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Yangshuo (Teil 5) – Hunde essen?

Schade, schon Abreisetag. Das Hotel war echt super, auch wenn in meinem Bad ein paar Stockflecken (bei dem Klima wohl schwer vermeidbar? für die paar Nächte jedenfalls nicht schlimm, zumal alles andere gut in Schuß war) an der Decke waren, so war es abgesehen davon echt sauber, auch im und unterm Bett, nett eingerichtet und geräumig. Dass das Bad quasi ein verglaster Balkon war – ist halt ortsüblich hier. Sämtliche Mitarbeiterinnen sowie der Laoban (Boss) waren unglaublich hilfsbereit und jederzeit auch zu ’nem kleinen Schwätzchen aufgelegt und waren auch echt hilfreich und auskunftsfreudig, was Ausflugstipps anging. Das Essen im Hotel war lecker, der Service wirklich gut.

Wie gesagt, unser bisschen Chinesisch ist ein echter Türöffner, auch wenn im Hotel fast alle Englisch konnten. Wir haben nochmal das leckere Frühstück genossen und dann ging es Richtung Guilin – aber eine abgelegene Nebenstrecke am Yulong entlang, über die Dörfer, und eines davon haben wir uns dann zu Fuß näher angeguckt. Das war auch nochmal total schön.

Aber es war nicht nur schön, es war auch bedrückend. Wenn man sieht, wie Getreide mit der Hand gedroschen werden muss, wenn man mitbekommt, dass in den Häusern über offenem Feuer gekocht wird (und daneben der Fernseher läuft) und es wohl kein fließendes Wasser gibt – das ist eben nicht nur „oh wie idyllisch“, sondern auch bedrückende Armut. So hart körperlich arbeiten zu müssen, und das im 21. Jahrhundert, das schmerzt.

Was in dieser Umgebung, wo überall Hühner frei herumlaufen, wo man überall sieht, wie Nahrung zubereitet wird – da war der Anblick eines Mannes, der einem gegrillten Hund mit einem großen Messer die letzten Borsten entfernte, vollkommen in die Situation passend und bei weitem nicht so schockierend, wie ich mir eine solche Situation vorher ausgemalt hätte. Ich möchte ganz sicher nicht Hund (und Schlange und Käfer und die meisten Meeresviecherereien etc.) probieren, aber in genau dieser Situation hatte das ganze nichts, was ich verabscheungswürdig gefunden hätte, definitiv nicht so übel wie Massentierhaltung und Kükenschredderei (Sensiblere Naturen  verzichten besser darauf, auf diesen Link zu klicken: Gegrillter Hund).

Tja, es ging weiter durch dieses malerische kleine Dörfchen, wo die Zeit irgendwie stehengeblieben schien, wo irgendwie absurderweise mittendrin aber ein neues luxuriös wirkendes Hotel schon teileröffnet war, weiter ein Stück am Fluss entlang und dann ins Auto zurück.

Nach einer weiteren Stunde Fahrt waren wir am Flughafen, wo wir dann dank Verspätung des Fliegers etwas mehr Zeit verbringen durften. Da wir Nacho (der lustige junge Spanier von der Schifffahrt am Mittwoch) wiedergetroffen haben, war das aber auch unterhaltsam. Der Flug war etwas unruhig, aber ok, Taxi haben wir auch fix bekommen und dann war der kurze Urlaub auch schon vorbei – schade!

Die Gegend, den Ort, das Hotel kann ich jedenfalls nur empfehlen, ich würde da selber gerne wieder hin und noch viel mehr mit dem Fahrrad erkunden wollen!

 

Yangshuo (Teil 4) – Radtour zum Mondberg

Donnerstag, schon unser letzter ganzer Tag in Yangshuo. Temperatursturz, nur 26 Grad und bedeckt, also wie geplant Radtour zum Mondberg bei Yangshuo. Erst lange die Hotelfahrräder ausprobiert, ausgesucht und eingestellt und dann mit noch viel Respekt durch den Stadtverkehr in Yangshuo. Aber als wir da dann durch waren und auf dem Radweg an der Landstraße waren, fiel der Stress komplett von uns ab und es war einfach schön, draußen zu sein, schnell voranzukommen und so viel dabei zu sehen, hören, riechen.

Entspannte Radtour

Es ging an vielen Sehenswürdigkeiten und Touristenattraktionen vorbei: verschiedene Höhlen, Indianerpfad, Reitgelegenheiten. Wir haben aber erst am Big Banyan Tree gestoppt. Der ist wohl sowas wie ein Nationalheiligtum, war aber glücklicherweise nur mäßig besucht.

Nachdem wir den durchaus beeindruckenden Baum umrundet hatten – 1400 Jahre alt? – sind wir weiter Richtung Mondberg geradelt.

Eintrittskarten gelöst, Fahrräder angeschlossen, ups peinliches Frauenthema… Premiere: ich habe zum ersten Mal nach über einem China-Jahr kapituliert und erfolgreich und unfallfrei eine chinesische Lochtoilette benutzt, ich habe es tatsächlich über ein Jahr lang geschafft, diese zu vermeiden – und werde das auch weiterhin nach Möglichkeit so halten.

Der Mondberg bei Yangshuo

Und dann ging es endlich auf den Mondberg. Ein schmaler Pfad mit vielen Stufen windet sich den Berg hoch; ja, da hab ich wieder meine überflüssigen Pfunde und Unsportlichkeit gemerkt, war ganz schön stolz auf mich, nicht schlapp gemacht zu haben. Aber der Weg war schon so schön, dass Aufgeben eh keine Option war. Und verglichen mit Treppaufkraxeln in Shilinxia eh ein Sandkastenspaziergang. :) Und viel weniger los, von daher nochmal so schön.

Durch dichten Bambuswald windet sich ein alter Pfad immer höher, zwischendrin viele Stufen. Da der Wald so dicht ist, merkt man gar nicht, wie hoch man schon ist, erst kurz vor dem Ziel hat man auf einmal einen phantastischen Blick über das Tal, durch das sich die Straße windet, und die umliegenden Berge. Dass die Ecke eine überlaufene Touri-Gegend sein soll, haben wir auf dem Mondberg jedenfalls überhaupt nicht gemerkt!

