Beiträge

Mein achtes Jahr in Peking hat begonnen!

Mitte August jährte sich der Tag unserer Ankunft in Peking. Nun sind wir volle sieben Jahre hier, das achte hat begonnen. Acht ist ja DIE chinesische Glückszahl, aber nicht nur deshalb habe ich Hoffnung darauf, dass es ein gutes Peking-Jahr werden wird.

Ferienende

Neun Wochen Sommerferien sind vorbei. Rückblickend kommen sie mir gar nicht so lang vor. Nun hat uns der Alltag wieder. Am Montag war der erste Schultag – in Präsenz, das erste Mal seit Pandemieausbruch. Und beinah normal, wenn man von den Pandemieregelungen absieht: Schultreff draußen auf dem Sportfeld und nicht in der Aula, Masken- und Testpflicht, Temperaturkontrolle beim Betreten der Schule, Eltern müssen draußen bleiben…

Für K5 ist es das vorletzte, für K4 das letzte Schuljahr. Das bedeutet, dass es im kommenden Sommer voraussichtlich eine einschneidende Veränderung für uns geben wird, wenn K4 wie geplant nach Deutschland zum Studieren geht. Aber ein bisschen Zeit haben wir bis dahin ja noch.

Mit Schuljahresbeginn gibt es auch wieder mehr (Gruppen-)Aktivitäten unter anderem von Paten- und Fotogruppe, nur größere Veranstaltungen wie die traditionelle Welcome-back-Party werden pandemiebedingt wieder ausfallen.

Hitzewelle

In Peking sind wir von der langen Hitzewelle und deren Auswirkungen (noch?) nicht direkt betroffen. Hier hat der Spätsommer begonnen, die Temperaturen sind deutlich angenehmer geworden und mit knapp unter 30 Grad in dieser Woche weiterhin hochsommerlich warm. Kein Vergleich zu den betroffenen Regionen in Sichuan, Hubei oder Jiangsu. Selbst in Shanghai hat es schon Stromsparmaßnahmen gegeben, u.a. ist die nächtliche Beleuchtung am Bund abgestellt worden – im Vergleich zu anderen Landesteilen ist das aber nichts. Ganz anders die Bilder von alten Leuten, die sich mit mitgebrachten Hockern in den Gängen eines Supermarktes in Chongqing niederlassen, weil es dort kühler ist als überall sonst – hier im Video.

Wenn es nicht bald regnet, sind Reis- und Sojaernte gefährdet. Und darin steckt möglicherweise mehr Dramatik als in der Unterbrechung der Lieferketten.

Art District 798

Im Moment bin ich wieder häufiger im Art District 798 unterwegs. Der Kunstbezirk und das Treiben dort fasziniert mich trotz Gentrifizierung weiterhin. Auch wenn das Viertel weniger subversiv und zunehmend kommerziell ist, es bleibt absolut sehenswert. Die Architektur mit den Sägezahndächern der alten Fabrikbauten, die Rohre (bei denen am 751-Parkplatz hat aktuell eine Hunde-Gang ihr Hauptquartier), aktuell die vielen Bauarbeiten und dazu der Trubel am Wochenende, aber auch unter der Woche immer genug zu gucken – mir macht es immer Spaß, hier unterwegs zu sein.

Fotos aus der letzten Zeit

 

 

Novembergedanken

Es ist grau. Mal ist es der Smog, mal das Wetter, mal beides. Nach längerer Zeit haben die Luftwerte mal wieder die 250 überstiegen, was sich direkt mit Kopfweh und Heiserkeit bemerkbar gemacht hat. Das sind Tage, wo man dann wirklich nicht so gerne hier ist und ins Grübeln kommen kann.

In der Facebookgruppe der Expatmamas wurde diese Woche gefragt, was man seinem Vor-Expat-Ich aus heutiger Sicht sagen würde. Meine Antwort war ganz spontan:

Hab weniger Bammel und freu dich mehr! Das wird großartig! Es gibt absolut keinen Grund zur Panik!

