Heimaturlaub

Letzte Aktualisierung am 25. März 2018

Heimaturlaub

Heimat. Urlaub?

Die Jungs und ich sind gerade zurück von der emotionalen Achterbahn namens Heimaturlaub. Das heißt, eigentlich sind wir noch auf den letzten Metern beim Ausrollen, bevor wir richtig aussteigen können und der Alltag uns wirklich wieder hat. Bis wir nicht nur physisch in Peking zurück sind. Noch hat uns der Jetlag im Griff und die vielen Abschiedstränen sind noch nicht ganz getrocknet.

Warum heißt es eigentlich Heimaturlaub, wenn es mit unseren Vorstellungen von Urlaub nur wenig zu tun hat? Urlaub ist bei uns möglichst wenig verplant, stattdessen gibt es viel Raum für Nichtstun, Lesen, Chillen und Spontanes nach Lust und Laune. Aber nicht im Heimaturlaub.

Wenn man also endlich wieder ein paar wenige, kostbare Tage in der Heimat ist, man so viel unternehmen und so viele Leute treffen möchte, wie fängt man das an? Alle Wünsche lassen sich nie erfüllen. Bei der Wahl zwischen Ausflügen zu alten Lieblingsorten oder Treffen mit Familie und Freunden gewinnen bei uns die Menschen, vor allem unsere drei Großen, und verlieren die Orte. Wieder nichts mit Ausflug ans Meer. Mit Glück lässt sich im Einzelfall beides miteinander verbinden, Verabredungen an den Landungsbrücken zum Beispiel.

Kein Geheimrezept

Ein Geheimrezept habe ich auch nach mittlerweile einigen Heimaturlauben nicht. Für uns funktioniert es nicht, jede freie Minute zu verplanen und möglichst viele Verabredungen und Unternehmungen effektiv unterzubringen. Das haben wir beim ersten Heimaturlaub so gemacht, da war der Kalender komplett gefüllt und es war der bisher Stressigste. Wir haben danach eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, wieder richtig in Peking Fuß zu fassen, und es hat lange gedauert, bis bei den Jungs „ich vermisse…“ nicht mehr die häufigsten Worte waren. Wobei Letzteres auch bei weniger voll verplanten Besuchen in Deutschland passiert. Aber nach dem „Urlaub“ erst so richtig urlaubsreif zu sein, das möchten wir so nicht noch mal erleben.

Nichts vorab zu planen und uns ausschließlich auf Spontaneität zu verlassen, klappt aber auch nicht. Schließlich haben die Daheimgebliebenen ihr eigenes Leben und ihre eigenen Verpflichtungen, wo wir in unserem Ferien-Zeitraum vielleicht gerade nicht reinpassen. Da kann es dann passieren, dass es zu keiner Verabredung kommt, wenn man sich erst zu kurzfristig meldet.

Also wird es bei uns ein Zwischending, wobei sich die für Spontanes vorgesehen Lücken im Kalender doch immer rasend schnell füllen.

Wie man es auch anfängt, es ist immer falsch

Kann man die Zeit „gerecht“ auf die Daheimgebliebenen verteilen? Nein. Keine Chance. Irgendjemanden wird man immer enttäuschen, und wenn man sich noch so sehr anstrengt. Das fängt bei dem Punkt an, mit wem man sich zuerst verabredet und hört bei der Frage, wie viel Zeit man miteinander verbringen kann, nicht auf.

Dieses Mal war die Zeit noch kürzer als sonst: 10 Tage. Minus zwei Tage für Hin- und Rückflug. Von den verbleibenden acht Tagen waren wir die Hälfte bei meiner Mutter, die mir kürzlich einen Schrecken eingejagt hat, als sie krank war – zum Glück dann doch nicht so schlimm. Aber deshalb wollte ich diesmal unbedingt etwas länger als sonst bei ihr bleiben. Das war dann doch noch das Entspannteste und das, was „Urlaub“ noch am nächsten kam.