Drei Damen und Chang’e

Oben auf dem Mondberg waren drei sehr alte Frauen, die Kühltaschen mit Getränken und Postkarten mit hochgeschleppt hatten und dort zum Verkauf anboten. Aber kein bisschen pushy so wie die Nerv-Nasen in Yangshuos West Street, sondern zurückhaltender. Eigentlich waren wir ja selbst versorgt, uneigentlich waren die so nett, und haben sich auch so aufrichtig interessiert wirkend mit uns unterhalten (hat sich echt gelohnt, chinesisch zu pauken. Sie waren jedenfalls schwer beeindruckt, dass wir europäischen Nordmenschen die Legenden von Chang’e kannten, auch das hat mich auch noch mal bestärkt, auf jeden Fall weiterzumachen mit der Chinesischbüffelei), dass wir ihnen dann doch was abgekauft haben, Preis war auch ok und kein Wucher.

Die Aussicht oben war jedenfalls großartig, dieses halbrunde Loch in dem Berg ist auf jeden Fall auch ohne Mond-Geschichten schon faszinierend. Absolute Empfehlung, sich das einmal anzusehen!

Wir sind dann langsam den Berg wieder runter, das war echt zu schön so im Wald. Ich hab es nicht lassen können, und Bambus angefasst, war die erste Gelegenheit so in freier Wildbahn. Viel zu schnell waren wir wieder unten. Wir sind dann gemütlich wieder zurückgeradelt, wieder vorbei an den vielen Touri-Attraktionen: mehreren Höhlen – haben uns nicht interessiert, draußen schon viel Lärm und laut Bildern alles quietschbunt erleuchtet. Kleine Pferdeweiden, wo man im Kreis reiten – und vor allem Fotos hätte machen können. Eine Höhle mit Schmetterlingsshow, eine Höhle, wo man im Schlamm hätte matschen können. Restaurants ohne Ende.

Jedenfalls war das echt schön, durch diese Landschaft zu radeln. Irgendwie ist es unten ganz flach, und dann hat da jemand einfach diese Bergkegel hingesetzt. Dass die so grün bewachsen sind, kannte ich von Bildern, aber mir war nicht bewusst, welche Pflanzen das sind. Zum Teil irgendwelche Sträucher, aber eben viel Bambus und auch Palmen. Naja, ist halt subtropisch.

Schöner Abschluss im Hotel

Abends im Hotel gab es dann das vorbestellte organic Huhn, das mitsamt Knochen (aber ohne Kopf, Füße, Innereien, uff) in mundgerechte Stücke gehackt und dann zubereitet worden war, vor allem mit Ingwer, aber auch Paprika und Pilzen und Chili, hui, das war echt mal scharf, die Soße dicker und aromatischer als die in Peking üblichen Soßen, ein absolut toller Genuss nach einem erneut wunderschönen Tag in dieser Traumlandschaft.

 

 

Yangshuo (Teil 2)

Am zweiten Tag in Yangshuo gab es nach dem Ausschlafen erstmal ein leckeres Frühstück im Hotelgarten, wer mal dort hinkommen sollte: Nudelsuppe, Jiaozi oder Pancakes fanden wir am besten. :) Auf jeden Fall schön, den Tag so in Ruhe im Grünen zu beginnen.

Danach sind wir nach Xingping gefahren und haben dort eine Fahrt auf dem Lijiang zum Yucun Fishing Village und zurück nach Xingping gemacht. Famous place, made really famous by President Bill Clinton! Wir waren gespannt und haben eigentlich ein kleines altes Dörfchen und einen Einblick in die Kormoranfischerei erwartet.

Zunächst aber machten wir Bekanntschaft damit, wie Chinesen reisen und wurden quasi Teil einer kleinen Reisegruppe, Betriebsausflug einer Hardwarefirma aus Guangdong. Ein Teil der Gruppe nutzte die Sitzgelegenheit direkt für ein Schläfchen, ein anderer Teil packte etwas zu Futtern aus und guckte nach unten aufs Handy und der kleinste Teil schaute wie wir aus dem Fenster oder ging sobald es erlaubt wurde nach draußen und genoss von dort die Aussicht.

Als das Schiff mitten auf dem Fluss vor einem besonders schönen Panorama anhielt, dazu wurde durch ein Loch im Schiffsboden ein Pflock in den Grund gerammt, machte der Reiseführer/Bordfotograf erstmal unendlich viele Erinnerungsfotos, die Bilder konnten direkt auf dem Schiff ausgedruckt werden und wurden mitsamt Album zahlreich verkauft. Eine Frau mit Kormoranen paddelte heran, kam kurz mit ihren Vögeln an Bord und verschwand wieder. Das war irgendwie merkwürdig, dazu wurde nichts weiter erklärt oder erzählt.

Im Fishing Village angekommen bekamen wir nicht wirklich viel zu sehen, außer ein paar vergilbten Bildern von Bill, Hillary und Chelsea Clinton, dabei hätte der Guide viel über Ming- und Qing-Geschichte des nur vom Wasser aus erreichbaren Örtchens erzählen können. Der kurze Weg vom Ufer ins Dorf war ziemlich zugemüllt, Hitze und der Pomelo-Geruch trugen aber zu einer intensiven Stimmung bei. Aber schon schade, dass es nur so ein 5-Minuten-Stopp war.

Insgesamt war die Tour trotzdem extrem cool, nicht nur die Landschaft, sondern auch eine interessante Begegnung mit dem chinesischen Tourismus: Hauptsache schönes Foto! Als ausreichend Fotos geschossen waren (immer Selfies/gegenseitiges Aufnehmen, soweit ich mitbekommen habe nie nur die Landschaft – dabei ist die echt alles andere als öde), ging es wieder raus aus der Sonne nach unten, wo dann gefuttert wurde. Wir haben einen Blick auf den Imbiss geworfen und dankend abgelehnt. ;) Jedenfalls gab es auch viele Bilder mit uns, außer uns gab es nur ein weiteres westliches Pärchen an Bord, was sich aber abgeschottet hat. Naja, und unsere paar Brocken Chinesisch machen echt Türen auf. Zuerst wurde noch schüchtern gefragt – und dann ging’s los, nichts mehr mit Ruhe und Landschaft vom Wasser aus genießen, dabei hatte ich nie den Wunsch, Model zu werden… Aber einmal darauf eingelassen, hat es direkt Spass gemacht, „chinesisch“ zu posieren.  Gut verkauft hat sich ein Foto mit einem jungen, sehr coolen Chinesen der ein T-Shirt mit der Aufschrift „What the fuck?“ trug und  zwei doppelt so alte Nordeuropäerinnen im Arm hatte. *kicher*

Die Gegend jedenfalls wunderschön, vom Wasser aus bald noch reizvoller als sowieso schon. Auf dem Rückweg haben wir einen Blick auf die Rückseite der Rückseite des Panaramas vom 20 RMB-Schein werfen können, und das ganz in Ruhe, weil fast alle Chinesen unten im klimatisierten Bereich waren. Wieder in Xingping angekommen, hatten wir noch Zeit genug, uns den kleinen Ort anzusehen. Außer den Touristen waren wohl eine Kunst-Klasse unterwegs, überall ist man über malende junge Menschen gestolpert.

