Golden Week

Golden Week, das ist die Ferienwoche Anfang Oktober anlässlich des chinesischen Nationalfeiertags. Fast ganz China hat frei, es ist Hauptreisezeit (Wetter ist besser als zur Golden Week zum chinesischen Neujahr). Alle sind unterwegs: entweder touristisch oder um die Familie zu besuchen.

Früher wurde von der „größten Völkerwanderung der Welt“ berichtet und das mit dem Andrang an den Mautstellen illustriert. Aktuell wird trotz der schwierigeren Bedingungen (Testanforderungen, Risikogebiete, eventuelle Quarantäne) trotzdem gereist, aber doch deutlich weniger als vor der Pandemie.

Für Pekinger Familien mit schulpflichtigem Nachwuchs ist das Verlassen Pekings nicht angeraten, denn bevor eine Schule betreten werden darf, müssen alle Haushaltsangehörigen mindestens eine Woche in Peking sein. Also bleiben wir hier und machen Ausflüge innerhalb Pekings.

Flaggenzeremonie am Tiananmen

Jeden morgen exakt zu Sonnenaufgang wird die chinesische Flagge am Tiananmen gehisst, jeden Abend exakt zu Sonnenuntergang wird sie wieder eingeholt. Wir nutzen die Ferien, um uns das auch einmal anzusehen.

Das Ereignis an sich ist denkbar unspektakulär, keine Lautsprecherdurchsagen, keine Musik. Durch das Tor unter dem Mao marschieren Soldaten hinaus, holen die Flagge ein und marschieren wieder zurück.

Sonnenuntergang am Tiananmen

Spektakulär sind die Menschenmassen, die kommen, um sich das anzusehen.

Tiananmen: Große Halle des Volkes

Wir finden einen Platz relativ weit vorne, wenn man die Kamera hoch über den Kopf hält, könnte man vermutlich die „action“ fotografieren.

Aber ganz kurz bevor es soweit ist, haben plötzlich beinah alle ein Kind auf den Schultern, nun sehen wir nix mehr, und gehen dann halt ein Stück zurück, um wenigstens die Fahne zu sehen. Da es nahezu windstill ist, hängt die aber schlaff am Mast runter, also auch nicht so irre beeindruckend.

Fahne noch oben

Fahne halb unten

Spektakulär unspektakulär – zack, vorbei

Ich habe meine chinesische Freundin gefragt, ob nur während der Golden Week so viel hier los ist, aber sie meint, das sei immer so. Ich glaube, das schaue ich mir noch mal an, vielleicht mal morgens früh?

Beijing Eastern Suburbs Forest Wetland Park

Kontrastprogramm: Mit meiner Freundin und ihrer Familie machen wir einen Tagesausflug zum Wetland Park. Das ist noch innerhalb Pekings (schulpflichtige Kinder in beiden Haushalten, siehe oben), meine Freundin hat sich um die Reservierung gekümmert, und wir müssen hier am Eingang nur noch den QR-Code der Health App scannen.

Es ist eine hübsche Parkanlage.

Wir haben ein Picknick dabei und lassen uns am Rand der „Yellow Sands“ auf einer großen Bank nieder, der kleine Sohn unserer Freunde wird hier nun den ganzen Tag zufrieden vor sich hin buddeln.

Das sieht man hier oft in den (großen) Parks: man hat ein Zelt dabei, eine Decke, Klappstühle, reichlich Proviant.

Wir Erwachsenen spazieren abwechselnd durch den Park. Dabei kommen wir auch am „Valentine’s Pier“ vorbei. Der wurde extra so „romantisch“ angelegt: um schöne Fotos zu machen, fürs Dating, zum Feiern…

Natürlich fehlt die übliche Lärmkulisse nicht. Über Lautsprecheranlagen und den (zum Teil motorisierten) Parkwächtern wird nonstop darauf hingewiesen, sich zivilisiert zu verhalten, Abstand zu halten und Maske zu tragen…

Das war wohl für dieses Jahr der letzte Ausflug, bei dem man lange draußen herumsitzen konnte (zumindest ohne warm eingepackt zu sein), übers vergangene Wochenende haben sich die Temperaturen halbiert.

Fotos

Botanischer Garten im September

Es ist schon ein bisschen her, da war ich mit einer Freundin im Botanischen Garten. Das Wetter war herrlich hochsommerlich, die Luft gut, viele nette Begegnungen: ich habe den Tag rundum genossen.

Wir haben die Metro genommen, das geht am schnellsten. Erst mit der Linie 10 von Liangmaqiao bis Bagou und von dort das letzte Stück mit der Xijiao Linie. Diese fährt oberirdisch, ist so ein Zwischending zwischen Stadt- und Straßenbahn und nicht nur für Pendler wichtig, sondern auch als „Ausflugslinie“ bekannt, denn sie hält unter anderem am Sommerpalast (Westeingang), am Haupteingang des Botanischen Gartens –  und die Endstation sind die Duftberge.

Es ist nicht besonders viel los, kein Vergleich mit dem Frühlingsbetrieb oder wenn der Gingko sich golden färbt.

Ein Mann hat einen winzigen Bambus-Vogelkäfig unter den Arm geklemmt, den Bewohner trägt er in der Hand.

Ich bin jetzt ja schon häufiger im Botanischen Garten gewesen, aber auch diesmal habe ich etwas für mich neues entdeckt: den Bonsai-Garten.

Auch wenn gerade keine Saison ist, blühen dennoch Spätsommer- und erste Herbstblumen, zahlreiche Schmetterlinge tummeln sich hier.

Wir streifen kreuz und quer durch das Gelände, natürlich am Bach ein Stück den Hügel hinauf.

Wir schauen uns die Residenz von Cao Xueqin an (Autor von „Traum der Roten Kammer“, einer der vier klassischen Romane Chinas). Der zugehörige kleine Laden ist ganz entzückend.

Nein, wir sind nicht im Auenland, sondern in Peking!

Im Oktober geht es bald wieder hin, diesmal mit der Fotogruppe. Das war ja eigentlich schon für den Frühling geplant, aber dann kam hier ja ein Covid-Ausbruch dazwischen. Statt Frühlingsblüten also demnächst Herbstlaub und goldener Gingko. Wenn der Weg nicht so weit wäre, würde ich häufiger dort unterwegs sein!

Fotos

Schnipsel Nr. 23

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Peking von oben

Die Atmosphere Bar

Nach all den Jahren in Peking war ich neulich das erste Mal in der Atmosphere Bar in der 80. Etage in der China World Mall. Eine unglaublich tolle Aussicht, in die eine Richtung auf das CCTV-Headquarter, in die andere Richtung bis zum Tiananmen, Verbotener Stadt, Mao-Mausoleum, Große Halle des Volkes und darüber hinaus. Es gibt hier ja nicht so viele Möglichkeiten, sich Peking von oben anzusehen (zumindest nicht von soweit oben), zumal die Aussichtsplattform im Zhongguo Zun/Citic Tower nie geöffnet wurde und wohl auch weiterhin geschlossen bleiben wird. Das kann man jedenfalls von Zeit zu Zeit mal machen.

Balkon-Bauarbeiten

Dieser Balkon liegt zwar nur im 24. Stock, aber wenn von dort oben Bauteile auf einen LKW im Hof hinunterstürzen, dann macht es einen solchen Lärm, dass es einem einen fiesen Schrecken einjagt. Zum Glück wurde niemand verletzt, das hätte echt bös ausgehen können. Von den Fenstern auf dem LKW (Rahmen und Scheiben) sind nur Splitter übrig geblieben, die haben zahlreiche Worker im Lauf des Tages von Hand aus dem Rasen geklaubt. Die neuen Fenster sind noch nicht da, der Balkon ist gesichert – mit Klebeband.

Hotelmarkt

Die Patengruppe hat wieder die traditionelle Tour zum Hotelmarkt (New Dongjiao Market) angeboten. Das ist eine nicht eben kleine Mall südöstlich des Zentrums an der G1 kurz vor dem 5. Ring. Hier gibt es beinah alles, was Restaurants und Hotels – und Privatpersonen – für Küche und Haushalt brauchen können. Eigentlich wollte ich ein weiteres Backblech für meinen Miniofen besorgen, uneigentlich sind es dann Kerzen geworden. Ich bin ja alles andere als ein Shopping-Fan, aber hier macht es mir viel Spaß, durch die Läden zu stromern und zu stöbern.

Dämmerung über der Verbotenen Stadt

Mit der Fotogruppe war ich zum Sonnenuntergang im Jingshan Park. Tolle Voraussetzungen, denn es gab Wind und Wolken.

Exakt in der Mitte war es mir zu voll, von daher habe ich mich links davon vor dem Wanchun Pavillon (der weiterhin abgesperrt ist) aufgebaut.

Ich hätte noch ewig bleiben können, aber es wurde dann doch unerwartet frisch und der Wind wurde stürmisch.

Wir sind dann ein kurzes Stück durch die Hutongs zu einem typisch Pekinger Restaurant gelaufen. Und „typisch Peking“ heißt in diesem Fall „so, wie es vor ein paar Jahren noch überall war“ – man unterhielt sich laut über die Tische hinweg, später wurde geraucht. Es war aber gut belüftet, von daher hat es nicht gestört, sondern positiv zur Atmosphäre beigetragen. Wir wurden neugierig beäugt, aber sehr freundlich, bis dahin, dass uns auch Zigaretten angeboten wurden. Essen prima, Service sehr aufmerksam, da geh ich wieder hin. Diese nette Stimmung war auch deshalb schön, weil gerade die Meldung kursierte, dass man wegen der Affenpocken keinen Hautkontakt mit Ausländern haben sollte…

#Unsinn

Im Halbschlaf nach dem Handy zu greifen – sowieso eine dumme Idee. Aber dann auf Twitter zu sehen, dass #XiJinping und #chinacoup trenden, das kann einen nachts schon nervös machen. Aber nach wenigen Klicks war klar: alles Blödsinn. Fake News. Angebliche Explosionen? Das sind Videos von der Explosion im Hafen von Tianjin aus dem Jahr 2015. Hier ist jedenfalls ein ruhiger Sonntag, das einzige was nervt: mehr Smog (AQI 157) als wir es in letzter Zeit gewöhnt sind.

Ich weiß schon, warum ich immer weniger auf Instagram, Facebook, Twitter und Co. und mehr auf Mastodon unterwegs bin, „poweruser“ bin ich eh nirgends, wer mag: hier entlang, bitte.

 

Lamatempel und Hutongs

Nach der langen Sommerpause starten so nach und nach wieder alle Gruppenaktivitäten. Heute war ich mit der Fotogruppe unterwegs: erst im Lamatempel und dann kurzer Hutongspaziergang samt Lunch im „Little Yunnan“. Da mein Orientierungssinn manchmal nur so mittelgut ausgeprägt ist, bin ich früher losgefahren, um noch einen netten Weg vom Tempel zum Restaurant auszukundschaften. Abgesehen davon war ich aber auch nervös, denn das letzte Mal, als es mit der Fotogruppe in den Lamatempel gehen sollte, hing ein handgeschriebenes „geschlossen“-Schild an der Tür. Der Lamatempel ist in der Pandemiezeit ein bisschen Indikator dafür geworden, wie angespannt die Lage ist: hier war immer als erstes geschlossen (und am längsten).

Auf dem Weg schon viel zu gucken

Schon auf dem Weg fallen mir viele Fahrzeuge ins Auge, die in den letzten Jahren total selbstverständlich für mich geworden sind, die es so in Deutschland nicht gibt. Guckt, das ist ein Lastenrad (mit e-Unterstützung).

Und das hier ist eine Rikscha, von denen es an der Metrostation Dongzhimen so langsam wieder mehr gibt. Hier werden nicht wie am Shichahai Touris rund um den See gefahren, sondern es ist wie ein Taxi für kürzere Strecken. Außerdem im Bild: Leihfahrrad, Scooter (und ein paar Fahrzeuge, die ständig im Weg oder im Stau stehen).

Ich tuckere durch die Hutongs, finde viel Interessantes – nur das Restaurant finde ich nicht wieder…

Nein, hier ist es auch nicht…

Unverrichteter Dinge mache ich mich zum Treffpunkt auf, wo sich schon bald die anderen einfinden.

Im Lamatempel (Yonghegong)

Zum ersten Mal seit langer Zeit gehe ich wieder durch die Ginkgo-Allee, die in wenigen Wochen schon goldgelb leuchten wird.

Obwohl es keine großen Touristengruppen gibt, ist der Tempel voll. Das könnte am bevorstehenden Mondfest (am Sonnabend) liegen. Bemerkenswert: es sind viele jüngere Leute.

Es riecht intensiv nach Weihrauch, der in Massen verbrannt wird. Plötzlich rennt ein Wächter los, schreit hinter einem jungen Mann her. Der hatte ganz in Gedanken Weihrauchstäbchen mit in die Halle genommen. Ups!

Ich hab hier ja mal erzählt, dass ich den Lamatempel auch schon mal auslassen würde, wenn Besuch da ist, und den dort alleine hinschicke. Aber nun war so lange kein Besuch mehr hier, so dass ich mich sehr freue, wieder in dieser wunderschönen, beeindruckenden Anlage zu sein.

Vor dem blauem Himmel sieht das alles nochmal so gut aus.

Hier im Tempel (der ja früher Prinzenpalast war, bevor er umgewidmet wurde) findet sich die klassische Palastarchitektur, gemischt mit tibetischen Elementen. Manche Beschriftungen finden sich in vier Sprachen: Mandschurisch, Chinesisch, Tibetisch und Mongolisch.

Noch mehr Eindrücke:

Mich zieht es wieder zur letzten großen Halle, in der der riesige Maitreya-Buddha aus einem einzigen Stück Sandelholz steht. Der 7. (oder 8.?) Dalai Lama hat diesen dem Kaiser Qianlong zum Geschenk gemacht. Der Transport von Tibet nach Peking hat drei Jahre beansprucht.

In den Hallen sind zwar die großen Schilder mit der roten durchgestrichenen Kamera verschwunden, das steht jetzt diskreter auf den Schildern draußen an den Hallen. Aber sobald man auch nur den Anschein erweckt, fotografieren zu wollen, kommt ein Mönch, um das zu unterbinden. Die Mönche tragen heute nicht die gelbbraune Kutten, an die ich mich erinnere, sondern traditionelle rote Jacken zu dunklen Hosen.

Die Granatäpfel sind (fast) reif!

Paifang (Torbogen) am Eingang:

Noch mehr Bilder vom Lamatempel, u.a. auch des riesigen Sandelholz-Buddhas, finden sich hier.

Ulrike vom Bambooblog erzählt hier von ihren Eindrücken, aber auch viel zur Geschichte.