Verzicht auf Heimaturlaub ist auch keine Lösung

Der Gedanke schleicht sich ein, lieber nur in China und Asien zu reisen, die Reisemöglichkeiten hier vor Ort auszunutzen und „richtigen“ Urlaub zu machen. Aber ist es nicht gerade für die Kinder wichtig, ihr Heimatland zu besuchen, damit sie wissen und behalten, woher sie kommen? Ist es nicht notwendig, die alten Beziehungen auch mit persönlichen Treffen zu pflegen? Auf der anderen Seite tun die häufigen Abschiede weh. Reißen Wunden auf, die vielleicht gerade verheilt sind. Weil man sich gerade damit arrangiert hat, mit den Lieben nur zu gewissen Zeiten chatten, sie aber nicht umarmen zu können. Aber letzteres muss doch wenigstens von Zeit zu Zeit sein, deshalb kommt der Verzicht auf Heimaturlaub nicht infrage. Wir werden aber auch nicht sämtliche Schulferien in Deutschland verbringen.

Die Heimat wird allmählich fremd

Hamburg fühlt sich für mich nach wie vor vertraut an. Hier brauche ich kein Navi, auch wenn ich kreuz und quer durch die Stadt fahre. Und gleichzeitig fange ich an zu fremdeln. Es ändert sich immer mehr. Unglaublich, wie viele Bäume in unserer Straße gefällt wurden und wie ein Neubau nach dem anderen die alten bekannten Häuser ersetzt. Aber nicht nur unsere Straße ändert sich, auch das weitere Umfeld, überall Baustellen: Einkaufszentrum und Autobahn (A7-Deckel…). Wenn das alles erstmal fertig ist, wird es womöglich noch fremder sein als jetzt schon. Wenn man das tagtäglich sieht, fällt es einem vielleicht nicht so ins Auge. Aber wie viel sich in dem halben Jahr seit dem letzten Hamburgbesuch getan hat, das ist schon krass.

Und es ist doch auch schön

Natürlich ist Heimaturlaub auch schön. Es ist ja nicht nur Abschiedskummer, sondern auch Wiedersehensfreude. Es ist so schön, sich mit alten Freunden zu treffen. Besonders, wenn es so ist, als hätte man sich gerade letzte Woche zuletzt gesehen und nicht vor etlichen Monaten.

Grünkohl

Grünkohl, Kassler, Kohlwurst…

Es macht Spaß, die Dinge zu genießen, die wir hier in Peking nicht haben. In Buchhandlungen zu gehen und deutsche Bücher in die Hand zu nehmen (und nicht nur eBooks zu lesen). Von sauberer Luft und trinkbarem Leitungswasser gar nicht erst zu reden (ich weiß, ich wiederhol mich). Ach ja, Lebensmittel überhaupt, (fast) kein Nachdenken über deren Qualität, Herkunft, Schadstoffbelastung. Natürlich haben wir auch reichlich eingekauft: Früchtetees, die es hier überhaupt nicht gibt. Kaffee (gibt es zwar, aber zu Mondpreisen). Medikamente, Cremes, Küchenkrimskrams…

Ich fand es auch angenehm, mal unauffällig durch die Stadt zu stromern und nicht schon von weitem als Ausländer erkennbar zu sein. Alles lesen und verstehen können und nicht sich nicht als halber Analphabet zu fühlen.

In die Zeit sind wir diesmal so überhaupt nicht reingekommen, was aber nicht so schlimm ist, jetzt ist es hier in Peking einfacher. Und nachts wach zu sein hatte den Vorteil, in die deutsche Glotze starren zu können. Okay, da verpassen wir nicht viel. Nur das Filme streamen haben wir wirklich sehr genossen. Dieses Geo-Blocking in der ach so globalisierten Welt ist und bleibt einfach Bockmist!

Zuhause in Peking

Back in Beijing - Blue sky

Blauer Himmel in Peking

Immerhin macht uns Peking das Wiederankommen leicht. Die Luft könnte zwar besser sein, aber die Sonne scheint und wärmt, es liegt ein Hauch von Frühling in der Luft. Es ist schön, die Nachbarn und Freunde hier wieder zu treffen (und sich nicht sofort verabschieden zu müssen).