Auf dem Rückweg begann es zu regnen, also sind wir dann im Hotel geblieben. Das Hotel war für mich die absolut richtige Wahl, draußen im grünen, in einem Yangshuo vorgelagerten Dorf, aber durchaus noch fussläufig zum Zentrum, und sämtliche Mitarbeiter unglaublich hilfsbereit, da blieb keine Frage offen, kein Wunsch unerfüllt, gab es Anregungen, was wir noch hätten unternehmen können, und das ganze ganz unaufdringlich. Auch wenn wie überall in der Gegend auch in unmittelbarer Hotelnähe Baustellen, Bauruinen, Leerstände waren, störte das nicht weiter, gab auch keinen Krach, dafür gab es ausreichend grün und krawallerndes Geflügel überall. Zur Strafe haben wir dann auch für Donnerstagabend nen ganzen organic Gockel bestellt!

Yangshuo (Teil 1)

Die Jungs waren in der letzten Woche auf Klassenreise, Männe musste arbeiten, also wie letztes Jahr wieder die Gelegenheit für mich, auf Reisen zu gehen. Diesmal ging es zusammen mit meiner finnischen Freundin in den Süden nach Yangshuo.

Es war echt unglaublich schön, es hat einfach alles gepasst, wir haben uns super verstanden, das Wetter hat mitgespielt und die Gegend ist atemberaubend, märchenhaft, wunderschön, exotisch, fremd, grün, … Die Menschen, die wir kennengelernt haben, waren fröhlich, freundlich, zugewandt, hilfsbereit. Es gibt so viele Möglichkeiten für Aktivitäten, es gibt so viel zu entdecken: kleine und größere Orte, die Landschaft, Höhlen, eigentlich waren 5 Tage zu kurz. Auch das Essen war interessant, auch wenn ich eine lokale Spezialität, beer fish, nicht mochte, der schmeckte echt so modderig wie der Fluss teils roch, und anderes wie kleine Fluss-Schnecken und Krebse gar nicht erst probiert hab. Zum ersten Mal in meiner Zeit in China habe ich auch gesehen, wie ein Hund zum Essen vorbereitet wurde.

Anreise am Montag

Das Problem, frühmorgens ein Taxi zu bekommen, hat eine liebe Freundin kurzerhand für uns gelöst, in dem sie uns selbst durch den strömenden Regen zum Flughafen gefahren hat. Die Sicherheitskontrolle war streng und pingelig, danach war noch Zeit für einen Kaffee im Terminal 1, anders als bei den anderen Terminals war das Angebot von Restaurants und Shops ganz untypisch für China sehr überschaubar. Beim Boarding sind wir doch noch nass geworden, es ging mit dem Bus raus aufs Flugfeld und die Gangway war nicht überdacht. Zum Glück haben hinter uns gehende Chinesen ihren Schirm mit uns geteilt. Der Flug selbst war entspannt, und etwa eine Stunde vor Ankunft riss die Wolkendecke auf und machte den Blick auf grüne Hügel und Berge frei. Beim Anflug auf den Flughafen ging es ziemlich dicht an den Bergen vorbei.

Erste Eindrücke

Guilin empfing uns mit strahlendem Sonnenschein, Hitze und Schwüle, wir wurden wie geplant durch eine Fahrerin abgeholt und dann ging es über überraschend leere Straßen nach Yangshuo, erste Gelegenheit, die steilen Karstberge, die auf total plattem Grund stehen zu bestaunen, erste Eindrücke vom ländlichen Guangxi. Kurz vor Yangshuo wurde es staubig: Straßenbauarbeiten, teils ging es über sandige Pisten weiter. Über die Hauptstraße ging es kurz durch Yangshuo, dann wieder raus aus der Stadt in das nördlich von Yangshuo gelegene Shi Ban Qiao: angekommen im Yangshuo Village Retreat.

Fix ausgepackt, erst im Hotelgarten noch einen Kaffee und dann haben wir den Hotel-Shuttle (Kleinbus mit Platz für 8 Gäste) in die Stadt hinein genommen und haben uns dann kreuz und quer durch die Stadt treiben lassen. Hotels, Restaurants und Shops ohne Ende, viele Baustellen und von fast überall Karstkegel in Sicht.

Li Jiang - Li River

Am Li Jiang

Am Ende sind wir am Fluss hängengeblieben. Wir haben uns dort hingesetzt und die Füße ins Wasser baumeln lassen und die Aussicht genossen. Später sind wir zu Fuß am Fluss entlang zum Hotel zurückgegangen, hat auch nur 20 Minuten gedauert.

Li River bei Yangshuo

Spaziergang am Li River

Erster Eindruck: schon touristisch! Besonders die West Street und die angrenzenden Straßen, anstrengende pushy Verkäufer, aber es gibt auch ruhigere Ecken. Wie ein Örtchen an Mosel, Rhein oder Elbe, nur auf Chinesisch. Die Hauptattraktion ist und bleibt jedoch die Landschaft und das Panorama.

Ein Jahr später: Abschiede

Jetzt sind wir bald ein Jahr hier in China, sind wirklich angekommen und fühlen uns wohl. In zwei Wochen endet das Schuljahr, vor zwei Wochen war schon das erste Sommerfest. Sommerfeste vor den Ferien sind hier immer gleichzeitig auch Abschiedsfeste, und zusätzlich zu den Sommerfesten gibt es die eine oder andere Farewell-Party. Aus Justus‘ 5. Klasse verlassen 7 Kinder Peking, obendrein alles Jungs. Damit schrumpft die Klasse auf 16 Kinder, wenn nicht doch noch Neuankömmlinge dazukommen. Bei Rasmus geht nur ein Mädchen, aber aus einer der Parallelklassen gehen viele Kinder, so dass aus drei 4. Klassen künftig zwei 5. Klassen werden. Bei beiden Kindern ist jeweils mindestens ein „guter Freund“ unter denen, die weggehen. Und auch aus meinem engeren Umfeld gehen einige Frauen zurück nach Deutschland. Auch wenn ich jetzt nicht innerhalb eines Jahres gleich ganz dicke Freundschaften aus dem Boden stampfen kann, das braucht bei mir mehr Zeit – wer weiß, ob das nicht echte Freundschaften hätten werden können? So oder so, hier werden Lücken entstehen, und es ist gut, dass wir in den Sommerferien direkt verreisen und erstmal anderes in den Vordergrund rückt.