Durch die Hutongs

Zum Glück hat eine der anderen einen Location-Pin vom „Little Yunnan“ samt Wegbeschreibung und so spazieren wir durch die Hutongs dorthin.

Hier wird auch Mittagspause gemacht.

Das Essen im Little Yunnan ist genauso toll, wie ich es in Erinnerung hab. Und: ich hab jetzt auch einen WeChat-Location-Pin, damit kann ich es künftig leicht wiederfinden. Jetzt fehlt nur noch der Besuch, den ich dahinschleppen kann…

Nun trennen sich unsere Wege, mit Leihrad, Bus, Bahn oder Scooter machen wir uns alle auf den Rückweg. Aber auch da gibt es noch viel zu sehen.

Chilis werden getrocknet.

Und das sind die ersten Maronen in diesem Herbst. Aber bei 30 Grad verzichte ich lieber – zum Leidwesen des Verkäufers, der etwas abseits im kühleren Laden gewartet hat, und sofort angerannt kommt, sobald er mein Interesse bemerkt.

Hund im Fahrrad- oder Scooterkorb sieht man inzwischen auch ziemlich oft. Und ganz oft ist es auch genau diese Pudelrasse.

 

Mein achtes Jahr in Peking hat begonnen!

Mitte August jährte sich der Tag unserer Ankunft in Peking. Nun sind wir volle sieben Jahre hier, das achte hat begonnen. Acht ist ja DIE chinesische Glückszahl, aber nicht nur deshalb habe ich Hoffnung darauf, dass es ein gutes Peking-Jahr werden wird.

Ferienende

Neun Wochen Sommerferien sind vorbei. Rückblickend kommen sie mir gar nicht so lang vor. Nun hat uns der Alltag wieder. Am Montag war der erste Schultag – in Präsenz, das erste Mal seit Pandemieausbruch. Und beinah normal, wenn man von den Pandemieregelungen absieht: Schultreff draußen auf dem Sportfeld und nicht in der Aula, Masken- und Testpflicht, Temperaturkontrolle beim Betreten der Schule, Eltern müssen draußen bleiben…

Für K5 ist es das vorletzte, für K4 das letzte Schuljahr. Das bedeutet, dass es im kommenden Sommer voraussichtlich eine einschneidende Veränderung für uns geben wird, wenn K4 wie geplant nach Deutschland zum Studieren geht. Aber ein bisschen Zeit haben wir bis dahin ja noch.

Mit Schuljahresbeginn gibt es auch wieder mehr (Gruppen-)Aktivitäten unter anderem von Paten- und Fotogruppe, nur größere Veranstaltungen wie die traditionelle Welcome-back-Party werden pandemiebedingt wieder ausfallen.

Hitzewelle

In Peking sind wir von der langen Hitzewelle und deren Auswirkungen (noch?) nicht direkt betroffen. Hier hat der Spätsommer begonnen, die Temperaturen sind deutlich angenehmer geworden und mit knapp unter 30 Grad in dieser Woche weiterhin hochsommerlich warm. Kein Vergleich zu den betroffenen Regionen in Sichuan, Hubei oder Jiangsu. Selbst in Shanghai hat es schon Stromsparmaßnahmen gegeben, u.a. ist die nächtliche Beleuchtung am Bund abgestellt worden – im Vergleich zu anderen Landesteilen ist das aber nichts. Ganz anders die Bilder von alten Leuten, die sich mit mitgebrachten Hockern in den Gängen eines Supermarktes in Chongqing niederlassen, weil es dort kühler ist als überall sonst – hier im Video.

Wenn es nicht bald regnet, sind Reis- und Sojaernte gefährdet. Und darin steckt möglicherweise mehr Dramatik als in der Unterbrechung der Lieferketten.

Art District 798

Im Moment bin ich wieder häufiger im Art District 798 unterwegs. Der Kunstbezirk und das Treiben dort fasziniert mich trotz Gentrifizierung weiterhin. Auch wenn das Viertel weniger subversiv und zunehmend kommerziell ist, es bleibt absolut sehenswert. Die Architektur mit den Sägezahndächern der alten Fabrikbauten, die Rohre (bei denen am 751-Parkplatz hat aktuell eine Hunde-Gang ihr Hauptquartier), aktuell die vielen Bauarbeiten und dazu der Trubel am Wochenende, aber auch unter der Woche immer genug zu gucken – mir macht es immer Spaß, hier unterwegs zu sein.

Fotos aus der letzten Zeit

 

 

Drei Tempel in Xisi

Ich bin im Ferienmodus, ich hinke mit der „Berichterstattung“ hinterher… Jetzt ist es schon über eine Woche her, dass meine Freundin und ich unsere historischen Stadtspaziergänge fortgesetzt haben und noch einmal in Xisi waren. Diesmal hatten wir vor allem die Tempel auf dem Zettel, die wir beim vorigen Besuch wegen meines fehlenden Testergebnisses nur von außen angeguckt haben:

  • Guangji Tempel (Tempel der umfangreichen Hilfe),
  • Lidai Diwang Miao (Tempel der alten Monarchen) und
  • Baita Si (Tempel der Weißen Pagode).

Und auch die Hutongs dort, die diversen Residenzen in Richtung Zhongnanhai – da ist noch einiges anzusehen.

Guangji Tempel

Ausgerechnet vom schönsten, interessantesten Tempel dieser Tour habe ich fast keine Bilder gemacht… Aber von vorn: Der Guangji Tempel ist Sitz der größten buddhistischen Vereinigung in China, der Chinesischen Buddhistischen Gesellschaft. Auch die chinesische buddhistische Forschungsgesellschaft ist hier angesiedelt. Schon draußen an der Straße ist viel los, Leute kommen und gehen. Auf Stellschildern prangen zwei QR-Codes, einer ist natürlich der für die Health App, den erkennt wohl inzwischen jeder. Wozu der andere wohl ist? Aber ich habe die Frage noch nicht einmal zu Ende gedacht, als schon mehre Mönche (oder Gläubige) in schlichter, traditioneller Kleidung bei uns sind und uns helfen. Okay, nun sind wir also als Besucherinnen von Pekings religiösen Stätten registriert (man lernt hier seine Passnummer in Handumdrehen auswendig, so oft wie die abgefragt wird) und dürfen hinein – der Eintritt ist frei.

Direkt nach diesem Foto werde ich darum gebeten, bitte nur zurückhaltend zu fotografieren und auf gar keinen Fall die Buddha-Statuen. Ich schalte die Kamera aus und nehme dann lieber die Atmosphäre mit allen Sinnen auf. Es ist heiß, das angenehme Gefühl der Sonnenstrahlen auf der Haut, den Geruch von Räucherstäbchen, Stimmengewirr, leise Musik… In einer Ecke werden Bücher an Kinder ausgegeben, vor einer Halle sitzen viele Menschen und lesen. Es ist bunt und lebendig und wirklich schön hier. Um nicht zu stören, schauen wir nicht in jede Ecke, sehen aber doch das meiste. Als wir uns dem Ausgang nähern, werden uns noch Wasserflaschen übergeben, selbst als ich auf die Flaschen zeige, die aus meinem Rucksack rausgucken. Einen Besuch hier kann ich nur empfehlen.

Tempel der alten Monarchen

Es geht weiter zum Tempel der alten Monarchen, einfach ein Stück weiter die Fuchengmennei Dajie (oder kürzer Funei Avenue) entlang. Dabei kommen wir an einer Comic Galerie vorbei, die wir uns auch noch kurz ansehen. Neben chinesischen Klassikern und „Revolutionärem“ gab es unter anderem auch Micky Mouse und Goofy.

Der Tempel der Herrscher der Vergangenheit (Lidai Diwang Miao) ist zwar der größte in Xisi, unser Guide (vergriffene Ausgabe von „Beijing by Foot“) attestiert ihm einen Mangel an Atmosphäre. Was damit gemeint ist, wird uns klar, sobald wir den Tempel betreten haben. Dieser Tempel, 1530 erbaut, diente dem Staats- und Ahnenkult, Besucher gibt es außer uns fast keine. Es ist alles picobello sauber, ein paar Pflanzen sind dekorativ aufgestellt – aber es ist leer und öde. Es gibt eine Ausstellung, die aber nur rudimentär auch in Englisch beschriftet ist, wir verlieren schnell das Interesse.

Es ist wirklich heiß. Wir setzen uns auf einen Bank unter einem riesigen, uralten Wachholder und machen eine Pause. Jetzt freue ich mich über das geschenkte Wasser – das mitgebrachte ist längst alle. Wir beschließen, uns wenigstens den Tempel der Weißen Pagode noch anzugucken, angesichts der Hitze müssen wir dann nicht noch mehr machen.

Tempel der Weißen Pagode

Wir kommen wieder an „Shutter Island“ (dem etwas gruselig wirkenden Krankenhaus) vorbei, überqueren eine Hauptstraße, bei der Hitze zieht sich der Weg weiter als wir es in Erinnerung haben. Aber endlich sind wir da.

Wie in vielen Tempeln wird die erste Eingangshalle von den vier Himmelskönigen bewacht.

Wir lassen die weiteren Hallen links und rechts liegen, denn es zieht uns als erstes zur weißen Pagode.

Aber leider ist die Treppe zur Pagode hinauf geschlossen, es sieht nach dauerhafter, nicht nur temporärer Sperrung aus. Aber immerhin, wir sind so dicht dran, wie es eben geht. Diese 1271 erbaute Stupa ist das älteste Gebäude in Peking und wurde auf Befehl von Kublai Khan vom nepalesischen Architekten Araniko erbaut. Wir umrunden die Stupa, ich hatte ja noch eine leise Hoffnung, dass es vielleicht doch noch einen Aufgang gäbe. Fehlanzeige.

Wir kommen am Souvenirshop vorbei und werfen einen Blick hinein. Einen langen Blick, denn es ist nicht nur wunderbar kühl, sondern die erhältlichen Souvenirs gehen über das übliche hinaus. Natürlich gibt es die gängigen Kühlschrankmagneten, viel chinesische Literatur, aber auch Becher, Taschen, Aufkleber…

Inzwischen sind nicht nur unsere Köpfe übervoll mit Eindrücken, die erstmal sacken müssen, sondern es ist wirklich unangenehm heiß (nur für den Fall, dass ich das noch nicht erwähnt haben sollte). Schluss für heute! Meine Freundin fährt mit dem Bus, ich schleiche die Straße entlang zurück zu meinem Scooter. Der Fahrtwind unterwegs ist klasse, die An- und Aussichten ebenfalls – zum Beispiel der Blick auf die andere Weiße Pagode in Peking mitten im Beihai (todesmutig während der Fahrt geknipst, Anhalten strengstens verboten, alle paar Meter stehen Wachen – Zhongnanhai ist um die Ecke).

Fazit

Das war sicherlich nicht der letzte Spaziergang in Xisi. Nicht nur, dass noch zahlreiche Residenzen und Hutongs auf uns warten, ich „muss“ nochmal in den Tempel der Weißen Pagode, um die Statue des nepalesischen Architekten anständig zu fotografieren – und ich möchte gerne wieder in den Guangji Tempel, dessen Atmosphäre mir unglaublich gut gefallen hat. Und vielleicht kann ich dort dann auch diskret und respektvoll doch noch ein, zwei Bilder mehr machen. Wer zum ersten Mal in der Ecke ist: dann kann man der Vollständigkeit halber auch einen Blick in den Tempel der alten Monarchen werfen, aber soviel verpasst man nicht. Ich bin jedenfalls sehr begeistert von Xisi, ein wirklich schönes, lebendiges, authentisches Pekinger Altstadtviertel!

Fotos!

 

Unterwegs in Xisi

Hier gilt weiterhin an vielen Orten (Museen, Restaurants, aber auch beim Zugang zu Hutongs, Wohngebieten, Einkaufsstraßen, Malls, Geschäften…), dass der Zutritt nur mit maximal 72 Stunden altem Testergebnis gestattet ist. Dummerweise habe ich am vergangenen Freitag ungewöhnlich lang auf mein Ergebnis warten müssen, so dass ich beim historischen Stadtspaziergang mit meiner Freundin nicht überall hinein konnte. So haben wir uns jetzt „nur“ einen Überblick über das Viertel verschafft und guten Grund, uns bald wieder dorthin aufzumachen.

Diesmal waren wir in Xisi unterwegs. Xisi (西四) heißt wörtlich übersetzt „West Vier“ und steht für die westlichen vier Torbögen (Paifangs), die das Viertel früher begrenzt haben. Östlich der Verbotenen Stadt befindet sich folgerichtig Dongsi (东四 = Ost Vier). Ist doch wirklich leicht, sich in Peking zu orientieren, alles ist nummeriert und/oder hat die Himmelsrichtung im Namen! *grins*

Tempel, Klinik, Moschee

Wir treffen uns in der Nähe der Metrostation Xisi, besorgen noch Getränke in einem Shop an der Hauptstraße und wollen dann in Richtung des Tempels der Weißen Dagoba abbiegen. An der Ecke möchte jemand eine Schildkröte verkaufen. (Im chinesischen Supermarkt schwimmen sie neben den Fischen und kosten derzeit 52 RMB/500 g – soviel wie Rinderhack.) Andere Länder, andere (Ess-)Sitten, trotzdem manchmal schwierig.

Wir sind kaum abgebogen, schon gibt es alle paar Meter ein neues, interessantes Gebäude, zum Beispiel der Tempel der alten Herrscher, der wir mit der fiesen Vier in meiner Healthapp diesmal nicht besichtigen können. Hier ist einiges zweisprachig beschildert, so dass man sich auch ohne Reiseführer einfach treiben lassen könnte, und trotzdem eine Ahnung bekommt, was es im Umfeld gibt.

Das ist das Peking University People’s Hospital, 1918 als „Peking Central Hospital“ gegründet. Uns erinnert es von der Stimmung her eher ans Kuckucksnest und Shutter Island

Wir kommen am Tempel der Weißen Dagoba vorbei. Jetzt ärger ich mich wirklich, dass mein Testergebnis immer noch nicht da ist. Ich will nun bald wieder in die Ecke, um die beiden Tempel auch von innen anzusehen.

Wir überqueren die Hauptstraße und schauen, ob wir die Pushou Moschee finden, die auch unter dem Namen „Jinshifang Street Mosque“ bekannt ist. Wir finden die Moschee auch, allerdings abgezäunt, kein Zutritt. Gebaut wird aber auch gerade nicht. Du findest, dass das gar nicht wie eine Moschee aussieht? Richtig, es war früher auch ein buddhistischer Tempel, der bei einem Freundschafts-Kungfu-Kampf an den neuen muslimischen Besitzer überging. Allerdings haben mich bislang auch die anderen chinesischen Moscheen, die ich bislang besichtigt habe, eher an Tempel als an arabische Moscheen mit Minarett erinnert. Das ist nun schon die zweite der vier großen Pekinger Moscheen, auf die ich nur von außen einen Blick werfen kann.