Und so richtig ging mir eben das Herz auf, als die Jungs aus der Schule kamen, beide fröhlich und bester Dinge. Aber einer der zwei besonders happy – er hat von einem Freund ein Urlaubsmitbringsel bekommen: eine Dose Ravioli aus Deutschland. Das finde ich so süß, dass ich nicht wie sonst über Juniors seltsame Dosenfraß-Vorliebe schimpfe! 

Winter in Peking

Letzte Aktualisierung am 11. Januar 2021

Eigentlich würde ich dem Pekinger Winter gerne bei jeder Gelegenheit entfliehen. Okay, einer der Hauptgründe dafür – der Smog – gilt nicht mehr so stark wie in den Vorjahren, denn der heftigste Wintersmog ist doch deutlich weniger geworden. 

Aber es ist bitter-, bitterkalt. Selbst wenn das Thermometer mal über Null steht, lässt einen der eisige Wind frieren.

Und es ist trocken. Aber so richtig. Einerseits  ist das schön, wenn man da mal an die verregneten Hamburger Winter denkt. Über einen Mangel an Sonne, Licht und blauem Himmel können wir uns hier derzeit nicht beklagen. Andererseits ist es so trocken, dass hier beinah jeder über Hautprobleme klagen könnte. Jucken und spannen ist da noch das harmloseste, was sich mit regelmäßigem Cremen noch ganz gut in den Griff kriegen lässt. Wer da empfindlicher ist oder auch nur einmal zu lange nicht eincremt, hat womöglich aufgerissene, blutige Hände. Luftbefeuchter können etwas helfen – solange man drinnen ist.

Schnee?

Skifahren, ohne dass es schneit?

Weil es so trocken ist, ist Schnee auch die absolute Ausnahme, auch in den Bergen im Umland. Skigebiete gibt es trotzdem: mit technischem Schnee, also Kunstschnee. Nur eine Dreiviertelstunde von unserem Haus liegt das Skigebiet Nanshan. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal mit der Patengruppe dort, und auch dieses Jahr ging es wieder dorthin. 

Auch wenn man nicht Skifahren oder Snowboarden kann oder möchte, lohnt sich ein Ausflug. Man kann auch Reifenrodeln, mit einer (Sommer-)Rodelbahn von oben den Berg herabsausen oder einfach nur ein bisschen Spazieren gehen und dann auf einer der Terrassen in der Sonne sitzen und den Skifahrenden auf den verschiedenen Pisten zusehen. Es gibt verschiedenen Restaurants und Imbissbuden, Trinkwasser und heißes Wasser findet sich natürlich auch, klar, wir sind in China.  

Lieber aufs Eis?

Die lange knackige Kälte lässt auch alle Seen einfrieren. Bei den großen Seen in der Stadt darf man da aber nicht einfach so drauf stiefeln, sondern es sind extra sichere Bereiche umzäunt, wofür man dann auch Eintritt zahlen muss. Am Beihai-See ist in den 80 RMB dann aber auch der Gebrauch sämtlicher Fahrzeuge enthalten: Schlitten, Eisfahrräder, „Bumper“, und das alles zeitlich unbegrenzt. Aber irgendwann wird es einem dann auch einfach zu kalt. Nur Schlittschuhe müsste man selbst mitbringen.

Auch am Houhai gibt es so eine Eisfläche. Den Kunming-See beim Sommerpalast würde ich gerne mal sehen, vor der Kulisse muss es einfach wunderschön sein. Vielleicht schaff ich das ja diesen Winter noch.

 

Tempel, Schule und Fazit

Letzte Aktualisierung am 6. Januar 2021

Mein letzter ganzer Tag in Siem Reap, am nächsten Tag geht es gleich nach dem Frühstück zum Flughafen. 

Ich hab noch immer nicht genug von den Tempeln und entscheide mich dafür, die Roluos-Gruppe östlich von Siem Reap anzusehen. Dazu gehören drei Tempel: Preah Ko, Bakong und Lolei. Was ich noch nicht weiß: in Lolei werde ich einen Lehrer und seine Schule kennenlernen.

Aber der Reihe nach. Wir fahren erst durch Siem Reap und dann über eine alte Landstraße in Richtung Osten.