Hello – good bye

Ja, es ist anders mit Beziehungen hier, fast alle sind auf Zeit hier und man weiß schon beim Kennenlernen, dass in überschaubarer Zeit Goodbye gesagt werden muss. Den Zusammenhalt im Compound und in der deutschen Community empfinde ich als sehr groß. Wie ich sicher schon erzählt habe, macht es einem unter anderem die Patengruppe leicht, in Peking anzukommen, etwas zu unternehmen, Kontakte zu knüpfen. Auf Fragen zum Alltag („wo gibt es eigentlich…?“) bekommt man immer eine Antwort, nein, nicht nur eine Antwort, sondern direkt das Angebot mit hingenommen zu werden.

Zàijiàn! - Auf Wiedersehen!

Zàijiàn! – Auf Wiedersehen!

Auch die Jungs sind schnell in ihren Klassen angekommen und haben rasch Freundschaften geschlossen. Aber hier kennen alle Kinder das neu sein, sie sind vor gar nicht allzu langer Zeit selbst noch der Neue gewesen. Das ist doch anders als in Hamburg, wo sich manche Kindergruppen schon seit der Kindergartenzeit kennen und es eigentlich nur bei der Einschulung und beim Übergang auf die weiterführende Schule die Situation „alle neu“ gibt und nur ganz selten wirklich mal ein Kind ganz neu dazukommt. Die Kinder hier wissen alle, wie das mit Heimweh und dem Vermissen der alten Freunde ist und – soweit ich das als Mutter beurteilen kann und aus den knappen Erzählungen der Jungs heraushöre – unterstützen sich gegenseitig.

Ich erlebe diese neuen Beziehungen hier als intensiver, die Phase des Beschnupperns geht viel schneller, dadurch, dass  hier die mitreisendenden Partnerinnen zumeist keine eigene Arbeitserlaubnis und demzufolge viel Zeit haben, sieht man sich viel öfter und lernt sich relativ schnell kennen. Es heißt, wenn einen der deutsche Alltag erstmal wieder hat, bleibt nicht mehr viel Zeit, an Peking und die deutschen Pekinger zu denken. Aber ich hoffe doch sehr, dass es nicht nur Abschiede für immer gibt, sondern dass es auch Wiedersehen gibt – wann und wo auch immer.

Shilinxia Flying Saucer – Aliens in Sicht

Am 30.4.2016 wurde im Nordosten Pekings in der Shilinxia Scenic Area eine neue Attraktion eröffnet: The Flying Saucer – Ein Skywalk. Eine Aussichtsplattform mit Glasboden, hoch über dem Tal, angeblich die weltweit größte. Wenn das mal kein Ausflugsziel für die Fotogruppe ist! Aber das musste natürlich vorher erkundet werden, und so machten wir uns am Freitagmorgen zu dritt auf den Weg. Etwa 1,5 Stunden später waren wir am Parkplatz. Da war schon ganz gut was los, obwohl es gerade erst gegen 10 Uhr war. Wie ein Schild klar machte: es handelt sich um eine AAAA-Attraktion! ISO-zertifiziert! Ob es ohne den Rummelplatz nur für drei A gereicht hätte?

Rauf, rauf, rauf, rauf, immer schön die Treppe rauf…

Nicht lange aufhalten, Tickets gekauft (78 RMB Eintritt in die Scenic Area, 50 RMB Seilbahn einfache Fahrt) und losgelaufen. Von der Seilbahn aus boten sich erste nette Aussichten, auch wenn es ein bisschen diesig war (für Pekinger Verhältnisse konnten wir eigentlich nicht meckern). Die Seilbahn fuhr allerdings nicht bis ganz oben, also mussten nun Treppen gestiegen werden. Chinesische Treppen. Chinesische Outdoor-Treppen. Teils in den Berg gehauene Steinstufen, die mal nur 5 cm, mal 50 cm hoch sind. Stahltreppen (juhuu, gleichmäßige Stufen, allerdings immer so kurze Abschnitte, dass man nicht wirklich in einen Rhythmus kommen kann). Holztreppen, alt und ausgetreten und die meisten Stufen abschüssig. In praller Sonne und nur mäßig fit (*hust*) war das schon anstrengend, allerdings hat es trotzdem Spaß gemacht, weil es so viel zu gucken gibt, und damit meine ich nicht nur die Landschaft. :) Trotzdem war ich ziemlich froh, endlich oben zu sein und das Ziel unseres Aufstiegs vor Augen zu haben!

Langnasen und andere Aliens

Für 10 RMB Leihgebühr mussten Stoffüberzieher über die Schuhe, dann ging es hinaus aufs Glas. Unterhalb der Verankerung der Plattform wurde noch gearbeitet, da war eine Lastenseilbahn unterwegs. So viel zu sehen! Nicht nur die Landschaft, sondern auch viele posierende Chinesen. Ich muss gestehen, dass ich es doch unheimlich fand, dass mich und den Abgrund einige hundert Meter tiefer nur ein bisschen Glas trennt und hab mich überwiegend schon am Geländer festgehalten und immer im Blick gehabt, wo die nächste Stahlstrebe ist. Kurz kam mir in den Sinn, dass vor gar nicht langer Zeit an einem anderen chinesischen Skywalk eine Scheibe (von dreien) zersprungen ist… Aber der Gedanke konnte sich glücklicherweise nicht breitmachen, denn ich wäre vor Lachen fast runtergefallen: Ich dachte, der Skywalk heißt „Flying Saucer“, weil er halt untertassenrund ist. Aber nein, in der Mitte des kreisförmigen Skywalks befindet sich tatsächlich ein Ufo mit blauen Aliens an Bord. Miriam, sehr groß und blond, musste allerdings häufiger als diese mit aufs Bild. :D Bis auf ein belgisches Paar haben wir aber auch keine weiteren westlichen Ausländer gesehen.