Kreuz und quer durch die Hutongs

Wir wenden uns jetzt wieder in Richtung Osten, überqueren eine Hauptstraße mit Blick auf die Weiße Dagoba und tauchen dann in die Hutongs ein.

Zuerst kommen wir noch an diesem sehr auch sehr typischen Innenhof vorbei.

Und dann verlieren wir uns tatsächlich in den Hutongs, gehen der Nase nach: „Sieht nett aus.“ – „Okay, dann geht’s da jetzt lang.“

Irgendwann scheinen wir dann aber wohl wirklich orientierungslos zu wirken, so dass uns ein Mann den Weg zur Hauptstraße erklärt. Die finden wir dann auch auf Anhieb.

Unsere nächste Etappe ist die Wansong-Pagode beziehungsweise genauer: die Pagode des Alten Mannes von Wansong.

Die Pagode steht in einem kleinen Hof. In den Gebäuden links und rechts befindet sich eine Buchhandlung, die sich auf Pekings Geschichte spezialisiert hat. Die Bücher sind zwar fast ausschließlich Chinesisch, aber es gibt auch ein paar Karten, Leporellos und ähnliches, das für uns reizvoll ist. Die Atmosphäre ist urig, und schön kühl ist es auch noch. Wir setzen uns einen Moment in den Hof, trinken literweise Wasser.

Schließlich machen wir uns wieder auf, wir haben noch weitere Tempel und Prinzenresidenzen auf dem Zettel. Es ist aber schon spät am Nachmittag, und die Tore der Sehenswürdigkeiten schließen, mein Testergebnis ist obendrein immer noch nicht da und die Hitze hat uns echt fertig gemacht. Schließlich stehen wir gegenüber der Mauer, die Zhongnanhai begrenzt, das für die Öffentlichkeit geschlossene Regierungsviertel.

Es reicht für heute und wir beschließen den Tag und Abend dann mit Jiaozi bei Mr. Shi unweit des Glockenturms, wo wir lange im lauschigen Innenhof sitzen. Ich muss mich erst reinmogeln, aber irgendwann kommt dann zum Glück endlich mein Testergebnis. Notiz an mich: besser doch häufiger zum Test und nicht mehr bis auf den letzten Drücker ausreizen.

Ich freu mich schon auf die nächste Tour – und auch darüber, dass es immer noch so viel zu entdecken gibt.

Hutongs und Historie

Ich bin wirklich froh, dass Peking so groß ist, denn es gibt für mich immer noch interessante Ecken zu entdecken. Mit der Metro fahre ich bis zur Station Xidan. Diese liegt direkt an der Kreuzung West Chang’an Avenue und Xuanwumen Street. Zur Orientierung: Wenn man die West Chang’an Richtung Osten geht, kommt man nach 2 Kilometern auf den Tiananmen. Es ist also eine der größten und bekanntesten Straßen hier in Peking mit entsprechendem Verkehr, riesigen Malls und sonstigen Baukolossen. Doch gleich um die Ecke liegt ein ruhiges Hutong-Viertel mit einigen Sehenswürdigkeiten, und das wollen wir uns diesmal ansehen.

Uni, Prinzenresidenz und Schule

Als erstes stehen wir vor der früheren Jingshi Woman Normal University in der Xinwenhua Street. Eine der Studentinnen war Liu Hezhen, die beim Massaker am 18. März 1926 getötet wurde. Eine von Li Dazhao angeführte Demonstration eskalierte, 47 Demonstranten starben, über 200 wurden verletzt, einer davon Li Dazhao. Auf letzteren gehe ich weiter unten noch ein.

Während wir hier stehen und schauen, gesellt sich eine alte Dame zu uns. Sie hat hier mal studiert, erzählt sie uns. Wenn das keine Gelegenheit ist, viele Fotos zu machen – ihr Mann kommt ganz schön ins Schwitzen.

Direkt neben der ehemaligen Universität befindet sich die Residenz von Prinz Keqin Jun, die nun eine Grundschule ist.

Shoushuihe Hutong

Dann biegen wir in den Shoushuihe Hutong ein. An einer der Hauswände findet sich sowas wie eine Ahnentafel des Viertels (?). Rechts im Bild der Autor Lu Xun, in der Mitte Zeng Guofan, zweiter von links Li Dazhao.

Schräg gegenüber könnte man sich nett hinsetzen. In diesem Hutong gibt es auch ein Papercut Museum, das an Wochenende geöffnet sein soll. Um es zu finden, muss man aber sehr suchen (mit anderen Worten, wir waren uns nicht sicher, ob es sich um ein normales Wohnhaus oder das Museum handelt).

Wir lassen uns ein bisschen kreuz und quer durch die Hutongs treiben.

Cathedral of the Saviour

Schließlich erblicken wir diese Bruchbude, die sich als unser nächstes Ziel entpuppt: die anglikanische Cathedral of the Saviour.

Ein Wächter passt auf, dass wir uns der Baustelle (die nicht danach aussieht, als würde hier aktuell gearbeitet werden) nicht zu sehr nähern, lässt uns aber auf den Hof, damit wir uns die Front ansehen können. Architektonisch bemerkenswert ist der Mix aus chinesischen und westlichen Baustilen. Wir versuchen später von der Rückseite eine bessere Sicht auf das achteckige chinesische Kirchtürmchen zu bekommen, aber irgendwas verdeckt immer den Blick.

Die Kirche gilt seit 2003 als Cultural Relic Protection Site und auch eine Buchhandlung soll sich darin befinden. Sieht derzeit nicht so aus.

Weiter durch die Hutongs

Was genau der historische Gebäudeteil im Bild unten ist bzw. war, haben wir nicht herausgefunden. In dieser Ecke zwischen Xuanwumen und Tonglinge Road sitzt auch (ein Teil) der Xinhua News Agency.

Auch typisch für Peking. ganze Familien auf einem Scooter.

Auch wenn man sich in den Hutongs leicht verfransen kann – das Super 8 Hotel lässt sich sicher leicht wiederfinden. (Ob es darüberhinaus empfehlenswert ist? Keine Ahnung.)

Naoshikou Street

Wir biegen auf die Naoshikou Street ein – eine breite mehrspurige Hauptstraße. Und doch gibt es hier diesen lauschigen Platz – inklusive Huhn.

Wir wollen zur Residenz von Li Dazhao, stehen aber vor einem verschlossenen Tor. Ich spreche den Wächter an, der uns erklärt, dass der Eingang auf der anderen Seite ist – und dass erst um 14 Uhr geöffnet wird.  Trifft sich gut, wir machen – eine für chinesische Verhältnisse späte – Mittagspause und bekommen in einem der zahlreichen Restaurants in der Naoshikou Street hervorragende Nudeln und Gurkensalat.

Gestärkt und runtergekühlt (Klimaanlage lief  im Turbomodus) machen wir uns wieder auf in die Hitze, gespannt, ob wir die Residenz nun finden werden.

Die Residenz von Li Dazhao

Wir biegen in den außergewöhnlich gepflegten, hübschen Wenhua Hutong ein, in dem die Residenz von Li Dazhao liegt.

Li Dazhao (1889-1927) ist außerhalb Chinas nahezu unbekannt, aber von großer Bedeutung für die Chinesen. Er gilt als Chinas erster Kommunist. Zusammen mit Chen Duxiu gilt er als Mitbegründer der Kommunistischen Partei Chinas. Auch hatte er großen Einfluss auf Mao.

Zum Weiterlesen: Wikipedia und hier.

Die Residenz ist täglich außer montags von 9-12 und von 14-16:30 geöffnet, der Eintritt ist frei. Wichtig: Pass mitnehmen!

Schon von weitem sehen wir eine Gruppe von etwa 30 Leuten in weißen Hemden und dunklen Hosen bzw. Röcken. Alle mit Parteiabzeichen am Hemd. Pünktlich um 14 Uhr geht das Tor auf. Alle zeigen ihre ID-Karte, wir gucken uns an: beide keinen Pass dabei. Wie so Peking-Anfänger. Ich bin schon dabei zu sagen, dass wir dann halt ein anderes Mal wiederkommen, aber inzwischen sind zwei Uniformierte, die Ticketverkäuferin und eine Besucherin dabei, uns zu helfen.

Zum Glück haben wir Fotos unserer Pässe auf den Handys, dazu ein Blick in meinen chinesischen Führerschein und diktierter Handynummer: Problem gelöst, wir dürfen eintreten.

Auf einmal hören wir, wie im Chor gesprochen wird. Wir eilen um die Ecke und sehen, wie hier wohl ein Eid abgelegt wird (oder etwas Ähnliches).

Im Anschluss wird noch gesungen und natürlich Fotos gemacht – und die Residenz wird auch besichtigt.

Die Ausstellung ist ausschließlich chinesisch beschriftet, aber mit Übersetzungsapps kommt man gut zu Recht. Für einen Besuch sollte man eine halbe Stunde einplanen, wenn man wirklich alles liest/übersetzt vielleicht ein bisschen länger.

Durch die Hutongs zum Sanwei Bookstore

In Peking schneit es ja dauernd, wenn auch nicht unbedingt Schnee. Im Frühling ist es der white cotton fluff (Weidenblüten), jetzt ist der „Schnee“ eher gelb. Wie ich gerade erst gelernt habe, handelt es sich dabei um die Blüten des „Honigbaums“ (= Japanischer Schnurbaum), der bei Pekingern auch als Nationalbaum gilt. Die Blüten sind essbar und finden in der TCM Verwendung. Und sie kleben mächtig…

Wir erreichen unser letztes Ziel für heute, den Sanwei Bookstore. 1988 gegründet, handelt es sich um die älteste private Buchhandlung in Peking. Eigentlich soll der Laden täglich ab 12 Uhr geöffnet sein, aber die Tür ist verschlossen, die Rolläden sind heruntergezogen. Durch eine Ritze sehe ich, wie ein Mann innen das Licht anschaltet, erhasche einen Blick auf symmetrisch angeordnete Buchregale, aber das Geschäft bleibt zu.

Hinter der Buchhandlung ist eine kleine Grünfläche mit einer Taschenuhr und einem Buch. Am 28.7.1937 war der Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke, der Auslöser für den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg.

Den Text des Buches habe ich noch nicht ganz entziffert, es hat mit General Hao Mengling zu tun, der nach dem Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke seinen vorzeitigen Ruhestand beendete – und unter anderem deshalb getötet wurde, weil er dem Drängen seiner Untergebenen, seine verräterische Generalsuniform gegen eine einfache Uniform tauschen, nicht nach gab.

Bus und Bahn mit zwei Klimazonen ;)

Inzwischen sind wir beide kaputt. Es ist wirklich furchtbar heiß. Meine Freundin geht zur Metro in die eine Richtung, ich zum Bus in die andere, denn ich möchte mit dem Bus Nr. 1 die Chang’an entlang und am Tiananmen und Verbotener Stadt vorbeifahren, da sieht man mehr, hier z.B. den Tiananmen mit dem Mao-Mausoleum.

Allerdings wird der Bus schnell so voll, dass ich es dann doch vorziehe, bei der nächsten Gelegenheit (Jianguomen) in die Metro umzusteigen. Die ist klimatisiert – und sogar unterschiedlich: in der Mitte gemäßigt, vorne und hinten ist es eisig, also lieber in die Mitte. Beim Umsteigen in Guomao muss ich rennen, da lande ich hinten: ja, das ist echt zu kalt. Sehr coole Neuerung (vor einiger Zeit gab es nur eisig, inzwischen sind es immer mehr (alle?) Linien).

Fotos

Psst, Geheimtipp!

Geheimtipp? So wirklich geheim kann in einer Stadt wie Peking in Wahrheit ja nichts sein, aber letzte Woche habe ich zusammen mit einer Freundin einen Park entdeckt, der in den meisten Reiseführern nicht auftaucht.

Der Liuyin-Park

Nordwestlich vom größeren und bekannterem Ditan-Park (klar, der ist ja gleich gegenüber vom Lama-Tempel und damit näher dran an den gängigen Routen) liegt der Liuyin-Park. Vorher habe ich gelesen, es sei einer der malerischsten Parks in Peking, ich war gespannt.

Wir haben den Park am Osteingang betreten und stehen direkt auf einem kleinen Platz vor einer gepflegten Rasenfläche.

Blick zurück zum Eingang.

Nach wenigen Schritten sind wir schon am See, wo wir auch direkt die ersten Wasservögel sehen.

Es gibt echt viele Enten samt Küken – und Nachtreiher.

Es ist gegen 16 Uhr, es ist noch nicht viel los. Vereinzelt treffen wir auf Arbeiter.

Oder wir sehen ältere Leute, die im Schatten sitzen. Hier am Wasser, im Schatten ist es um einiges angenehmer als draußen an der Straße, wo die Sonne von oben und die Hitze vom Asphalt knallt.

Zum Alten Sommerpalast habe ich es immer noch nicht geschafft (nicht nur, dass ich den eh noch nicht in Gänze erkundet hab, zur Lotosblüte soll’s halt auch besonders nett sein). Aber Lotos gibt es auch hier in Hülle und Fülle.

In vielen anderen Parks sind die Wege breit, quasi Fußgängerautobahnen. Ist ja auch verständlich, irgendwo müssen die Besucherscharen im Himmelstempel-Park ja hin. Hier hingegen gibt es außer dem Hauptweg (einmal außen um den See herum, ist für Anwohner auch eine beliebte Laufstrecke) viele schmale Pfade – und die haben wirklich ihren Reiz.

Diese Dame hat ganz für sich allein eine Teezeremonie abgehalten und ganz viel Ruhe ausgestrahlt.

Bei dem Blick kann man aber auch einfach so zur Ruhe kommen. Wenn man genau hinschaut, sieht man auf der Insel im See ein Café „Swannseen“ und das schauen wir uns dann auch an und machen dort ein Kaffeepäuschen. Oh ja, hier kann man wieder hingehen. :)

Schließlich gehen wir weiter durch den Park. Dieser ist in vier Abschnitte, jeweils passend zu den Jahreszeiten, gegliedert. Aktuell ist es vor allem schön grün. Rund um den See stehen vor allem Weiden, über 30 verschiedene Arten sollen es sein. Die Weiden sind auch namensgebend: Liuyin Park (柳荫公园) bedeutet Weidenschatten Park.

Früher muss hier deutlich mehr losgewesen sein, Bootshaus samt Bootsvermietung sind stillgelegt, dieser Kinderspielbereich ebenso.