Preah Ko

Zuerst geht es nach Preah Ko. Es ist noch relativ früh, aber die Sonne steht schon hoch am wolkenlosen, leuchtend blauen Himmel. Und es ist richtig heiß. Sokphorn parkt im Schatten, und ich spaziere zum Tempel hinüber. Hier ist es alles andere als feucht oder moosüberwachsen, rings herum um den Tempel befinden sich Siedlungen, von denen Musik herüberklingt. 

Bakong

Wir fahren ein Stück weiter die Straße entlang und erreichen Bakong. Dieser Tempelberg mit 5 Ebenen ist wirklich beeindruckend. Besonders die Elefantenskulpturen gefallen mir. Die Treppen sind wieder steil, ausgetreten und ohne Geländer, keine Absperrungen an den Rändern, aber hier ist mehr los als am Tag zuvor am Baphuon, also mache ich  mir diesmal keine Gedanken. Nur die Elefanten fotografiere ich nur seitlich oder von hinten – von vorne ist es einfach zu dicht am Abgrund.

Lolei

Jetzt fahren wir die gleiche Straße wieder zurück, überqueren die Landstraße und fahren weiter nach Norden. Schließlich erreichen wir Lolei, das auf einem kleinen Hügel liegt, auf den ein schmaler Pfad und ein paar Treppen hinaufführen. Die Tempelanlage ist relativ klein, einer der verbliebenen Prasats ist komplett eingerüstet, der andere wird abgestützt. Auf dem Tempelgelände befindet sich ein buddhistisches Kloster, die Haupthalle liegt neben den alten Tempelgebäuden, Wohn- und weitere Gebäude dahinter. Ich ziehe meine Sandalen aus und sehe mir die fröhlich-bunte Haupthalle näher an. Hinten in einer Ecke eine Vitrine mit menschlichen Schädeln und Knochen. 

Die Schule

Nachdem ich die Vitrine mit den Knochen gesehen habe, was mich ehrlich gesagt schon etwas gruselt, schlendere ich weiter über das Tempelgelände und lande schließlich bei den hinteren Gebäuden, die nach außen offen sind. Bücherregale und eine Reihe mit Computern. Ein junger Mann spricht mich an, ob er mich herumführen dürfte. Ich will erst abwinken, ich habe schon von den selbsternannten „Volunteers“ gehört, die zwei-drei auswendig gelernte Sätze zu Sehenswürdigkeiten erzählen und sich ihre Dienste als Tempel-Guide dann teuer bezahlen lassen. Dabei könnte man für den kompletten Angkor Archäologischen Park ausgebildete Guides, oft auch in gewünschter Sprache, für 40 USD/Tag buchen.

Aber ich tue ihm unrecht, denn er ist Lehrer hier an der Schule und so kommen wir dann doch ins Gespräch. Enthusiastisch schildert er, was sie hier alles tun. Er erklärt, dass hier knapp 30 Jungen leben, Waisenkinder oder sehr arme Kinder, die sonst keine Schule besuchen können. Zusätzlich bieten sie weiteren Unterricht für Externe in drei Schichten an, wo in Ergänzung zum offiziellen Schulunterricht Mathe, Englisch, Khmer und Computer unterrichtet wird. Die Kinder verbessern so ihre Chancen auf Arbeitsplätze im Tourismus und für manche ist dies der Weg zur Universität.

Außerdem unterstützen sie etwa 300 weitere Kinder mit den in Kambodscha obligatorischen Schuluniformen. Dabei führt er mich herum, zeigt mir die Bibliothek und die Computerarbeitsplätze. Er will mir auch die Klassenräume in der oberen Etage zeigen, aber ich möchte den Unterricht nicht stören. Ich bin ja nun nicht in offizieller Mission unterwegs, sondern  rein privat, bei aller Neugier: das hätte ich unschön gefunden.