Unnötig zu erwähnen, dass es laut ist. Unten der Rummelplatz mit entsprechend skandierten Werberufen, die Gondeln der Seilbahn ließen sich als Trommel nutzen, in verschiedenen Pavillons am Berg gab es Glocken und Trommeln, dazu hatte der eine oder andere sein Radio dabei und so laut an, dass alle mithören konnten, dazu das Stimmengewirr… Wir haben dann ein Stück weiter eine andere Seilbahn bergab genommen, da war es dann tatsächlich kurz so ruhig, dass wir Vögel zwitschern hören konnten. Zurück zum Ausgangspunkt war es dann ein schöner, entspannter Spaziergang durch eine Schlucht, an einem Wasserfall vorbei, am Fluss entlang. Nur einmal eine laaaaaaaaange Treppe abwärts, aber diese ist noch ganz neu und ohne Abenteuerfaktor, dafür mit künstlichen Blümchen dekoriert…

Unten angekommen tobt inzwischen das Leben, die Karussells sind in Betrieb, jetzt sehen wir auch eine Ladestation für E-Fahrzeuge, ein letzter Blick nochmal nach oben, und dann ging es in die Stadt zurück. Und ich freu mich drauf, dass es ich am Donnerstag direkt noch einmal dahin fahre! 

Authentisch reisen?

Ulrike vom Bambooblog ruft zu einer Blogparade „Authentizität auf Reisen“ auf. In ihrem eigenen Artikel dazu finde ich mich an so vielen Punkten wieder, dass ich sagen könnte „Haken dran, fertig“. Aber das Thema geht mir immer weiter durch den Kopf, und so versuch ich doch mal, meine Gedanken dazu aufzuschreiben.

Alles gar nicht authentisch hier?

Als unser mittlerer Sohn zu Weihnachten hier zu Besuch war, schien er enttäuscht, weil „Peking nicht authentisch chinesisch“ sei. Sein Bild von China hat er sich allerdings im Freiwilligen Sozialen Auslandsjahr in einer Kleinstadt in Yunnan gemacht – klar, dass sich seine Erfahrungen von unseren in Peking sehr unterscheiden. Und dennoch ist beides China.

Wie könnte man sagen, dass die Hauptstadt Peking nicht authentisch chinesisch ist? Ist Berlin dann auch nicht authentisch deutsch? Deutschland ist doch auch mehr als Bayern und Neuschwanstein! Zu Peking gehören eben auch die Touristenmassen (sowohl die chinesischen als auch die internationalen), die zweisprachigen Ansagen der Metro, alle Küchen der Welt, Hutongs und Hochhäuser, Märkte und Mega-Malls etc… Und ist die Schickimicki-Chinesin in der Glitzerfunkel-Mall nicht genauso authentisch chinesisch wie der Jianbing-Verkäufer an der Straßenecke? Reichtum, Armut und ganz viel dazwischen, alles ganz echt hier. Nur Peking ist nicht Yunnan.
Und ja, wir leben hier in einem Ausländerwohnviertel, wo nur eine Handvoll Chinesen lebt – das ist wirklich nicht besonders chinesisch, aber doch authentisch für eine große Gruppe westlicher Ausländer in China.

Der Begriff authentisch scheint tatsächlich auch zu meinen: ist etwas so, wie ich es erwartet habe oder wie ich es gerne hätte?

Unser Sohn war von Yunnan sehr beeindruckt, es war für ihn eine großartige Zeit. Ich vermute, er hat gehofft, etwas davon hier wiederzufinden. Aber – siehe oben – Peking hat mit Yunnan genauso wenig zu tun wie Hamburg mit den Alpen. Ich glaube, was ihn hier gestört hat war, dass Peking verglichen mit Yunnan schon richtig international ist, dass es für Nichtchinesen inzwischen relativ leicht geworden ist, sich hier zurechtzufinden (Speisekarten mit Bildern (!) für uns Analphabeten, Wegweiser und Schilder zweisprachig).

Schild im Side Park

Schild im Side Park

Statt „das ist ja gar nicht authentisch chinesisch hier“ – was meiner Meinung nach nicht stimmt -, wäre „das ist so ganz anders als Yunnan“ vermutlich die richtigere Erwartung und Einschätzung gewesen. Aber wenn man sich nach Bergen am Ende der Welt und spektakulärer Natur sehnt und damit rechnet, als Langnase unglaublich exotisch zu sein und damit interessant, was die Möglichkeit zu vielen interessanten, wirklich authentischen Begegnungen eröffnet, dann muss man halt auch nach Yunnan fahren und nicht nach Peking. Jedenfalls hoffe ich, dass mir Sohnemann sein Yunnan noch zeigen wird!

Ist Authentizität wirklich ein sinnvolles Kriterium für die Reiseplanung?

Ob mir auf Reisen etwas gefällt, hängt nicht unbedingt davon ab, ob es authentisch ist. Ok, einem Spaßbad in Schweden kann ich echt nichts abgewinnen, wenn ich die Auswahl zwischen Hunderten von Seen habe, und die dann auch ganz für mich allein, da empfinde ich eine Tropenlandschaft als geradezu absurd. (Ich kann aber nachvollziehen, dass es Familien gibt, die nicht nur am 3. Regentag froh darüber sind.)
Sind Katthult oder Bullerbü (Gibberyd/Rumskulla und Sevedstorp/Pelarne) authentisch oder nicht? Ist mir egal, ich habe die Lindgren-Bücher und -Verfilmungen schon immer geliebt und dort zu sein, ein bisschen in die eigene Kindheit zurück und in die Geschichten einzutauchen, das waren tolle Erlebnisse. Der Ristafall (Glupa-Wasserfall von Ronja Räubertochter) ist auch ohne den Film-Bezug einen Ausflug wert und ein beeindruckender Flecken Erde (und nicht weit davon der Tännforsen erst recht.

Ristafallet

Ristafallet

Jetzt habe ich unseren Yunnan-Reisenden gerade gefragt, ob er damit einverstanden ist, dass ich so von ihm erzähle (ist er, sonst könntet Ihr das nun nicht lesen), da sagt er: „Lofsdalen! Hörbuch!“ Ich brauche fast eine Minute, bis der Groschen fällt:
Wir hören beim Autofahren fast immer Hörbücher. Im letzten Sommer lief bei uns zuerst Jules Verne (Die Reise zum Mittelpunkt der Erde und In 80 Tagen um die Welt, von Rufus Beck super gelesen, hat allen gefallen). Kalle Blomquist haben wir nach kurzer Zeit ausgemacht – das war leider gar nicht nett gelesen, sondern zu meiner großen Enttäuschung altbacken und staubig. Müssen die Jungs nun doch die Bücher in die Hand nehmen und selber lesen.