Keine Ahnung, ob es „nur“ wegen der Pandemie geschlossen ist. Teils sind Gebäudeteile so überwachsen, dass ich vermute, dass das schon länger zu ist.

Der Weg windet sich um den See, immer wieder gibt es neue, nette Ansichten.

Es gibt einen kleinen Obsthain. Das hier könnte Weißdorn sein.

Elstern gibt es auch.

So langsam wird es voller. Es wird gesungen, Mahjong gespielt, es gibt ein großes Badminton-Feld. Als wir kurz vor 7 den Park verlassen, kommen uns viele Frauen entgegen – vermutlich wird ab 19 Uhr getanzt.

Leider kein Bootsverleih mehr, nur noch für Enten.

Und wieder ein Reiher.

Es ist jedenfalls ein entzückender kleiner Park, schade, dass er nicht direkt um meine Ecke liegt. Aber wenn man etwas Zeit hat oder sich auch eine Weile im Café „Swannseen“ aufhalten mag, dann lohnt sich der Weg.

Info Liuyin-Park

Adresse (Osteingang): Qingnianhu North Street (gleich hinter der Tankstelle)

Öffnungszeiten: 6-21 Uhr (im Winterhalbjahr bis 20:30)

Eintritt frei

Die Liebe in den Zeiten der Corona-Seuche

Ich bin jetzt Schwiegermutter…

…und das nicht mehr „quasi“ oder umständlich umschrieben: Unser Mittlerer hat geheiratet.

Meine schlechte Laune und Niedergeschlagenheit wurde immer schlimmer, je näher die Hochzeit rückte.  Bis vor ein paar Wochen hatte ich noch auf irgendein Wunder gehofft, das aber nicht eingetreten ist. Vom Verstand her war die Entscheidung völlig klar und richtig: Die Hochzeit eines Kindes ist zwar ein Ereignis im Leben, dass man auf gar keinen Fall verpassen möchte. Aber wenn man Verantwortung für zwei minderjährige Kinder trägt, deren Abi gefährdet wäre, wenn China einen nach einer Covid-Infektion (die in Deutschland derzeit ja kaum zu vermeiden ist) nicht wieder einreisen lässt, dann geht das vor. Ich kann diese Entscheidung richtig finden und trotzdem traurig deswegen sein,  und bis zur Hochzeit habe ich heftig damit gehadert.

Letzte Woche war es nun soweit. Per Skype waren wir am Freitag mit dabei im Standesamt und am Samstag bei der großen Feier – wovon wir wegen der Zeitverschiebung einiges verpasst haben. Das Wichtigste wurde uns aber per Video nachgereicht. Auch an dieser Stelle noch mal ein herzliches Danke an meine Schwester, die das übernommen hatte.

Die Trauung war wundervoll und romantisch, und wir haben uns trotz der großen Entfernung ganz nah gefühlt. Und wir haben es hier auch ordentlich krachen lassen und das Brautpaar gefeiert.

Am Sonntag nach der Hochzeit ging es mir besser. Das Hadern hatte endlich ein Ende. Rückblickend ist es nun mal nicht mehr zu ändern, das macht es für mich einfacher, jetzt wieder im Hier und Jetzt zu sein und nach vorne zu gucken.

Was dann aber nicht nötig gewesen wäre, um im Nachhinein zu bestätigen, dass die Entscheidung, nicht zu kommen, richtig war: am Dienstag nach der Hochzeit gab es eine Handvoll positiver Coronatests – obwohl alle Gäste vorab negativ getestet hatten. Zum Glück sind inzwischen alle auf dem Weg der Besserung. Das ist jetzt wirklich ein bisschen bekloppt, aber spätestens jetzt habe ich meinen Frieden damit gemacht, dass wir in Peking geblieben sind.

Meine Schwiegertochter und mein Sohn müssen aber damit rechnen, dass ich sie sehr, sehr lange drücken und knutschen und knuddeln werde, wenn wir uns endlich richtig wiedersehen. Die anderen Kinder samt Anhang aber auch.

Spaziergang in Xicheng

Mit einer Freundin habe ich mich am Shichahai zum Spazierengehen verabredet. Statt meiner üblichen Runde sind wir vom See weg weiter in Richtung Westen gelaufen – an etlichen historischen Punkten vorbei.

Und natürlich auch ganz normales Pekinger Hutongleben.

In diesem Fenster spiegelt sich der See. Ich finde das cool.

Es grünt und blüht

Der Lotus blüht. Notiz an mich: auf zum Alten Sommerpalast.

Wir umrunden die Residenz von Prinz Gong, die derzeit noch geschlossen ist. Ab Montag soll „alles“ wieder öffnen, aber Achtung: die meisten Museen und Sehenswürdigkeiten haben montags geschlossen.

Am Nordende der Residenz befindet sich die Chinesisch-katholische patriotische Vereinigung, hier können wir aber nur durchs Tor gucken: kein Zutritt.

Ab und zu muss ich schauen und knipsen, was hier so blüht – und das dann später nachschlagen (oder vielleicht sollte ich mir doch mal eine Bestimmungsapp aufs Handy laden?). Jedenfalls handelt es sich bei diesem hübsch blühenden Gewächs um die Chinesische Lagerströmie oder auch Kreppmyrte.

In diesem Viertel finden sich zahlreiche kleine und größere Residenzen, derzeit alle geschlossen, manche sind wohl auch grundsätzlich nicht zugänglich.  Und dazwischen immer wieder ganz normales, sommerliches Hutong-Leben.

Grundsätzlich finde ich es richtig, Corona nicht einfach durchrauschen zu lassen. Aber manches ist dann einfach auch nur absurd, wie hier das lustlose herumsprühen von Desinfektionsmittel. Draußen. Auf den Boden. Warum? Okay, jetzt sehe ich gerade, dass das ein Gullideckel ist. Das Gerücht, dass Covid auch über Abwässer übertragbar ist, hat hier tatsächlich die Runde gemacht.

Es ist Mittagszeit, die Sonne knallt, Zeit für eine kleine Pause in der Huguosi Street. In diesem Restaurant gibt es großartige „crispy eggplants“, das Kungpao Chicken wird mit Litschi gepimpt – auch lecker. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren, es ist eiskalt, zum Glück hab ich daran gedacht, ein Tuch einzupacken, in das ich mich einwickeln kann.

Die Pause hat gut getan. Und so langsam müssen wir auch umdrehen, denn wir sind zum Zoomen mit Freundinnen verabredet, dazu wollten wir uns ins Café Zarah setzen.

In der Huguosi Street gibt es jede Menge Restaurants und Geschäfte – und das „Mei Langfang Memorial“, das allerdings gerade geschlossen ist. Mei Langfang (1894-1961) war einer der großen Stars der Peking-Oper, berühmt für seine Verkörperung von Frauenrollen. Ich kann mit Peking-Oper eigentlich nicht so viel anfangen, aber jetzt bin ich froh, dass meine Freundin mich darauf aufmerksam gemacht hat. Das Memorial werde ich mir doch ansehen, wenn es wieder geöffnet ist, denn der Wikipedia-Eintrag macht mich neugierig: „In July 1937, the Marco Polo Bridge Incident occurred, and the Imperial Japanese Army soon occupied Beijing. The commander of the Japanese Army ordered Mei to perform for them and appointed Mei to a high rank official position. But Mei refused to sing throughout the duration of the war and endured an impoverished lifestyle until the war ended in 1945.“

Es gibt aber auch sonst soviel zu entdecken und dazu natürlich das Hutong-Leben und der Hutong-Verkehr.

Ein Stückchen weiter, in der Dingfu Street, müssen wir uns mit der Health App registrieren. Kurz hinter dem Kontrollpunkt findet sich dieses Stilleben:

Auch hier gibt es zahlreiche historische Stätten, an denen man einfach so vorbeigeht, wie zum Beispiel die frühere Fu Jen Catholic University (die seit 1961 ihren Sitz in New Taipeh City hat).

Zu den Pekinger Hutongs gehören auf jeden Fall die Tauben samt Taubenschlägen.

Schließlich sind wir zurück am See – und hier hat es gekracht. Der LKW hat wohl den kompletten Vorbau und ein Teil des Dachs von der Bar direkt an der Yinding Brücke mitgenommen. Die Aufregung hier war echt groß.

Blick von der Brücke in Richtung Berge (im Norden).

Und Blick zurück auf die Unfallstelle. Zum Glück nur Sachschaden.

Auch wenn wir schon spät dran sind für unsere Zoom-Verabredung, durch die Tobacco Pouch Street müssen wir unbedingt gehen.

Dann trennen sich unsere Wege kurz, ich geh zurück zum Feuergott-Tempel (derzeit geschlossen wegen Renovierung), wo ich meinen Scooter geparkt habe, meine Freundin schwingt sich direkt auf ein Leihfahrrad.

Zoomen im Café

Im Café angekommen starte ich als erstes das Zoom-Meeting, dann kann ich mich der Kaffee-Karte widmen. Ich starte mit Iced Coconut Mint Coffee – erfrischend, danach wechsle ich auf Vietnamesischen Eiskaffee. Da könnte ich mich reinlegen… Wir schwätzen zwei Runden (kostenlos ist ja immer auf 40 Minuten begrenzt) mit Freundinnen in Deutschland, beide erst kürzlich dorthin zurückgekehrt. Und das ist wirklich schön, dass es uns gelingt, den Kontakt auch so zu halten.

Dann sind wir aber wirklich platt, in der Mittagshitze so lange spazieren zu gehen, hat Spuren hinterlassen. Wir verabschieden uns, ich schwinge mich auf den Scooter und tucker nach Hause.

Auch auf dem Rückweg gibt es echt viel zusehen, sei es das kleine gelbe Transformer eCar…

… oder „Papageno“, der hier am Straßenrand eine Pause macht – oder auf Kunden und/oder Bekannte wartet? Alle paar Tage fahre ich an ihm vorbei, inzwischen darf ich ihn auch mal fotografieren und wir wechseln ein paar Worte. Heute sieht er mich nicht, aber ich freu  mich trotzdem, ihn gesehen zu haben.

Zuhause angekommen bin ich dann aber nur noch erledigt. Ich schütte Wasser in mich hinein, versorge den schmalen Streifen auf meiner Schulter, der zu wenig Sonnencreme abbekommen hatte, dann döse ich eine Runde auf dem Sofa, chatte kurz mit dem frisch gebackenem Ehemann und geh anschließend ins Bett.

Stadtmauer und Sommerferien

Zum Glück entspannt sich die Lage hier weiterhin. Zwei Tage in Folge keine lokale Neuinfektion. Auch für Reisende wird es etwas leichter, die Quarantäne bei der Einreise nach China wurde auf 7 Tage zentrale Hotelquarantäne plus 3 Tage Quarantäne zu Hause. Im Hinterkopf bleibt zwar weiterhin, dass beim Auftreten neuer Fälle auch schnell wieder alles geändert werden kann, aber trotzdem ist es ein gutes, hoffnungsvolles Zeichen.

Sommerferien

Die Jungs haben die Schule nicht mehr von innen gesehen, bevor letzten Freitag die Ferien begonnen haben, so richtig enttäuscht darüber waren sie nicht. So lange Ferien (9 Wochen!) mit ganz viel unverplanter Zeit finden sie aber richtig toll.

Mir macht das Herumstromern durch die Stadt wieder mehr Spaß. Meistens fahr ich einfach drauf los, lasse mich treiben und die grobe Richtung von Ampelschaltungen und Verkehrsfluss bestimmen, bevor ich dann irgendwo absteige und spazieren gehe. Aber da die Lage sich ja jetzt entspannt hat, kann ich auch wieder Pläne für weiter entfernte Ziele machen. Gestern bin ich nach längerer Zeit mal wieder in Richtung Stadtmauer unterwegs gewesen. Unten im Park wird gebaut, komplett abgesperrt war aber nur der Bereich unterhalb des Foxtowers.

Tickets: digital und auf Papier

Jedenfalls will ich eigentlich nur gucken, ob Mauer und Foxtower geöffnet sind, bekomme dann aber von einer sehr freundlichen Mitarbeiterin direkt den QR-Code für’s Ticket unter die Nase gehalten. Ja, warum eigentlich nicht? Nachdem ich digital das Ticket gekauft und bezahlt habe, gehe ich drei Schritte weiter zum Tickethäuschen, zeige das e-Ticket vor und bekomme ein Papierticket, das vom Wachmann am Eingang abgerissen wird. Digitalisierung made in China. ;)

Trainspotting und Gegensätze

Ich habe die Stadtmauer (fast) für mich allein. Ein Großelternpaar mit zwei Teenagern ist da. Die Großeltern sitzen auf einer Bank vor dem Foxtower, die Jungs halten Ausschau nach Zügen. Es ist ja wirklich ein toller Platz fürs Trainspotting: von oben auf der alten Stadtmauer mit Blick auf den Pekinger Bahnhof oder in die andere Richtung mit Blick auf den CBD.

Ich nehme mir Zeit und schaue selber eine Weile nach Zügen. Gehe kurz in den Foxtower, in dem unten aktuell Zeichnungen ausgestellt sind, die die Entwicklung der Bahnstrecke bzw. des Verkehrs unmittelbar vor dem Foxtower dokumentieren. Schlendere ein paar Mal auf und ab, schaue über die Überreste der Mauer in Richtung Qianmen/Zhengyangmen und in umgekehrter Richtung auf die Türme des modernen Pekings. Gegensätze in einem Bild festzuhalten, macht mir immer wieder Freude.

Irgendwann kommt ein Wachmann auf mich zu: in zehn Minuten, um 17 Uhr wird geschlossen. Okay, ich mache noch mal ein Bild und habe die Mauer dann tatsächlich ganz für mich –  bis auf den Wachmann, der die großen roten Tore des Foxtowers verschließt. Ich genieße den Moment und beeile mich dann doch, die Treppe herunterzusteigen, nicht, dass ich die Nacht hier verbringen muss.

Fotos

 

Mehr über die Stadtmauer

Pekings Stadtmauer

Spaziergang im Stadtmauerpark

 

 

Pflaumenregen

Die Regenzeit hat begonnen. Die poetische Bezeichnung „Pflaumenregen“ (梅雨méiyu) hängt mit der Reifezeit der Pflaumen zusammen. Genauso ausgesprochen wird 霉雨, was Schimmelregen bedeutet – und mindestens genauso treffend für diese Phase ist (wobei ich mich in unserer Wohnung nicht darüber beklagen kann).

