fertig. Der muss nun ein wenig vor sich hinbrüten, ab Januar will ich mich ans Überarbeiten machen, was deutlich länger als 30 Tage dauern wird. Mal sehen, ob ich diesmal am Ende zufrieden damit bin.

Winner-Badge des NaNoWriMo 2022: Schriftzug "Winner" auf floralem Hintergrund.

Über diesen Krimientwurf hinaus hat sich die Teilnahme für mich mehr als gelohnt, denn das (kreative) Schreiben ist nach längerer Flaute endlich wieder fester Bestandteil meines Alltags. Das hat mir gefehlt, aber ich habe – bis November – einfach die Kurve nicht gekriegt.

Schön waren auch die – viel zu wenigen – Write-ins in einem netten Café in Dongzhimen – mehr ging nicht wegen Pandemie. Aber vielleicht gelingt es uns, diese Treffen wieder aufzunehmen, wenn Restaurants wieder geöffnet sind und die Lage sich entspannt hat.

Mimimi: Frieren

Mir ist kalt. 13-14 Grad in der Bude, bis minus 12 Grad draußen, ich hasse alles und jeden (nein, das nun auch nicht, aber für Kälte habe ich Nullkommagarnix übrig). Ich war dieses Jahr schon frühzeitig hinterher, dass unsere Heizung gewartet wird, damit sie funktioniert, wenn es richtig kalt wird. Die Arbeiten waren aber wohl wieder eher semiprofessionell – und nun haben wir den Salat: Pünktlich zur ersten großen Kältewelle fällt die Heizung aus. Worker kam immerhin gewohnt schnell, aber die Ansage, die Anlage sei eingefroren, hat mich dann doch zunächst an Übersetzungsfehler glauben lassen. Aber sowas gibt es wohl tatsächlich (ist eine Split-Anlage). Nun sollte die Anlage bei Außentemperaturen unter Null auftauen, und zwar 30 (!) Stunden lang.
Mit ein paar e-Heizkörpern, vielen Decken, heißem Kakao, Tee, Glühwein haben wir die Zeit überstanden, hoffnungsvoll die Heizung wieder angeworfen. Tja, innerhalb von 4 Stunden von 13,3 auf 15 Grad? Nun frieren wir weiter und warten wieder auf den Worker – der, wie sich gerade rausgestellt hat – nicht kommen kann. Er ist in Quarantäne.

Ich mach mal Glühwein.

Schnipsel Nr. 20

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Schnipsel”. 

Trommel- und Glockenturm am Abend

Mit der Fotogruppe war ich am Donnerstagabend am Trommel- und Glockenturm. Die Luft war vergleichsweise mies, aber unterhalb der Werte, bei denen vor drei Jahren an der Schule der Sportunterricht noch draußen stattfand. Und verschieben? Es ist „Sandsturmzeit“, dazu Pandemie – keine Ahnung, wie es nächste Woche aussieht, also besser jede Gelegenheit beim Schopfe packen.

Ich hatte meine Glaskugel dabei, eine nette Spielerei, vor allem, wenn man ein Motiv schon ungefähr tausendmal abgelichtet hat.

Ein Glaskugelbild des Pekinger Glockenturms, im Hintergrund unscharf der Platz und der Glockenturm, im Vordergrund die Glaskugel, in der der Turm auf dem Kopf steht.

Glockenturm

Neue Absperrpoller…

Der Trommelturm wird renoviert, oben auf der Galerie und unten an der Ecke sind Arbeiter am Werk.

Und der Glockenturm in der Kugel…

Wie gesagt, eine nette Spielerei…

Trommelturm

Glockenturm

Bei der miesen Luft sieht man, dass nicht nur einfach irgendwie beleuchtet wird, sondern farbig betont.

Pandemie

Achja, die Pandemie… Peking ist wegen der besonders strikten Einreiseregelungen noch halbwegs verschont, in Shanghai findet Schule inzwischen schon wieder online statt. Und es gibt Gerüchte, dass ein Lockdown der Stadt oder von Stadtbezirken bevorstünde. In Peking betrifft das im Moment nur einzelne Compounds, einer davon allerdings in Sichtweite von unserem Domizil….

Farbe bekennen

Die Straßenkreuzung, an der die Deutsche und die Kanadische Botschaft liegen, gehört sicher mit zu den am besten beobachteten/bewachten in der Stadt (Tiananmen und Zhongnanhai mal außen vor). Dies Bild habe ich vor zehn Tagen geschossen. Es heißt (ich habe es nicht gesehen), jemand habe „F*ck NATO“ unten auf die rechte Fahne gesprüht. Was ich aber gesehen habe (aus dem Taxi, darum kein Foto), dass der untere gelbe Teil mit Folie überklebt ist….

An der US-Botschaft weht keine Fahne, aber sie wird nachts blau-gelb beleuchtet (mit dem Handy aus der Hand vom Scooter geknipst, vielleicht kriege ich das die Tage noch deutlicher hin):

Brennt es?

Und damit uns auch ganz sicher nicht langweilig wird, roch es gestern am späten Abend auf einmal verbrannt. Es schien von oben zu kommen, also bin ich die Treppe hoch und habe geguckt – kein Rauch, auch der Mief  nicht intensiver. Die Nachbarn (die, deren Wohnung vor zwei Jahren während ihrer Abwesenheit überschwemmt wurde) waren schon länger nicht da, etliche Benachrichtigungszettel klebten an der Tür, konnte ich also nicht fragen. Kein bisschen schlauer bin ich zurück in unsere Wohnung. Der Mann fand mich wohl ein bisschen hysterisch, aber ich hab trotzdem Pässe, Papiere und Co. in meinen Rucksack gestopft und geguckt, dass auch die Jungs im Fall der Fälle sofort loslaufen könnten.

Der Gestank ging nicht weg, ich bin noch mal hoch, weiterhin nichts. Ich war gerade wieder zurück in unserer Wohnung, als laute Stimmen aus dem Treppenhaus kamen. Ein uniformierter Wächter klopfte an und schaute kurz nach dem Rechten, nein, hier stinkt es nur, hier ist aber nicht die Quelle – und war so schnell wieder draußen, wie er reingekommen war.

Zentrale Klimaanlage defekt

Zwanzig Minuten später wurde der kokelige Geruch noch intensiver. Das hat dann auch den Mann nervös gemacht, und er ist runter zum Office und kam mit einem Mitarbeiter zurück. Der guckte auch noch mal, telefonierte und erklärte dann, es handele sich um einen Defekt der Klimaanlage, die morgen repariert würde. So hundertprozentig beruhigend war das nicht, wenn man sich wegen der Sprachbarriere nicht ganz sicher ist, dass man alles richtig verstanden hat. K4 und ich haben dann noch eine ganze Weile Wache gehalten, bis es wirklich nicht mehr nach Rauch roch.

Heute Morgen kam dann ein Worker vorbei, der mir erklärt hat, dass nun alles repariert sei und mir seine Handynummer gab für den Fall, das wieder etwas sein sollte. Nein danke, hoffentlich nicht!