Aber, um wieder auf das Thema zurückzukommen: Gregs Tagebuch, 9. Teil: „Böse Falle“, lief dann in Endlosschleife. In diesem Band verreist Greg mit seiner Familie. Ein Roadtrip durch Amerika, denn seine Mutter hat in ihrer Elternzeitung „Familienspaß“ gelesen, dass es total wichtig ist, als Familie im Urlaub gemeinsam authentische Erlebnisse zu haben. #rolleyes (Auch wenn ich das anders ausdrücken würde und der Tonfall im Hörbuch einem die Fußnägel hochrollt: Recht hat sie).Vater und Kinder der Familie sind nicht begeistert, und die Familie fährt dann auch von einer Katastrophe in die nächste. Wir hatten alle Bauchweh vor Lachen! – Und ich durfte mir vor jedem Ausflug anhören, ob wir denn da auch authentische Erlebnisse haben würden!

Tja, authentische Erlebnisse…

Für mich steht Authentizität also nicht wirklich ganz weit oben bei der Reiseplanung. Ich suche Natur, Landschaft, gerne mal einen spektakulären Ausblick oder auch einen beruhigend, ganz unaufgeregt-friedlichen. Kann man das vielleicht auch authentische Naturerlebnisse nennen? Aber selbst, wenn das nicht mehr 100% authentisch ist, weil die ehemals unberührte Natur gut erschlossen ist mit Wanderparkplätzen, befestigten Wegen, und weil da ein Windrad steht und dort eine Skipiste zu sehen ist und drüben der Weg für die Schneescooter– das ist der Lauf der Zeit. Genau, Zeit. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir „authentisch“ sagen und in Wahrheit „historisch“ meinen.

Trondheimfjord

Trondheimfjord

Wir haben aber inzwischen doch etliche, von uns als authentisch empfundene, im Gedächtnis bleibende Reiseerlebnisse gehabt. Einige wenige Beispiele:

  • Mit Thomas bin ich kurz nach der Wende die Ostseeküste bis nach Swinemünde und wieder zurück gefahren. An einem Abend in einem Landgasthof zwischen Wismar und der Insel Poel haben wir die Frau eines relativ bekannten Dissidenten kennengelernt. Thomas hat sich die halbe Nacht mit ihr unterhalten – aber ich habe diese Chance zum Teil verpennt, bin einfach irgendwann am Tisch eingeschlafen, obwohl das Gespräch wirklich tiefging, theoretisches, angelesenes Wissen mit persönlichen Erfahrungen lebendig werden ließ. Klar, dass ich das heute noch unter die Nase gerieben kriege und mich entsprechend ärgere! (Authentisch geht auch bei Reisen „um die Ecke“, dafür muss man nicht ans Ende der Welt!)
  • Am Trondheimfjord dem Lachsfischer auf dem Hof beim Ausnehmen der Lachse zu helfen und ein noch schlagendes Lachsherz in der Hand zu halten. Ein Schneehuhn von eben diesem Fischer geschenkt bekommen und es dann selber zu rupfen!
  • In Los Angeles mit dem Bus fahren, sich während der Fahrt auf Spanisch zu unterhalten und am 3. Tag als „welcome, crazy german tourist“ begrüßt zu werden. Touristin im Bus, wo gibt es denn sowas! ;)
  • Eine liebe Freundin in Ljungdalen besuchen und mit ihr beim Dorffest im Hemslöjd den stärksten Kaffee ever zu trinken und noch warme selbstgebackene Zimtschnecken zu essen und dann am Webstuhl noch einige Reihen an einem Gemeinschaftsprojekt mitwirken zu dürfen.
  • Für den Yunnanreisenden: 3 Tage wandern in der Tigersprungschlucht.
  • Und vielleicht ist es eine persönliche Marotte, vielleicht hat es doch etwas mit „authentischem Erleben“ zu tun: in Supermärkten in fremden Städten und Ländern den Einheimischen in die Einkaufswagen zu gucken: was kaufen sie?
Trondheimfjord

Denkmalgeschützter Hof am Trondheimfjord

Wenn ich mir das so ansehe, denke ich: Man kann authentisches Reisen nicht wirklich planen, egal, was Werbeprospekte und Co. versprechen mögen (was dort angepriesen wird: ist es inszeniert oder tatsächlich authentisch oder irgendwo dazwischen?). Die Momente, die im Gedächtnis bleiben, sind meist spontan, aus der Situation heraus entstanden. Einen Plan zu haben ist sicher gut, aber noch besser ist es, wenn man jederzeit bereit ist, vom Plan abzuweichen und Gelegenheiten zu nutzen. Solche Momente und Erlebnisse entwickeln sich wie gesagt oft aus einer Situation heraus. Und ja, wenn man individuell reist, ist die Chance auf solche Erlebnisse vermutlich größer, als wenn man Strandurlaub in einem Resort macht. Es war ein Riesenglück, dass wir Ingolf, den norwegischen Fischer, kennengelernt haben und uns auf Anhieb sympathisch waren, so dass er uns an seinem Leben teilhaben ließ. Sowas kann man nicht erzwingen oder planen, aber wenn es solche Gelegenheiten gibt, sollte man sie ergreifen und Plan Plan sein lassen. So werde ich meine/unsere Reisen weiterhin nicht mit dem Gedanken, möglichst viel Authentisches zu erleben zu planen, sondern mich weiterhin davon leiten lassen: was möchte ich sehen und erleben, was interessiert mich, was wollen die Kinder (ok, und Thomas auch) – und wenn sich dann Chancen auftun, will ich sie nutzen.

Liebe Ulrike, vielen Dank für den Anstoß durch Deine Blogparade über das Thema nachzudenken und in Erinnerungen zu schwelgen!

Maquanying Village

Maquanying Village ist ein kleines Wohnviertel (eingezäunt und mit Schranken und Wachleuten an den Toren, das ist hier so üblich) nordöstlich des Pekinger Zentrums, wo weniger wohlhabende – um es mal so auszudrücken – Pekinger leben. An der Hauptzufahrtsstraße gibt es ein paar Marktstände, Restaurants und Geschäfte. Während dort viel Müll herumfliegt, sind die allermeisten Gassen bunt und sauber. Einige wenige andere Gassen sind noch nicht renoviert, finster und dunkel. In der einen Gasse riecht es so lecker, dass man sich am liebsten selbst zum Essen einladen möchte, in der nächsten stinkt es bestialisch. Draußen lüften schon mal die Schuhe direkt neben Lebensmitteln. Jemand hat wohl vom Neujahrsfest daheim in der Provinz ein Huhn mitgebracht, nun trocknet es auch draußen.