Die Luftfeuchtigkeit liegt jenseits von gut und böse, es sieht ständig nach Regen aus, der manchmal runterkommt und manchmal nicht. Ich bin nicht aus Zucker und für meine Kamera hab ich sicherheitshalber eine Neoprentasche im Rucksack, also lass ich mich vom Wetter nicht ausbremsen. Nur vor Gewitter und Starkregen habe ich großen Respekt, aber beides wird recht zuverlässig vorhergesagt. Immerhin ist der Regen warm, Tageshöchsttemperatur liegt derzeit meist über 30 Grad.

Als Sonnen- oder Regenschutz: Schirm geht gerade immer. Von diesem Standpunkt noch ca. 30 Minuten Wartezeit.

Ein Schritt vor, einer zurück…

Was mich ausgebremst hat, ist der Rückschlag in Sachen Pandemie. Vor zehn Tagen sah es so aus, als ginge es aufwärts, aber es kam anders. Nun weiß ganz Peking, dass es in Sanlitun die Heaven Supermarkt Bar gibt – kein Supermarkt, sondern eine sehr günstige, stark frequentierte Selbstbedienungsbar. Oder vielmehr gab, die Lizenz ist nun weg, Tausende sind von dem Ausbruch dort direkt betroffen, weil sie als Kontaktpersonen in Quarantäne mussten (und ihre Compounds gleich mit), über 300 Infektionen lassen sich darauf zurückführen. Und die 5 Millionen Einwohner Chaoyangs, darunter wir vier, mussten (und müssen) sich wieder täglichen Tests unterziehen.

Erst wurde die Öffnung der Schulen für weitere Jahrgänge zurückgenommen, dann hieß es auch für die Abschlussjahrgänge: zurück in den Distanzunterricht. Es ist ja nicht so, dass in der letzten Schulwoche (nächsten Freitag beginnen die Sommerferien) noch besonders viel gelernt würde, aber sich noch ein letztes Mal in dieser Zusammensetzung live, in echt und in Farbe zu sehen – das hätte ich den Kids sehr gegönnt.

Testen, testen, testen

Als es ab Ende April die ersten verpflichtenden Massentests gab, war das wirklich gut organisiert, selbst bei größtem Andrang hatten wir nie mehr als 20 Minuten Wartezeit. Die Lage entspannte sich, die Teststation wurde abgebaut. Tests waren erst „nur noch“ jeden zweiten Tag nötig, später jeden dritten. Aber dann kam der neue Ausbruch mit neuen Testpflichten, aber ohne „unsere“ alte Teststation.

Ich selbst kann mir meine Zeit ja frei einteilen, die Jungs sind aber von ihrem Stundenplan abhängig und wünschen manchmal Begleitung. Und dann komme auch ich in den Genuss von langen Wartezeiten. Negativrekord waren eineinhalb Stunden. Da ist dann auch die Stimmung merklich gekippt, vor allem mit der Aussicht darauf, dass man sich den „Spaß“ täglich wieder gönnen muss. Daraufhin wurde die Station am Tag darauf sicherheitshalber gar nicht geöffnet, und wir mussten zu einer anderen ausweichen.

Symbolbild: Warst du heute schon beim Test? – Das Klo steht kurz vor der Überquerung des 4. Ringes an der Shuguang West Road, falls jemand probesitzen möchte ;)

Nun ist diese Station wieder geöffnet. Unmittelbar vor und nach Ende der Mittagspause hat sich als günstiger Termin herausgestellt, dann sind es rund 20 Minuten Wartezeit. Die Mittagspause wurde zentral verordnet, damit es nicht auch noch eine Hitzschlags-Epidemie gibt (wobei es eigentlich oft erst gegen 15 Uhr und später am heißesten ist).

Wieder mehr Streetfood

Vor ein paar Jahren wurden die Streetfood-Tuktuks weitestgehend aus der Stadt verbannt. Wo zum Beispiel früher an der Ecke Liangmaqio Road/Dongfangdong Road die Streetfood-Wagen den Weg pflasterten, sind da nun nur noch unzählige Leihräder und Scooter geparkt. Aufgrund der Schließungen/Beschränkungen, die für Restaurants galten und gelten, erobert Streetfood jetzt die Stadt zurück, und das bleibt hoffentlich auch so, wenn Indoor-Dining wieder problemlos möglich ist.

Oder es gibt andere kreative Lösungen, wenn Häuser nicht von Lieferanten betreten werden dürfen, so wie hier, wo das Essen einfach am Seil aus dem Fenster heruntergelassen wird. Karte mit WeChat-QR-Code zum Bezahlen liegt dabei.

 

Mit dem Schrecken davongekommen…

Auf dem Rückweg von einem Abschiedsfrühstück habe ich neulich Pech gehabt. Ein großes Tuktuk, voll beladen mit Ramsch, hat mich auf der Bikelane erst überholt und ist dann einer entgegenkommenden Radfahrerin ausgewichen, hatte also innerhalb von Sekunden vergessen, dass er an mir vorbeigefahren ist. Wegen der parkenden Autos daneben konnte ich nicht weit genug ausweichen, es gab einen hässlichen Ruck samt hässlichem Geräusch, es klöterte und mein armer Scooter hat nun einen Spiegel (samt Handyhalterung) weniger. Auch das hat der gute Mann nicht mitbekommen (wollen?) und ist weitergefahren. Ich habe den Spiegel aufgelesen, bin nach Hause gefahren – und hab da erst mal einen Moment gezittert. Das war ein bisschen eng für meinen Geschmack. Aber dann hab ich durchgeatmet, ich hab ja nicht mal einen Kratzer abbekommen. Ich bin auch direkt wieder mit dem Scooter losgetuckert. Das Loch, wo die Spiegelhalterung herausgerissen wurde, habe ich fachgerecht chinesisch mit Klebeband verarztet.

Klimaanlagen-Stories, die 313. Folge

Vorgestern meldete sich morgens der Vermieter, ob später die Klimaanlage repariert werden könnte. Na klar, prima.

Vielleicht wäre das Provisorium (aus dem Fenster hängender Gummischlauch) auf Dauer die bessere Lösung gewesen? Die Wand zwischen Rumpelkammer und Küche hat nun ein weiteres Loch, durch das ein Plastikrohr verlegt wurde, dass sehr abenteuerlich mit den Abflussrohren von Spül- und Waschmaschine verbunden wurde. Ich soll gut aufpassen, wenn ich das erste Mal Wäsche wasche!

Ich habe mich noch nicht getraut, dies Abenteuer werde ich erst am Wochenende wagen…

Geht es aufwärts?

Gut einen Monat hatte die Pandemie Peking fest im Griff, aber nun scheint es endlich aufwärts zu gehen. So langsam findet die Stadt in die „Pandemie-Normalität“ zurück.

Trotz Massentests werden nur noch wenige Fälle gefunden, die sich alle auf bereits bekannte Infektionskettenzurückführen lassen. Die Maßnahmen werden nach und nach aufgehoben: Restaurants, Parks, Sehenswürdigkeiten, Geschäfte öffnen wieder, wenn auch mit eingeschränkter Kapazität. Home Office ist für die meisten vorbei, Compounds dürfen wieder von Außenstehenden betreten werden. Und die Schulen öffnen wieder: K4 ist seit gestern zurück in der Schule, K5 darf nächste Woche. Die Abstände zwischen den Tests wurden von zwei auf drei Tage ausgedehnt. Zur Erinnerung: ohne negativen Test kein Zutritt zu allem, was hinter einer Tür/einem Tor liegt. Und das ist hier fast alles.

Kein Test, kein (Outdoor-)Leben

Blöd nur, dass mein Testergebnis von gestern den Weg auf mein Handy nicht gefunden hat. In der Safe-and-Sane-Gruppe (siehe weiter unten) wurde nur einmal nach diesem Problem gefragt, scheint also kein Bug in der Software, sondern eher ein Tippfehler zu sein (die Daten von Ausländer*innen werden beim Test händisch eingetippt, nur die chinesische ID-Card kann gescannt werden). Da ich morgen Vormittag verabredet bin, musste ich heute also schon wieder zum Test (statt eigentlich erst am Donnerstag).

Meine bevorzugte Teststelle war gestern geschlossen, sah schon halb abgebaut aus, also bin ich zur nächstgelegenen gegangen. Die vermeide ich eigentlich, weil es dort immer ewig dauert. Wenn das Abtippen deutscher Namen für Chines*innen schwierig ist, kein Ding, denn mir fällt es ja auch schwer, Chinesisch zu schreiben. Aber wenn jemand, der sich offensichtlich richtig schwer damit tut, mich nach freundlicher Bitte nicht mal einen Blick darauf werfen lässt, ob die Daten korrekt erfasst sind, dann finde ich das blöd, zumal das an anderen Teststellen durchaus grundsätzlich üblich ist. Es hängt halt der ganze Alltag an dem aktuellen Testergebnis, und nachdem das gestern schon nicht geklappt hat, war ich zunächst ein bisschen gnatzig, was zu leichter Verunsicherung abebbte und jetzt bei „ach, ist auch egal“ angekommen ist. Wird schon hinhauen.

Safe and Sane?

„Safe and sane“ – das ist nicht nur ein guter Wunsch, sondern der Name von WeChat-Gruppen, die von Mike Wester ins Leben gerufen wurden. Mike Wester ist der Gründer und Geschäftsführer u.a. des „Beijingers“, dem englischsprachigen Stadtmagazin nicht nur für Ausländer*innen, lebt seit über 25 Jahren in China und ist sicherlich einer der Laowais, die die Stadt am besten kennen. In den „Safe and Sane“-Gruppen informiert er die englisch sprechende Community über die Pandemiesituation in Peking: nur Fakten, keine Gerüchte, keine Spekulationen.

Das ist – wenn man nicht oder nur mit Hilfe von mehr oder weniger präzisen Übersetzungsapps Chinesisch lesen kann – unglaublich wertvoll für uns geworden. Die erste WeChat-Gruppe war rasch voll (Obergrenze von 500 Mitgliedern), inzwischen gibt es 17 (!) dieser Gruppen. Mike fasst die wesentlichen Informationen der Pressekonferenzen der städtischen Gesundheitskommission zusammen, die zweimal am Tag – jeden Tag – stattfinden. Außerdem gibt es Hilfestellung beim Finden von Testcentern, Problemen mit der App und Ähnlichem. Habe ich schon erwähnt, wie hilfreich das ist?

Goodbye-Season

Dass viele Deutsche zum Schuljahresende Peking verlassen werden, war „schon immer“ so. Dass es dieses Jahr mehr als sonst sein werden, war lange absehbar. Jetzt kommt alle paar Tage aber noch jemand dazu, der seine Pläne ändert und Peking vorzeitig den Rücken kehren wird. So sehr ich die eine oder andere vermissen werde, so gut kann ich das nachvollziehen. Die Pandemie ist ja nicht vorbei, es kann niemand seriös einschätzen, wann das Damokles-Schwert möglicher (Teil-)Lockdowns endgültig verschwinden wird.  Wann wirklich wieder Normalität einkehren wird, darüber kann man nur spekulieren. Der – endlich aufgehobene – Lockdown in Shanghai und die starken Einschränkungen in den letzten Wochen hier in Peking haben bei manchen sicher zur Entscheidung gegen Peking beigetragen.

Einer der Punkte, die das Leben in Peking für viele interessant gemacht haben, war das Reisen von hier aus. Ganz Asien vor der Haustür, der Weg nach Australien und Neuseeland nur noch halb so weit wie von Deutschland aus… Aber solange China bei den pandemiebedingten Einreisebeschränkungen bleibt, fällt das hinten runter.

Obendrein war es leichter, sich für China zu entscheiden, als man noch innerhalb von Stunden im Flieger nach Deutschland sitzen konnte, aber aktuell sind Flüge rar und extrem teuer (mal abgesehen von der Rückkehr-Problematik). Aktuell fühlt sich Deutschland deshalb viel weiter weg an, als es noch vor der Pandemie war. Also absolut nachvollziehbar, wenn man jetzt ausreist – oder gar nicht erst einreist.

Wieder mehr unterwegs

Jetzt, wo sich die Fallzahlen wieder der Null annähern, mag ich auch wieder mehr unterwegs sein (wenn nicht gerade die HealthApp nervt). Es war keinesfalls verboten, aber vorher hatte ich immer etwas Bammel im Hinterkopf, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein – und mit Pech als Kontaktperson identifiziert zu werden (da reichte es schon, mit mehreren Stunden Abstand im gleichen Supermarkt gewesen zu sein!). Und das hätte entsprechende Auswirkungen nicht nur auf die Familie, sondern die ganze Nachbarschaft. Das kann theoretisch zwar immer noch passieren, aber bei nur einer Handvoll bekannter aktiver Fälle auf 22 Millionen Einwohner, ist das dann doch eher unwahrscheinlich.

Das Farbfoto zeigt eine Pekinger Straßenszene an einem Zebrastreifen: ein Scooter, auf dem eine dreiköpfige Familie sitzt, ein Tuktuk, in dem ein betagtes Ehepaar fährt. Im Hintergrund Leihfahrräder und Fußgänger.

Endlich wieder mehr los draußen!

Gestern bin ich nicht eine meiner üblichen Strecken gefahren, um dann ein bisschen rumzulaufen, sondern habe mal eine andere Richtung eingeschlagen. Nur ganz normale Wohn-/Geschäftsviertel, keine Sehenswürdigkeiten. Und genau das war richtig gut, denn weil zum ersten Mal in dieser Ecke habe ich genauer hingeguckt und das Andere, Exotischere, Chinesische viel bewusster wahrgenommen, als wenn ich zum 548. Mal zum Shichahai getuckert wäre, um dort spazieren zu gehen. Das ist halt auch vertraut, Peking ist ja nun schon sieben Jahre mein Zuhause. Zum Shichahai werde ich sicher weiterhin häufig fahren, ist halt wirklich schön dort; aber ich will jetzt ganz bewusst den Blick für das Andere wieder schärfen.

Peking im Mai

Der Mai ist schon zu zwei Dritteln vorbei? Die Zeit scheint hier gleichzeitig stillzustehen und vorbeizurasen.

Vor Corona hatten wir fast immer im Mai Besuch hier. Durch die Erinnerungsfunktionen diverser Apps wird damit immer auch ein klein bisschen Salz in die Wunde gerieben, wenn Bilder wie dieses aufpoppen – und gleichzeitig denke ich gerne an wirklich schöne Zeiten mit vielen wunderbaren Ausflügen und tollen Restaurantbesuchen zurück. Wie hier zum Beispiel, im Yunnan-Hotpot-Restaurant „Shuhe Renjia“  in der Nähe der Nanluoguxiang.