Ja, rückblickend kann ich zugeben, dass vom Augenblick der Entscheidung im Spätsommer 2014 bis zur tatsächlichen Übersiedlung im August 2015 mein vorherrschendes Gefühl Angst war. Klar war da auch Vorfreude, Aufregung und vor allem schrecklich viel zu tun und zu organisieren. Aber dominiert hat die Angst vor dem Neuen, dem so ganz Anderen. Ein Aufbruch ins Unbekannte. Im Vordergrund stand die Sorge um die beiden „Kleinen“, wie die das verkraften würde, aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen zu werden. Mir war nicht wohl dabei, soweit weg von den drei Großen zu sein und sie nur noch selten zu sehen, ebenso wie den Rest der Familie, die Freunde. Ich hab mir Gedanken gemacht, ob wir Anschluss finden würden oder ganz auf uns gestellt sein würden. Positiv war natürlich, dass die langen Trennungen vom Papa/Ehemann wegfallen würden. 

Positives Fazit?

Der zweite Teil meiner spontanen Feststellung hingegen klingt ja positiv. Freuen! Großartig! Und ja, das ist es auch. Ich bin wirklich dankbar dafür, dass ich diese Erfahrungen machen kann. Ich lerne ein Land immer besser kennen, dass ich früher nicht mal als Reiseland in Erwägung gezogen haben, und in dem ich jetzt von Herzen gerne reise und lebe. Mein Chinabild, durch deutsche Medien vermittelt, war früher eher negativ, inzwischen kann ich vieles differenzierter sehen. Und umgekehrt: Deutschland und Europa sind nicht der Nabel der Welt. Es wäre schlau, würde man häufiger über den Tellerrand schauen und nicht große Teile der Welt bestenfalls ignorieren oder schlimmer ablehnen.

Der Herr Gemahl ackert nach wie vor viel und glänzt durch häufige Abwesenheit, ist aber happy, uns hier zu haben. Die beiden Jungs und mich hat es noch enger zusammen geschweißt. Die Jungs besuchen eine wirklich gute Schule und gehen nach wie vor gerne hin, auch wenn für sie wohl mehr der Spaß in den Pausen und mit ihren Kumpeln im Vordergrund steht als, hust, Hausaufgaben. In den ersten Monaten wurde von ihnen von Zeit zu Zeit schon der Wunsch geäußert, zurück nach Hamburg zu gehen. Das ist nicht mehr so. Zum Glück. Eigentlich ist es hier doch gar nicht so anders, findet der Lütte. Könnte man sich manchmal was von Abgucken, mehr auf die Gemeinsamkeiten als auf die Unterschiede zu sehen.

Grundsätzlich zu der Entscheidung zu stehen und sie nach wie vor gut zu finden, heißt allerdings nicht, dass es nicht auch Probleme gäbe. Dass es manchmal schwierig ist. Dass das Leben hier einen vor ungeahnte Herausforderungen stellt. Heimweh nach Deutschland, häufiger Sehnsucht nach bestimmten Menschen. Frust, wenn das Novembergrau einem die Luft zum Atmen nimmt. 

Bleibt alles anders

So wie der Grönemeyer-Song fühlt sich das Leben hier oft an. Oder mit anderen Worten: das einzig Beständige ist der Wandel. Als ich vorhin den Jungs die Frage gestellt habe, was sie ihrem Vor-China-Ich raten würden, war eine Antwort:

Befreunde dich mit niemanden. Alle gehen.

Beinahe hat es mir die Tränen in die Augen getrieben, zum Glück wurde dann gelacht. Leider hat es einen wahren Kern. Abschiede. Immer Abschiede. Damit hatten wir vorher wirklich nicht gerechnet, dass es nicht nur die Abschiede von und in Deutschland geben würde, sondern dass auch hier ein ständiges Kommen und Gehen ist. Letzten Sommer hatten wir Glück, aber zum Ende dieses Schuljahrs wird es wieder schlimm werden, weil wir uns von vielen lieb gewonnenen Menschen verabschieden müssen. In Kontakt und befreundet zu bleiben ist halt doch anders, als wenn man den Alltag miteinander teilt. Wenn jemand dafür einen Ratschlag hat, wie wir das besser auf- und einfangen können: Nur her damit!