In unmittelbarer Nähe dieses Viertels befindet sich eine Outlet Mall – von Armani bis Zegna alles dabei, „located within the prestigious villa area of xianjiang north road“ (zitiert nach synotrip.com). Habe ich ja schon ein paar Mal erwähnt, wie krass die Gegensätze hier sind…

 

 

Achtung, Affe vor der Tür!

Das Chinesische Neujahr und damit das Jahr das Feuer-Affen steht vor der Tür. Wenn überhaupt möglich, ist jetzt alles noch bunter und üppiger dekoriert als sowieso schon. Vor ein paar Tagen gingen Arbeiter durch den Compound und verteilten an jeden Haushalt gegen Unterschrift ein Merkblatt zum Umgang mit Feuerwerk („do not set off fireworks inside buildings“ usw., Verbot falls orange or red alert). Nun hängt seit gestern ein unübersehbares Schild am Eingang des Clubhauses: Feuerwerk im Compound verboten. Och, schade.

Letztes Jahr haben die Jungs und ich ja „nur“ das Ende der Feierlichkeiten mitbekommen und waren schon vom Laternenfest hinreichend beeindruckt. Diesmal wollen wir alles! ;) Es heißt ja, es würde tagelang geböllert, wobei der Höhepunkt wohl schon am 8.2. sein solle – wir sind gespannt.

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Spätestens Freitag ab Schulschluss (die DSP hat dann eine Woche Ferien, chinesische Schulen haben – teils? – schon Ferien, insgesamt 3 Wochen) droht der Wahnsinn auf den Straßen, Bahnhöfen und Flughäfen: die Expatgemeinde drängt es in die Sonne oder in die Heimat, der Großteil der Chinesen fährt in die Herkunftsorte zur Familie. Das ist wohl alle Jahre wieder die größte Völkerwanderung der Welt… Aber wenn alle weg sind, haben wir Peking für uns! ;)

Shanghai, Shanghai!

Die Minis auf Klassenreise, Thomas schwer im Stress – gute Gelegenheit für mich, mit dem Schnellzug (350 km/h Spitze) nach Shanghai zu reisen. Der Weg zum Südbahnhof (Beijing Nan) hat halb so lang gedauert, wie die Fahrt nach Shanghaihongqiao, schlimmer Unfall auf der Jingmi, nichts ging mehr, selbst die Kinder waren 3 Stunden zur Schule unterwegs, so sind alle Klassenfahrten dann mit deutlicher Verspätung gestartet.

In Shanghai angekommen war es genauso heiß wie in Peking, nur schwül noch dazu. Der Taxifahrer war entzückend, liebt offensichtlich seine Stadt und platzte vor Stolz, als wir auf dem „elevated highway“ (wenn der ganze Verkehr nicht mehr auf eine Straße passt, baut man halt ein oder zwei Straßen oben drauf…) um eine Kurve bogen und das beeindruckende Panorama von Pudong vor uns lag. Fix im Hotel in Hauptbahnhofsnähe eingecheckt und dann auf Erkundungstour: zum Bund natürlich!

Der hat gut gefallen: ein bisschen Landungsbrücken, ein bisschen Disney, ein bisschen Science Fiction. Auf der einen Seite die alten Protzgebäude, auf der anderen Seite die neuen: bunt illuminierte Türme. Den Bund von Nord nach Süd und wieder zurück entlangspaziert, mit unzähligen Chinesen posiert und fotografiert worden (nein, ich seh nicht plötzlich wie ein Model aus, ich bin halt als Langnase wahnsinnig exotisch hier) und dann auf einen Taxifahrerbetrüger reingefallen und bevor es hässlich wurde zu viel bezahlt – selbst schuld, seit wann kommen in China reguläre Taxifahrer auf einen zu, ich hätte es wissen müssen…

Am nächsten Tag: warmer Regen. Im Jade Buddha Tempel aber nicht schlimm, da hätte ich ewig bleiben und gucken können. Durch den Regen mit neuerworbenem Schirmchen zur Metro geschwommen und zum Jewish Refugee Museum gefahren, dabei kurz in die Seitengassen gespäht, aber zu nass für nähere Erkundungen. Hab mich dann nochmal in Richtung Flussufer begeben, ziemlich leer und verlassen wirkende bunte hypermoderne Hochhäuser bestaunt, durch einen netten Park gebummelt, dort beinah versehentlich in eine Hochzeit geplatzt… Abends nett im „Lynn’s“ gegessen, gehobene Shanghaier Küche – sehr lecker. Noch einen Blick auf die schicke Fußgänger-Einkaufsmeile geworfen (Nanjing Road), dann aber durch eine ziemlich heruntergekommene, leicht unheimliche Gasse zur Metro und zurück ins Hotel.

Am Mittwoch war es wieder trocken, bin dann mit der Metro zum Renmin Square – Volksplatz. Allein die Metrostation sehenswert, eine Stadt unter der Stadt, und „voll“ und „wuselig“ in einer neuen Dimension.  Oben am Platz einen Blick von außen auf Shanghai Museum und Urban Planning Exhibition Centre geworfen, beides auf später vertagt und für 50 RMB eine 48-Stunden-Karte für „Hop on hop off“-Sightseeing-Busse und Fähre erworben und dann am Mittwoch und Donnerstag oben im Roten Doppeldecker alle Linien mit zahlreichen Unterbrechungen abgefahren, auf jeden Fall auch eine gute Idee, um von einer Sehenswürdigkeit zur anderen zu kommen. Zunächst hat es mich dann nach Pudong getrieben und dort hinauf in den „Flaschenöffner“ – World Financial Centre. Auch hier geht es nicht schlicht, sondern bevor es in den Lift geht, muss man noch ein Infofilmchen über den Bau ansehen, am Ende natürlich (?) mit einem durch die Öffnung fliegenden Drachen. Auch im Lift Glitzer-Funkel-Licht- und Sound-Effekte. Und dann endlich oben: Sch****, ist das hoch! Als ob das nicht reichen würde, ging es noch mal einige Etagen höher, wo ich dann feststellen musste: Glasfenster im Boden in über 420 m Höhe sind nix für mich, also bin ich lieber etwas weiter runter, was in Wahrheit auch immer noch über 400 m hoch war. Und dann Lachflash: Hightech-Klo mit Ausblick („pullern nur für Schwindelfreie“ ;). Endlich wieder unten (puh), und dann entspannt mit der Fähre wieder rüber auf die andere Flussseite. Ein bisschen Landungsbrückengefühl und doch ganz anders!