Erinnerungen…

Kein Lockdown, aber…

Wir haben zwar keinen richtigen Lockdown, aber jeden Tag kommt irgendeine kleine Maßnahme hinzu, womit es sich hier täglich etwas „enger“ anfühlt. Immer mehr Parks werden geschlossen. Die Leute weichen auf die Kanäle aus (deren Ufer in den letzten Jahren zu hübschen kleinen Parks weiterentwickelt wurden). Nun gibt es dort auch Absperrungen und Verbotsschilder. Compounds dürfen nur noch einen Ein-/Ausgang benutzen.

Viele Metrostationen in „high/medium risk areas“ sind geschlossen, die U-Bahnen fahren dort durch. Ich persönlich verzichte derzeit eh lieber auf Bus und Bahn. Wo ich derzeit hin möchte oder muss, das kann ich zu Fuß oder per Scooter erreichen.

Die Straßen sind überwiegend frei, dafür gab es hier Stau unter der Yindingbrücke am Shichahai. Und auch drumherum war ein bisschen war los.

Durch die weitgehende Homeoffice-Pflicht sind die Straßen wie gesagt ziemlich leer, da kommen sogar mal die Rettungskräfte so schnell durch, wie man sich das an sich immer wünscht.

Das etwas andere Streetfood

Restaurants dürfen derzeit nur liefern und Essen zum Mitnehmen verkaufen. Deshalb sieht man überall in der Stadt jetzt Stände wie diesen hier.

Testen…

Und natürlich: der (beinah) tägliche Gang zum Test. Das sogenannte „Community-Testing“ scheint – erstmal – abgeschlossen zu sein, die für uns zuständige Teststation ist zwar geschlossen, wenn auch noch nicht komplett abgebaut. Jetzt müssen wir nicht mehr täglich zum Test, aber wenn man irgendwo hinein möchte, wo ein Gate ist, braucht man einen höchstens 48 Stunden alten Test.

Natürlich ist es lästig, die Zeit dafür immer einplanen zu müssen, und im Hinterkopf wabert schon ein bisschen Sorge, dass einer der anderen 9 Leute, deren Sabber im gleichen Röhrchen wie der eigene landet, infiziert sein könnte und die Maschinerie ihren Lauf nimmt… Aber unterm Strich ist es auch nicht so dramatisch. Die Tests sind tatsächlich gut organisiert, bei unserer Teststation lief es so ab: Erst mit der HealthApp per Scan registrieren, dann an einer der ordentlich aufgereihte Schlangen (je nach Andrang 1-4 Schlangen) mit langen Abständen zwischen den einzelnen Leuten anstellen. Es folgt ein erster Tisch, an dem  die Daten erfasst werden, ein paar Meter weiter steht ein zweiter Tisch, an dem der Abstrich gemacht wird. Für das Erfassen der Daten legen Chines:innen ihre ID-Karte in einen Plexiglashalter, die wird mit einem Smartphone gescannt, weiter zur nächsten Station und Abstrich, das dauert nur wenige Sekunden. Wir Ausländer:innen halten den Ablauf immer etwas auf, weil alle Daten händisch in besagtes Smartphone eingegeben werden müssen. Das wird einem dann noch kurz unter die Nase gehalten, um zu überprüfen, dass vor allem die Telefonnummer stimmt. Mein Name war auch schon mal falsch geschrieben: „macht nichts“, denn das Ergebnis wird anhand der Telefonnummer an die HealthApp übermittelt.

Teststation in der Gulou Dajie

Freie Straßen

Hatte ich erwähnt, dass auf den Straßen nur wenig los ist?

Zweiter Ring am Lama-Tempel

Aber die Shared Bikes sind gefragt wie immer und dieser vertraute Anblick bleibt.

Shared Bikes vor dem Wudaoying-Hutong

Um in den  Wudaoying-Hutong (eine der bekannteren Hutongs mit vielen Restaurants gleich gegenüber vom Lama-Tempel) zu kommen, müsste man sich per App registrieren, nicht aber in den anderen Hutongs in der Nähe.

Online-Schule

Die Schulen sind weiterhin geschlossen, und so langsam fürchte ich, dass das für den Rest des Schuljahres so bleibt. Das sind noch fünf Wochen, was sich je nach Stimmungslage mal wie eine Ewigkeit anfühlt, mal wie ein kurzer Moment. Dann folgen allerdings 9 Wochen Sommerferien, und das fühlt sich angesichts von Staycation sehr, sehr lange an.

Ich kann aber auch wirklich von Glück sagen, dass meine Jungs computeraffine Teenager sind. Dass andere Familien mit jüngeren Kindern so langsam auf dem Zahnfleisch gehen, kann ich nur zu gut verstehen.

Es ist wie es ist

Also kein Lockdown hier, aber viele Maßnahmen, die unseren Alltag schon sehr verändern. Es ist wie Leben mit angezogener Handbremse. Ich zähl die Tage, bis wir wieder Vollgas geben können…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Pandemie ist wieder da…

Fast zwei Jahre haben wir hier in Peking ein halbwegs normales Leben führen können (okay, einmal abgesehen von Reisebeschränkungen, Healthkit, Masken, Temperaturkontrollen). Doch jetzt meldet sich die Pandemie zurück in Peking, und bei vielen liegen hier die Nerven blank, dass es so dramatisch werden könnte wie in Shanghai: stadtweiter, wochenlanger Lockdown, mit Versorgungsproblemen, Barrikaden etc. Ich denke und hoffe, ein stadtweiter Lockdown wird hier vermieden werden, aber betroffene Compounds/Viertel wird es treffen.

Letztes Wochenende wurden erst 22 positive Fälle, dann 16 weitere gefunden. Unter dem Motto „better safe than sorry“ habe ich am Sonntag unsere bereits angelegten Vorräte noch mal aufgestockt und mehr Mehl, Reis, Nudeln, Getränke etc. und eine große Gemüsekiste bestellt und gehofft, dass es auch noch vor einem eventuellen Lockdown eintrifft.

Ganz Chaoyang muss zum Test

Am Sonntagabend kam dann die Aufforderung zum Test:  Ab 7 Uhr am Montag, Mittwoch und Freitag bitte mit Pass und Handy gegenüber vom Nordeingang testen lassen. Später stellte sich raus, dass das nicht nur für unseren Compound, sondern für den ganzen Chaoyang-Bezirk, also rund 3,5 Millionen Menschen gilt. Das hat es dann auch in die CNN-News geschafft.

Ich bin mit den Jungs gleich morgens vor der Schule zum Testen gegangen, da war die Schlange noch überschaubar und nach einer halben Stunde waren wir schon wieder zurück.

Die Jungs sind dann zur Schule gegangen, ich habe mich auf den Weg zum Einkaufen gemacht. Dabei bin ich überall an mehr oder weniger langen Test-Schlangen vorbeigekommen. Zum Beispiel hier am Towercrest-Plaza…

… oder hier vor dem Solana.

Nervosität und Anspannung

Zuerst fahre ich zum internationalen Supermarkt: Nutella und Tomatenkonserven stehen ganz oben auf meiner Liste. Das gibt es auch alles noch reichlich, nur die Regale mit „italienischen“ Nudeln sind schon recht leer geräumt, und auch beim verpackten Käse gibt es deutliche Lücken. Der Laden ist voller als sonst vormittags. Aber Panik? Nein, keine Panik. Das ist mit dem Wissen um die Zustände in Shanghai angemessene Vorsicht und Vorbereitung, die Stimmung ist eher nervös-angespannt. Eigentlich will ich als nächstes beim Jingkelong Halt machen, aber davor steht eine lange Schlange, also fahre ich erst einmal weiter zum deutschen Bäcker. Das „Schwäbische Holzofenbrot“ ist ausverkauft, aber alles andere gibt es noch, auch wenn die Regale eher wie sonst am Abend und nicht am Vormittag aussehen.

Als ich meine Einkäufe verstaut hatte, Blick aus dem Fenster: die Test-Schlange ist doch ein wenig länger geworden…

Nun mache ich mich auf den Weg zum Jingkelong und reihe mich in die Warteschlange ein.

Es geht aber recht zügig voran. Healthcode scannen, Temperatur messen, und ich darf rein. Drinnen ist es etwa so voll wie vor dem Neujahrsfest (wie in Deutschland zu Weihnachten). Es sind deutlich mehr Mitarbeiter:innen  als sonst da (und verglichen mit deutschen Supermärkten gibt es eh schon echt viel Personal in den Supermärkten), die Obst- und Gemüseregale werden permanent wieder aufgefüllt. Auch die Kühltheken sind komplett gefüllt. Nur im Obergeschoss sind die großen Flaschen mit heller Sojasauce ausverkauft, es gibt aber noch viele kleinere Flaschen (und es gibt hier keinen Preisvorteil bei größeren Packungen).

Weder Klopapier- noch Öl-Mangel

Doch: zwei Tage später am Mittwoch, als ich nach dem morgendlichen Test wieder zum Einkaufen unterwegs bin, sind 5,6 l Flaschen Sonnenblumenöl im Sonderangebot. Da greif ich doch auch direkt zu. ;) Das wird tatsächlich auch viel gekauft. Auch sieht man viel mehr Leute als sonst mit Klopapier. Die Schlange vor dem Supermarkt ist deutlich kürzer, innen ist es aber wieder relativ voll. Es gibt bis aufs Gewürzregal keine Lücken mehr, und dies wird gerade aufgefüllt. Auch die beliebte Sojasauce in den großen Flaschen ist wieder da. Es gibt weder Gerempel noch Gemecker, die Leute sind freundlich. Wie gesagt, das ist keine Panik, das ist Vorsicht.

Als ich zuhause schwer bepackt in den Fahrstuhl steige, schüttelt eine Nachbarin den Kopf: warum ich die schweren Sachen denn nicht online kaufen würde? Mache ich ja normalerweise auch, aber die Onlinehändler haben alle einen Disclaimer, dass Lieferungen sich verzögern könnten. Und tatsächlich sind meine Getränke nicht wie sonst am nächsten, sondern erst drei Tage später da.

Schule geht online, weitere Maßnahmen

Am Donnerstagmorgen schau ich aufs Handy: oh, alle Schulen in Chaoyang müssen online gehen? Es kursieren inoffizielle Nachrichten über unsere Deutsche Botschaftsschule: Schulschließung hier erst am Freitag. Um viertel vor 10 wird das dann per Mail auch offiziell bestätigt.

Im Laufe des Tages wird bekanntgegeben, dass „Vergnügungsstätten“ schließen müssen. Restaurants dürfen – mit Auflagen – geöffnet bleiben. Dazu muss man aber auch wissen, dass es hier zum Alltag gehört, auswärts zu essen, selbst zu kochen ist eher die Ausnahme.

Im Chaoyang-Bezirk dürfen „commercial buildings“ nur noch mit maximal 48-Stunden-altem negativen PCR-Test betreten werden.

Auch am Freitagmorgen geht es wieder zum Test, diesmal dauert es etwas länger, aber rechtzeitig vor dem Online-Schul-Start, sind wir wieder zuhause.

Im Laufe des Tages werden weitere Maßnahmen veröffentlicht: Picknicken und Aufstellen von Zelten im Chaoyang-Park verboten, andere Parks ziehen nach. (Hier ist jetzt langes Feiertagswochenende, da ist das normalerweise sehr beliebt.)

Ein „Landsleutebrief“ aus der Botschaft trudelt ein. Darin steht aber nichts wesentlich Neues:

Ein großflächiger Lockdown wurde nicht angeordnet. Dieser kann aber weiter nicht ausgeschlossen werden. Daher wird weiterhin empfohlen, einen Vorrat an Lebensmitteln, Trinkwasser und anderen Dingen des täglichen Bedarfs (ggf. auch Medikamenten) vorzuhalten.

Hilfreich könnte aber ein verlinktes FAQ sein, die angegebene Notfall-Kontaktnummer sollte man als Deutsche in China eh im Handy gespeichert haben (und weiter hoffen, dass man sie nie brauchen wird).

Zahlen

Trotz Massentest sind es – bisher – noch vergleichsweise wenig positive Ergebnisse. Nach den langen Monaten ohne Neuinfektion oder im maximal einstelligen Bereich, ist es für uns aber erschreckend viel (und im Vergleich zu Deutschland echt wenig – da ist er wieder, der Knoten im Kopf). Die Grafik habe ich auf Basis der offiziellen Zahlen erstellt, die täglich von der Pekinger Gesundheitskommission veröffentlicht werden, es handelt sich jeweils um die lokalen Fälle, die zwischen 0 und 24 Uhr am betreffenden Tag positiv getestet wurden.

Stand 29.4. – 17:15 Uhr

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es eine Dunkelziffer gibt, so ist das hier doch die Basis, auf der hier die Entscheidungen getroffen werden. Möglicherweise sind auch noch nicht alle Tests ausgewertet, so dass die Zahlen noch steigen könnten. Mal sehen, wie sehr… Wir müssen jedenfalls damit rechnen, dass sehr kurzfristig neue und andere Maßnahmen eingeführt werden können.

Babaoshan Revolutionsfriedhof

Update am 30. November 2022

Jiang Zemin, der Nachfolger von Deng Xiaoping und Vorvorgänger von Xi Jinping ist gestorben und wird im Dezember auf dem Babaoshan Revolutionsfriedhof beerdigt werden.

Im April war ich dort – hier mein Bericht:

Ein Friedhof als Ausflugsziel, das ist schon ein bisschen morbide, oder? Kurz nach dem Qingming-Fest (chinesisches Totenfest) schien das aber doch mal interessant. Und vielleicht könnte das auch was für die Fotogruppe sein? Zu dritt machen wir uns auf zum „location scouting“. Nicht irgendeinen Friedhof haben wir uns ausgesucht, sondern den „Babaoshan Revolutionsfriedhof“ (auch Märtyrerfriedhof), der wohl der wichtigste Friedhof in Peking sein soll. Hier liegen höchste Revolutionshelden, hohe Regierungsbeamte und in den letzten Jahren auch Personen, die aufgrund ihrer Verdienste um die Gesellschaft als besonders wichtig gelten. Die Grabstätten sind extrem teuer.

Zur Geschichte und zur Bedeutung des Friedhofs kann man auf dem Friedhofswelten-Blog mehr erfahren.

Zunächst vertun wir uns und landen am Babaoshan Volksfriedhof, wo wir freundlich, aber bestimmt abgewiesen werden. Vielleicht wegen der Pandemiepolitik?

Der Babaoshan Revolutionsfriedhof

Schließlich landen wir am Revolutionsfriedhof. Wir sind uns einig (nicht nur, aber auch wegen der Abweisung zuvor), nicht die Kameras herauszuholen und knipsen dann nur diskret mit den Handys. Wir orientieren uns an Wegweisern und machen uns auf den Weg nach oben, wo ein Denkmal stehen soll und stehen schon nach wenigen Minuten davor.