Schließlich erklärt er mir dann, dass ab und zu immer noch Knochen auf Feldern gefunden werden, die werden dann im Tempel aufbewahrt, bis sie bestattet werden können. Dann kommt ein kleiner Junge angerannt, der  etwas von dem jungen Mann will. Dieser gibt mir noch einen Prospekt der Schule und schreibt seinen Namen und seine E-Mail-Adresse dazu, und dann kann ich mich gerade noch bedanken und schon ist er weg. Auf der Webseite der Schule gibt es auch die Möglichkeit, online zu spenden! (Update Januar 2021: Die Webseite gibt es nicht mehr.) 

Eine Woche Kambodscha – mein Fazit

Es war eine Woche voller Highlights für mich. Obwohl ich tagsüber viel gesehen und erlebt habe, war ich durch die ruhigen Abende am Pool am Ende wirklich erholt. Aus China kenne ich inzwischen die krassen Gegensätze zwischen arm und reich, Tradition und Moderne. In Kambodscha gibt es diese Gegensätze auch, nur die Armut ist größer und vom Reichtum sieht man deutlich weniger. Das Internet (im Hotel) war deutlich zuverlässiger und besser (!) als hier in China… Ohne VPN. ;) Aber sonst doch deutlich weniger Moderne als andernorts. Mit Deutschland will ich da gar nicht erst vergleichen: komplett andere Welt.

Dazu die bedrückende jüngere Geschichte des Landes, deren Spuren doch überall noch zu finden sind. Und dann trifft man auf junge, fröhliche Menschen, die voller Optimismus in die Zukunft schauen.

Die ersten Tage zuhause war ich noch nervös, bei jedem Zwacken habe ich gefürchtet, mich trotz des überreichlichen Gebrauchs von Mückenspray wieder mit Dengue infiziert zu haben. Nie wieder Südostasien, nie wieder Denguegebiet. Aber jetzt, mit etwas Abstand: ich würde gerne wieder dahinfahren, noch mehr vom Land sehen, Phnom Penh, gerne auch Sihanoukville, aber unbedingt wieder nach Siem Reap, nicht nur, weil ich noch längst nicht alle Tempel sehen konnte, weil ich ein Floating Village auch mal in der Regenzeit sehen möchte. Auch der Schule in Lolei (und anderen) würde ich wieder einen Besuch abstatten. Naja, wer weiß, vielleicht gibt es ja doch irgendwann eine Impfung. 

 

Gegensätze

Letzte Aktualisierung am 19. April 2021

Mein Nachmittag ist voller Gegensätze. Es soll zum „Ladies Temple“, Banteay Srei gehen. Auf dem Weg liegen Schmetterlingsfarm und Landminenmuseum. Unbeschwerte Leichtigkeit wird sich mit einem der bittersten Kapitel menschlicher Geschichte und alter Zivilisation und Kultur abwechseln. Harter Stoff.

Schmetterlingsfarm

Zuerst geht es zur Schmetterlingsfarm. Ich habe die große Anlage mit Tropenhaus in Friedrichsruh bei Hamburg vor Augen, wobei mir natürlich klar ist, dass hier in Kambodscha kein Tropenhaus notwendig ist. Die Schmetterlingsfarm hier ist ein hübscher kleiner Garten, komplett unter einem Netz. Mir wird erklärt, dass es dies Jahr leider nur wenige Schmetterlinge gäbe und dass die wenigen jetzt am Vormittag auch noch schliefen. Ich bin die einzige Besucherin und bekomme eine Privatführung und sehe Eier, Larven, Raupen in den unterschiedlichsten Stadien – und einige weniger Schlafmützen, äh, Schmetterlinge. Hier gefällt mir gut, dass neben dem Parkplatz Hängematten für die Tuktuk- und Busfahrer unter einem Schatten spendenden Dach gespannt sind.

Landminenmuseum

Nur wenige Fahrminuten weiter werde ich dann mit den dunklen Seiten der kambodschanischen Vergangenheit konfrontiert. Wir halten am Landminenmuseum. Es ist klein und überschaubar, geht auf die Initiative von Aki Ra (geboren als Eoun Yeak) zurück, der auf eine bewegte, erschütternde Biographie zurückblickt: Zu Beginn der Siebziger geboren, wann genau ist unbekannt, wird er seinen Eltern weggenommen und Kindersoldat bei den Roten Khmer. Seine Eltern wurden ermordet. 1983 – maximal 13 Jahre alt, vielleicht auch erst 10 – wird er von Vietnamesen gefangen genommen und kämpft dann auf deren Seite. Wie zuvor für die Roten Khmer legt er auch für die Vietnamesen Landminen. Als die Vietnamesen Kambodscha verließen, trat er der Kambodschanischen Armee bei.