Am Yuyuan Basar länger gebummelt und geguckt, für den Yu Garden war es schon zu spät. Der Basar ist eine laute, quirlige, lustige Mischung aus Edel- und Ramschboutiquen, schönen Souvenirläden und Plastikkrempel, Futterbuden in allen Geschmacksrichtungen, mit allerlei gebrutzelten aufgespießten (Meeres-)Tierchen, diverse „steamed bun“ Buden. Da hab ich mich einfach mal an die mit der allerlängsten Schlange angestellt und richtig geraten: ausgesprochen lecker. Inzwischen war es dunkel, wieder mit dem Bus zum Bund und da zum Sightseeing-Tunnel. Wie muss eine Attraktion in China sein? Lichteffekte, Glitzer, Funkel… In verglasten Waggons fährt man durch den Tunnel nach Pudong rüber und wird dabei mit beknackten (Un-)Sinnsprüchen und Jean Michel Jarre für Arme beschallt und mit netten Lichteffekten unterhalten. Lustig, und da es da sonst auch keine Brücke in der Nähe gibt, ne gute Möglichkeit, um nach Pudong zu kommen, wo man in der Nähe des Pearl-Towers wieder rauskommt. Da „musste“ ich dann natürlich auch drauf – und der Blick im Dunkeln auf die hellerleuchtete Stadt hatte was. Natürlich gab es auch wieder verglasten Boden… *grusel*

Am Donnerstag wieder mit dem Bus zum Yu Garden. Eine sehr gepflegte, gut englisch sprechende Chinesin verwickelte mich in ein Gespräch, als sie dann aber meinte, der Yu Garten wäre ja viel zu überlaufen jetzt und wir könnten doch gemeinsam zur einer Teezeremonie gehen, hab ich mich fix vom Acker gemacht. Einmal auf Touristenbescheißer (der Taxifahrer am Montagabend) reinfallen reicht! Der Garten hat gefallen, erfreulich ruhig da und wenig Glitzer, eine hübsche Galerie mit schönen und unkitschigen Bildern und Kalligraphien, das war echt nett.

Danach ging es dann ins Shanghai Museum, wo ich ziemlich banausenartig relativ zügig durch bin, nur die Ausstellung von Minderheitentrachten, Qing- und Ming-Möbeln (ohne dass ich jetzt sowas wie Sachverstand vortäuschen könnte, aber ich glaube, ich mag Ming mit den klareren Linien und weniger Schnörkeln lieber) und einige Statuen hab ich genauer angeguckt. Danach in der Mittagshitze über den Platz, halb verdurstet einen großen Tee mit Eis runtergespült – was offenbar nicht klug war, ansonsten achte ich drauf, immer alles ohne Eis zu bestellen, jedenfalls wurde mir danach ziemlich flau, was blöd war, weil ich so das Shanghai Urban Planning Exhibition Centre nicht wirklich würdigen konnte. Trotzdem, das gigantische Stadtmodel ist wirklich sehenswert! Das Flau-Sein war lästig, also lieber ins Hotel zurück, war glücklicherweise nicht weit weg.

Am Freitag ging es dann schon wieder zurück. Der Bahnhof – bei der Ankunft nicht viel von gesehen – ist gigantisch, es war ziemlich voll, aber doch geordnet. Bemerkenswert die Anzeigetafel: nicht ein einziges „delayed“. Eine chinesische Großfamilie hat mich bestaunt und alle weiblichen Familienmitglieder haben ihre Arme neben meine gehalten, und ich war nur unwesentlich heller (naja, ist halt heiß und sonnig in Peking), was für große Heiterkeit gesorgt hat.

Ebenfalls bemerkenswert: nach den paar Wochen China in Peking schon das Gefühl des Nachhausekommens.

Shanghai hat mir jedenfalls gut gefallen, vom Nervenkitzel und der Aussicht oben in den Türmen, am Bund am Fluss entlang, die kleinen Gassen, hinter jeder Ecke wieder alles anders… Doch, da würd ich irgendwann gern mal wieder hin!

 

Zahlen und so…

Stockwerkszählung

Stockwerkszählung

Zahlen sind hier furchtbar wichtig!

„8“ ist super und bringt Glück, weil’s so ähnlich klingt wie das Wort für „Reichtum“. „8“ steht also für Glück und Wohlstand. „4“ hingegen ist ganz schlecht, klingt so ähnlich wie „Tod“.

Ebenfalls positiv belegt sind „6“ (problemlos, erfolgsversprechend) und „9“ (= für immer, im Zusammenhang mit Freundschaften, Partnerschaften). Negativ belegt sind „10“ (klingt ähnlich wie „4“, ist aber nicht ganz so schlimm) und „7“ (= fort gegangen, steht für Verlust)

Für entsprechende Autokennzeichen oder Telefonnummern wird dann auch gern mehr gezahlt. Hochzeitsdaten werden entsprechend gewählt oder Termine für Vertragsabschlüsse. Und natürlich macht das auch vor Stockwerkszählungen (und in Hotels vor Zimmernummern) nicht halt, es gibt keine 4., 14, … und aus Respekt vor der westlichen Unglückszahl „13“ auch keine 13. Etage. Die 1. Etage ist das Erdgeschoss.

Driving in China

Ohne chinesischen Führerschein darf man in China nicht Auto fahren. Man muss also noch einmal zur theoretischen Prüfung.

Im Chinaforum gab es den Hinweis auf folgende App:

Driving in China

Falls ich also Pause vom Chinesisch lernen brauche, büffel ich dann mal wieder für den Führerschein. :)

 

xiǎo píngguǒ – Kleiner Apfel

Dank Tianwei Fu (Lehrer am Hamburger Konfuzius-Institut) hab ich nun einen Ohrwurm… „Kleiner Apfel“ von den Chopstick Bros. Soll in diesem Sommer überall in China in Endlosschleife gelaufen und viel, viel populärer als z.B. „Gangnam Style“ sein.

Mehr über den Song und dessen Verbreitung in China sowie die Lyrics auch in Englisch findet sich hier:
http://blogs.transparent.com/chinese/little-apple-song/

Sehr nett für mich dabei: mit dem bisher gelernten Chinesich kann ich schon einzelne komplette Sätze und den (Un-)Sinn des Textes verstehen. :)