Wir sehen uns um. Oben auf dem Hügel sind Soldatengräber. In den Hecken, die das Gelände unterteilen, sind extra Sichtlücken, damit man die rote Fahne sehen kann.

Außer den Gräbern mit den schlichten Steinen gibt es auch solche, die mit Gewehren und Helmen dekoriert sind.

Babaoshan Revolutionsfriedhof. Grabplatten, die mit Helmen und Gewehren "verziert" sind.

Das ist das Ergebnis von Krieg…

Das Qingming-Fest ist noch nicht lange her, einige  Gräber sind noch mit frischen Blumen geschmückt, der meiste Blumenschmuck ist künstlich, dazu liegt Plastik-Essen daneben.

Nicht willkommen

Wir wollen uns weiter unten noch umsehen, wo die „Prominenten“ liegen, merken aber, dass wir verfolgt werden: ein Wächter fährt langsam hinter uns her und behält uns genau im Auge. Und schließlich verwehrt er uns auch den Zutritt und macht deutlich, dass wir besser gehen sollten. Ob das nun individueller Übereifer war (passiert jetzt immer wieder mal) oder tatsächlich eine neue Regel, dass während der Pandemie der Zutritt zu Friedhöfen nicht gestattet ist? Der Friedhof war immer auch für Ausländer zugänglich, es gibt viele Berichte und Fotos im Netz, unser Verhalten war sicher kein Grund, uns abzuweisen.

Ein Friedhof ist aber nicht der richtige Ort für Diskussionen, wir haben uns dann zu weiteren Zielen aufgemacht (wo uns dann glücklicherweise auch wieder freundlich begegnet wurde).

Frühling in der Verbotenen Stadt

Es ist schon fast zwei Jahre her, dass ich zuletzt in der Verbotenen Stadt war. Das war Anfang Mai 2020, direkt nachdem der Kaiserpalast nach der Pandemie-bedingten Schließung wiedereröffnet hat. Nur 5.000 Tickets durften damals pro Tag verkauft werden – und das war schon ein ganz besonderer Palastbesuch, wenn man bedenkt, wie voll es sonst in der Forbidden City ist. Ich bin zwar immer wieder mal an der Verbotenen Stadt vorbeigefahren oder habe von oben vom Kohlehügel drauf geguckt, aber drinnen war ich seit dem nicht mehr. Gab ja auch keinen Besuch aus Deutschland, mit dem ich dort hätte hingehen können…

Von daher war ich Feuer und Flamme, als eine Freundin gefragt hat, ob wir nicht mit zwei weiteren fotobegeisterten Freundinnen diese Woche hingehen wollen. Die Wetteraussichten waren gut, der Sandsturm würde sich hoffentlich vom Acker gemacht haben, also habe ich zugesagt. Ich habe direkt das Ticket (60 RMB) gebucht. Das kann man inzwischen zwar auch über eine App machen, ich finde es einfacher über die Webseite.

Tolle Bedingungen: Wetter, Luft – und kein bisschen voll

Wir haben Glück: der Sandsturm hat sich verzogen, das Wetter ist großartig. Wir lassen uns mit einem Didi zum Osttor bringen (am Tian’anmen darf man nicht anhalten, und wir kennen den Weg unter dem Mao-Porträt hindurch alle schon).

Weg am Fluss entang

Der Weg zum Osteingang

Am eigentlichen Eingang wird es kurz kompliziert, einer der Wächter will uns unbedingt zum Ticketschalter hinüber schicken und es dauert ein bisschen, bis wir ihm verständlich machen konnten, dass wir Langnasen tatsächlich schon online die Tickets gekauft haben. Aber dann klärt es sich auf: wir sollen noch einen QR-Code scannen und in dem sich öffnenden Formular unsere Passnummer eingeben. Und als sich dann die nächste Seite öffnet, war es das auch schon. An der Sicherheitskontrolle muss man trotzdem den Pass vorzeigen. Wieder etwas umständlicher als früher, aber ich habe mir hier abgewöhnt nach dem Warum zu fragen, ich kann’s eh nicht ändern.

Okay, also Foto-Thema „Frühling in der Verbotenen Stadt“. Ich wollte nicht unbedingt nur Blüten ablichten (das könnte ich auch in unserem kleinen Innenhof), ich hab gedacht, ich versuche mich mal weiter an Timelapse-Videos und habe mein Stativ eingepackt. Aber dann schlendern wir durch die ersten Höfe und der Gedanke an Wimmel-Videos verschwindet, denn es wimmelt gar nix. Es dürfen jetzt zwar 30.000 Tickets/Tag verkauft werden, aber es sieht nicht viel voller aus als vor knapp zwei Jahren!

So viel Platz, so wenig Besucher:innen!

Kein Wunder, Reisen nach Peking ist derzeit auch innerchinesisch kompliziert, also gibt es keine Touristengruppen. Dafür gibt es unglaublich viele verkleidete Frauen und noch mehr Fotograf:innen. Und das wird dann auch das, was fotografisch an diesem Tag im Mittelpunkt stehen wird. Pläne machen ist gut, spontan Gegebenheiten beim Schopfe packen ist besser. Wir folgen also den vielen, die es in den östlichen Bereich des Palastes zieht.  Dahin, wo die Apfelbäume in voller Blüte stehen. Dabei (und auch immer wieder im Laufe des Tages) kommen wir an Wächtern im Anzug vorbei, die im Gänsemarsch ihre Patrouillen absolvieren.

Here come the men in black… ;)

Es ist so schön!

Wir gehen durch ein Torhaus, im Schatten sitzen Frauen und Kinder, die geschminkt und frisiert werden und alle paar Schritte gibt es eine andere Gruppe, die posiert. Und das ist dann alles zusammen einfach nur wunder-, wunderschön!

Zu zweit….

… oder solo, aber alle irgendwie schön!

Es sind übrigens mindestens zehnmal so viele Fotografinnen und Fotografen hier wie „Models“. Die machen es teils zum eigenen Vergnügen und knipsen sich gegenseitig mit ihren Handys. Andere sind in Kleingruppen da: Model, Stylistin, Fotografin… Es dauert, bis wir uns hier losreißen können. Es ist unfassbar schön: die tolle Kulisse der roten Hallen der Verbotenen Stadt, die Apfelblüte und der betörende Duft, die fröhliche Stimmung.

Und endlich wird mir ganz leicht ums Herz. Zwar melden sich ab und zu unsere Handys mit Seuchen- und Kriegsnews (Kerry Residence im Lockdown! Giftgas in Mariupol! …), wir nehmen es zur Kenntnis und können es an diesem Tag doch irgendwie ausblenden (auch wenn es natürlich im Hinterkopf bleibt und mich nachts nicht schlafen lässt).

Wir reißen uns irgendwann los vom Blütenmeer und den kostümierten Schönheiten los und schlendern weiter.

Eine Frau in einer roten Jacke schaut durch den Spalt eines verschlossenen roten Tores in der Verbotenen Stadt

Was gibt es hier wohl zu sehen?

Wir wechseln so langsam vom östlichen in den den westlichen Bereich und können dabei immer wieder einen Blick auf den Kohlehügel werfen.

Der Pavillon des Ewigen Frühlings oben auf dem Kohlehügel von der Verbotenen Stadt aus gesehen

Goldene Dächer samt Blick zum Pavillon des Ewigen Frühlings oben auf dem Kohlehügel

Es sind überwiegend Frauen, die kostümiert sind, aber einige beziehen auch ihre Kinder mit ein.

Die sind mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung bei der Sache.

Kleiner Junge im historischen Kostüm späht in eine rote Halle in der Verbotenen Stadt

Wer muss hier nicht an den Film „Der letzte Kaiser“ denken?

Wir machen eine kurze Pause und trinken zwischendurch einen Kaffee. Ja, es gibt jetzt ein kleines Café mit wirklich gutem Kaffee innerhalb der Verbotenen Stadt (bei den ehemaligen Eishäusern).

Der Kaiserliche Garten (Imperial Garden)

Wir gehen zurück zur Mittelachse, genießen den Blick über Altes und Modernes Peking:

Nun zieht es uns in den Kaiserlichen Garten. Hier ist es lauschiger, keine großen gepflasterten Plätze, sondern alles ist dichter zusammen, grüner, lauschiger.

Hier wird natürlich auch posiert.

Beim Kaiser/Kaiserinnen-Baum ist tatsächlich nichts los! Hier posiert heute tatsächlich niemand. Der Baum ist eigentlich ein Symbol für ewige Liebe, früher standen die Pärchen hier Schlange, um sich ablichten zu lassen…

Wir überlegen kurz, zum Nordtor hinaus zu gehen und dann noch im Jingshan Park auf den Kohlehügel zu steigen, entscheiden uns aber dagegen und lassen uns zurück in Richtung Osttor treiben. Mit Blick auf einen der größeren Plätze haben ich dann noch mal ein wenig mit Timelapse-Videos herum probiert. Mir hat allerdings ein bisschen die Ruhe gefehlt (wobei das eher an mir als den anderen lag, ich hätte sicher mit Verständnis dafür rechnen können, dass ich jetzt mal 30 Minuten an Ort und Stelle bleibe), aber es geht voran – sicher demnächst hier im Blog zu sehen.

Inzwischen ist noch weniger los, fast nur noch Kostümierte und Fotografierende. Und einige Kinder mit dabei.

Wie man sehen kann: es ist noch leerer geworden – kaum noch jemand auf dem Platz unterwegs.

Zurück bei den Apfelbäumen

Aber bei den Apfelbäumen ist noch ordentlich etwas los. Eine kostümierte Schönheit nach der anderen posiert und wird von unzähligen Kameras eingefangen.

Eine Lautsprecherdurchsage macht darauf aufmerksam, dass der Kaiserpalast in Bälde schließen wird und man seinen Besuch bitte daraufhin abstimmen möge (soll wohl heißen: sich rechtzeitig zu den Ausgängen zu begeben). Und tatsächlich packen jetzt alle ihre Siebensachen zusammen und strömen zu den Ausgängen.

Wir beschließen den Tag nicht weit vom Ausgang im „Beijing Pie“, einem kleinen, typischen Pekinger Restaurant mit ebenso typischen Pekinger Gerichten (und nein, keine Touristenfalle, was man so nahe an der Verbotenen Stadt befürchten könnte), sondern wirklich rundum gut (und günstig).

Als ich abends zuhause ankomme, bin ich total erledigt, aber so gut gestimmt wie schon lange nicht mehr: der Tag war einfach perfekt, leicht und unbeschwert – eine Auszeit, mit der ich so gar nicht gerechnet hatte, und die ich deshalb umso mehr zu schätzen weiß.

Achtung, viele Bilder!

Schnipsel Nr. 22

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Schnauze voll von Pandemie…

Aktuell sind wir in großer Sorge um Familienangehörige in Deutschland, die es erwischt hat. Durchgeimpft, maskentragend, abstandswahrend hat es sie nun trotzdem erwischt. Auch von hier: gute Besserung,  Daumen sind fest gedrückt, dass es ganz fix und ohne Folgen überstanden wird!

Für uns vier Pekinger Familienangehörige fühlt es sich ganz übel an, jetzt so weit weg zu sein. Nr. 4 hat Hühnersuppe gekocht und rübergebeamt. Okay, Hühnersuppe ist gelungen, am Beamen arbeiten wir noch.

Shanghai

Wir haben ja nicht nur die News, sondern auch Kontakte zu Freund:innen in Shanghai. Puh, das ist schon belastend. Wir hatten zwar schon Vorräte angelegt, haben den dringenden Rat aber befolgt und noch mal aufgestockt. Wenn die Versorgung läuft, hätten wir (auch unsere Nachwuchsnerds) solange das Internet stabil läuft, keine Probleme, auch mal länger in der Bude festzusitzen. Wobei es natürlich einen Unterschied macht, ob man will oder ob man muss. Weniger schön wäre eine zentralisierte, getrennte Isolation, wenn es einen von uns erwischt (wobei das Risiko hier in Peking nach wie vor klein ist), aber auch das würden wir alle vier überstehen können. Die „Minis“ sind ja nun schon lange nicht mehr klein. Aber wir würden sowas lieber nicht selbst erleben müssen, von daher hoffen wir, dass Peking von so drastischen Entwicklungen weiterhin verschont bleibt.

Die Beine in die Hand nehmen?

Natürlich frage ich mich als Mutter schon: was kann ich den Jungs zumuten? Wann wäre der Zeitpunkt, die Beine in die Hand zu nehmen? Wir reden hier immer wieder über die Situation, die Jungs sind fast 16/18, es ist also schon was anderes als mit kleineren Kindern. Wir sind uns aber einig, dass – derzeit – das Hierbleiben die viel bessere Alternative ist. Die Sorge um die Familie in Deutschland macht was mit den beiden (und uns Eltern). Naja, und näher an den Krieg in Europa wollen wir auch nicht – so wie die Pandemie gehandhabt wird (die gescheiterte Impflicht ist ja nur die Spitze des Eisbergs), macht das nicht gerade zuversichtlich in Bezug auf den Krieg…

Tatsächlich ernst zu erkranken, das wird uns hier wohl eher nicht passieren, alles andere wäre vorübergehend (Worst Case wäre für uns zentralisierte Isolation getrennt voneinander) – und aktuell können wir hoffen, dass es in Peking nicht so drastisch wie in Shanghai werden wird.

Wir beobachten die Situation ständig aufmerksam, aber aktuell ist es so, dass es für uns weiterhin am besten ist hierzubleiben. (Wäre die Pandemie nicht, wäre das eh keine Frage.)

(Pandemie-)Normales Pekingleben

Jetzt sind Osterferien, zwei Wochen lang. Ich hab Ausflüge geplant – innerhalb Pekings, Peking zu verlassen ist wegen der Pandemie-Regelungen problematisch. Wenn sich die „Minis“ anschließen wollen: schön, aber eigentlich rechne ich nicht damit. Da ist eher nächtliches Zocken mit Freunden in verschiedenen Zeitzonen angesagt, d.h. vor allem nachts.

Inzwischen ist es endlich wärmer, ich habe den ersten Abend auf der Terrasse von Schindlers Tankstelle verbracht. Auf dem Weg dahin hab ich den Wachwechsel gesehen – das ist schon irgendwie verrückt, wie sehr man sich an den Anblick von vielen Uniformierten in der Stadt gewöhnen kann.

Wachwechsel in Sanlitun

Aber irgendwas ist ja immer, aktuell sind die Luftwerte nicht so toll. Kein Vergleich mit früher, aber inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, dass die Luft so viel besser geworden ist, dass man kaum mehr auf die Luftwerte guckt.