Erst Minenleger, dann Minenräumer

Zu Beginn der Neunziger räumte er auf eigene Faust Minen: mit Stöcken und Messern, ohne jede Schutzkleidung – das hätte auch früh tödlich enden können. Erst später bekam er eine professionelle Minenräumerausbildung. Schließlich widmet er sein Leben dem Räumen von Minen, der Aufklärung über deren Gefahren, ruft das Landminenmuseum ins Leben, kümmert sich um Minenopfer und gründet Schulen für Waisen und Minenopfer. Über diese bewegte Lebensgeschichte informieren Fotos und Infotafeln. Da rücken die Informationen zu den verwendeten Antipersonenminen und Panzerminen, obwohl die Objekte danebenstehen, in den Hintergrund. Dazu werden überall – entschärfte – Minen ausgestellt, wenn man vom Parkplatz zum Eingang geht, ist der Weg beidseits von Bomben gesäumt. Das hat eine perverse Ästhetik und macht sehr beklommen. 

Ich habe vor der Reise viel über die jüngere Geschichte Kambodschas gelesen, allein das kann schon traurig stimmen. Aber diese Geschichte am Beispiel eines einzelnen, konkreten Menschen gezeigt zu bekommen, der Opfer und Täter zugleich ist und sein Leben seit vielen Jahren der Wiedergutmachung gewidmet hat, das beschäftigt mich.

Banteay Srei

Still steige ich wieder in Sokphorns Tuktuk. Unfassbar, was Menschen sich gegenseitig antun können, angetan haben und auch heute noch antun.

Kurze Zeit später kommen wir am „Ladies Temple“ – Banteay Srei an. Der Parkplatz ist bald größer als das Tempelgelände, eine Reihe von Bussen besetzen die wenigen Schattenplätze. Sokphorn zieht sich wieder zu einem Nickerchen zurück, und ich stelle mich hinter eine chinesische Reisegruppe, überwiegend Frauen, an der Eingangskontrolle an.

Dieser Tempel gilt als einer der Kunstvollsten, die Ornamente seien unvergleichlich. Ich bin keine Fachfrau, aber auch ich finde sie ungewöhnlich schön! Wie an vielen der anderen Tempel gibt es auch hier eine Musikgruppe, die traditionelle Musik spielt. Das, die friedliche Atmosphäre, das fröhliche Plappern der Chinesinnen, die warme Sonne auf der Haut, das alles vertreibt die düstere-traurige Stimmung.

Sacken lassen

Dorf bei Siem Reap

Dorf bei Siem Reap

Es ist zwar noch relativ früh am Nachmittag, aber der Tag hat ja auch schon um halb fünf für mich angefangen und ich bin nicht mehr aufnahmefähig. Also beschließe ich, den Rest des Tages wieder im Hotel am Pool zu verbringen.

Auf dem Rückweg kommen wir noch durch Dörfer, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. Und immer wieder sind auf den Feldern neben der Straße Wasserbüffel oder magere Kühe, meist nur einzelne, aber einmal auch eine kleine Herde.

 

Wasserbüffel-Herde

Wasserbüffel-Herde

Was für ein unglaublicher Tag! Sonnenaufgang in Angkor Wat. Den Baphuon-Tempel fast für mich alleine im wunderschönen Morgenlicht. Unbeschwerte Leichtigkeit im Schmetterlingsgarten.

Das Landminenmusum.

Der Banteay Srei Tempel. Die unzähligen Eindrücke auf der Fahrt. Und dann ein entspannter Spätnachmittag und Abend am Pool, wo ich Zeit genug habe, meine Eindrücke und Gedanken wenigsten schon etwas zu sortieren.