Am Freitag habe ich mir im Garten einer Freundin den ersten Sonnenbrand des Jahres eingesammelt (keine Sorge, wie immer sind die Stellen nach gründlichem Eincremen am nächsten Tag braun dunkelweiß geworden). Die Luft an dem Tag war echt fies, dicke Peking-Suppe, aber das Gefühl von Sonne und Wärme auf der Haut hat so gut getan, dass wir das alle gut ausblenden konnten.

Hier ein Schnappschuss von der Rückfahrt.

Frühlings-Smog…

Schattenseite: Halskratzen am nächsten Tag. Wie gesagt, der Smog…

Für die nächste Woche habe ich nun schon ein Ticket für die Verbotene Stadt und schwanke noch, ob Yuyuantan Park, anderer Park oder Botanischer Garten (wobei letzterer in zwei Wochen mit der Fotogruppe geplant ist, aber es blüht ja jetzt jede Woche etwas anderes…), dazu spontanes Treibenlassen. Das macht endlich wieder Spaß, endlich T-Shirt Wetter! :)

 

Schnipsel Nr. 21

Alltagsbeobachtungen, Anekdoten, Gedanken, die in wenigen Zeilen erzählt sind oder mit einem Bild ausgedrückt werden können – das sind meine “Peking-Schnipsel”.

Mit der Fotogruppe im Taoranting-Park

Bei der Planung dieses Ausflugs hatte ich einen sonnigen, warmen Frühlingsmorgen im Kopf, tatsächlich sorgten Wetter und Smog für graue Novemberstimmung. Immerhin war es trocken. Und der Park war gut besucht, was bunte Farbtupfer ins Grau gebracht hat. Gleich hinterm Nordeingang waren Wasserkalligraphen am Werk. Besonders beeindruckt hat mich aber diese Frau, die nicht mit einem Pinsel Schriftzeichen geschrieben, sondern mit zwei Pinseln gleichzeitig gezeichnet hat.

Den kleinen Vergnügungspark für Kinder lassen wir links liegen und gehen direkt weiter in Richtung See. Am ganzen Ufer verteilt sind Menschen aktiv. Die beiden hier spielen tänzerisch eine Art Federball, das sah sehr elegant aus.

Auch an diesem grauen Tag irgendwie idyllisch.

Und es ist wirklich überall etwas los. Es wird gespielt, Sport gemacht, musiziert, getanzt – wie hier die beiden im Pavillon.

Seit letztem Montag hat die Boots-Saison in den meisten Parks wieder begonnen. Auf dem Kunming-See am Dienstag war nichts: zu windig, sobald die Wasseroberfläche hier nicht mehr (fast) spiegelglatt ist, wird immer alles eingestellt.

Hier war jetzt immerhin ein Boot unterwegs. Den meisten wird es wohl zu kalt und unfreundlich gewesen sein, aber so den ganzen See praktisch für sich zu haben, das hat auch was.

Kuaibanshu

Als wir weitergehen hören wir rhythmisches Klappern und eine erzählend-singende Männerstimme. Das müssen wir uns ansehen. Eine Gruppe von etwa 20 Leuten steht im Kreis und klappert den Rhythmus, im Zentrum steht ein Mann am Mikro und „erzählt“. Auch wenn wir den Text nicht verstehen, es ist richtig fesselnd, und so bleiben wir eine Weile und sehen und hören zu. Diese „chinesischen Kastagnetten“ heißen Kuaiban, die Kunstform „Kuaibanshu„, hier in Peking „Kuaibanr“. Das wissen wir vor Ort aber nicht, ich habe hinterher eine Freundin gefragt und gegoogelt. ;)

Eine Gruppe deutscher Frauen fällt natürlich auf, wir werden heran gewunken und man zeigt uns eine instrumentale Nummer…

… und dann tritt auch noch die Frau in der blauen Steppjacke ans Mikro und singt-erzählt. Ich glaube, es geht ums Essen und die Vorzüge bestimmter chinesischer Küchen und sie wiederholt immer „noch eine Schüssel Reis“ – aber so toll ist mein Chinesisch nicht.

Am Ende wird ein Gruppenfoto von uns allen zusammen gemacht (wir sind auch doof, wir haben keines gemacht).

Man ist uns den ganzen Vormittag schon aufgeschlossen und freundlich begegnet: bei den Wasserkalligraphen, den Federballern, die Leute im Boot haben fröhlich gewunken und wir zurück – aber das war noch mal etwas Besonderes. Schön.

Der Garten der Pavillons

Wir gehen weiter zum Garten der Pavillons. Diese Pavillons sind Nachbildungen berühmter historischer Pavillons aus ganz China. Hier ist es etwas ruhiger, nur oben auf einem der Hügel hört man den Lärm des südlichen 2. Rings, der gleich hinter dem Park verläuft.

Fotos: Weitere Eindrücke aus dem Park

Déjà vu: „Der Tunnel des Grauens“

Es ist mittags, im Park wird es ruhiger: Essenszeit! Wir begnügen uns mit einem Kaffee und verlassen den Park. Wir gehen noch weiter zum Yongdingmen – dem wieder aufgebauten südlichen Stadttor. Bis 1956 stand hier das originale Tor, dann fiel es der Verkehrsplanung zum Opfer. Als Peking sich Anfang der 2000er für die olympischen Sommerspiele herausgeputzt hat, wurde es wieder aufgebaut. Das Yongdingmen markiert das südliche Ende der zentralen Pekinger Nord-Süd-Achse, es schließt sich der schmale Yongdingmen-Park an. Hier stehen viele Magnolien – die wollen wir uns ansehen.

Wir gehen also am Kanal entlang (South Moat/Nanhucheng). Und dann erreichen wir diesen finsteren „Tunnel des Grauens„. Oh, hier war ich doch schon mal, das ist schon erstaunliche sechs Jahre her. Der Tunnel ist aber immer noch genauso unheimlich und ich bin froh, nicht alleine hier zu sein.

Hinterm den Tunnel noch eine Erinnerung: wir sind damals über eine Mauer geklettert, weil es keinen Durchgang gab. Das machen wir diesmal nicht, gehen ein Stück weiter, finden einen Weg, müssen noch eine Unterführung nehmen.

In einem Treppenaufgang schläft ein Obdachloser, hat es sich da sauber und ordentlich eingerichtet, mit Decken und Matratzen, akkurat abgestellten Schuhen. Wir wissen, dass es Obdachlosigkeit gibt, aber in der Stadt sieht man es nur noch selten.

Schließlich sind wir oben, aber auch hier trennt uns eine Mauer vom Park. Wir folgen einem Schild, aber das Tor ist verschlossen, also drehen wir wieder um, bis wir dann zum Eingang des Parks kommen, von dem aus man diesen Blick hat:

Hier blüht nichts, die Magnolienblüte ist kaputt, da ist mehr braun als weiß – der Kälteeinbruch war echt nicht gut. Uns reicht es dann für den Tag, wir ordern ein Didi und fahren nach Hause.

Pandemie

Peking hat heute den zweiten Tag ohne lokale Neuinfektion, der aktuelle Ausbruch scheint im Griff (Klopf auf Holz).

Anders sieht es in Shanghai aus, dort gehen jetzt nacheinander Ost- und Westteil der Stadt in den Lockdown, alle Einwohner werden durchgetestet. In Deutschland wird von der größten Infektionswelle in China seit zwei Jahren berichtet – was stimmt. Es fehlt allerdings zumeist die Einordnung: In ganz China (Einwohner: 1,4 Milliarden) wurden gestern 8978 (davon 1293 symptomatisch) Fälle registriert – gegenüber 237.352 Fällen in Deutschland (Einwohner: 83,2 Millionen). Führt man sich diese Zahlen vor Augen, wirkt der unterschiedliche Umgang mit der Seuche noch krasser: hier das Festhalten am Eindämmen, in Deutschland Lockerungen.

Neue Maßnahme in Peking ist jetzt, dass alle Schüler:innen wöchentlich einen negativen Covid-Test vorzeigen müssen. Ein Testcontainer steht gegenüber der Schule. In zehn Tagen beginnen an der Deutschen Botschaftsschule die Osterferien (zwei Wochen). Da man aber zwei Wochen ununterbrochen in Peking gewesen sein muss, um Schulen betreten zu dürfen (auch Haushaltsangehörige!), ist Reisen auch innerhalb Chinas nicht möglich. In den Osterferien nach Deutschland? Das scheint ewig her, seufz.

Im Westen des Sommerpalasts

Im Westen des Sommerpalastes sieht man nicht nur die Westberge, sondern besonders die Pagode auf dem Jadehügel fällt immer ins Auge – das wollte ich mir schon länger aus der Nähe ansehen. Gleichzeitig schau ich ja auch fast immer, ob ein Ort auch reizvoll für die Fotogruppe sein könnte. Eigentlich stand die Fotogruppen-Planung bis zum Sommer ja schon, aber angesichts der Pandemie-Lage überlegen wir uns gerade Alternativen zum Künstlerdorf Cuandixia und zum Wasserdorf Gubeikou – beides nicht mehr innerhalb Pekings, und das könnte problematisch werden. Mit einer Freundin bin am Dienstag also auf Erkundungstour gegangen.

Jadehügel? Kein Zutritt.

Reiseführer geben zu der Ecke kaum etwas her, auch auf Webseiten sind wir nicht groß fündig geworden, dabei sind rings um den Jadehügel mehrere große Parks auf den Karten eingezeichnet. Wir haben uns also ein wenig auf ins Blaue gemacht und uns mit dem Didi zu einer Kreuzung unterhalb des Jadehügels bringen lassen.

Wir haben schon damit gerechnet, dass wir nicht zur Pagode hochlaufen können, ich hatte auch schon mal gelesen, dass das Gelände rund um die Pagode für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, denn hier wohnen hochrangige Politiker und Militärs, quasi das inoffizielle Hinterzimmer der chinesischen Politik (im Gegensatz zum offiziellen Sitz Zhongnanhai im Zentrum der Stadt). Aber hier ändert sich alles so schnell, vielleicht würden wir ja doch Glück haben? Zumindest mal aus der Nähe fotografieren müsste doch drin sein?

Aber auch wenn sich hier alle schnell ändert, das nicht. Der Hügel ist durch eine hohe Mauer abgesperrt, alle paar Meter stehen schwer bewaffnete Soldaten und/oder Polizisten.

Beiwu-Park

Nun gut, wir gehen in den Park, wollen uns dort ein bisschen durch die Gegend treiben lassen und dann in Richtung Sommerpalast weitergehen.

Der Blick zur Pagode ist durchaus nett, aber der Park ist nicht so besonders, dass man extra den weiten Weg hierher auf sich nehmen müsste. Vor allem nicht, da Peking eine Vielzahl wirklich schöner, interessanter Parks hat. Immerhin, dieser Park hat auch ein eigenes kleines Marmorboot.

Marmorboot im Beiwu-Park

Auf die Pagode hat man immer wieder einen netten Blick.

Eingemauerte Jadehügel

Wir haben Zeit, lassen uns durch den recht großen Park treiben. Allerdings ist es kühler als erwartet, die Sonne kommt nicht wie erhofft raus, wir bleiben also nirgends länger stehen, weil wir sonst frieren. Immerhin: die Luft ist gut, das Grau kommt vom Wetter.

Feuerlöscher im Park

Bei schönem Wetter sicher noch viel hübscher

Der Frühling kommt, wenn auch langsam

Aber trotz dieser Pagoden-Ansichten haut uns der Park nicht um, und so machen wir uns auf zum Westtor des Sommerpalasts.

Sommerpalast mal vom Westen aus

Ich habe den Sommerpalast schon durch fast alle Tore betreten und verlassen, nur durch das Westgate bisher nicht, also Premiere. Es ist zwar immer noch grau und kalt, aber der Blick über den Kunming-See auf die 17-Bogen-Brücke mit den blühenden Bäumen auf dem Damm davor – das ist schön.

Wir schlendern also am westlichen Ufer des Sees entlang, wechseln auf den Damm mit den vielen Brücken dazwischen. Die meisten Bilder, die man vom Sommerpalast zu sehen bekommt, sind solche, die den Tower of Incense (Pavillon des buddhistischen Wohlgeruchs) zeigen – vom Haupttor aus fotografiert. Heute also mal vom Westufer des Sees aus:

Bis kurz vor diesen Booten konnte ich „neulich“ (vor gut zwei Monaten…) noch mit dem Eisfahrrad fahren! Aber der Winter ist vorbei, wie man an den vielen Knospen, Blüten und dem zarten Grün sieht: so langsam kommt der Frühling. Den Magnolien in der Stadt hat der Kälteeinbruch samt Schnee in der letzten Woche aber gar nicht gut getan:

Magnolie mit Frostschaden

Wasserschutzgebiet und Zugvögel

Wir kommen an einen Zaun vorbei, aus dicken Metallstreben. Dieser Zaun meint es ernst, anders als die Bändchen in Kniehöhe, die hier meist zum Einsatz kommen. Er ist wirklich undurchdringlich und unüberwindbar (zumindest nicht ohne Leiter oder Seil, ich bezweifle aber, dass man mit Leiter in den Palast eingelassen wird… ). In diesem Zaun sind aber einige wenige Gucklöcher eingearbeitet. Der Zaun schützt den dahinterliegenden See, der als Trinkwasserreservoir dient – und von Zugvögeln als Rastplatz genutzt wird. Durch die Gucklöcher hat man auch noch einen netten Blick auf den Jadehügel samt Pagode und Tempel auf dem Hügel nebendran.

Zaun mit Guckloch

Zugvögel, Westberge (und Dreck auf dem Objektiv?)

Leerer Langer Korridor

Wir beschließen, in dem kleinen Café in dem Hof hinter dem Marmorboot einen Kaffee zum Aufwärmen zu trinken. Die kleine Auszeit in dieser Idylle tut gut. Obwohl wir im Freien sitzen, lässt es sich gut aushalten und uns wird wieder wärmer. Leider hält das nicht lange vor. Schon am Marmorboot ist mir wieder kalt. Es wird klar, dass wir nicht mehr zu lange bleiben sollten, um uns nicht zu erkälten. Ich möchte gerne durch den Langen Korridor gehen, denn es ist so schön leer, dass man das mal richtig genießen können sollte. Sonst ist es dort ja oft so voll, dass man nur einen kurzen Blick hineinwirft und dann auf dem breiten Weg daneben weitergeht. Und richtig, freier Blick im Langen Korridor.

Kurz vor dem Haupttor sehen wir, dass die Pfingstrosen austreiben. Jetzt heißt es, den Zeitpunkt der Pfingstrosenblüte nicht zu verpassen! Ich möchte sie mir im Botanischen Garten, im Jingshan-Park und im Sommerpalast ansehen.

Fotos